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Curiosity – Ist es wichtig, was im Würfel steckt?

Die Neugier siegt: Was wird wohl drin sein, wenn das letzte Kästchen fällt. Und was hoffentlich nicht.

Wenn ich ein beliebiges Bild neben das Wort Übertreibung ins Wörterbuch drucken könnte, wäre es wohl der Anblick eines euphorischen Peter Molyneux, der gerade dabei ist, mir 1000 Dinge auf einmal zu versprechen. Dann wäre ich aber auch gezwungen, das gleiche Foto unter Enttäuschung einzuordnen.

Es ist sicherlich nicht schwer, sich über den Mann mit dem Namen eines Zauberers lustig zu machen. Aber genauso wie ein Magier das Publikum vor der Enthüllung seines großen Tricks in den Bann zieht, so schafft es auch der sympathische Engländer, uns allen Erste-Klasse-Tickets für den Hype-Train anzudrehen. Nur, dass seine Tricks manchmal mit zersägten Damen enden, die nicht mehr zum Leben erwachen.

Und trotz der vielen Seitenhiebe auf seine maßlos übertriebenen Ankündigungen hat er es mit Curiosity - What's Inside the Cube? wieder einmal geschafft, die Massen vor dem Tor seiner Versprechungen zu versammeln. Und alle klicken sie fröhlich auf den von ihm sowie seinem Team erstellen Riesenwürfel, um langsam alle Ebenen Stück für Stück abzutragen.

1 Million gegen 60 Billionen

Aktuell haben mehr als eine Million Spieler an dem Experiment teilgenommen und tippen fröhlich auf ihren Touchscreen-Geräten, um die auf über 60 Billionen geschätzten Klötze zu vernichten. Die App ist komplett kostenlos und ihr könnt, solange es die Server bei dem Ansturm zulassen, ohne Einschränkungen an allen Ecken arbeiten. Dreht mit euren Fingern den Würfel, zoomt näher an eine bestimmte Stelle heran und ärgert euch anschließend, dass bereits nach zwei Sekunden die Hälfte aller Blöcke um euch herum zerstört wurden.

Die Außenseite des Würfels

Wer hier kurzlebige Nachrichten erstellen will, muss schnell sein. Besonders obszöne Gesten oder Hakenkreuze werden schnell von anderen Spielern vernichtet. Aber auch ernst gemeinte Nachrichten oder Karikaturen kommen durch den rapiden Abbau am Würfel kaum zustande. Und dennoch ist es mit einer gewissen Faszination verbunden, nur so über die Oberfläche zu wandern und all die vielen Löcher zu betrachten, die sich jede weitere Sekunde ausbreiten.

Die Ebenen selbst bieten bisher nur andere Farben und zum jetzigen Zeitpunkt ein paar nette Bilder, die leicht schimmern. Doch was zieht die Spieler wirklich dazu an, gemeinsam an dieser monotonen Arbeit mitzuwirken? Zunächst einmal benötigt es keinerlei Einsatz vom Spieler aus. Er muss nichts bezahlen, erhält keinerlei Einschränkungen und darf ohne unnötige Erklärungen einfach loslegen. Dazu gesellt sich der soziale Aspekt einer solch einzigartigen Erfahrung. Man kann es wohl kaum als unglaublich interaktiv oder weltbewegend bezeichnen, trotzdem bietet es einen gewissen Reiz, zu den vielen Spielern zu gehören, die daran teilnehmen.

Das Spiel selbst erschafft eine Art unterbewusste Sucht durch das gelungene Feedback. Es ist einfach zu navigieren, sieht innerhalb der Grafiklimitation ästhetisch aus und man kann jeden Finger gleichzeitig einsetzen. Ich würde es wohl kaum als Spaß bezeichnen, doch für ein paar Minuten zwischendurch ist es ganz lustig.

Gold? Geld? Ist es wichtig?

Selbst die Möglichkeit zusätzliche Items mit der Spielwährung zu kaufen, ist relativ harmlos. Diese bringen euch keine persönliche Bereicherung, sondern nur eine geringere Distanz zum globalen Ziel. Zudem wurde ich bisher kein einziges Mal vom Spiel zum Kauf genötigt. Nur beim ersten Start ploppte unten ein ganz kleiner Pfeil auf, der mir das Menü zeigte.

Es hat ein wenig gedauert, einen kompletten Screenshot ohne Hakenkreuze oder Geschlechtsorgane zu machen.

Das Gold selbst erhaltet ihr durch erfolgreich abgebaute Würfel. Wer Combos erzielt, bekommt zusätzliche Kohle auf sein Konto. Bisher könnt ihr noch kein echtes Geld umtauschen. Dies soll auch nicht der Bereicherung des Teams helfen, sondern nach Molyneux zufolge ein weiterer Aspekt des Experimentes sein. Und spätestens seit The Simpsons: Tapped Out wissen wir, dass genügend Leute allergisch auf zu viel Geld reagieren und es gerne um sich schmeißen. Könnte man dieses Verhalten mit dem Projekt wirklich beweisen?

Zumindest hoffe ich, dass die überschüssigen Einnahmen nach Abzug der Entwicklungskosten auch gespendet werden. Vielleicht ist das ja die große Überraschung, die am Ende auf den Spieler mit dem finalen Bildschirmdruck wartet.

Was bitte nicht im Würfel sein sollte

Aber keiner außerhalb des Entwicklerteams kann momentan sagen, was wirklich im Inneren des Würfels steckt. Das hält mich aber nicht davon ab, wilde Spekulationen zu verfolgen. Doch anstatt den wahren Inhalt zur erraten, möchte ich lieber ein paar Dinge aufzählen, die ich unter keinen Umständen nach dem Fall des letzten Brockens sehen möchte.

1. Nichts

Wer könnte sich dieses Szenario nicht gut vorstellen? Sobald der letzte Stein getippt wird, erhält der Gewinner - wenn man es in diesem Fall so nennen darf - einen Link, der zu einer leeren Seite führt oder einen spöttischen 404-Fehler anzeigt. Es soll uns allen verdeutlichen, dass wir unsere Zeit verschwendet haben und dazu bereit waren, für ein sinnloses, nicht bekanntes Ziel monotone Sklavenarbeit zu liefern. Die leere Seite fungiert als Spiegelbild, das uns das eigene Verhalten hinterfragen und ergründen lässt.

Spürt meinen überlegenen Intellekt und lasst euch von mir erleuchten!

Wir sollen uns in Zukunft mehr Gedanken machen, wie und warum wir solchen Aufgaben Folge leisten. Vielleicht wirft Mr. Molyneux noch einen netten Vergleich mit dem Dritten Reich hinzu oder liefert ein Video nach, in dem er sich mit dem angehäuften Geld überschüttet.

Das Problem an dieser Situation wäre nicht die überhebliche Einstellung, uns allen damit einen Gefallen zu tun und es als weltbewegenden Moment zu verkaufen, sondern vielmehr die unnötige Wiederholung. Denn Curiosity schafft es von ganz alleine, dass wir uns diese Fragen stellen, ohne den Spieler darauf aufmerksam machen zu müssen. Nimmt man diese Eigenerkenntnis weg und tut so, als müsste man es den dummen Versuchsobjekten extra erklären, verfliegt der komplette Effekt.

2. Ein Bild von jedem Spieler

Hierbei habe ich keine Idee, wie es eigentlich mit der rechtlichen Lage aussieht, aber es wäre zumindest möglich, dass Curiosity von jedem Spieler heimlich ein Foto zu Beginn macht. Zwar würde dies nur bei Geräten mit einer Kamera auf der Vorderseite möglich sein, den Anteil an iPad- und iPhone-Nutzern schätze ich aber ziemlich hoch.

Wenn also der Gewinner den Inhalt des Würfels erreicht, führt der dort enthaltene Link zu einem Ordner, der jedes aufgenommene Bild enthält und somit die Identität aller teilgenommenen Personen verrät. Und er darf sie komplett für sich behalten - für welche perversen oder soziopathischen Gründe auch immer - oder es mit der Welt teilen.

3. Die Ankündigung eines neuen Projekts

Klingt ziemlich dumm, oder? Aber wie würde die Resonanz aussehen, wenn beispielsweise Rockstar das Erscheinungsdatum von Grand Theft Auto V erst dann verrät, wenn die Spieler einen Würfel mit vergleichbaren Ausmaßen zerstören würden. Und jede Ebene ist mit neuen Screenshots oder Videos gepflastert. Ungeduldige Fans können sogar Geld bezahlen, um den Vorgang zu beschleunigen.

Das Molyneux-Syndrom.

Also warum dann nicht die Ankündigung zu einem neuen Projekt im Inneren verstecken, das Molyneux zufolge die Welt verändern wird, und nur einem Spieler Zugang verleihen, der diese Informationen für sich behalten oder verbreiten darf. So wie er jeden seiner Spieler vor dem Release als Messias deklariert, könnte ich es mir gut vorstellen. Aber nicht ohne das letzte Fable wieder als totalen Mist zu bezeichnen.

4. Eine moralische Frage

An für sich könnte dies jede erdenkliche Frage beinhalten. Was in meinen Augen auf jeden Fall eine der dümmsten sein würde, ist die Entscheidung über das künftige Verbleiben aller gesammelten Daten. Jede Information, die im Verlauf des Experiments aufgenommen und gesichert wurde, steckt in einem einzigen Ordner, der auf kein anderes Gerät kopiert wurde. Zerstört der Spieler diesen, würde der gesamte Inhalt auf alle Ewigkeit zerstört werden.

Alternativ könnte er die Daten komplett für sich alleine behalten, an das Team zurückgeben oder es frei mit der Welt teilen, damit jeder die Resultate untersuchen und auswerten darf. Diese Informationen verbinden zudem die jeweiligen Statistiken mit der Identität der Nutzer. Zumindest jene, die sich über das Programm bei Facebook eingeloggt haben.

Natürlich könnte er auch das im Spiel erwirtschaftete Geld angeboten bekommen und es auf verschiedene Weisen verteilen.

5. Peter Molyneux: Die Biografie: Das Audiobook.

Wahrscheinlich nicht gerade die sinnvollste Antwort auf die Frage nach dem möglichen Inhalt. In seiner Biografie beschreibt er ehrlich seine Entwicklungsprozesse, erklärt alle Geheimnisse und legt Relationen und Erfahrungen mit Geschäftspartnern offen auf den Tisch. Außerdem befinden sich zwischen jedem Kapitel neue Spielideen, mit denen er uns in Zukunft beeindrucken möchte. Gelesen wird das Buch natürlich von ihm selbst im gleichen euphorischen Ton, den er während seiner Präsentationen verwendet.

Und wer weiß. Wenn der Gewinner es im Internet verbreitet, können wir uns durch die generierte Popularität sogar auf Peter Molyneux: Die Biografie: Das Audiobook: Das Spiel freuen und in einer bisher unbekannten Meta-Ebene versinken, die uns alle auf ungeahnte Weisen beeinflusst und schließlich durch ein metaphorisches Tor in seinen Geist führt.

Being Peter Molyneux.

Curiosity - What's Inside the Cube? ist aktuell kostenlos für iOS- und Android-Geräte verfügbar.

In diesem artikel

Curiosity

Android, iOS, PC

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Björn Balg

Freier Redakteur

Freier Autor und wahrscheinlich der letzte Mensch ohne einen Facebook-Account. Liebt Trash und verbringt zu viel Zeit mit dem Ansehen von Katzenvideos.

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