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Diablo 3: Reaper of Souls - Test (Ohne Wertung)

Ohne Mucken schleicht der Schnitter in den Regelbetrieb.

Blizzards Spieldesigner Travis Day übertreibt gern. Dachte ich zumindest. Es war beim Pre-Launch-Event zu Diablo III: Reaper of Souls, da plauderte der gute Mann über die Nephalem-Portale im Adventure-Modus. Mit viel Glück könne man dort ein Feld voller Schatzgoblins finden. Dreißig Stück. Mindestens. Alle bis zur Hutkrempe voll mit Beute. Man muss sie nur erwischen, bevor sie durch ihr Dimensionsportal entkommen. Die Spieletester seien ausgeflippt, als sie das zum ersten Mal gesehen hätten, grinst Day, während er sich entspannt auf seinen Barhocker fläzt.

Später erzählt er von all jenen verrückten legendären Gegenständen, die sich das Team ausgedacht hat. Eine Waffe, die den Dornenschaden einfach zum regulären Schaden addiert, oder ein Armband, das die Dornen um 1000 Prozent verstärkt und als Nova auf eure Feinde schleudert. Oder ein Legendary, das Lebenskugeln um euch herum explodieren lässt, wenn ihr sie aufsammelt. Wie wären Schuhe, mit denen ihr einfach durch Gegner hindurchschreitet? Sehr nützlich sei auch das überarbeitete Tal-Rasha-Set, das bei jedem Elementarangriff einen Meteor vom selben Element beschwört. Oder legendäre Tränke mit Nebeneffekten: Eine Flasche 'Kull-Aid' lässt euch zum Beispiel durch beschworene Wände brechen. Toller Gag, wenn man die Werbung für den Softdrink kenne, findet Day. Einige richtig coole Gegenstände bleiben freilich der neuen Maximalstufe 70 vorbehalten. Kaum verwunderlich - schließlich sollen die Leute ja die Erweiterung kaufen, die dafür obligatorische Voraussetzung ist.

Ich glaub es nicht! Die Goblins! Argh! Nein, nicht weglaufen! Stopp! Wartet doch! Ich muss erst meine Fertigkeiten justieren! Neeein! Wiesooo?!

Aber die Geschichte von den Schatzgoblins, die geht mir nicht aus dem Kopf. Was würde ich wohl tun, wenn ich über einen solchen Beutetsunami stolpere? Fertigkeiten zum Heranziehen benutzen. Betäubungssprüche einsetzen. Kumpels in mein Spiel einladen. Massiver Flächenschaden mit Frost in den Pulk. Taktisch kluges Vorgehen für maximalen Beutegewinn.

Das war die Theorie. Jetzt kenne ich die Praxis. Ich hab Akt fünf durchgespielt, den Todesengel beseitigt, den Abenteuermodus gestartet und so lange Schlüsselfragmente gesammelt, bis ich mich über ein Nephalem-Portal hermachen konnte. Kaum hab ich mein erstes Dimensionstor geöffnet und mich ein paar Meter durch den Pulk von Elitegegnern geschnetzelt, da stehe ich plötzlich inmitten dieser dreißig Schatzgoblins, die natürlich sofort in alle Richtungen davonspringen. Ich glotze wie ein Idiot, zaubere orientierungslos einzelnen Gnomen hinterher und erwische gerade mal drei oder vier aus der Meute. Der Zufallsgenerator, er hat den Level zu meinen Gunsten ausgewürfelt. Und ich? Ich hab episch versagt. Travis Day hatte kein Stück übertrieben.

Die Uhr schlägt 12 und alles schnurrt

Zum Glück blieb das die einzig große Enttäuschung seit dem Start von Reaper of Souls. Oder sagen wir: interessanterweise. Die Fans, sie mussten lange hadern mit Diablo III und Blizzards Designentscheidungen. Stichwort: Beute. Stichwort: Echtgeld-Auktionshaus. Doch die Entwickler sind zurückgerudert. Das Beutesystem wurde überarbeitet. Die Auktionshäuser geschlossen. Als 'Loot 2.0' per Patch die breite Masse erreichte, war das Aufatmen in der Community groß. Diablo III macht vielen erst jetzt wieder richtig Spaß. Mehrere legendäre Gegenstände pro Stunde zu finden sei kein Problem. Ein hoher Wert bei 'Magic Find' wirke sich nicht mehr so stark aus, erklärt Day. Kurz: Jeder findet mehr, passende und bessere Beute. Halleluja!

Die Erweiterung soll nun die Krone werden, die den Genrekönig auf seinem Thron zementiert. Nach einem Tag Spielzeit scheint mir das durchaus realistisch. Mein positiver Eindruck aus der Betaphase scheint sich zu bestätigen. Der Start verlief so spektakulär unspektakulär, dass er ins Lehrbuch für Publisher aufgenommen werden sollte. Wo Diablo III die Spieler mit dem legendären Fehler 37 begrüßte und empörte Wellen durch die Foren rollten, gibt Reaper of Souls nicht einen Mucks von sich. 23.45 Uhr ein kurzer Serverdown, dann schlägt die Uhr Mitternacht und alles läuft. Die europäischen Server schnurren emsig vor sich hin. Bislang gab es bei mir keine technischen Probleme. Sogar die neuen Oberflächenreflexionen funktionieren ohne große Performance-Einbrüche.

Den Ausdruck 'Leichen pflastern seinen Weg' nimmt Todesengel Malthael sehr wörtlich. Der fünfte Akt ist nichts für zimperliche Naturen.

Der fünfte Akt lässt sich zügig durchackern. Die Geschichte um den Engel des Todes ist sehr geradlinig gestrickt, dafür gibt es im Stadtgebiet von Westmark, den umliegenden Sümpfen oder der Festung des Wahnsinns reichlich Kleinigkeiten und Neben-Quests zu entdecken. Bürger in Not, adelige Verschwörungen, geheimnisvolle Portale oder spukende Geister, die nach Erlösung rufen. Nichts, was man nicht schon anderswo gesehen hat, aber insgesamt sehr liebevoll arrangiert. Sehr schön auch, dass die Begleiter und NPCs wie der gierige Shen kleine Quests spendiert bekamen, um ihre Hintergrundgeschichte auszuschmücken. Dafür müsst ihr aber auch brav alle Dialoge mit ihnen anhören.

Das Crafting wurde bereits vorab per Patch überarbeitet. Die weißen Gegenstände dienen nun als eigene Ressource, sind also nicht mehr ganz so sinnfrei wie früher. Man halte sich offen, ob man diesen Gegenstandstyp in Zukunft noch anderweitig nutzbar mache, erklärt Day, derzeit beschränke sich dessen Zweck aber auf Einstiegshelden und das Handwerkssystem. Die Mystikerin modifiziert ohne Murren einzelne Affixe eurer Ausrüstung oder passt deren Design für ein paar Goldstücke an. Leider beschränken sich ihre Dienste bei legendären Gegenständen und Sets auf Varianten, die in Reaper of Souls vorkommen. Ein bisschen wurmt es mich, dass sich einige meiner liebgewonnenen Gegenstände nicht modifizieren lassen. Aber zum Glück findet man dank des neuen Beutesystems schnell adäquaten Ersatz.

Sehr gut gefallen haben mir die verfluchten Schatztruhen, über die man neuerdings stolpert. Wollt ihr diese öffnen, müss hier zuerst hundert Gegner auf Zeit ausschalten, einen Boss bezwingen oder andere Aufgaben unter Zeitdruck erledigen. Quasi das Ereignis 'Seelengefäß', nur eben zufällig in sämtlichen Gebieten. Schafft ihr das in Rekordzeit, gibt es eine zweite Truhe extra.

Abenteuer mit Kreuzrittern und Kopfgeldern

Wer komplett frisch mit der Kreuzritter-Klasse startet, teilt sich die offenen Partien derzeit ausschließlich mit anderen Kreuzrittern - keine große Überraschung, schließlich will jeder mal den 'Crusader' ausprobieren. Da die Klasse solide Allround-Eigenschaften besitzt, ergibt sich daraus zum Glück kein Nachteil. Eine reine Kreuzritter-Party arbeitet sich souverän durch dicke Monsterhorden. Ich werde mir die Klasse im 'richtigen' Test in ein paar Tagen genauer ansehen.

Auch hinter den Punkt 'Power-Leveler' konnte ich einen Haken machen, als zwei Stufe-65-Kreuzritter während einer offenen Partie an mir vorbeistürmten.

Ein Kleiderschrank voller Möglichkeiten. Dank der 'Transmogrifizierung' der Mystikerin könnt ihr das Aussehen eures Charakters jetzt ganz nach eurem Geschmack gestalten.

Auch hinter den Punkt 'Power-Leveler' konnte ich einen Haken machen, als zwei Stufe-65-Kreuzritter während einer offenen Partie an mir vorbeistürmten. Sie blieben nicht die Einzigen. War mir schon nach den letzten Patches aufgefallen, dass ich mit Erfahrungspunkten zugeschüttet werde, wenn ich mit Freunden unterwegs bin. Sehr praktisch, um das neue Paragon-System mit Punkten zu füttern. Jetzt kommt mir das natürlich gerade recht, wenn ich mit dem Kreuzritter loslege. Manche Zeitgenossen maximieren den neuen Recken in wenigen Stunden - ich werde wohl das Wochenende brauchen.

Habt ihr den Handlungspart der Erweiterung durch, wartet der Abenteuermodus auf euch. Hier könnt ihr frei zwischen allen Gebieten Sanctuarios hin und her springen, erhaltet zufällige Aufträge (Kopfgelder) und sackt dafür neben reichlich Schätzen, Erfahrungspunkten und Gold sogenannte Blutsplitter ein, die man bei einem NPC gegen Zufallsgegenstände eintauschen kann. Auch wenn der Name anderes suggeriert: Es geht bei den Kopfgeldern nicht immer darum, einen Boss zu erledigen. Oft sollt ihr hundert Monster in einem Bereich ausschalten, verfluchte Truhen öffnen oder besondere Ereignisse abschließen.

Nach 12 Stunden in diesem Modus behaupte ich mal ganz dreist, dass ich mich nie wieder in die normale Kampagne einklinken werde und es den meisten Fans mit Reaper of Souls ebenso gehen dürfte. Der Abenteuermodus spielt sich, als wären plötzlich sämtliche Bereiche des Spiels für 'Runs' optimiert. Diablo III ohne Schischi und Schnörkel. Ob ich nun eine Viertelstunde alleine Monster kloppen will oder mit Freunden einen ganzen Abend Kopfgelder sammle, um hinterher über die Nephalem-Portale herzufallen - das fühlt sich alles wahnsinnig stimmig an, sobald man vom ganzen Handlungssermon genug hat und einfach nur noch zocken will.

Ein paar Tage werde ich jetzt in die Erweiterung abtauchen, bevor ich mit einer Wertung zurück an die Oberfläche schwimme. Dann sollte mein Kreuzritter auch so weit sein, dass ich mehr zu der Klasse sagen kann. Außerdem gehe ich auf die neuen Fertigkeiten bis Stufe 70 ein und werde mir nochmals den Abenteuermodus ausführlicher zur Brust nehmen. Mein Ersteindruck ist insgesamt positiv. Die Erweiterung bringt die Verbesserungen durch die letzten Patches hervorragend zur Geltung. Böse Überraschungen beim Start blieben auch aus. Das Spiel ist auf dem richtigen Weg. Nur die Sache mit den Schatzgoblins, die werd ich so schnell nicht verdauen. Aber dafür können weder Travis Day noch Blizzard etwas. Das hab ich ganz allein versiebt. Vorerst.

Diablo 3: Reaper of Souls - Trailer

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Diablo III: Reaper of Souls

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Frank Erik Walter Avatar

Frank Erik Walter

Freier Redakteur

Tagsüber arbeitet Frank als freier Journalist. Nachts jagt er seit 2010 flüchtige MMOs für Eurogamer.de und die MMO PRO. Skittles und Tetris sind sein Kryptonit.

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