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King's Bounty: Crossworlds

Wenns nicht passt, wirds passend gemacht

Auf den ersten Blick scheint das Add-on zu King's Bounty: Armored Princess eine recht banale Sache zu sein. Eine Mini-Kampagne, ein Arena-Modus – urgh, sowas ist ja selten gut –, eine Erweiterung der schon bekannten Story und ein Editor. Dementsprechend halbherzig und ohne jegliche Erwartungshaltung im positiven Sinne verlief dann auch die Installation. Diese negative Grundeinstellung wandelte sich in den letzten Tagen dann aber gründlich. Ja, die eigentliche Inhaltsliste liest sich mau, was sich jedoch dahinter verbirgt, überraschte, gerade angesichts des sehr handzahmen Preises von knappen 20 Euro.

Fangen wir bei der „Verteidiger der Krone"-Runde an. Eigentlich sollte man das Teil kaum als eigenständige Kampagne verstehen, sondern mehr als ein Beispiel dessen, was man mit dem Editor und einem Minimum an Kreativität so anstellen kann. Auf Leicht oder Mittel erledigt ihr in einem sehr begrenztem Areal zügig ein paar Gegner, eingebettet in eine simple Rahmenhandlung. Kurz, auf den höheren Stufen doch noch recht knackig, letzlich aber wirklich als Anschauungsunterricht zu verstehen.

Das andere Ende des kreativ Machbaren mit dem Basteltool zeigt der Arenakampf. Statt mit der Prinzessin zieht ihr hier mit einem männlichen Ritter und ohne Babydrachen in die Schlacht. Oder vielmehr in den Schaukampf. In einer seltsamen, unterirdischen Arena sollt ihr in acht Runden ebenso viele Riesenbosse erledigen, die zwar teilweise aus Armored Princess recycelt wurden, dafür jedoch mit frischen Taktiken aufwarten. So weit, so harmlos, nur habt ihr keine Armee und der Händler bietet auch nur Ramsch.

Neun Gilden stehen dafür bereit. Eine nimmt euch sofort in ihre Reihen auf, andere erwarten von euch gewonnene Rundenkämpfe als Aufnahmeprüfung, bevor sie euch ihre kräftigen Mitstreiter abtreten. Damit ihr in diesem Modus überhaupt an etwas Gold dafür kommt, hilft man euch mit ein paar Quests – sprich normalen Kämpfen – über die Runden. Dazu kommen noch einige neue Fertigkeiten, die speziell der Arena vorbehalten bleiben.

Endlich kann ich so viele Riesen-Frösche verteilen, wie ich möchte. Träume gehen in Erfüllung.

Das Arena-Setting versteht es ziemlich geschickt, eine eigentlich simple Prämisse atmosphärisch aufzubereiten und mit einem erstaunlichen Maß an Taktik zu versehen. Durch das sehr begrenzte Angebot und die bewusst reduzierte Möglichkeit des simplen Zwischendurch-Hochlevelns entsteht noch mehr Notwendigkeit als im bekannten Konzept, eine Strategie zu entwerfen und immer wieder an dieser zu feilen. So lange, bis der Boss endlich klein beigibt. Auf Mittel dauerte das zwei, im positiven Sinne nervenaufreibende Abende. Auf Hart hänge ich immer noch beim sechsten Riesen. Der vierte Schwierigkeitsgrad? Wow, geht das überhaupt?

Über den dritten Kampagnenaufbau – Der Marsch der Orks – kann man durchaus geteilter Meinung sein. Die eine Seite wird anführen, dass dies ja im weitesten Sinne einfach nur das schon bekannte Hauptspiel sei. Stimmt auch. Im Großen und Ganzen sind es die bekannten Inseln mit den bereits vertrauten Freunden und Feinden. Es kam jedoch nicht nur ein neues Ziel, nämlich die Abwehr einer groß angelegten Ork-Invasion, sondern auch jede Menge Kleinigkeiten dazu. Neue Fertigkeiten, ein paar frische Truppen, Orte, Anpassungen im Detail, Rüstungen, Items und mehr lassen den neuen Durchgang frisch erscheinen, weil immer wieder mal etwas Neues herumwandert oder -steht. Eine gute Gelegenheit also, den Schwierigkeitsgrad um eine Stufe nach oben zu setzen und erneut diese schon zuvor niedlich-fantastische Welt zu ergründen.

So weit, so fair für das geforderte Geld. Was ich jedoch nicht in dieser Form erwartet hatte, war der Editor. Kampffelder vorgefertigter Natur mit ein paar Monstern besetzen und einzelne Kämpfe selber definieren. So oder ähnlich sah meine Erwartung aus, als man das Feature ankündigte und ich zuckte innerlich desinteressiert mit den Schultern. Weit gefehlt. Dies ist kein Editor, das ist eine halbe Entwicklerumgebung. Komplett mit einem hundertseitigen, ziemlich guten und vor allem vollständig ins Deutsche übersetzen (PDF-)Handbuch.

Ganze Inseln bekannter Formate lassen sich damit entwerfen, mit eigenen oder schon vorhandenen Gebäuden und Monstern bevölkern, Quests und Kampagnen scripten. Keine simple Aufgabe, und das Ding ist zwar extrem leistungsfähig, dummerweise aber auch nur bedingt intuitiv. Bis hinunter zu Texturen, komplexen Quest- und Kampagnen-Konditionen und allen Details baut ihr ein komplett eigenes King's-Bounty-Spiel, so schön, komplex und umfangreich, wie es euch beliebt. Wer sich hier einarbeiten will, hat ein wenig was vor sich, jedoch lohnt sich der Aufwand. Der Rest darf sich auf die von der Fangemeinde gebastelten Szenarien freuen, die dort wohl kommen werden.

Zwei neue, schicke Abenteuer, eine aufgemöbelte und immer noch richtig gute Epic-Kampagne? Dann auch noch die Möglichkeit, in Zukunft entweder auf die eigenen kreativen Antriebe zu setzen oder den Selbstverwirklichungsdrang der Nerd-Community zu vertrauen, um einen stetigen Nachschub an neuen Settings zu erhalten? Deal! 20 Euro sind eine mehr als nur faire Investition. King's Bounty: Armored Princess war für sich schon wirklich gut, aber dieses Gesamtpaket wertet es zum aktuellen Genre-Primus auf.

Die komplett eingedeutschte Fassung von King's Bounty: Crossworlds erscheint am 24. September.

9 / 10

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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