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The Blue Flamingo & Redux Dark Matters - Test

Modellbau vs. Dreamcast-Power

Zwei kleine Shoot-'em-ups zum Aufwärmen im neuen Jahr, das ist doch eine willkommene Fingerübung in jeder Hinsicht. Beide haben sogar etwas ganz eigenes zu bieten. Blue Flamingo aus dem Hause Might & Delight - Shelter und Pid - wurde nicht gerendert, sondern gebastelt und abgefilmt. Und dann gerendert, irgendwann muss man das ja machen, aber sie haben jede Menge Miniaturkulissen als Hintergrund und für das Flugzeug gebastelt, um so einen eigenen Look zu kreieren.

Redux Dark Matters erschien dagegen zuerst auf dem SEGA Dreamcast, und das nicht 2002, sondern 2014. Ja, es gibt eine Retro-Szene, die so was macht, ist nichts ganz Neues mehr. DUX erschien sogar bereits 2009 auf der toten Hardware und wurde nun noch mal aufbereitet, vor allem für den PC und iOS. Aber wer möchte, kann das Ding über HuCast auf für sein Dreamcast ordern. Wo es standesgemäß zuerst erschien. 2014. Für das Dreamcast. Der Zombie zuckt noch. Freut mich für ihn.


The Blue Flamingo

Wie schon gesagt, das visuelle Design ist ein Traum, oder zumindest die Idee dahinter. Der Hintergrund ist im Prinzip ein Film, alle Objekte davor sind Polygone, wobei auch diese ursprünglich als kleine Modelle entworfen wurden und sich als Sammlerspielzeuge sicher gut machen würden. Zumindest der Blue Flamingo selbst ist ausgesprochen eigen und schick. Leider ruckelt das Ganze höllisch. Ich weiß, Ruckeln ist ein Zeichen zu schwacher Hardware, aber wenn ein 2D-Top-Down-SHMUP nicht auf einer GTX980 mit einem frischen i5 läuft, dann läuft was falsch. Vielleicht ist die Hardware zu schnell und die Auflösung zu hoch, was auch immer, der Hintergrund zuckelt merklich vor sich hin und auch die paar Objekte machen nicht den flüssigsten Eindruck, während sie zerbröseln.

Hätte man sich beim Spiel so viel Mühe gegeben wie beim Blauen Flamingo selbst...

Der Spielumfang an sich ist groß genug, ich habe keine Ahnung, wie viele Level es am Ende gibt, aber die Zahl der eigentlichen Stages kann ich umso genauer beziffern: zwei. Ein Wüstenlevel und einer über einer nächtlichen Stadt. Danach werden sie so lange mit immer neuen, belanglosen, gefühlt willkürlich arrangierten Gegnerformationen wiederholt, bis euer Lebensenergie endlich zur Neige geht. Endlich, weil es nach fünf Durchgängen über den gleichen Stages irgendwann schlicht langweilig wurde. Das Aufrüsten der Waffen ist ein Scherz. Sie scheinen, wenn überhaupt, nur minimal effektiver, befriedigender anfühlen tun sie sich in keiner Weise. Auch scheint das Spiel glücklich mit seinen nicht mal zehn Gegnern, die es immer wieder und wieder hervorkramt. Jeder Feind hat sein eigenes Muster, wobei eines platter verläuft als das andere. Das macht das Ganze auch in hohen Leveln sinnvoll berechenbar, aber das Gefühl, etwas Neues zu sehen oder mit neuen Taktiken umgehen zu müssen und zu lernen, geht völlig unter. Ihr spielt ab einem gewissen Punkt nicht mehr, ihr arbeitet ab.

Immer gleicher Hintergrund in Wiederholung, immer die gleichen Feinde, immer neue, willkürlich langweilige Formationen.

Bosskämpfe gibt es keine, dafür ein dröges und leider nicht optionales Bonusspiel am Ende einer Runde. Die zuerst ganz nette und stilvolle Jazzmusik geht euch nach einer halben Stunde dank endloser Wiederholung auf den Kranz, und das ist dann auch schon alles, was da ist. Es fühlt sich an wie eine Demo oder ein Werbespiel zu einem kommenden, richtigen Produkt. Aber so sind auch fünf Euro Geld, für das man heute deutlich Besseres bekommt als diese in relativer Schönheit gepflegte Langeweile. Nett für 20 Minuten, schlimm nach 60, ich habe kein Verlangen, es nach dieser Stunde auch nur noch ein einziges Mal zu starten. Nicht in einer Welt, in der es mindestens hundert bessere Shoot-'em-ups für alle möglichen Systeme gibt.


Redux Dark Matters

Redux Dark Matters nun, erst 2009 auf Dreamcast als DUX, dann im Laufe 2014 als Redux irgendwann auch auf Dreamcast und nun für alle von uns, die kein funktionstüchtiges Dreamcast herumstehen haben, auch auf Steam, iOS und Android. Was ist es? Nun, auf den ersten Blick ist es R-Type. Ein bunter, quietschiger R-Type-Klon, bei dem das Design der Gegner abgekupfert wurde, Teile des Leveldesigns und sogar die Extrawaffen. Auch wenn ein netter R-Type-Klon immer noch kein schlechtes Spiel ist - warum? Wenn man schon ein Shoot-'em-up mit ganz offensichtlich vorhandener Kompetenz programmiert, warum macht man einen Rip-off eines der bekanntesten Spiele aus dem Genre? Es ist nicht so, dass jeden Tag gute Shoot-'em-ups auftauchen, warum also nicht ein „neues" machen?

Ähnlichkeiten mit dem Vorbild muss man nicht mit der Lupe suchen.

Nach ein paar Runden stellt sich heraus, dass hier R-Type getunt wurde. Die Idee, dass gewaltige goldene Blöcke als Punktebelohnung auf einen hereinstürzen, ist in einem Spiel, in dem ein gegnerischer Schuss tötet, nicht die beste Art des Bling. Die gute Idee ist, dass das eigene Schiff sich nach und nach noch mehr in eine Festung verwandelt, als es beim Original der Fall war. Ihr habt die gleiche Kugel zum Schutz vor euch, die ihr hier aber nicht als Sonde wegschießen könnt. Sie hängt immer an der Nase des Schiffes und fängt eine Menge dessen ab, was des Weges kommt. Dann kommen Drohnen an den Seiten dazu und allmählich wird es für die Schüsse der Feinde schwieriger, wirklich durchzukommen. Zwei effektive Taktiken haben sie dann aber doch.

Es sind weit mehr Schüsse unterwegs als im Original. Viele sind zielsuchend und manche machen so viel Schaden, dass eh alles verloren ist, solltet ihr getroffen werden. Diese lassen sich meist daran erkennen, dass sie einen guten Teil des Screens einnehmen. Es ist also eine Art Wettrüsten zwischen euch und dem Ansturm der Feinde. Mit ein wenig Geschick manövriert ihr so geschickt, dass alles vom Schutzpanzer um euch herum abgefangen wird und ihr nicht von hinten, der verwundbarsten Stelle, erwischt werdet. Diese Taktik bringt euch auch gut durch die deutlich in Tempo und Schwierigkeitsgrad anziehenden Bosskämpfe. Die Monster mögen optisch an den Klassiker gemahnen, aber sie haben ordentlich aufgerüstet. Die Level sind eher uninspiriert oder vielmehr ordentlich geklaut, aber R-Type hat nun auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel, das Leveldesign von 1987 ist einfach nicht mehr ganz state of the art, aber die Bosse holen vieles wieder heraus.

Hier ohne Schild durchzumanövrieren ist eine würdige Aufgabe für Könner.

Der zweite Schwierigkeitsgrad biete eine echte Überraschung. Statt noch mehr Feinde und Projektile eures Weges zu schicken, habt ihr nun keinen Schild mehr. Ihr könnt nur ausweichen, ein Treffer und tot. Das ist definitiv schwieriger und mir persönliche machte es auch mehr Spaß. Ich mag Shoot-'em-ups, die sich nicht auf Gimmicks verlassen, und das hier ist Hardcore. Derzeit bin ich in diesem Modus noch am Ende von Level drei, denn es gibt drei Leben, mit denen ihr direkt wieder zurück ins Spiel kommt, allerdings samt aller Extrawaffen, und mit drei Continues. Das war es. Keine Speicherpunkte, nur selten mal ein Extraleben, Redux Dark Matters richtet sich ganz klar an hingebungsvolle Veteranen des Genres. Fairness bleibt gewahrt und wer brav lernt, wird auch immer etwas weiter kommen, aber ohne halbwegs geschulte Reflexe dauert das lange.

Mein größter Ärger mit dem Spiel und der Grund, warum ich einfach nicht so richtig warm wurde, ist eigentlich das Verkaufsargument. Mit Redux wurde Dark Matters bunter, erhielt mehr Objekte und mehr von allem. Weniger ist bekanntlich manchmal mehr und die Übersicht leidet oft ganz ordentlich. Alle Schüsse, Extras, Gegner und Landschaftselemente im Blick zu behalten fällt schwer, auch der Trick mit dem Entspannen der Augen und dem Shoot-'em-up-Zen wollte einfach nicht so richtig greifen. Die ganze farbliche Gestaltung ist schlicht zu viel, zu unstrukturiert und teilweise ehrlich gesagt auch zu willkürlich, was die Farben der Projektile angeht. Andere Gehirne mögen anders darauf reagieren, meines fand weder zum Cave-Relax-Modus noch zum IREM-Überblick.

Der Soundtrack aber, das ist es, was mich immer wieder zurückkommen ließ. Zumindest bis ich die acht Euro extra auf Steam locker machte. Und danach sah, dass es ihn auch auf Spotify gibt. Aber was soll's, Künstler unterstützt man ja gerne... (Grrrr, hätte ich mal zuerst nachgeguckt, verdammte Gier!). Dieser Soundtrack von Andre Neumann ist pures Shoot-'em-up-Gold, vielleicht der Beste seiner Art seit Ewigkeiten. Atmosphäre, Beats, eingestreute Retro-Elemente, moderne Abmischung, hochwertig produziert, hier passt alles. Also, wenn ihr was mit dem Elektro-Synth anfangen könnt - oder wie genau auch immer sich das nennen mag -, nehmt das Spiel oder lasst es, aber lasst euch den Soundtrack nicht entgehen.

Zu chaotisch bunt, zu viel Ablenkung, der richtige Flow stellt sich bei aller spielerischen Grundkompetenz nicht ein.

Tja, das Spiel? Ehrlich gesagt: Ich spiele lieber R-Type und höre dazu den Score von Redux Dark Matters... Das klingt jetzt allerdings härter, als es gemeint ist. Redux Dark Matters ist ein absolut solides Genre-Spiel, das auch genau dieser Zielgruppe genug Spaß macht, um den Preis von 13 Euro sicher zu rechtfertigen, und das nicht nur wegen der Musik. Es spielt sich flüssig, es ist in beiden erstaunlich unterschiedlichen Spielmodi durchdacht und balanciert genug. Es wird nie zu den großen Klassikern zählen, aber bis mal wieder einer von denen erscheint, ist es ein absolut solider Zeitvertreib.

4 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Redux: Dark Matters

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The Blue Flamingo

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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