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Der Unsinn mit den Steam Machines

Valve-zertifizierte Spielgeräte sind eine attraktive Idee - und trotzdem weder Fisch noch Fleisch.

Der Gedanke, dass Valve mit den Steam-Boxen ein eigenes dediziertes Spielgerät im kleinen Format auf den Markt bringt, ist ein durchaus reizvoller. Die gesamte PC-Bibliothek im Wohnzimmer zu spielen, ein neuer und möglicherweise wegweisender Controller und nicht zuletzt Sales, Sales, Sales direkt am heimischen TV. Eigentlich genau das, was der eingefahrenen und vielleicht sogar ein bisschen langweiligen Konsolen-Dreifaltigkeit gefehlt hat. Dumm nur, wenn das Konzept in seiner Konkretisierung auf einmal an Profilschärfe verliert.

Erste Preise und Ausstattungsvarianten positionieren das Gerät als vielgesichtige Premium-Spielerei aufwärts vom Preisniveau einer schon nicht ganz günstigen Xbox One - zwischen 500 und 6.000 Euro wurden vorerst veranschlagt. Wenig später ließ Alienware durchblicken, dass Upgrade-versessene PC-User nicht besonders glücklich mit ihrem markanten Kästchen werden dürften. Die schlanke Bauweise macht das Aufrüsten schwer. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die anderen Anbieter dieser Plattform diese Aussage im Allgemeinen unterschreiben werden.

In dieser Kombination müssen diese Faktoren einfach zum Problem werden, entledigt sich die Idee der Steam Machines doch so der größten Stärken beider Plattformen, die es zu vereinen sucht. Konsolen profitieren davon, ein geschlossenes System zu sein. Die Spieleentwickler kennen die heimische Konfiguration des PlayStation-, Xbox- oder Wii-U-Users haargenau, wissen, welche Ressourcen das jeweilige Gerät zur Verfügung hat, kennen Flaschenhälse und ihre einzigartigen Stärken. Dazu kommen Entwicklungstools vom Plattformhersteller, die das An- und Umsteuern von Stärken beziehungsweise Schwächen massiv erleichtern. Über die Jahre kennt ein guter Programmierer jeden Quadratmillimeter des verbauten Siliziums und wirkt wahre Wunder.

"Die Steam Machines entledigen sich der größten Stärken beider Plattformen, die sie zu vereinen suchen."

Zwei Spiele auf der selben Plattform. Sieben Jahre liegen dazwischen und obwohl GoW 2 hier in Sachen Auflösung mogelt: Man sieht jeden einzelnen Tag davon.

Diese totale Transparenz im Aufbau sorgt dafür, dass wir im Laufe eines Konsolenzyklus Spiele bekommen, bei denen man kaum glauben kann, dass sie auf demselben Gerät laufen: Man vergleiche nur Tekken Tag Tournament oder Ridge Racer V mit God of War 2 (PS2) oder Resistance: Fall of Man mit The Last of Us. Das sind gigantische Sprünge in Sachen Darstellungsqualität. Diese Transparenz können Steam Machines nicht bieten, erstreckt sich das Angebot doch vom Untere-Mittelklasse-PC-Segment bis in sündhafte PC-Masterrace-Bereiche. Die Entwickler sind nicht im selben Umfang angehalten, im Rahmen bekannter Limitationen zu arbeiten, was eine bestmögliche Optimierung für jedes Ausstattungsniveau unmöglich macht.

"Mangelnde Optimierung führt früher dazu, dass man das Gefühl hat, auf einem überforderten Gerät zu spielen, als auf den Konsolen."

Hier grätscht dann die allgemeine Leichtbauweise den Steam Machines unschön in die Beine. Mangelnde Optimierung führt früher dazu, dass man das Gefühl hat, auf einem überforderten Gerät zu spielen, als das auf den Konsolen der Fall ist. Auf dem wundervoll wandelbarem PC würde man nun einfach zur nächstbesten Grafikkarte wechseln (wenn wir mal davon ausgehen, dass nicht die CPU der Flaschenhals ist, was man bei den Steam Machines durchaus unterstellen darf), sobald sie ins Budget passt. Und man darf sich darauf gefasst machen, dass auch viele Spiele-Entwickler das wissen. Auf den Dampfboxen wird die Umrüstung nun bestätigterweise jedoch im besten Fall eine fummelige Angelegenheit, im schlimmsten, aber nicht undenkbaren Szenario bleiben bestimmte GPUs und Aufrüstwege einfach außen vor. Das Resultat ist ein schon in der niedrigsten Konfiguration recht teures Gerät, das man früher tauschen muss.

Und dann haben wir noch nicht darüber gesprochen, dass die Spielehersteller ihre Titel auf Linux portieren müssen.

Man muss sich fragen, ob Valve sich ein Zyklus-Modell vergleichbar mit dem der Smartphones vorstellt? In Zeiten, in denen ein Mobiltelefon für 600 Euro und mehr gewohnheitsmäßig spätestens alle zwei Jahre getauscht wird, muss man seine grauen Zellen nicht allzu weit strecken, um diesen Gedanken zu fassen. Und doch sehe ich solche Zeiten für unsere liebste Freizeitbeschäftigung noch lange nicht anbrechen. Nicht mit den Argumenten, die die Steam Machines aktuell für sich vorbringen.

Ich bin der Typ Spieler, dem Lagerbildung eigentlich fern liegt. Deshalb reizte mich der Gedanke so. Ich liebe meinen PC ebenso wie meine Konsolen und manchmal wünschte ich, die beiden würden mehr voneinander lernen als sie sich meistens dazu bereit erklären. Bei den Steam-Boxen zogen die Anbieter aber offenkundig die falschen Lehren aus beiden Plattformen. Sie schufen eine teure Konsole, für die die Optimierung schwerfällt und einen PC, den man nicht aufrüsten kann oder zumindest nicht aufrüsten wollen wird. So wie sie sind, findet sich in den Steam Machines ein Produkt, dass weder Konsolen-Fans noch PC-Verfechter anspricht und mich vorerst von dem Gedanken kuriert, dass verspielte Rechner und schnörkellose Daddelkisten in naher Zukunft eine glückliche Ehe eingehen werden. Also: Lasst die Lager so wie sie sind, es hat 30 Jahre lang funktioniert!

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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