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Outcast 1.1 - Test

Ein wenig frische Farbe reicht nicht für alle, wir brauchen ein Outcast 2.

Outcast ist eine dieser Legenden der Spielewelt. Wer es kennt und intensiv spielte, bei dem hat es fast immer einen besonderen Platz im Herzen erobert. Wer nicht, nun, es gibt Spiele, die sind nicht gut gealtert und die Grafik macht hier ganz hart einen Strich durch die Rechnung, das noch mal zu erleben. Also nahm sich ein kleines Studio des Klassikers an und schliff ihn für moderne Systeme rund, um ihn neu erlebbar zu machen. Ein Projekt, das trotz aller lobenswerten Intentionen scheiterte.

Dazu aber gleich mehr, erst einmal kurz, was das eigentlich ist. Outcast war der ausgesprochen ambitionierte Versuch, eine Alien-Welt halbwegs glaubwürdig zu präsentieren und das Ganze mit einer semi-logischen Geschichte um Dimensionsreisende, die nebenbei die Erde retten müssen, zu verknüpfen. Das Erste funktionierte, das Zweite... Meh, es hätte schlimmer kommen können, nehme ich an.

Solche Welten waren damals in der Qualität nur dank der Voxel möglich.

Die Welt war jedoch ein echtes Highlight der Spielelandschaft. Glaubwürdig und doch fremdartig, mit jeder Menge wild eingestreuter Wörter, die die dort heimischen Bewohner um sich werfen, und damit einhergehend ein recht großer Aufwand für euch zu kapieren, wovon diese Typen eigentlich reden. Nach und nach erschließt sich euch eine Welt mit eigener Geschichte, Glauben und sogar partiellen Sprachbrocken. Es wurde selten so gut umgesetzt wie hier und Outcast zu spielen erinnert auf jeden Fall daran, dass es mal wieder in dieser Güte und auch gerne als Triple-A-Projekt versucht werden darf.

Genau das war Outcast damals. Aufwändige Musik - hier leicht remastert - und Sprecher ergeben eine bis heute solide Sound-Kulisse, in der nur der eigene Held sauer aufstößt. Red Heat hat subtile Zeilen im Vergleich zu dem, was dieser Typ raushaut, selbst wenn er aufs harte Fluchen verzichtet. Vor allem aber war die Voxel-Grafik weit voraus, denn dass eine 3D-Karte so etwas darstellen konnte, mit dem Grad an Details, das war 1999 noch ein paar Jahre weg. Große, offene Welten mit vielen Hügeln, Bergen, Flüssen, Seen, alles dank der Voxel-Engine, die in der Lage war, Gelände als 2D-Bitmap zu berechnen und als dreidimensionale Landschaft wirken zu lassen - das war zu dem Zeitpunkt ungeahnt. In Spielen war das nicht unbekannt. Die Action-Hubschrauber-Sim Comache nutzte das schon 1992. Hier allerdings war es deutlich feiner gezeichnet und mit Polygonobjekten für die Gegenstände, Gebäude und Figuren erweitert. Das Spiel forderte den Prozessoren damals alles ab.

Betritt man die Polygon-Umgebung eines Hauses sieht es gleich ganz anders aus. Trotzdem ein nettes Detail: Lauft ihr mit der Waffe im Anschlag herum, ergeben sich Unbewaffnete und kauern sicherheitshalber erst mal auf dem Boden.

Interessanterweise ist das heute noch der Fall. Stellt ihr erst einmal wie selbstverständlich Outcast 1.1 auf 1080p, dann braucht ihr so viel CPU-Power, wie ihr nur finden könnt. Mein nicht gerade langsamer i5 kam kaum auf zweistellige Frameraten. Das liegt daran, dass es hier keine 3D-Engine gibt, die auf eine entsprechende GPU zugreifen würde. Letztlich ist das aber egal, das Spiel läuft in 1280*786 flüssig und es ist nicht so, dass man die Polygone oder Texturen überarbeitet hätte. Auch die Größe der riesigen Voxel-Objekte, nun Multithread-berechnet, aus denen sich die Landschaft formt, ist nicht feiner aufgelöst worden. Es wurde lediglich ein Filter zur Glättung des Ganzen darübergelegt. Eine höhere Auflösung bringt also rein gar nichts.

Das Ergebnis ist dann auch... Nun, wer es noch nie gesehen hat, wird fragen, was zur Hölle das ist, ob das so sein muss und wenn ja, ob man es nicht besser sterben lassen sollte. Das hier ist kein HD-Remaster, keine Neuprogrammierung, es ist „nur" eine sauber auf modernen Windows-Maschinen lauffähige Version, die keine Zicken macht. Das ist keine so kleine Leistung, die Bugs sind raus, ich hatte keinen Absturz und immerhin sind das HUD und ein paar der Bitmap-Objekte modernen Auflösungsanpassungen ausgesetzt worden. Vor allem hat man das Interface geradegezogen, ein paar umständliche Menüs optimiert und sogar eine gut funktionierende Joypad-Unterstützung eingebaut. Das ist richtig, ihr könnt das ganze Spiel mit einem Pad durchspielen. Außer beim Speichern, da müsst ihr zur Tastatur greifen, aber irgendwas ist ja immer. Spielt sich insgesamt erstaunlich gut und deutlich weniger zäh als zuvor, hätte ich nicht so erwartet.

Das Shootern klappt so lang halbwegs ordentlich, wie die Gegner stillhalten, in Bewegung ist es schon sehr... sagen wir mal gewöhnungsbedürftig.

Um noch einmal auf das Spiel zurückzukommen: Am Ende des Tages ist es ein Action-Adventure, das auch ein paar Geschicklichkeitseinlagen, Shoot-outs, Physikpuzzles und mehr zu bieten hat - alles Dinge, bei denen es ein Segen ist, dass die Steuerung nun tadellos funktioniert. Trotzdem - vielleicht liege ich damit falsch, es wäre schön, wenn das so wäre - denke ich nicht, dass sich heute jemand, der damals vielleicht gerade erst ein paar Jahre alt war, an Outcast setzt und das spielen möchte. 2D hielt sich schon immer besser als 3D, und das gilt doppelt für frühe Voxel-Grafik. Es spielt sich nun in Version 1.1 flüssiger, aber immer noch zäh. Dass es komplex ist, dass ihr viel mit Leuten reden und puzzeln müsst, ist eher ein Bonus und auch durchaus willkommen, was andere Indie-Projekte zeigen. Aber ich sehe nicht, dass jemand, der es nicht kennt, über diese Optik hinwegkommt. Ich bin mir nicht mal sicher, ob es viele schaffen, die es von früher kennen und vielleicht seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Diese 1.1-Version macht es deutlich einfacher, aber es kann sein, dass schon bei der degenerierten Laufanimation des Helden wieder Schluss ist.

Auch die Architektur obliegt den Polygon-Hürden des Systems: Hier eine Art Fort der bösen Aliens.

Andererseits, es sind auf gog.com nur fünf Euro - wenn, dann unbedingt hier kaufen, das alte Originalspiel und der Soundtrack (kostet auf Steam extra) sind als Gratisbonus dabei -, und es ist als Spiel bis heute irgendwie einmalig. Eine Mischung aus Action, Adventure, Puzzle, leichten RPG-Anleihen, einer so eigenständigen Welt mit einem so eigenständigen Design... Es ist in seinem Herzen ohne Frage ein immer noch außerordentlicher Titel. Aber manchmal reicht das nicht.

Vielleicht ist es wirklich Zeit für Outcast 2.

Sagt mal, CD Project, habt ihr in 2016 eigentlich schon was vor?

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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