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Die Simpsons: Springfield (Tapped Out) - Test

Schlimmer als Season 23, dümmer als ein Homer-Klon, nutzloser als eine Clip-Show und trotzdem profitabel.

Ich liebe die Simpsons. Habe sie immer geguckt und werde es sicher in vielen Jahren auch noch tun (dann wohl in der x-ten Wiederholung, aber trotzdem). Einige der Episoden sind mit das Beste und Lustigste, was ich im Zeichentrick überhaupt je gesehen habe und sie waren in ihren besten Zeiten eine fast perfekte Mischung aus gesellschaftlichem Kommentar und einfach lustigem Zeugs.

Wenn ich also sage, dass "Die Simpsons: Springfield" (Originaltitel: The Simpsons: Tapped Out) der größte Mist ist, der mir seit Langem über den iPhone-Screen flimmerte, tue ich das nicht gerne, denn ich hatte mich wirklich auf eine SimCity/Sims-Mischung mit den Simpsons gefreut. Trotzdem, selbst über den Mist hätte ich normalerweise keine weiteren Worte verloren, kostet ja nichts, es mal auszuprobieren. Aber nachdem sich jetzt der Erfolg dieses Machwerkes immer mehr abzeichnet, muss ich einfach fragen: Warum zur Hölle gibt jemand dafür Geld während des Spielens aus?

Ein mieses SimCity, ein räudiges Sims

Erst mal schnell das Gute aus dem Weg: Die Bugs sind größtenteils verschwunden. Aber sonst sieht es düsterst aus. Als SimCity-Klon ist es nicht angenehm zu spielen. Die Steuerung ist oberflächlich und undurchdacht, nicht mal einen Zoom kennt es und schnell wird es unübersichtlich. Die wirtschaftliche Seite ist nicht vorhanden. Es gibt keine Zusammenhänge, die irgendwie mit irgendwas korrespondieren und eine Spieldynamik schaffen würden. Nichts entwickelt sich, nichts verfällt.

Das ganze Spiel in einem Bild erklärt: Tippt einmal am Tag auf alle gelben Icons, baut vielleicht ein neues Haus. Kommt morgen wieder für mehr von diesem Spaß.

Als Sims-Spiel ist es ein Versager. Die Bewohner Springfields sind nett animiert und haben ihre Original-Sprecher, aber das war es auch schon. Ihr kontrolliert nichts, sie laufen einfach herum und warten darauf, dass ihr ihnen Aufgaben gebt, die sie dann automatisch "abarbeiten". Mit Lisa Müll einsammeln dauert ein paar Sekunden, Apu Ganesha anbeten zu lassen ein paar mehr und alles andere bewegt sich zwischen solchen Kurzzeitlern und Homers 24-stündigem Monkey-Trauma-Center-Marathon. Es gibt keine Dynamiken, in die ihr eingreifen müsstet. Ein Kinderbuch, in dem ihr die Kuh anklickt und dann macht sie "Muh" liegt ungefähr auf dem Level.

Da ist kein Spiel, das ist ... Was zur Hölle ist das? Das große Warten auf... Etwas? Was denn? Das Bauen ist so teuer, dass man erst nach Monaten so viel regelmäßige In-Game-Währung bekommt, dass man zumindest fast täglich irgendetwas tun kann. Ich "spiele" seit drei oder vier Wochen praktisch täglich, was bedeutet, dass ich das Spiel starte, alles einmal anklicke, um Geld und "Erfahrungspunkte" zu bekommen und neue Aufgaben zu verteilen. Das dauert fünf oder zehn Minuten und dann war es das auch schon wieder. Es reicht nicht, damit ich mir auch nur innerhalb einer knappen Woche einen Blinky-Ballon kaufen kann. Das ist eine der Aufgaben und sie werden nicht komplexer als das. Nur teurer, zeitaufwändiger und nerviger.

Das Gute an dem Spiel ist, dass man diesen Bildschirm nicht mehr ganz so oft sieht. Obwohl, viel weniger Spaß machte er auch nicht.

Sollte mich eines Tages der Teufel reiten und mir Ambitionen für dieses Machwerk einflüstern, muss ich echtes Geld für Dinge ausgeben, die auch nichts anderes tun, aber zumindest optisch den Simpsons-Süchtigen erfreuen. Farmville hatte mehr spielerische Elemente. Nicht viele, aber immerhin. Das ist der Level, auf dem wir uns hier bewegen. Freunde belästigen inklusive, denn alle (A-)Social-Features sind natürlich auch da.

Und nein, nicht mal für mich, der selbst ab nach Season 12 oder so der Serie und ihrer extrem vor sich hinleidenden Qualität die Treue hält, hat das Spiel etwas zu geben. Die Sprüche sind nett, aber nach einer halben Stunde gehört. Witz oder Handlung sind nicht vorhanden. Eine beliebige Youtube-Clipshow der Simpsons hat weit mehr Simpsons zu bieten als Die Simpsons: Springfield.

Die Simpsons: Springfield ist je nach Betrachtungsweise eine Beschäftigungstherapie für die kurzen Warte-Minuten des Tages oder schlicht Abfall.

Sie tun es, weil es sinnvoll ist.

Das Problem dabei ist nur: es funktioniert. Electronic Arts verdient damit scheinbar so viel Geld, dass man sich schon fragt, warum die noch etwas anderes machen als solche Dinge. Die Entwicklungskosten können nicht hoch sein, ein paar Halloween-Items - gerade vorbei - oder Weihnachtsramsch - kommt in Kürze - in den In-Game-Store zu schmeißen, das kann nichts kosten. Was nur minimal weniger ist, als der Rest in die Bücher auf der Ausgabenseite geschrieben haben dürfte. Sollte Ex-Biowares Ethan Levy mit seiner Einschätzung richtig liegen, dass dieses Game etwa 20 Millionen Umsatz generiert hat, wäre eine Firma verrückt, etwas anders zu tun oder gar etwas zu riskieren. Eine sichere Groß-Produktion wie Dragon Age oder das nächste FIFA mag da noch als kalkulierbar durchgehen, aber warum sollte man x-Millionen für ein Mirror´s Edge 2 ausgeben, wenn der Erfolg nicht planbar ist? Lieber noch zwei Lizenzen kaufen, Abfall drum herum stapeln und die Millionen sicher kalkulierbar hereinpurzeln sehen. Wenn mal einer nicht läuft, kommt halt der nächste. Ist ja nicht so, als hätte die Entwicklung was gekostet.

Das Schlimme ist, dass jeder Geschäftsmann, der so denkt, recht hat. Es ist eine sichere Kalkulation. Und wenn er recht hat, würde ich als Aktionär sehr sauer sein, wenn er wider besseren Wissens großes Geld in riskante Projekte steckt, von denen man praktisch weiß, dass sie nicht dieses Geld zurückbringen können. Wo die Zielgruppe einfach etwas zu klein ist, zu viel Ahnung hat und hohe Ansprüche noch dazu.

Das Spiel macht keine halben Sachen: Ihr habt keine Chance alle Gebäude ohne den Einsatz echten Geldes zu bekommen.

Wie ich schon häufig sagte, ich habe kein Problem mit Free-to-play, es muss auch nicht wirklich „free“ sein. Aber war sonst eher der Bezahlteil überzogen und das Spiel ganz nett - Drakensang - scheinen die Simpsons ein Experiment zu sein, wie man auch noch das Spiel weglässt und trotzdem die Leute dazu bringt, Geld auszugeben. Das Beste daran: Es funktioniert offensichtlich.

Das ist es, was mir Sorgen macht. Die Anspruchslosigkeit der 5-Minuten-Masse, die zwar sonst keine Spiele spielt, aber für einen kurzen, sinnfreien Moment beim Warten, sei es nun Bus, beim Boss im Meeting oder während einer Darmbewegung etwas auf einem Bildschirm tut. "Spiel" will ich das nicht mehr nennen, es ist "sich beschäftigen". Würde dieses Geld in AAA-Produktionen oder sogar das gelegentliche AA-Experiment zurückfließen, wäre das nicht mal weiter verwerflich. Nur, warum sich die Mühe machen? Es gibt offenbar genug Leute, deren Ansprüche an Unterhaltung so gering sind, dass sich mit Die Simpsons: Springfield Geld verdienen lässt. Das ist ein Problem, das Ressourcen für die Entwicklung echter Spiele bindet. Es mag marktwirtschaftlich eine solide Strategie sein. Aber es ist eine, die zumindest mich über kurz oder lang Hobby und Job wechseln lassen wird.

An all die Leute, die Geld in Die Simpsons: Springfield investieren: Hier ist eine App, die auch euer Geld nimmt. Der Spielspaß ist fast genauso hoch, die Interaktivität nicht viel anders und ihr dürft euch danach sogar noch ein wenig gut fühlen. Oder ihr spielt Die Sims: Mittelalter. Das taugt wenigstens was, vielleicht weil ihr das Geld im voraus bezahlt.

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In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

The Simpsons: Tapped Out

Android, iOS

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Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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