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The Elder Scrolls V: Skyrim Dawnguard - Test

Wieviel mehr ist mehr wert, wenn man sowieso schon mehr von allem hat als jeder andere?

Eines der größten Probleme hier und so unromantisch das ist, dürfte der Preis sein. Skyrim ist so verdammt gewaltig groß für das relativ kleine Geld, dass es kostet, und Dawnguard ist es nicht. Es packt 15 bis 18 Stunden - wenn ihr sie euch gut einteilt - auf 150 oder mehr drauf. Die einzige Chance, die diese neuen Stunden haben, sind entweder in Relation das Gleiche zu kosten - was wohl so um die 2 bis 5 Euro wäre - oder ein absolut denkwürdiges Erlebnis zu bieten, sodass genau diese Stunden als einer der großen Höhepunkte von Skyrim im Gedächtnis bleiben.

Leider ... nicht ganz. Es geht in die richtige Richtung, versucht an ein paar Stellen die Skyrim-Formel aufzubrechen. Aber am Ende bleibt es für einen zu großen Teil der Zeit in der Routine, die sich gerade bei Leuten, die viel Zeit mit dem Hauptspiel verbrachten und daher als wahrscheinlichste Zielgruppe für ein Add-On in Frage kommen, zwangsläufig nach 100+ Stunden einstellte. Quest bekommen, nach einer Weile generisch wirkenden Dungeon suchen, abarbeiten, wieder raus, Nächster bitte.

Die ersten zwei Drittel scheint es, dass Dawnguard dieses Prozedere mit zwei neuen Fraktionen wiederholen möchte. Vampire gegen Vampirjäger ist eine klassische Angelegenheit und beide Seiten sind zu Beginn durchaus gut aufgebaut, auch wenn sie mehr Ausarbeitung im Detail gebraucht hätten. Sie fügen sich prinzipiell nahtlos in die Spielwelt ein, als wären sie schon immer dagewesen und nur ein paar interne Logikprobleme tun sich auf. Warum einen die nun regelmäßig auftauchenden Vampirgruppen generell angreifen, wenn man selbst Vampir ist, bleibt etwas diffus. An Stellen macht es Sinn, die Vampos haben oft genug unterschiedliche Interessen und irgendwo wurde auch ein Wort von abtrünnigen oder so Vampiren gesagt, aber so richtig viel Sinn macht es trotzdem nicht. Was solls, mehr Erfahrungspunkte für alle.

Auch wenn beide Gruppen im Laufe ihrer Kampagne weitestgehend die gleichen Orte aufsuchen und auf der Suche nach demselben Objekt viel Ziele teilen, fühlen sich die Questen immer noch weit unterschiedlicher an, als es bei den beiden Seiten des Bürgerkriegs der Fall war. Das liegt zu einem guten Teil an der deutlich vielschichtigeren Geschichte, deren Erzählqualität über der Skyrims liegt. Charaktere bekommen ein wenig mehr Zeit, sind teilweise etwas besser ausgestaltet und wirken glaubwürdiger. Dieser Level wäre ein guter Start für zukünftige Add-Ons. Dabei hat sicher geholfen, dass dies keine Sowohl-als-auch-Story wurde, sondern ihr euch sehr früh und endgültig entscheiden müsst, ob ihr Blut oder Blut-Sauger jagen wollt.

Die stärkste Phase - auch wenn einige Kollegen das scheinbar anders sahen - kommt zum Schluss der beiden Kampagnen, wenn sich Dawnguard entschließt, ein wenig aus der gegebenen Welt auszubrechen. Bis dahin sind es die beiden übersichtlichen Hausschlösser der Fraktionen als einzige neue Orte, dann jedoch folgen große, versteckte Orte ohne direkten Bezug zur sonstigen Welt und sie wollen auch ein wenig was Besonderes sein. Das Seelengrab stellt sich als eine Art postatomarer Fantasy-Ground-Zero in Lila dar, durch die vereinzelte Geister huschen und der es, wenn auch in erster Linie durch ihre Hintergrundgeschichte, gelingt, etwas Befremdliches zu vermitteln.

Das wahre Highlight ist jedoch das verlorene Tal. Eine abgekapselte Welt hoch im Norden, die zeigt, wie Skyrim aussehen würde, wenn es nicht stellenweise fast unter Überbevölkerung leiden würde. Kann man in vielen Ecken des Hauptspiels nur selten mal drei Minuten in eine Richtung gehen, ohne jemanden zu treffen, ist dieses Areal praktisch entvölkert und lässt seine Schnee- und Eiswelt mit riesigen, gefrorenen Seen und Wasserfällen ganz allein wirken. Nur einige wenige Ruinen wurden taktisch geschickt platziert und so verfehlt das Finale hier auch seine Wirkung nicht. Über den letzten Bosskampf kann man das leider nicht sagen, er fühlt sich leider eher wie ein Epilog an, als wie ein großes Finale. Einige der Kämpfe im Tal selbst jedoch gehören zum Besten, was Skyrim euch insgesamt zu bieten hat.

Die Schwäche des Tals und auch der anderen neuen Bereiche ist ein Mangel an spannenden neuen Monstren. Ein seit Ewigkeiten unbewohntes Tal hätte durchaus etwas Spannenderes als ein paar Säbelzahntiger beherbergen können und in der Seelenwelt punktet allein der untote Drache. Er ist ein Highlight, aber leider auch der einzige Leistungsträger. Vielleicht wollte man sich einfach nicht zu weit vom "Realismus" der Hauptwelt entfernen. Aber andererseits darf man sich ruhig daran erinnern, dass es immer noch Fantasy ist. Unbekannte, verschollene Landschaften haben mehr Mystik und Erlebnispotenzial verdient, als sie hier erfahren haben.

Während ihr um die Landschaften nicht herumkommt, lassen sich die speziellen Fertigkeiten, die ihr in Dawnguard bekommen könnt, leicht verpassen, nur weil ihr vielleicht kein Vampir sein wollt. Sollte das der Fall sein, gibt es für zuvor schon hochgelevelte Helden nichts Neues zu lernen. Ob ihr jetzt bei den Vampir-Talenten so viel verpasst, ist eine andere Frage. Entschließt ihr euch, Vampirlord zu werden, steht euch eine neue Körper-Form wie der Werwolf zur Verfügung. Hoher physischer Schaden wird hier auch verteilt, ist aber mehr eine Notlösung. Normalerweise werft ihr mit Eisbolzen oder einem Lebensabsaugerspruch um euch, wobei letzterer der Schlüssel zu den neuen Fertigkeiten ist. Seid ihr ein eifriger Sauger, stehen euch nach und nach immer mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Die weniger Spannenden sind Steigerungen der Charakter-Punkte, die Guten die Möglichkeit, jede Leiche kurz zu animieren, einen Gargoyle zu rufen oder einen Mantel aus fleischfressenden Fledermäusen zu rufen, die alles aussaugen, was euch zu nahe kommt. Es macht Spaß für kurze Zeit, man blödelt ein wenig damit rum, dann beginnt der Reiz nachzulassen. Im Zuge der Vampir-Aufwertung erfuhr auch der Werwolf ein kleines Update. In der Wolfsform habt ihr nun einen eigenen Baum mit etwa zehn Talenten, deren spannendstes Wolfshelfer ruft, meistens sich jedoch auf Boni für Eigenschaften und Fertigkeiten beschränkt. Es macht den Wolf in euch etwas interessanter, ohne ihn zu etwas Neuen und wirklich Eigenständigen reifen zu lassen.

The Elder Scrolls 5: Skyrim - Dawnguard - Trailer

Das ist alles ja irgendwie ganz nett, macht aber auf längere Sicht nicht die Nachteile, wie etwa die Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht - ihr regeneriert weder Ausdauer noch Leben und nehmt mehr Schaden - wett. Dazu kommt, dass der Vampirlord ziemlich groß ist, seine Flugfähigkeiten sich auf lahmes am Boden-Schweben beschränken und er in engen Höhlen ständig verkantet. Spaß hat man mit ihm in erster Linie draußen. Zudem sind die Kräfte am Ende eine Abwechslung und können es aber auch nur geradeso mit den existierenden Hochlevel-Spielmöglichkeiten aufnehmen. Erfahrene Helden rauschen eh nicht mehr gehindert als sonst auch durch das Abenteuer, der Schwierigkeitsgrad entspricht den üblichen Skyrim-Stufen. Von der Fertigkeiten-Erfahrungs-Warte aus betrachtet bleibt Dawnguard für große Helden unbefriedigend.

Dawnguard ist entweder zu teuer oder zu mutlos oder vielleicht auch beides, um wirklich glänzen zu können. In seinen besten, meist kurzen Momenten übertrifft es Skyrim zwar in einzelnen Disziplinen, aber es holt einfach nicht alles aus seinen guten Möglichkeiten, wie eben den neuen, faszinierenden Arealen und Fraktionen heraus, um zu einer eine essenziellen Erweiterung des Vorhandenen zu werden. Solltet ihr wirklich schon alles gesehen haben, dann bekommt ihr hier noch mal anderthalb Dutzend Stunden weitgehend ähnlich gearteten Nachschubs, durchzogen von der Brillanz, die hätte sein können. Dawnguard ist eine wirklich gute Episode aus der gewaltigen Welt, die Skyrim ist. Aber keine, nach der man sagen kann, dass ein Held Skyrim erst dann kennt, wenn er Dawnguard überlebt hat.

7 / 10

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In diesem artikel

The Elder Scrolls V: Skyrim

PS3, Xbox 360, PC

The Elder Scrolls V: Skyrim - Dawnguard

PS3, Xbox 360, PC

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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