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Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney - Test

Zwei Meister ihres Fachs. Aber auch ein meisterhaftes Spiel?

Wenn das gelungene Star-Treffen ein Problem hat, dann dass die beiden Protagonisten mehr nebeneinander laufen, als sich zu unterstützen.

Auch wenn man Professor Layton damit nicht ganz gerecht wird: Sein Leben ist einfach betrachtet eine schlichte, dem reinen Wieso entgegenstrebende Angelegenheit. "Warum sitzen wir in diesem Planwagen?", fragt Luke, Laytons Lehrling, bei dem ich nach all den Jahren nicht verstehe, dass sein Meister ihm nicht den Hals umdrehen will - ist nichts Persönliches, Luke, bist halt... ein kleiner, gewollt altkluger, blöder... aargh! "Das gilt es nun herauszufinden", antwortet der Professor in einem bemerkenswert ruhigen, ohne jegliche Regung vorgetragenen Tonfall, als sei es das Normalste der Welt, von alten Büchern gefressen und auf dem Rücken fahrender Wägen im tiefsten Mittelalter ausgespuckt zu werden. Einfach mal gucken und nichts überstürzen. Wird schon irgendwo ein Rätsel geben. Macht trotzdem Spaß.

Das Leben als Phoenix Wright ist eine immer länger werdende Kette aus Albernheiten und Rückschlägen im Gerichtssaal. Zwei Schritte vorwärts, drei zurück, so ungefähr die Bewegungsrichtung als Strafverteidiger seiner Kragenweite. Layton ist zumindest ein gradueller charakterlicher Gegenentwurf: mit sonnigem Gemüt gesegnet zwar auch, aber meist ernst, bedacht und stets auf dem Boden, wo sich Wright seit Jahren albern und ein bisschen cheesy durch elektrisierende Gerichtsverhandlungen schlängelt. Ihre Gehaltsschecks streichen beide von Leuten ein, die gern nachdenken, Situationen durchschauen und sich an Problemen festbeißen können. Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney heißt das endlich auch bei uns erhältliche Cross-over, eines, in dem sich die Männer über den Weg laufen. Langer Titel. Beide in einen Topf. Kann nur etwas Gutes herauskommen.

Diesen Kontrast zwischen ihren Persönlichkeiten und dem, was sie im weitesten Sinne umgibt, bemerkt man innerhalb des etwa 15- bis 20-stündigen Abenteuers, und ich kann nicht mal unbedingt sagen, ob es ihm nun guttut. Stellt euch folgende Frage: Mögt ihr die Serien oder nur eine? Und wenn: Kennt ihr jemanden, der die andere mag? Dann könnt ihr den 3DS einfach weiterreichen und euch später erzählen lassen, was passierte, während ihr sinnvollere Dinge tatet. Die Verschmelzung beider Welten und ihrer Mechanismen ist zumindest am Anfang "nur" eine Aufeinanderfolge. Erst darf der eine, dann der andere, jeweils ein bis zwei Stunden am Stück, nacheinander eingefädelt, als hätte man das Modul zwischendurch gewechselt.

"Erst darf der eine, dann der andere, jeweils ein bis zwei Stunden am Stück, nacheinander eingefädelt, als hätte man das Modul zwischendurch gewechselt."

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Kaum weckt die blonde Damsel in Distress, namentlich Sophie de Narrateur, mit ihrem mysteriösen Buch über die Stadt Labyrinthia die Neugier, steckt ihr schon knietief dort drin und stellt erste Nachforschungen an über Hexen und die Inquisition, die in Level-5s Mittelalter ein hartes Regime führt. Ihr stromert mit Layton und Luke durch die Gassen, klickt mit dem Stylus hierhin und dorthin, scrollt das Bild sanft durch Büchereien und Marktplätze, findet die bekannten Hinweismünzen in Bäumen, Wimpeln und Fenstern, ein paar nette Dialoge hier und Rätsel dort. Alles wie immer. Es macht einfach Spaß, entschleunigt und fernab jeglicher Hektik in dieser Welt herumzuwühlen und zu sehen, was sie auf spielerischer Ebene zusammenhält.

Nach all den Jahren schätze ich Level-5 immer noch (oder sollte man nach sechs Layton-Spielen sagen: „besonders"?) für diesen bunten Strauß an Knobeleien, in denen mal räumliches Denken, mal Beobachtungsgabe, mal Rechenkünste oder irgendwas dazwischen gefragt ist. Layton ist auch mit dem neuen Vs.-Anhängsel und den damit verbundenen Abstechern in die Welt der Justitia das schönste Rätselheftchen, das ihr ab heute kaufen könnt. Für mehr Geld, als so ein echtes Heft aus Billigpapier kosten würde, zugegeben, aber hier gibt's eine nett erzählte, sehr unterhaltsame Geschichte mit vielen Fragezeichen und alles in knallbunt.

Was steckt hinter den Hexen, die Sophie von London nach Labyrinthia verfolgten? Das Schicksal der Stadt scheint in einem Buch vorgezeichnet, wieso? Wer ist der „Schreiber", den die Einwohner verehren und dessen Vorhersagen gefürchtet sind? Labyrinthia eint drakonische Sitten und düstere Motive von Hexenverbrennung bis Fremdenhass. Eine für schuldig befundene Frau wird gleich in einer feurigen Grube versenkt. Alles immer durch ein Glas der Zuckerbrille betrachtet, aber immerhin. Der Ton steht dem Spiel gut zu Gesicht. Ich kann nicht behaupten, hier Langeweile verspürt zu haben.

Verquer drängt sich Phoenix Wright in dieses Gebilde hinein, der wahrscheinlich nie Bäcker werden wollte, jedoch im aktuellen Fall keine andere Wahl hat. Er ist der Alte geblieben und bei ihm die Pflichten eines Verteidigers. Ihr hört Zeugen an, grätscht ihnen an den richtigen Stellen in ihr Lügengebilde, hinterfragt, wälzt Indizien und sucht Lücken in ihren Aussagen. Neuerdings darf man sogar einen Zeugen ausquetschen und die anderen währenddessen auf verdächtige Mimik und Gestik abklopfen. Bevor Layton später den Verhandlungen beitritt und entscheidende Beweise aus dem Hut zieht (haha!), leiht er Wright seine Hinweismünzen, mit denen dieser Hilfestellungen freischaltet. So erkennt er, wo er welchem Beteilgten einen Knüppel zwischen die Beine werfen muss oder welches Beweismittel auf keinen Fall infrage kommt.

So weit bekannt. Es ist trotzdem eine Freude, Wright mit den kriminologischen Gepflogenheiten seiner Zeit vor einer mittelalterlichen Kammer an seine Grenzen stoßen zu sehen, weil man hier einfach nichts kennt, was sich Fingerabdrücke nennt. Ein starker Moment und zeitweiliger Wendepunkt einer der längsten Phasen des Spiels ist der, als Layton und Wright dem Gericht die Auffassung von Logik vermitteln, ohne direkt darauf abzuzielen. Manchmal fragt man sich, wer der eigentliche, der bessere Verteidiger ist, der mit der Stachelfrisur oder der mit dem Zylinder.

"Manchmal fragt man sich, wer der eigentliche, der bessere Verteidiger ist, der mit der Stachelfrisur oder der mit dem Zylinder."

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Dass Wright außerhalb seiner natürlichen Umgebung seinem im Grunde sehr ermüdenden Metier nachgeht, macht aus dem Spiel garantiert kein schlechteres. "Mir scheint, als wäre mit der Fall komplett entglitten", sagt er in einer früheren Szene sinngemäß und bringt damit auf den Punkt, warum seine Spielreihe und die Ableger nie eine miese Beschäftigung waren. Aus den trockenen Tüchern, in denen man einen Fall wähnt, kann schnell ein feuchtes Handtuch werden. Auf ein erleichtertes "Nun aber..." folgt ein beherztes "Meh", sobald neue Zeugen aus dem Nichts springen und alles noch mal komplett auf den Kopf stellen.

Capcoms Beitrag hierzu ist einer, den man erwartete und der aber nach all den Jahren trotzdem super funktioniert. Abgesehen davon, welcher Staatsanwalt innerhalb der Reihe nun euer Liebling sein mag. Zusammen mit dem richtig unterhaltsamen Layton-Part wohnt man hier einem Treffen wider Willen bei, das so viel besser kaum hätte verlaufen können. Und das ist doch auch eine Gratulation wert.

Keine schlechte Leistung, wo beide Reihen erst Ende letzten Jahres neue Einträge bekamen. Phoenix Wrights Beitrag bleibt mit seinem Whodunit aufgewühlt und albern, Layton genau das Richtige für jeden, der mit hochgelegten Beinen knobeln und Fünfe gerade sein lassen will. Ein schöner Tempowechsel inmitten zweier spielerischer Auffassungen, sie sich nur am Rande streifen, statt so richtig ineinander überzugehen. Das ist vielleicht das Größte, was man Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney vorwerfen kann. Es gibt Schlimmeres, oder nicht?

8 / 10

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Sebastian Thor Avatar

Sebastian Thor

Freier Redakteur - Eurogamer.de

Steht auf Bier und Bloodsport. Mag weiche Sofas und verliert sich gern in Gedanken an dies und das. Seit 2014 bei Eurogamer dabei, aktuell als freier Redakteur.
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