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LEisure Suit Larry: Reloaded - Test

Auf die Länge kommt es wirklich nicht an.

Wir schreiben das Jahr 1990. Zwei Jungs im vorpubertären Alter sitzen voller Eifer vor einem Amiga 500 mit Leisure Suit Larry: Goes Looking for Love im 3,5″ Floppy-Laufwerk. Obwohl unsere erste Englisch-Unterrichtstunde noch in weiter Ferne war, und wir außer "Yes" kein Wort der fremden Sprache kannten, wälzten wir Seite um Seite des Englisch-Deutsch-Wörterbuchs auf der Suche nach passenden Begriffen für den Text-Parser. Damals ein notwendiges Mittel, um Larry zu bewegen und mit der Umgebung zu interagieren.

"Use lubber", "Take candy" - Larry Laffers Ziel wurde unser. Natürlich hatten wir davon gehört - jeder hatte das damals - und fragten uns, wie schaffen wir es sie zu sehen? Erotische Pixelbrust-Pracht in feinster 320×200 Auflösung und 16 Farben, wahrhaftig pornöse EGA-Grafikgüte. So waren sie, meine jungfräulichen Schritte im Adventure-Genre und die Entdeckung der frivol lustigen Leisure Suit Larry-Reihe. Selbstverständlich entging uns beiden Rackern damals aufgrund des noch jungen Alters so einiges. Der herrlich anrüchige Humor, die popkulturellen Anspielungen in den Dialogen und eigentlich sämtliche Handlungsstränge der Geschichte um den ewigen Junggesellen Larry Laffer auf der Suche nach seiner Traumfrau überstiegen unseren Horizont. Uns hat's nicht geschert.

Eine versiffte Bar, der Ort an dem viele gute Geschichten beginnen.

Doch so schön die Spielereihe in der Blütezeit der Sierra On-Line Adventures begann, so belanglos wurde sie in den Jahren nach der Jahrtausendwende leider auch. Der Schöpfer und geistige Vater der Larry-Reihe, Al Lowe, ging und es kam das niedere Scherzniveau, bis zum gänzlichen Scheitern und fehlendem spielerischen Bezug zur Serie. Kurzum: Aus dem frivolen Adventure mit charmantem Antihelden wurde ein plumpes Geschicklichkeitsspielchen. Crowdfunding sei Dank, kehrt der Polyesteranzug-Träger nun in klassischer Machart zurück auf unsere Bildschirme und, aufgrund besonders erfolgreicher Crowd-Finanzspritze, sogar auf sämtliche Hardware. Egal ob mobil oder stationär.

Jungfrau (40), männlich, sucht ...

Leisure Suit Larry: Reloaded nennt sich das neue Spiel und es handelt sich dabei um nichts anderes als ein Remake des ersten Titels Leisure Suit Larry in the Land of the Lounge Lizards. Eine HD-Version des Originals mit guten alten Dingen, wie der genretypischen Maussteuerung, 2D-Grafik und Al Lowe im Entwicklerteam. Neu hingegen ist die Komplettvertonung von Larry, Nebencharakteren und dem Off-Sprecher. Außerdem glänzt die generalüberholte Grafik im Comic-Stil des 1996 erschienenen und letzten empfehlenswerten Larry-Spiels Larry 7: Yacht nach Liebe. Das sind alles Dinge, die eigentlich vor allem bei Kennern des Originalspiels punkten. Es ist dieser Nostalgie-Charme und der Spaß, längst gespielte Spiele nach vielen Jahren aufgebrezelt erneut spielen zu können.

Eine Schnell-Hochzeitskapelle, der Ort an dem viele kurze Geschichten beginnen.

Am Spielprinzip selbst hat sich seit der VGA-Neuauflage von anno 1991 nichts verändert. Was der Larry-Neueinsteiger erleben wird, ist eine etwas mühevolle Point-and-Click-Steuerung der alten Schule und Rätseldesign, welches so gradlinig und logisch aufgebaut ist, dass der Unterhaltungsfokus ganz und gar auf dem Humor liegt. Die eigentliche Handlung oder das Kombinieren der wenigen Gegenstände spielen eine klar untergeordnete Rolle. Während des Spieldurchgangs erlebt ihr allerhand typische Kulissen einer Las-Vegas-Parodie, mit einer versifften Kneipe samt illustrer Gestalten, einem 24/7-Supermarkt und einiger aufreizend gekleideter Damen, wahlweise im Club oder Casino. Auf letzteres Zockervergnügen seid ihr angewiesen. Schließlich braucht man als jungfräulicher Polyesteranzug-Träger mit geringen Ansprüchen und Interesse an Zärtlichkeiten, vor allem Geld. Der Zweck: Taxifahrten, Alkohol und Regenmantel, alles wird aus Larrys Portemonnaie gezahlt - einige Damen könnten es auch eher auf Cash abgesehen haben, als auf Larrys Astralkörper.

Wenn es darauf ankommt, hilft der freundliche Obdachlose von nebenan immer mit 10 Dollar

Fehlt euch das nötige Kleingeld, findet ihr an fast jedem Ort einen einarmigen Banditen oder Black Jack-Spielautomaten, ganz wie im realen Kasinostadt-Leben. Den Bankrott Larrys müsst ihr nie befürchten. Wenn es darauf ankommt, hilft der freundliche Obdachlose von nebenan immer mit 10 Dollar und der Zockspaß kann weitergehen. Für den großen Gewinn hilft aber nur die alte Speichern-und-Laden-Trickserei. Auch weil häufig sogar Larrys Tod droht, solltet ihr auf der Hut sein. Dank automatischer Zwischenspeicherung gehört großer Frust beim ulkigen Ableben Herrn Laffers allerdings nur zur Serien-Nostalgie und wird beim Remake angenehmer gestaltet.

Vergessen wir Larry Lovage ein für alle Mal

Neben einigen Optimierungen bei den Rätseln, die alte Larry-Kenner neu tüfteln lassen, wurde auch die Musik überarbeitet und kommt ebenso wie die überzeugende Comicgrafik, absolut passend zur Geltung. Kein Wunder, zeichnet doch der Grammy-nominierte Komponist des Journey-Soundtracks, Austin Wintory, dafür verantwortlich. Wenn jazzige Klänge ertönen und die Stimme aus dem Off Larrys arglose Kommentare lustig und ironisch unterstreicht, dann werden Adventure-Herzen warm. Gerade weil auf jeden Raum und jede Szene Dutzende Kommentare darauf warten, auf euch und eure Lachmuskeln losgelassen zu werden.

Mit der Taucherin Jasmine konfrontiert, zeigt sich Larry überraschend gelassen und cool.

Schade nur, dass dieses Vergnügen nicht allzu lange dauert und man bereits nach 5-6 Stunden ohne große spielerische Herausforderungen das Ende sieht. Geübte Adventure-Spieler würden die geforderten Item-Interaktionen jedenfalls kaum als echtes Rätseln bezeichnen. Dazu noch die recht angestaubte Maussteuerung, die oft in Drag-and-Drop-Arbeit ausartet, wo heutzutage ein kontextsensitiver Mauscursor gang und gäbe wäre. Ob dies 18,99 € wert ist, muss jeder für sich entscheiden, auch je nach Humoranspruch. Alte Fans werden es ohnehin mögen und mit vorfreudigem Gesicht sagen: Ken hat mich geschickt!

Schrecklich schlüpfrige Sprüche, pointiert mit bissigem Sarkasmus. Das sind die Zutaten eines Leisure-Suit-Larry-Spiels. Auch über 20 Jahre nach dem Original weiß diese Mischung zu unterhalten, man verzeiht die geringe Spielzeit und das recht anspruchslose Rätseldesign. Selbst als Neueinsteiger dürfte man Gefallen an dem naiven und immer geilen Larry Laffer finden, schließlich sucht der stolze Polyester-Träger eigentlich nur nach der wahren Liebe.

Wenn Al Lowe und das Entwicklerteam von Replay Games mit ähnlich viel Leidenschaft in die nächsten Titel gehen, könnten wir eines Tages eventuell wirklich den niemals veröffentlichten vierten Teil erleben. Es wäre schön, auf diese Weise ein durch und durch modernes Larry-Spiel mit alten Tugenden zu bekommen. Ich freue mich über Larrys gelungenes Comeback und bin gespannt auf Leisure Suit Larry 2: Goes Looking for Love.

7 / 10

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Über den Autor

Olaf Szymanski

Contributor

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