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Dark Souls

Der Tod ist ein sanfter Lehrer

Aber nicht nur diese Mechaniken sind es, die hier so wunderbar funktionieren. In diesem Spiel passt einfach alles zusammen. Um kurz meinen einzigen, kleinen Tadel loszuwerden, kreide ich mal die Grafik im Detail an. Ich mag das insgesamt düstere, aber nicht zu dunkle Ambiente, die leicht verwaschene Melancholie der Darstellung, die weiten Blicke über aberwitzige Architekturen, die praktisch jedes thematisch ähnliche Spiel zu Zwergen degradieren. Das Gegnerdesign selbst ist herausragend gelungen und lässt einen immer wieder die Nackenhaare glattstreichen, nachdem sie sich wohlig schauernd aufrichteten. Nur im Zeitalter von Gears 3 oder Uncharted 2 könnte die Texturierung an mancher Stelle, an der man mal näher dransteht, schöner sein. Dark Souls in seiner Gesamtheit betrachtet ist ein wunderhübsches Spiel. Daran dürfte es auch liegen, dass Details ein wenig herausstechen.

Die Weite der Spielwelt ist übrigens nicht aufgesetzt, Dark Souls ist ein Monster in jeder Hinsicht. Ich will jetzt nicht anfangen Areale aufzuzählen, aber es gibt eine Menge von ihnen, einen ganzen untereinander geschickt verknüpften Mikrokosmos voller breiter Prachtalleen - meist mit Drachen verziert - und finsterer Schleichwege. Dass man diese Areale immer wieder besuchen muss, hat den großen Vorteil, dass man mit all den Möglichkeiten der Orte intim vertraut wird und sie wie die eigene Westentasche kennt. Und dann trotzdem immer noch wieder etwas Neues findet. Um mal Zahl in den Raum zu setzen, würde ich sagen, dass 50 - 60 Stunden für einen Durchgang durchaus drin sind, sogar mehr, wenn man sich auch noch auf die nicht zu knapp verteilten Areale stützt, die nicht zur Bewältigung der Geschichte nötig sind. Wer alles erkundet, kommt konservativ gerechnet auf 150 Stunden oder mehr. Und startet dann mit seinem Charakter zum nächsten Game Plus gegen noch härtere Viecher.

Bilderbuch-Showdown.

An Abwechslung mangelt es auch nicht. In der ersten Hälfte gibt es die gewaltige, düstere, vielstöckige Stadt, in sich selbst ein Monument gelungenen Level-Designs. Um sie herum nächtliche Wälder, tiefe Katakomben, Geisterstädte und Lavahöhlen. Und dann beginnt der zweite Abschnitt, mindestens noch einmal so umfang- und abwechslungsreich.

Ihr habt was zu tun, lasst ihr euch auf diese Liebe ein, das kann ich euch garantieren. Auch mehrere Spiele mit verschiedenen Charakteren zu starten, kann durchaus reizvoll sein. Die zehn recht fein abgestuften Klassen von Ritter bis Magier lassen sich sehr flexibel den eigenen Ansprüchen anpassen und Mischklassen entstehen im Laufe der Zeit fast automatisch. Welcher Krieger möchte in der Not nicht auf ein Heilwunder zurückgreifen und welcher Dieb oder Waldläufer möchte nicht auch gerne mal einen Feuerball werfen. In der Steigerung der Werte seid ihr absolut frei.

Die Geschichte selbst bleibt erstaunlich dicht, obwohl sie nur in sehr kargen Worten weniger NPCs erzählt wird. Es gibt keine Journale oder Chroniken zu finden. In dieser Welt war schon lange kein Sterblicher mehr, der so etwas Normales hätte verfassen können. Man nimmt Bruchstücke, die zusammen mit den visuellen Reizen des Untergegangenen um einen herum ein eigenes Kopfkino über die Historie dieses auf so wundersame Weise traurigen Ortes ablaufen lässt. In Falle von Dark Souls denke ich wirklich, dass mehr deutlich weniger gewesen wäre. From Software traf genau den Sweetspot für dieses ganz persönliche Geschichtenerzählen.

Dark Souls - Entwicklertagebuch

Damit ihr nicht ganz so allein seid, dürft ihr euch Freunde einladen. Das funktioniert nur dann, wenn ihr menschlich seid - der Naturzustand hier wäre untot - und dadurch, dass man aktiv für diesen Zustand arbeiten muss, um einen Mitspieler holen zu können, gewinnt dieser Akt an Bedeutung. Es ist nicht alltäglich, nicht immer nur einen Buttonklick weit weg. Man freut sich über die Gesellschaft und spielt gleich mit anderem Enthusiasmus zusammen, eben weil der Normalzustand das Verlassensein ist, allein in der eigenen Splitterwelt. Manchmal kann man auf die Gesellschaft aber auch verzichten. Wer sich des NPC-Mordes oder gar Spielerverrates schuldig macht, ist mit dem Stigmata der Sünde beladen, was ihn zum Ziel für Spieler und Schwarze Phantome zugleich macht - und die loszuwerden kann ganz schön teuer werden. Wer keine Lust mehr hat, von alles und jedem gejagt zu werden, muss teuer Abbitte leisten. Es ist gut, dass es eine Summe an Seelenpunkten ist, die wirklich schmerzt. Man überlegt sich genau, ob man eine Karriere als gewissenloser Schlächter starten möchte.

Damit man als Solospieler keine Nachteile hat, wenn es an die Bosskämpfe geht, kann man zu diesen übrigens auch KI-Freunde dazu holen, sobald man mit den richtigen NPCs sprach. Sie können zwar natürlich nur bedingt mit einem echten Spieler mithalten, mit dem sich ja auch komplexere Taktiken absprechen lassen, aber als Kugelfang im übertragenen Sinne helfen sie durchaus, die Waagschale auszugleichen. Ihr könnt aber nicht überall und jederzeit Koop agieren. Der Modus funktioniert in erster Linie für Boss-Kämpfe, zu denen ihr bis zu zwei Freunde dazurufen könnt. Spieler - bis zu drei - können in eure Welt eindringen und versuchen euch zu töten. Sollten es wirklich drei sein, habt ihr Pech: Vier ist die maximale Zahl in einem Spiel und bei drei Invasoren könnt ihr keine Freunde holen. Macht euch also nicht zu viele Feinde. Am Ende ist es kein hundertprozentiger Koop-Modus, wie ihn Gears 3 zum Beispiel bietet, aber das System hier ist komplexer und flexibler. Es konzentriert sich auf die Stellen, die wirklich zählen und es bleiben am Ende genug Erlebnisse online übrig, von denen man lange einander an realen Lagerfeuern erzählen kann.

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In diesem artikel

Dark Souls

PS3, Xbox 360, PC

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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