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Yakuza: Dead Souls - Test

Gangsters vs. Zombies

Irgendwie ist die Mischung ja doch seltsam. Auf einmal lässt Toshiro Nagoshi, der Mann, der mit der Yakuza-Serie in Japan schon seit Jahren einen Erfolg nach dem anderen feiert, die sabbernden Untoten auf das virtuelle Rotlichtviertel Kamurocho los. Was soll das denn jetzt? Will SEGA jetzt etwa noch schnell auf die im Westen immer noch vorherrschende Zombie-Welle aufspringen, um die Serie den ballerwütigen Nicht-Japanern schmackhafter zu machen? Ist Yakuza: Dead Souls nichts weiter als ein kreativer Ausverkauf? Oder steckt da vielleicht doch etwas ganz anderes dahinter?

Tatsächlich ist die Mischung Zombies/Yakuza gar nicht mal so abwegig, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Klar, die Untoten-Plage, die das von den Fans längst liebgewonnene Kamurocho heimsucht, ist im Grunde eine ziemlich alberne Angelegenheit. Dabei erlaubt sie Nagoshi und seinem Team aber wieder, eine ganz spezielle Seite der Yakuza zu zeigen, die für manch einen Westler schwer zu verstehen ist. Die Yakuza ist nach ihrer eigenen Auffassung nicht einfach ein Trupp fieser Krimineller, die Yakuza versteht sich auch als eine Art moderner Nachfahre der Samurai-Kaste - inklusive eines selbst auferlegten Ehrenkodex.

Sie halten sich zumeist aus den Belangen normaler Bürger heraus, bleiben im Hintergrund, halten oft Gewalt für wirklich das letzte und unerwünschteste Mittel und die Yakuza sieht es auch als selbstverständlich an, zu helfen, wenn Not am Mann ist. Bei Naturkatastrophen wie dem Kobe-Erdbeben in den 90ern und natürlich dem verheerenden Tsunami im letzten März waren es oft die Yakuza, die den Betroffenen direkt vor Ort Unterstützung gaben. Kein Wunder, dass sich manch ein Japaner mehr auf die tätowierten Herren in den teuren Anzügen verlässt, als auf die oft als eher ohnmächtig empfundene Staatsgewalt. Und da bringt uns jetzt wieder zu Yakuza: Dead Souls. Denn auch dort sind Polizei und Militär keine echte Hilfe für die Menschen in Kamurocho. Wo die einfach einen dicken Wall um das betroffene Gebiet zieht, sind es wieder die Yakuza, die sich der Gefahr stellen und im Kampf gegen die Untoten-Plage Leib und Leben riskieren.

Yakuza: Dead Souls - Trailer

Das tun sie auf eine oft zugegebenermaßen etwas krude, aber dennoch ziemlich amüsante Art und Weise. Die Klopper-Elemente der Vorgänger wurden etwas in den Hintergrund gedrängt und machen jetzt dem verstärkten Einsatz von bleihaltigen Argumentverstärkern Platz. Dabei ändert sich spielerisch aber gar nicht mal so viel. Anstatt Yakuza mit typisch westlichen Shooter-Kontrollen zu versehen, hat SEGA einfach das klassische Prügel-System ein wenig auf die Distanzwaffen angepasst. Für eingefleischte Zielkreuz-Artisten fühlt sich das System nicht zuletzt durch die fragwürdige Entscheidung, mit dem linken Stick zu ziehen, und die oft etwas überforderte automatische Zielerfassung seltsam, ungewohnt und oft auch etwas unpräzise an. Alte Yakuza-Hasen werden dafür schnell und unkompliziert an die neuen Baller-Elemente gewöhnt.

Technisch platziert sich auch das jüngste Yakuza genau wie seine Vorgänger im ordentlichen Mittelfeld mit gutem Spielraum nach oben. Die Umgebungen sind detailreich gestaltet, scheinen aber zu guten Teilen einfach aus dem vierten Teil übernommen worden zu sein. Die Figuren überzeugen mit überzeugender Mimik und angenehm wuchtigen Kampf-Animationen, echte Hingucker oder optische Aha-Momente sucht man aber meist vergebens. Die zahlreichen Ladezeiten kosten das Spiel zudem Atmosphäre. Wenn selbst Zwischensequenzen öfter mal unterbrochen werden, dann muss man sich doch wundern, ob es SEGA nicht eigentlich besser können sollte. Dafür spart auch dieses Yakuza wieder mal nicht an Abwechslung.

Die Stadt selbst teilt sich in zwei Gebiete. Die zuerst kleinere, aber stetig wachsende Zone ist das Zombieland voller ewig nachwachsender Untoter, die andere der durch Barrikaden abgeschottete und in Anbetracht der Umstände seltsam normale Teil Kamurochos. Hier sind alle Läden offen, im Zombiegebiet müsst ihr sie erst befreien, was ebenso optional wie empfehlenswert ist. Das Ganze funktioniert immer noch als Mischung aus Open-World-Freiheiten und linearer Handlung, in der sich erneut vier Hauptcharaktere in Folge abwechseln, bevor die Geschichten zu obligatorischen Klischees zusammenführen. Weitere zahlreiche Subquests und optionale Aktivitäten, oft mit gutaussehenden Hostessen, geben auch dem Untoten-Abenteuer den Charme, die die Yakuza-Fans an ihrer Lieblings-Serie so schätzen.

Zählt ihr euch zu dieser Gruppe, dann ist Yakuza: Dead Souls natürlich ein ganz eindeutiger Pflichtkauf. Die Zombie-Invasion ist kein billiges Anbiedern an die desinteressierte West-Käuferschaft, sondern ein witzig-albernes Story-Experiment, das nicht nur etwas Abwechslung in SEGAs Gangster-Soap bringt, sondern auch wieder einen neuen Aspekt der Yakuza auf spannende Art und Weise herausarbeitet und betont. Yakuza: Dead Souls erfindet weder das Gangster- noch das Shooter-Rad neu und fügt auch der alten Zombie-Thematik keine neuen Facetten zu. Dafür spielt es sich aber einfach gut und meistert den diffizilen Spagat zwischen ernsthaftem Drama und albernem Zombie-Spaß mit Bravour. Schade nur, dass SEGA nicht noch etwas an der grätigen Technik und den spielerischen Macken feilen konnte, was Yakuza: Dead Souls noch höhere Weihen leider schlicht verweigert.

7 / 10

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Yakuza: Dead Souls

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Thomas Nickel

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Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

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