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Leo's Fortune und Rollercoaster Tycoon 4 Mobile - Test

Wie man es richtig macht und wie man es ganz sicher, auf keinen Fall, niemals nimmer je wieder machen sollte.

Leo's Fortune

Für eine gute Leistung einen ehrlichen Preis zahlen ist einfach das Ding, es zeigt sich immer wieder. Free-to-play dagegen ist wie das Fast Food Inferno, das der altgediente Herr Wallraff kürzlich unter die Lupe nahm, und dabei in den Burgerketten das Nahrungs- und Beschäftigungs-Äquivalent zu dem Elend vorfand, was ich im Code vieler dieser nutzlosen Zeit- und Geldfresser erwarte. Ganz anders da Leo's Fortune. Etwa 5 Euro später findet ihr auf eurem iPad eine herausragend schöne Liebeserklärung an Jump-&-Runs, gemixt mit vielen ganz niedlichen Puzzles und einem vage breitgestreuten osteuropäischen Dialekt, von dem jeder Zirkusdirektor noch was lernen kann. Es ist visuell auch auf eine ganz seltsame Art eine Art Hommage an die große Zeit des Zirkus und der Wunder des frühen 19. Jahrhunderts, zumindest fühlt es sich so an, denn eigentlich hat es damit nichts zu tun. Der Ball mit Schnauzer, den ihr durch zwei Dutzend Levels scheucht, hat sein Gold verloren und saust ihm nun hinterher.

Der bezaubernde Grafikstil allein rechtfertigt fast schon den Kauf.

In seinen schnellen Passagen fühlt sich Leo wie die ersten Sonic-Spiele an. In halsbrecherischem Tempo rast ihr an vielen Gefahren vorbei, die ihr nur am Rande wahrnehmt. Aber wenn ihr nicht reagiert, sondern es geschehen lasst, dann seid ihr in Sicherheit. Meist jedenfalls, denn oft genug bremst euch das Spiel mit einer im ersten Anlauf fast unumgänglichen Todesfalle aus, in die man erst einmal hereinrutschen muss, um zu lernen, wie man sie umgeht. Wie aber auch der Igel tritt das Spiel häufig auch weniger tödlich auf die Bremse und verlangt von euch saubere Hüpfarbeit, die ihr dank der schlichten, aber präzisen Kontrollen - schaltet am besten auf die eingeblendeten Tasten um, sobald das Spiel euch lässt, sie sind genauer - auch leisten könnt. Diese Passagen fühlen sich eben genau für jeden, der solche Jump-&-Runs in den letzten 20 Jahren im Blick hatte, alles andere als innovativ oder brillant an, es gab durchaus Spiele, die das Timing eines Levels noch besser verstanden. Aber es ist eine wirklich kompetente wie unterhaltsame Umsetzung der Möglichkeiten eines solchen Designs.

Solche Situationen lassen sich dank der präzisen Steuerung elegant meistern.

Das Besondere sind letztlich die kleinen Physik-Rätselchen, von denen sich in jedem der langen Level ein paar verstecken. Leo kann sich aufpumpen und damit nicht nur gleiten, sondern auch Schalter bedienen oder schwierige Passagen, die ihn beim einfachen Durchkullern umbringen würden, sicher meistern. Hier und da wird etwas umgeworfen, um neue Wege zu bahnen, oder eine Schaukel in Schwung gebracht. Erneut, das ist wieder nichts, was nicht schon vorher mal zu sehen war, aber es fügt sich geschickt in das große Ganze ein. Und dann ist da halt noch die Grafik. Sie hat einfach Stil. Etwas altmodischen Stil vielleicht, aber wie ein ehrwürdiger Gentleman trotzt sie den unsteten Winden der Mode und lässt sie einfach an sich abprallen. Von seinen aufwendigen, detailreichen Hintergründen bis zum fluffigen Protagonisten sprüht Leo's Fortune nur so vor Charme. Und das ist vielleicht auch die ideale Beschreibung für das gesamte Paket: Es ist im besten Sinne altmodisch und charmant und das auf eine Weise, der man sich kaum entziehen kann und der man nicht übel nimmt, dass es eben nicht ganz so clever oder in jeder Sekunde durchdacht ist.


Rollercoaster Tycoon 4 Mobile

Ich habe mir ja eigentlich geschworen, diesen Free-to-play-Mist hinter mir zu lassen und euch und vor allem mich nicht mehr damit zu behelligen. Technisch gesehen halte ich mich auch daran. Denn das ist der dreckigste Trick an diesem durch und durch verachtungswürdigem Spiel. Es ist nicht Free-to-play, es will 2,79 Euro von euch. Das ist eine Summe, bei der man inzwischen so konditioniert wurde, dahinter ein vollwertiges Spielerlebnis zu erwarten. Vielleicht mit In-App-Käufen, aber diese sollten für dieses Preisschild schon sehr optional sein. Das ist hier aber nicht der Fall, es ist durch und durch alles, was schlimm an Free-to-play ist.

Erst einmal könnt ihr vergessen, hier Rollercoaster Tycoon zu spielen. In dieser Serie ging es darum, eine elegante Finanzbalance in einem komplexen Vergnügungspark aufrechtzuerhalten. Man platzierte die richtigen Stände an den richtigen Orten und gestaltete die Fahrgeschäfte attraktiv, aber nicht Brechreiz induzierend. Harte Wirtschaftssimulation, schick verpackt, großartige Games zu ihrer Zeit. Diesem unheiligen Bastard der Reihe jedoch ist es komplett latte, was ihr wo und wie hinstellt. Scheinbar müssen nicht mal die Wege oder sonst etwas einen Sinn ergeben, damit der Park vor sich hinläuft. Gebt ihr euch Mühe, wird es nicht viel besser, stellt ihr einfach alles ab, wo es grad Platz hat, läuft es kaum schlechter. Das hier halt so viel mit dem Originalkonzept zu tun, wie Die Simpsons Springfield mit den guten SimCitys.

Lasst euch nicht täuschen, die Fassade ist da, aber dahinter ist nur Luft.

Stattdessen hofft das Spiel darauf, dass ihr so einfach gestrickt seid, dass es euch reicht, Sachen zu platzieren. Dann Minuten, ­Stunden oder Tage zu warten, bis sie da sind. Und dafür immer schön von der harten Währung nachzuschießen, damit die Wartezeit auf etwas eigentlich Sinnloses eben nicht Äonen dauert. Das bekommt ihr nämlich für den "Eintrittspreis" von fast 3 Euro: diesen Wert in In-Game-Währung und glaubt mir, viel sind 3 Euro für dieses Spiel nicht. Es ist ein Free-to-play-Spiel, das euch schlicht zwingt, eine erste Investition zu tätigen. Noch schmieriger wird es nicht, selbst Drogendealer geben die erste Dosis gratis zum Anfixen heraus.

Wie ein billiger Trip muss es euch dann auch reichen, dass eine irrelevante Instanz in dieser Welt euch immer wieder getreu dem LEGO-Movie-Motto versichert, dass alles super ist. Egal, was ihr macht, das Spiel jubiliert bei jedem Bau vor sich hin. Hoffend, dass ihr so sehr unter Liebesentzug leidet, dass diese Art durchschaubarer Aufmerksamkeit reicht, damit ihr noch mehr Geld nachschießt, für das man richtige Spiele hätte kaufen können. Ein paar unmotivierte, dumme Minispiele lauern links und rechts des Weges, das Konstruieren der Achterbahnen ist extrem reduziert und auch noch unbequem umgesetzt. Spielspaß ist ja, was man daraus macht, aber wenn einem das Leben nicht mal die Zitronen gibt, dann wird es nichts mit der Limonade. Man geht besser einfach weg und startet woanders neu.

Wenn es euch nicht nötigt Echtgeld nachzuschießen, dann drängt es euch eure Facebook-Daten einzugeben.

Rollercoaster Tycoon 4 Mobile ist der Abgrund. Es ist Free-to-play in der schlimmsten Form mit all den billigen Pseudo-Spielmechaniken, den künstlichen Wartephasen und der nicht vorhandenen Herausforderung. Als Bonus schnappt es sich ein ehemals geschätztes Franchise und zieht seinen ehrwürdigen Namen in den Schmutz. Und als Krönung all dessen ist es eben nicht free-to-play, sondern zieht euch sofort das Geld aus der Tasche. Ich habe das nicht über Ultima: Quest for the Avatar gesagt, ich habe es nicht über die Simpsons Springfield gesagt, ich würde es nicht über Dungeon Keeper Mobile sagen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es über irgendein Spiel mit ehrlicher, aufrichtiger und zutiefst empfundener Verachtung sagen würde. Aber Rollercoaster Tycoon 4 Mobile ist schlicht zum Kotzen.

Ich hätte auch nicht gedacht diese Wertung mal in aller Ernsthaftigkeit zu vergeben,

7 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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