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Marvel vs. Capcom 3 – Fate of Two Worlds

Hektische Hauerei oder komplexe Kampfkunst?

Es ist fast unnötig zu erwähnen, dass ihr all diese praktischen Manöver am besten und genauesten mit einem guten Arcade-Stick auslöst. Klar, ihr könnt Marvel vs. Capcom 3 vor allem dank der vereinfachten Steuerung schon halbwegs ordentlich mit einem Pad spielen, aber so richtig gut fühlt sich auch dieser Prügler erst mit einem Arcade-Stick an. Mit einem Stick gehen die Moves besser von der Hand, die Schläge fühlen sich dynamischer an und das Spielgefühl ist gleichzeitig genauer, aber auch ein schönes Stück wuchtiger. Insbesondere Xbox-360-Spieler sollten sich eine entsprechende Anschaffung gut überlegen, das schwammige Steuerkreuz des 360-Controllers ist für Spiele wie Marvel vs. Capcom 3 einfach nicht gemacht.

Neben dem Mehrspieler-Modus, ein paar sehr durchdachten Trainings-Funktionen und diversen Herausforderungen stürzen sich Solisten natürlich mal primär auf den Arcade-Modus. Der läuft nach klassischem Muster ab: Mit eurem Dreierteam verhaut ihr erst einmal eine Handvoll anderer Teams und tretet Schließlich einem XXXL-Endgegner entgegen. Der Boss von Marvel vs. Capcom 3 stellt in Sachen Größe so ziemlich jeden seiner Vorgänger in den Schatten: Um seine extralange Lebensleiste runterzuknüppeln, müsst ihr eure Figuren schon beherrschen. Natürlich werdet ihr dafür auch belohnt. Vier versteckte Kämpfer warten darauf, erspielt zu werden, außerdem dürft ihr für jede Figur einen Abspann, ein Profil und ein frei zoom- und drehbares 3D-Modell freischalten.

Ein großes Kompliment verdient Capcom für die pure Energie, die in dieses Projekt investiert wurde. Der direkte Vorgänger im Jahre 2000 war noch so etwas wie ein großes Prügel-Auffangbecken: Neben den tollen, neuen Figuren packte Capcom auch so ziemlich jeden Straßenkämpfer und jeden X-Men, Superhelden und Megaschurken hinein, der jemals irgendwann mal als Sprite gezeichnet und animiert wurde – da standen sich dann die schick animierte Son Son und eine vergleichsweise pixelig-ungelenke Morrigan vor hochauflösenden 3D-Hintergründen gegenüber und zelebrierten gemeinsam den gepflegten Stilbruch... etwas derartiges passiert hier nicht.

Das komplette Spiel – Designs, Animationen und Hintergründe – wurde von Null auf neu geschaffen, Capcom recycelt hier augenscheinlich nicht ein bekanntes Asset aus näheren Verwandten wie den beiden Street-Fighter-IV-Episoden – es könnte höchstens sein, dass ein paar der Figuren auf ihren Auftritten im ähnlich feinen Wii-Prügler Tatsunoko vs. Capcom basieren, aber das wissen nur die Entwickler selbst und sollte es so sein, dann ist davon im Spiel selbst nichts zu bemerken.

Ebenfalls eine gewisse Verwandschaft zwischen der Tatsunoko-Episode und dem neuen Marvel-Gekeile kann der aufmerksame Konsolen-Kämpfer bei den Spielsystemen feststellen: Auch Marvel vs. Capcom 3 verzichtet auf das typische Capcom-Steuerungskonzept mit drei Schlägen und drei Tritten: Eure Figuren beherrschen drei verschieden schnelle und harte Manöver, dazu kommt ein Launcher, der den Gegner hoch in die Luft befördert, wo ihm erfahrene Kämpfer gleich noch einen Air-Juggle reinzünden.

Eigentlich ist Tron Bonne keine Kämpfernatur, in ihrem knuffigen Mech Gustav kann sie aber gehörig austeilen.

Zwischen Hand- und Fußtechniken wird hier nicht mehr unterschieden, zudem setzt das Spiel sehr stark auf Kettenkombos: Verpasst eurem Gegner ein paar schnelle und mittlere Treffer, schließt mit einem harten Schwinger ab und schaut dem Kombo-Zähler genüsslich beim Steigen zu.

Das bedeutet natürlich noch lange nicht, dass Marvel vs. Capcom 3 einfach nur ein hohles Gebolze wäre... bereits die Absätze über Amaterasu, Arthur und M.O.D.O.K. sollten das klargestellt haben. Im Gegensatz zum etwas langsameren, methodischeren Street Fighter IV, bei dem erfahrene Kämpfer verbissen um jeden Pixel auf dem Bildschirm kämpfen, ist bei der Marvel-Schlägerei alles einfach ein paar Nummern größer. Auch hier geht es für gute Kämpfer primär darum, Umgebung und Gegner gut unter Kontrolle zu halten, gewisse Street-Fighter-Grundkenntnisse sind also keinesfalls verkehrt, trotzdem müssen sich gerade erfahrene Veteranen erst einmal ein wenig in die neuen Systeme reindenken. Natürlich ist es zu diesem Zeitpunkt noch unmöglich zu sagen, ob Marvel vs. Capcom 3 ähnlich langlebig und turniertauglich sein wird wie Street Fighter IV und sein Nachfolger, eine gute Grundlage hat Capcom hier aber allemal gelegt.

Marvel vs. Capcom 3 - Hsien-Ko

Aber natürlich ist Marvel vs. Capcom 3 nicht einfach nur eine gute Grundlage für superknackige High-Level-Profimatches, sondern in allererster Linie einmal ein unverschämt spaßiges, wahnsinnig umfangreiches und absolut tadellos präsentiertes Beat'em Up, das perfekt zugängliches 2D-Gameplay mit modernster Technik mischt. Die verwendeten Shader-Techniken geben dem Spiel seinen ganz eigenen Look und heben es angenehm von Titeln wie Street Fighter oder BlazBlue ab. Und selbst wenn sich der Bildschirm bis zum Bersten mit Figuren und Projektilen füllt, bleibt das Geschehen immer flüssig und sauber.

Im Vergleich zu Street Fighter ist die Einspielzeit hier ein wenig länger – nicht weil das Spiel so viel komplexer wäre, sondern weil ihr erst einmal all die Eindrücke hier irgendwie verarbeiten und in eurem Kopf ordnen müsst. Ist diese erste kleine Hürde dann aber genommen, dann steigt der Spielspaß von Match zu Match: Das gewaltige Line-Up – 36 spielbare Figuren sind serienmäßig bereits mit an Bord, die ersten beiden Download-Charakere wurden bereits angekündigt – lädt zu jeder Menge Experimentieren ein und immer wenn ihr denkt, ihr beherrscht eine Figur endlich souverän, dann wartet schon ein komplexerer Charakter mit unorthodoxeren Bewegungen und exotischeren Specials auf euch.

Capcom hat hier ein herrlich rundes Prügel-Paket geschnürt, das euch über Wochen hinweg beschäftigen wird – egal ob ihr euch durch den Story-Modus schlagt, euch an die zahllosen Challenges wagt, online nach würdigen Gegnern such oder, und das macht immer noch den größten Spaß, gemeinsam mit einem fröhlichen Trupp gleichgesinnter die Nacht durchkämpft. Habt ihr nur die geringste Prügel-Affinität, dann wird sich Marvel vs. Capcom 3 für die nächsten Wochen im Laufwerk eurer Konsole ordentlichen festzecken und so schnell nicht mehr weichen.

Marvel vs. Capcom 3 – Fate of Two Worlds ist ab Freitag, den 18. Februar, für PS3 und Xbox360 im Handel erhältlich.

9 / 10

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In diesem artikel

Marvel vs. Capcom 3

PS3, Xbox 360

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Thomas Nickel

Autor

Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.
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