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Alkohol ist das Lebenselixier der Stadt, Omerta das ungeschriebene Gesetz

Vom Aufstieg und Fall Atlantic Citys und welche Rolle ihr dabei spielen könnt.

Atlantic City lag vor wenigen Tagen teilweise unter Wasser, nachdem Hurricane Sandy darüber hinweg stürmte, nun sind die berühmten Küsten-Attraktionen und der legendäre Boardwalk angeschlagen. Mal wieder. Bereits 1944 beispielsweise zog ein schwerer Sturm darüber und auch damals wurde diese für die USA praktisch legendäre Stadt wieder aufgebaut. Sie werden sie auch diesmal wieder aufbauen, aber die Frage, wo die Stadt in Zukunft hingehen wird, dürfte auch danach nicht geklärt sein. Denn der Verfall der eigentlichen Bedeutung der Stadt als das "Vegas der Ostküste" dürfte weiter fortschreiten.

Ihre Hochphase liegt ja auch schon ein Weilchen zurück. Bevor praktisch jeder Autos hatte, um mal kurz vorbeizuschauen und ein paar Dollar in den Casinos und Strand-Resorts zu verbraten, kamen sie mit dem Zug und zogen diese Verbraterei zum Wohl und Wohlgefallen der Stadt über Wochen hin. Bevor sich praktisch jeder Flugtickets in die Bahamas, nach Florida oder eben Vegas leisten konnte, war Atlantic City die Spaß-Stadt der Ostküste schlechthin. Und das lag nur am Alkohol.

Ok, zuerst war es auch die hübsche Lage an der Küste und die Nähe zu den großen Städten des Nord-Ostens, aber dann in den 20ern und der Zeit der Prohibition war es der Alkohol. Denn der floss hier in Strömen. Während in weiten Teilen der USA in der Zeit von 1919 bis immerhin 1933 Herstellung und Verkauf jeglichen Alkohols teilweise extrem rigoros verfolgt und bestraft wurde, genoss Atlantic City eine Art inoffiziellen Sonderstatus. Zum Teil war es die Mafia, die wie sonst auch illegal den Suff unters Volk brachte, aber auch aus rein wirtschaftlichen Gründen lies die Regierung hier mehr durchgehen. Die Leute sollten in die Stadt kommen und sich amüsieren. Ein paar Liter Bier und Whiskey helfen halt, die Brieftaschen zu lockern.

Lasst den Alkohol fließen

Omerta - City of Gangsters spielt genau in dieser Zeit und der Fokus ist natürlich der Mafia-Teil dieser Geschichte. Die Stadt selbst mag es wenig kümmern, dass die Mafia liefert, wonach es den Leuten dürstet, aber ihr ist auch egal, welcher Gangster daran den größten Anteil hat. Und so mag die Umgebung für euren frischgebackenen Möchtegern-Capone sprechen, die Konkurrenz jedoch ist groß. Und in diesem Konflikt dürft ihr nicht zu sehr über die Stränge schlagen, denn schließlich muss alles schön sauber und für die Touristen unauffällig laufen.

Es ist ein sehr persönliches Aufbau-Spiel, in dem ihr eigentlich nichts aufbaut. Fast alle Häuser sind schon da und können für diverse Zwecke genutzt werden, aber das Gesicht von Atlantic City werdet ihr im Gegensatz zu anderen Spielen dieser Art nicht groß mitbestimmen. Das ist ein wenig schade, bedenkt man, dass dies eine Boom-Zeit für die Stadt war, sie hier im Spiel jedoch in ihrem Zustand eingefroren bleibt.

Bis so eine Hütte steht, muss viel Bier verkauft werden.

Von eurer bescheidenen Behausung aus geht es los, wenigstens einen Kumpanen anzuheuern, um eine Gang zu gründen. Der Gangster wandert gut sichtbar durch die Straßen, die zwar detailliert, aber auch ein wenig steril wirken. Alles ist sehr sauber, die Leute laufen wie geordnete Sims umher, es wirkt belebt, aber nicht so lebendig, wie es sein sollte. Omerta ist in seinem jetzigen Entwicklungsstadium schön anzuschauen, aber noch fehlt der gewisse Touch, der ihm Leben einhaucht. Selbst die dezenten Wettereffekte und Tag-Nacht-Wechsel ändern daran nicht so viel. Das ist in dem Genre natürlich Jammern auf hohem Niveau, aber hier scheint man kurz davor zu stehen, diese nächsthöhere Stufe der Glaubwürdigkeit der Umgebung zu erreichen. Aber ist ja noch ein bisschen hin bis zur Veröffentlichung.

Sobald ihr den Ort erreicht habt, wo euer zukünftiger Mitstreiter gefangen gehalten wird, wird auf eine Sicht umgeschwenkt, die aus beispielsweise Jagged Alliance sehr gut bekannt ist. Die Dreiviertelsicht zeigt eine Lagerhalle, aus der ihr zusammen entkommen müsst, es wird in Runden und nach Bewegungspunkten gezogen und geschossen. Eine Handvoll Schläger der Konkurrenz wartet bereits darauf, zu zeigen, dass ihre KI scheinbar weiß, was sie tut. Nutzt ihr nicht die Deckung und Sichtlinien, sondern stürmt einfach vor, endet die Karriere bereits hier. Der Computer agiert schnell, aggressiv, vielleicht euch ein wenig zu schnell berechenbar. Aber es auszusitzen, funktioniert nicht.

Rundentaktik im 10-Minuten-Takt

Die taktischen Shootouts sind in gewisser Weise mit den Schiffschlachten eines Port Royal zu vergleichen. Auch in Omerta kann ein Kampf einfach übersprungen und automatisch ausgewürfelt werden und es ist nicht das Hauptziel des Spiels, welches ja die "Eroberung" der Stadt ist. Aber Omerta geht mit der detaillierten Ausgestaltung dieses Spielelements deutlich weiter. Jede Figur hat ihre Werte, eigene Waffen - Tommygun-Anny räumt gut auf ... - und fürchtet sich sogar. Neben der Lebensenergie ist Furcht ein wichtiger Faktor und ihr könnt auch Gegner demoralisieren. Wer hinter einer Mülltonne kauernd von einer MG unter Beschuss liegt, möchte lieber ganz woanders sein. Euren Leuten kann es leider auch so ergehen. Eine Übermacht ist nicht gut für die Moral, drei Runden lang nur einzustecken auch nicht, die Fahnenflucht kann näher sein als der Tod.

Das System macht einen gut balancierten und ausreichend komplexen Eindruck. "Ausreichend", weil es gegenüber einem Jagged Alliance dann doch einige Einschränkungen gibt, was die Spieltiefe angeht. Nur vier eigene Leute, nicht viel mehr auf der Gegenseite, keine verzögerten Aktionen beispielsweise, die Kämpfe sollen sich grundsätzlich in 10 bis 15 Minuten ausspielen lassen. Wie gesagt, sie sind nicht der Hauptfokus und sollen es auch nicht sein, aber wer hochkomplexe Hardcore-Runden-Taktik erwartet, sei hier gewarnt. Das heißt nicht, dass es keinen Spaß machte, im Gegenteil. Insbesondere Gegner in die Flucht zu schlagen, hat seinen Reiz und auch die Bilder haben einen gewissen Anteil daran, dass man es persönlich nimmt, auf wen man schießt.

Sehen und gesehen werden, Reichweiten und Bewegungspunkte: Rundentaktik im Klein- und Schnellformat.

Aus einem Riesenarchiv des Kongresses und andere Behörden suchte sich Haemimont Games (Tropico 3 und 4) jede Menge alter Porträts und Fahndungsbilder heraus, die den Leuten mit einem Blick mehr Persönlichkeit geben, als es hundert Werte könnten. Was die echten Leute hinter den Bildern darüber gedacht haben hätten, wäre auch eine interessante Spekulation, wer weiß, ob sich eine Tänzerin aus den 20ern in der Rolle einer schießwütigen Mafia-Gehilfen gefallen hätte. Im Spiel jedoch geben diese Bilder den bis zu 15 heuerbaren Handlangern viel Identität, sodass ihr schnell eine zumindest leicht emotionale Bindung zu eurer Gang verspürt.

Das liegt eben auch an dem Zoomfaktor des Spiels, der zeigt, wie eine Gruppe zu einer Bank läuft, um diese zu überfallen. Alle Bewegungen durch die Stadt müssen mit eingeplant werden, keiner beamt sich von A nach B. Auf diese Weise nähert ihr euch auch den Bezirken selbst an. Zwanzig ziemlich große werden es wohl sein, vom Boardwalk bis ins Hinterland, rekonstruiert anhand realer Daten und gezeigt auf einer authentischen Karte.

All die richtigen Freunde muss der Gangster haben

Am Ende dreht sich alles um den Alkohol und das Vergnügen. Übernehmt Destillen und Vertriebswege, sichert euch die Kneipen und Casinos, lasst so beständig das Geld fließen. Banküberfälle, Plünderungen eines Polizeilagers und andere klassische Gangster-Dinge auf Straßen-Level findet ihr auch zuhauf, und damit genug Gelegenheit, dem Taktik-Kampf zu frönen, aber das echte Geld liegt halt in einer guten Wirtschaftsstruktur. Nur dürft ihr es nicht übertreiben. Ein Problem von Port Royal oder zu einem gewissen Teil auch eines Tropico war es immer, dass irgendwann das Ganze ein Selbstläufer wurde. Steht das Gerüst, muss schon eine Menge passieren, damit der Reichtum nicht fast automatisch hereinrollt. Dem ersten Anschein nach scheint auch Omerta darunter zu leiden, dann jedoch fällt euer Blick auf die Sterne in der Ecke, die das Interesse der Polizei an euren Aktivitäten repräsentieren.

Detailliert sind die Umgebungen, aber noch etwas zu steril.

Geht ihr zu dreist vor, hinterlasst ihr zu viele Leichen, wird die Stadt zum Schluss kommen, dass ihr nicht derjenige seid, den man den gewähren lassen möchte. Treibt ihr es zu weit, rücken Spezial-Einheiten ein, die euch gezielt jagen, weit besser ausgerüstet sind und euch das Leben zur Hölle machen. Eure Kumpanen und sogar der Boss selbst kann dann schnell im Knast landen und hier auszubrechen, ist in Omerta keine einfache Taktik-Runde. Lasst ihr dagegen die Zeit verstreichen, kann es durchaus schnell mit dem Geschäft den Bach runtergehen, da ihr nicht mehr reagieren und anpassen könnt. Also werden Politiker und Polizisten bestochen, gute Taten für die Stadt getan und die Beliebtheit eines "guten" Don erlogen, der tagsüber den ehrenwerten Mann mimt, während er in der Nacht die Leichen verscharrt. Auf diese Weise schafft ihr euch auch die Freunde in hohen Positionen, die euch dann auch mal aus dem Knast helfen können.

Am Ende könnt ihr fast jedes Haus kaufen und die meisten davon auch für illegale und auch mal legale Verdienst-Aktivitäten nutzen und so gehört euch dann eines Tages die Stadt, was sich auch an der eigenen ausbaubaren Hütte sehen lässt. Von der Abstellkammer bis zum Prunk-Palästchen ist es ein langer Weg durch eine wohl etwa zwanzig-stündige Kampagne oder einen Endlos-Modus. Die Story selbst beginnt klassisch mit dem Kleingangster, der aus Europa flüchten muss und in den USA sein Glück sucht. In der Anspielzeit war noch nicht abzuschätzen, ob sich das interessant entwickelt, aber für ein Spiel dieser Art ist es bisher zumindest ein solider Aufhänger und Hintergrund.

City of Gangsters - Trailer

Es wird einen Multiplayer-Modus geben, in dem eure handverlesene Gangstertruppe gegen andere in verschiedenen Modi kämpfen kann, gezeigt wurde davon jedoch noch nichts. Dafür gab es die Xbox-Version zu sehen und man merkt deutlich, dass mit Tropico und Co. inzwischen genug Erfahrung gesammelt wurde. Die Benutzerführung wirkt aufgeräumt, lässt sich gut mit dem Pad handhaben und auch die Kämpfe sind damit ohne Probleme zu bestreiten. Die niedrigere Auflösung wirkt natürlich etwas verwaschener, aber von dieser Kleinigkeit abgesehen, scheint es wenig Gründe zu geben, warum sich nicht auch die Besitzer dieser Konsole auf Omerta freuen sollten.

Omerta ist eine relativ eigene Mischung, auch wenn der Blick auf die vertraut wirkende Kartenansicht das nicht unbedingt suggeriert. Durch die detailliert mit Werten versehenen, vor allem aber durch die Bilder präsenten Gang-Mitglieder gibt es einen weit persönlicheren Touch als bei so manchem anderen Genre-Spiel. Die Kämpfe schaffen eine eigene taktische Note, die in der Komplexität sicher anderen Spielen des Rundenkampfes hinterherhinkt - das hier ist eben doch kein XCOM und auch kein Jagged Alliance -, jedoch weit mehr bietet als nur eine Auflockerung. Alles zusammen zeichnet dann das Bild eines augenscheinlich sehr ausgewogenen, facettenreichen Spiels innerhalb einer faszinierenden Zeit einer nicht minder faszinierenden Stadt. Omerta - City of Gangsters wird sicher kein großer Umkrempler der Spielewelt, aber am Ende sollte es dann nächstes Jahr ein sehr solides und unterhaltsames Verbrecherdasein bieten.

In diesem artikel

Omerta: City of Gangsters

Xbox 360, PC

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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