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Yakuza 4

Hostessen für vier, bitte

Wer es übrigens hart statt zart mag: In Yakuza 4 brechen alle Knochen einzeln und die Moves wurden ziemlich schonungslos umgesetzt. Da krachen schon mal Kiefer weg, Gliedmaßen verdrehen sich ganz seltsam und Genicke müssen dran glauben. Die japanische Unterwelt ist halt kein Streichelzoo und dementsprechend rau geht es zu. Nur bei abgetrennten Gliedmaßen werden die Splatter-Fans unter euch enttäuscht. Aber es bleibt genug Pixel-Schmerz übrig.

Und das auch in endlosen Wiederholungen. Gut, dass das Kampfsystem Yakuzas zu den Dingen im Leben gehört, die man in mantraartiger Wiederholung über Stunden genießen kann. Da stört es dann auch minimal weniger, dass man vier Figuren durch immer wieder solche Kämpfe schickt. Und außerdem hat ja auch jeder der vier sein eigenes Mini-Spiel. Obwohl, der Begriff Mini-Spiel geht teilweise nicht weit genug. Gerade das Golf-Game könnte mit ein klein wenig mehr Ausbau als sehr gelungene Fun-Konkurrenz gegen die großen Namen antreten. Weniger ausgefeilt, aber immer noch extrem unterhaltsam fielen wieder die züchtigen Vergnügungen wie Pachinko oder Tischtennis aus und im Day Spa mit freundlichen Massage-Hostessen wird es japanisch-verrückt und leicht anzüglich. Genau der Krams, der hierzulande leider in Yakuza 3 fehlte. Jetzt vermisst man nur ein Quiz-Game, weil die Anpassung der Wort-Bild-Spiele wohl doch eine zu hohe Hürde darstellte. Nun, kein großer Verlust, solange man im Klub immer noch seine Nummer-1-Hostesse ausbilden kann.

Es sind all diese Japan-Geschichten um die vergleichsweise simplen Plots herum, die die Stärke Yakuzas ausmachen und in Teil 4 bekommt ihr die ganze Bandbreite. Es ist ein wenig eine Frage nach der Veranlagung des Spielers. Gehört ihr zu den Leuten, die gerne neben der eigentlichen Aufgabe noch alles mitnehmen, die besten Kämpfer Japans in Mini-Spielen ausbilden, auf Polizeinotrufe sofort anspringen und als Kredithai bei jedem der Bewohner einen Gefallen offenhalten wollen, indem ihr zuerst einen gewährt, dann warten hier vielleicht sogar Monate an Gameplay auf euch. Reizt euch das nicht so sehr, dann stellt ihr im Angesicht der schieren Menge solcher Aktivitäten und der offensichtlichen Liebe der Entwickler ihnen gegenüber schon mal zwischendurch den Sinn des Spiels in Frage.

Aber auch ohne zu sehr auf diese kleinen Zeitvertreibe einzugehen, hat Yakuza die Atmosphäre des fiktiven Vergnügungs-Mafia-Tokios wieder so gut eingefangen, dass sich jeder schon nach kurzer Zeit in Kamurocho auf angenehme Weise Lost in Translation fühlt. Die unsichtbaren Grenzen der Stadt sind immer noch da, das Interface geht bei weitem nicht so fließend mit der Bewegung in der Stadt um, wie ein GTA IV es tut. Hier blieb für Yakuza die Zeit ein wenig stehen, was auch einige Aspekte der Grafik betrifft. Schon Teil 3 wirkte nicht mehr ganz den Möglichkeiten eines exklusiven PS3-Titels angemessen und das hat sich jetzt, bei praktisch identischer Grafik-Qualität, kaum geändert. Die Textur-Qualität der Stadt und der Figuren liegt einfach nicht da, wo sie sein sollte.

Yakuza 4 - Battle-Trailer

Auch die Möglichkeit, auf den Dächern und den unterirdischen Wegen von Kamurocho herumzuwandern, hilft nur der Bewegungsfreiheit, sind diese doch sonst kaum mehr als leere Straßen, die einige der kargeren Aspekte der Optik noch deutlicher beleuchten. Diese Kritik bezieht sich jedoch nur bedingt auf die Zwischensequenzen mit ihren wie immer reichhaltigen Quick-Time-Events. Hier suchte man sich für jeden halbwegs wichtigen Darsteller – etwa 15 an der Zahl – einen Schauspieler und fing insbesondere die Gesichtsbewegungen mithilfe der Magical-V-Engine ein. Es gibt auf der Welt bessere Darstellungen menschlicher Gesichtszüge und Emotionen. Aber immer noch nicht so viele. Nicht jeder technische Aspekt von Yakuza 4 gefällt, dieser hier aber auf jeden Fall.

Deutsche Untertitel oder Sprachausgabe sucht ihr übrigens vergeblich. Lediglich englische Untertitel werden zu japanischen Stimmen gereicht. Das werden sicher nicht wenige dem Spiel ankreiden, aber für mich hat es ehrlich gesagt einen zusätzlichen Charme: Jetzt ist die Illusion der Hong-Kong-VHS-Tape-Action-Flicks komplett, die ich in meiner Spät-Pubertät so liebte.

Yakuza 4 ist jetzt nach Dragon Age 2 eine weitere Fortsetzung, die etwas Neues mit ihrer Geschichte anfangen möchte und wie auch dort ist das grundsätzlich betrachtet keine schlechte Absicht. Leider läuft es auch in diesem Falle mehr auf gute Absichten als Umsetzung hinaus. Die vier Einzelfiguren und ihre Geschichten sind verwoben, aber nicht annähernd genug, um die Geschichte über die lange Spielzeit greifbar zu halten. Keine der einzelnen Geschichten bekam die Zeit, sich wirklich zu entwickeln, bevor es schon mit der nächsten Figur weitergeht. Das Finale, obwohl deutlich befriedigender als bei Dragon Age 2, um diesen Vergleich abzuschließen, bleibt doch ein ganz klein wenig schal. Nicht schlecht, die Spielzeit bleibt für so manchen Fan des Settings sicher immer noch mehr als lohnend, aber man wird das Gefühl nicht los, dass da ein wenig mehr hätte kommen sollen.

Die restlichen Stärken der Serie spielt Yakuza 4 dafür zum Glück gekonnt aus. Das Einzige, was ich an diesem unterhaltsamen, flexiblen und immer wieder extrem befriedigendem Kampfsystem auszusetzen habe, ist, dass ich die Steigerungen viermal durchexerzieren muss. Ansonsten gibt es kaum einen besseren Straßen-Brawler, der es mit Yakuza auch nur entfernt aufnehmen könnte. Die Mini-Spiele sind zahlreich, mit Ausnahme des Quiz vollständig in der PAL-Version enthalten und sie machen jedes für sich und auf seine ganz eigene, verschrobene Art und Weise Laune. Die Stadt wirkt trotz ihrer althergebrachten Begrenzungen immer noch authentisch und lebendig und zwar in einem Maße, dass die meisten offenen Welten aus anderen Spielen leer wirken lässt. Yakuza bleibt der Japan-Crime-Simulator mit Final-Fight-Ambiente und Hostessen-Wahn und da immer noch ein hohes Niveau in allen Aspekten des Spielens selbst gehalten wird, will ich mit der Story nicht zu hart ins Gericht gehen. Wo sonst könnt ihr innerhalb einer Stunde Golf spielen, ein paar Gangster verprügeln, Karaoke singen und Pachinko spielen? Nur in Yakuza.

Yakuza 4 ist ausschließlich für die PS3 ab dem 18. März erhältlich. Eine hübsche "Kuro"-Edition ist als Steelbook mit ein paar DLC-Inhalten ebenfalls auf dem Markt.

7 / 10

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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