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Civilization 5: Gods & Kings

Wenn der Glaube zurückkommt und Agenten die Welt erschüttern, werden Luftschiffe am Himmel kreisen.

Wo war Gott, als ich Rom stürmte, London in Asche legte und Kairo brennen sah? Jedenfalls nicht in Civilization V, wo ich diese in den Augen meines Volkes glorreichen Taten beging. Da zur Menschheit der Hang zu übernatürlicher Weisungssuche in allen Facetten mit mal mehr, mal weniger erfolgreichem Massenappeal einfach dazugehört, ist es sicher gut, dass Glaube und Religion nun mit der eigenständigen Erweiterung Civilization V: Gods & Kings Einzug halten.

Da ja Glaube auch etwas sehr Persönliches sein kann, etwas bei dem man sich nicht einfach dem Mainstream anpassen muss - zumindest sollte es so sein - oder möchte, erlaubt euch das Spiel neben den bekannten Spielarten menschlicher Anbiederung und/oder Ehrerbietung an die Götter auch die Benennung ganz eigener religiöser Spielarten. Dass meine Engländer an den Allmächtigen Atheismo glauben, ist selbstverständlich und wehe dem, der Sein Wort nicht im Herz und Seine Lieder nicht auf den Lippen trägt. Manche sagen, dass dieser Glaube zu einen nur ein umbenannter Judaismus sei, andere gar, dass er "eingeführt" wurde, um die verräterischen Schweden erst mit Missionaren zu unterwandern, um dann die dortigen Brüder "befreien" zu können. Was wissen sie schon, die Wege von Atheismo sind unergründlich.

Die Einbindung der Religion ist in Gods & Kings ein ziemlich umfangreicher Aspekt, und man könnte fast schon so allein verzeihen, dass er erst jetzt zum Hauptspiel dazu gereicht wird. Durch den Glauben allein eröffnen sich neue Möglichkeiten friedlicher Beziehungen zu Völkern des gleichen Glaubens, der Unterwanderungen mittels besagter Missionare bis hin zu vollwertigen Heiligen Kriegen aller Spielarten. Wie tief die Religions-Perks in die Balance eingreifen, wird sich in längeren Spielsitzungen zeigen, aber bisher hatte ich nicht den Eindruck, dass sie zu irgendeinem Punkt die Überhand gewannen. So viel Spaß es auch macht, im mal Namen des Hinduismus andere Länder zu besetzen und so allgegenwärtig diese Aspekte auch waren, der Weg der Besetzung lief weitestgehend konventionell ab, auch weil aus irgendeinem Grund der Glaube an Brahma und Co. in Indien nie so richtig Fuß fassen wollte. Nun, kann ja nicht jeder der englischen Staatsreligion folgen. Und ja, es sind diese absurden Momente, für die man Civilization einfach lieben muss. Schön, dass sie hier zurückkehren.

Die Spionage gehört ebenfalls zu den Dingen, die in V schlicht und ergreifend fehlten. Sie ist zurück - sobald ihr die Renaissance erreicht habt - und ehrlich gesagt ist sie praktisch wie eh und je, nur halt nichts, was man so nicht auch erwarten würde. Kauft gelegentlich mal eine Wahl, zieht nicht unvorbereitet in die Schlacht oder sabotiert alles, was nicht festgenagelt wurde. Die größte persönliche Freude kam auf, sobald ein Spion berichtete, dass eine Civilization eine andere - nicht meine - angreifen wollte. Solche Informationen sind viel wert und man macht sich nicht die Hände schmutzig. Erst sorgt man dafür, dass der Attackierte im Bilde ist und ordentliche Gegenwehr bietet, damit der Angreifer für meine eigene Attacke an einer zweiten Front bereits gut ausgeblutet vorgefunden wird. Geld verdient, einen Freund gewonnen und einen Widersacher einverleibt. Mr. Bond, sie haben ihre Mission mit Bravour gemeistert.

Zur Abrundung und Aufwertung des Paketes - damit keiner sagen kann, dass hier nur fehlende Features gegen Aufpreis nachgerüstet werden - gibt es noch drei Szenarios obendrauf. "The Fall of Rome" und "Into the Renaissance" waren noch nicht spielbar, klingen aber historisch wertvoll. Das dritte Setting verlässt die realistischen Wege - ihr wisst schon, die in denen die blutrünstigen Buddhisten durch die Killing Fields streifen... - und versetzt euch in ein waschechtes, viktorianisch angehauchtes Steampunk-Setting. Panzerschiffe, Landleviathane und natürlich Luftschiffe warten auf ihre nicht seltenen Einsätze in einem Szenario, in dem sich fünf fiktive Herrscher um die Vorherrschaft balgen. Die Religion bleibt hier außen vor, dafür springen Diplomatie und Spionage umso enthusiastischer in diese Bresche. Fünf wohlerzogene und höfliche Raubtiere, die einander belauern, ein durchaus reizvolles Setting mit einigen eigenen Regeln und Perks, die jeden bei Laune halten, der des freien Spiels ein wenig überdrüssig ist.

Es soll auch ein wenig an dem Grundgerüst der Diplomatie von Civilization V geschraubt worden sein, aber ehrlich gesagt, war es entweder unspektakulär - die Stadtstaaten parlieren immer noch auf einem sehr simplen Level über Geschenke, Abgaben oder simple Questen - oder schien noch nicht ganz zu funktionieren. Insbesondere in einigen diplomatischen Begegnungen endeten Gespräche undefiniert. Das KI-Gegenüber gab einfach kein Feedback, egal, ob denunziert oder Freundschaft angeboten wurde. Es kann ihnen doch nicht alles gleichgültig sein, oder? Hoffentlich.

Kommt da jetzt das Nachliefern von eigentlich sowieso fehlenden Features oder ist Civilization V: Gods & Kings zu Recht ein eigenständiges Paket? So unterhaltsam und gleichzeitig komplex, manchmal subtil und manchmal mit dramatischen Auswirkungen sich hier Spionage und Religion bemerkbar machten, würde ich derzeit in Richtung des Letzteren tendieren. Das bekannte freie Spiel wurde durchaus in beträchtlichem Umfang bereichert. Man merkt, dass diese Systeme nicht einfach nur schnell dazugeworfen, sondern aufwendig balanciert wurden. Selbst das Space-1889-Setting an sich ist schon mehr als nur ein Bonus und es wird lediglich eines von drei ähnlichen umfassenden Szenarios sein. Von daher: Preiset Atheismo.

In einer früheren Version des Artikel stand, dass Gods & Kings eigenständig, also ohne Civilization V, laufen würde. Dies stimmt leider nicht, das Hauptspiel wird benötigt.

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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