Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Das Schwarze Auge: Skilltree Saga - Test

Ihr zahlt doch auch gerne Premium für Gratisware, oder?

Eine böse Ausnutzung des guten Namens des Schwarzen Auges: Billige Free-to-Play-Mechaniken in dilettantischer Verpackung.

Mit Sprichwörtern kommt man einfacher durchs Leben. Nachdem ich Das Schwarze Auge: Skilltree Saga spielte, dann den Spiele-PC herunterfuhr und mich in Richtung Arbeitsgerät bewegte, dachte ich so bei mir: "Man bekommt, wofür man bezahlt.". Nur sah ich dann beim umstrittenen Online-Großversender des Vertrauens, dass dieses Spiel kappe 20 Euro kostet. Jetzt muss ich beim Sprichwort umschwenken und bediene mich im anglistischen Sprachbereich: "ARE YOU F-ING KIDDING ME?!?"

Nur um die Relationen zu verdeutlichen: Das kommende Blackguards II, das einen hervorragenden Eindruck macht, kostet dort für Vorbesteller auch 20 Euro. Das legendär gute Abenteuer Memoria findet man auch für dieses Geld, meist sogar weniger. Ältere, gute DSA-Spiele gibt es ab fünf Euro. Skilltree Saga könnte als Spiel nicht weiter weg von diesen kleinen und großen Perlen liegen. Skilltree Saga ist ein Android-Gratis-Teaser-Game für ein weit besseres Spiel, das nur leider nicht kommt, weil das hier ernstgemeint ist und für sich selbst stehen soll.

Der Fairness halber, auf Steam kostet das Spiel "nur" 9 Euro und es warnt einen: "Rogue-like Elemente in einem Rollenspiel für Casual-Gamer". Ja, ich hätte nach diesen Sätzen schreiend weglaufen sollen. Aber hey, geben wir ihm eine Chance. Das ganz klar eigentlich für Mobile entwickelte Spiel beginnt seine Geschichte über eine entführte Heldenfreundin damit, dass der "Held" von einem Goblin-Späher verdroschen wird.

Nicht spielen. Zugucken!

Nachdem nach einigen Stunden der erste Schock und meine Ungläubigkeit, dass irgendwas von einem Goblin-Späher besiegt wurde, abgeklungen waren, und dass ich dieses unfähige Etwas von einem Helden spielen sollte, folgte ich der Story mit ihren plumpen Standbilchen aus goldigen Amiga-Paint Zeiten weiter. Offenbar "spielt" ihr einen Elementarritter, ein widernatürliches Geschöpf wirrer DSA-Regelverdreher, die einen Krieger mit einem Magier kreuzten. Mit dem sollt ihr drei Dungeons von je 30 abgezählten Monstern befreien. Eine Geschichte sollte nie zu komplex ein, aber das erinnert mich mehr an das Abenteuer, das ich mit 12 schrieb. Nur plumper und ohne die Kneipe auf der verlassenen Insel mit dem Krakenmolch im Keller.

Aber es gibt keinen Grund sich weiter über erzählerische Schwächen aufzuregen, dafür bietet das eigentliche Spiel noch genug Möglichkeiten. Von den Fertigkeiten her, die in einem hübsch großen und namensgebenden Fertigkeitenbaum angeordnet sind, sieht es gut aus. Eine breite Auswahl an Angriffs- und Verteidigungszaubern sowie zahlreiche Spezialangriffe, das macht was her. Das Inventar sieht auch aus wie bei einem richtigen Spiel. Die Spannung steigt, der erste eigene Kampf und alles bricht in sich zusammen. Euer Held attackiert, das Monster attackiert, jeder macht Schaden und zwar so lange, bis einer umfällt. Eingreifen könnt ihr nicht. Gar nicht. Rein überhaupt nicht. Autopilot.

Um erneut fair zu sein, es gibt eine taktische Komponente. Ihr sollt die Attacken der Monster auswendig lernen und dann entsprechend die Reihenfolge eurer Fertigkeiten für die einzelnen Kampfrunden bestimmen, um so besser zu kontern. In der Praxis ist das mit Ausnahme der alle zehn Kämpfe auftauchenden Bosse Blödsinn, weil viel zu umständlich und zeitraubend. Statt Sets bilden zu können, muss jede einzelne Fertigkeit immer neu gesetzt werden. Normale Menschen spielen einfach ein, zwei Runden extra, sammeln so genug Erfahrungspunkte für einen Level mehr und bratzen die Viecher dann so weg.

Der namensgebende Skilltree verspricht ein weit besseres Spiel als dieses.

Und das war es auch schon. Ausrüsten, Fertigkeiten wählen, Monsterparade durchlaufen und wieder von vorn. Immer wieder. Dass es eigentlich ein Mobile-Spiel sein sollte merkt man an allen Ecken und Enden. Große Klickflächen, Menübewegungen, die klar auf Touchsteuerung ausgelegt sind, einfache, schnell zu ladende Grafiken. Vom beschränkten Gameplay mal ganz zu schweigen. Es gibt sogar zwei Währungen, nur dass die seltene auch In-game zu finden ist und so wie ein Relikt einer mal angedachten Pay-to-Win-Veranstaltung wirkt. Mir wäre jedenfalls neu, dass man in Aventurien alles mit Gold bezahlen kann außer Heiltränke. Die werden hier nur gegen Diamanten ausgeteilt.

Als Gratisspiel auf Mobile zum Anteasern eines kommenden richtigen Spiels hätte Das Schwarze Auge: Skilltree Saga seinen Platz in der Spielewelt. Dieses primitive, abgedroschene Pseudo-Rogue-Prinzip für fast 10 Euro - oder sogar 20 in der Box - auf die Menschheit loszulassen... Nur für alle, die ALLES vom Schwarzen Auge brauchen. Und die tun mir leid. Denn mehr ist das hier nicht: Die Ausnutzung eines bekannten Namens, um ein minderwertiges Spiel irgendwie an den Mann zu bringen.

3 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

Verwandte Themen
PC
Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Kommentare