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Nimm lieber einen Klassiker... oder auch nicht: Fallout 1 und 2

Spezielle Lieblinge.

Spätestens seit Bethesdas Wiederbelebung der Fallout-Marke schwirrt sie auf dem Radar von jedem, der sich in den letzten zehn Jahren entfernt für Rollenspiele interessierte. Für viele mögen die verbliebenen neun Wochen bis Teil 4 eine Qual sein, was niemanden davon abhalten sollte, zur Vorbereitung den Ursprüngen der Serie nachzuspüren. Sind doch noch genießbar, oder nicht?


Fallout

Was es mal war: Ich nenne es hin und wieder scherzhaft das "beste Computer-RPG aller Zeiten". Wobei, so lustig ist das gar nicht und eigentlich stimmt es ja auch. In jedem Fall ist es eines der am engsten freiheitsverbunden Rollenspiele, die man in den Neunzigern und darüber hinaus kaufen konnte. Ein kurzer, in nur zwei Stunden fast alles vernichtender Atomkrieg war Ausgangspunkt und seine Auswirkungen sozusagen eine Begrenzung des Settings. Eine tatsächliche Begrenzung innerhalb des sich mit Direktiven zurückhaltenden Spiels sind die (im späteren Verlauf aufgehobenen) 150 Tage Zeitlimit. So lange hat der aus Vault 13 entsandte Bunkerbewohner Zeit, einen neuen Wasserchip für seine Leute zu finden. Eine "Quest-Reihe" im heutigen Sinne gibt es nicht, nur begleitende Stichpunkte in einem kleinen Statusbildschirm des Pip-Boy, für den sich heute alle den Schädel einschlagen. "Finde die Quelle der Mutanten" oder so stand dort und war gleichbedeutend mit einem lose unterbreiteten Vorschlag.

Für nahezu jede Situation gibt es mehrere Lösungswege, je nachdem, wie der Charakter ausgerichtet ist.

Wer den Standort ihrer Basis kennt, kann in der Theorie von Beginn an dorthin. Einfach auf der Weltkarte gen Westen marschieren und da sind wir. Wer um den Verbleib des Wasserchips weiß, muss keine vorgeschaltete Missionsreihe lösen, sondern könnte ihn mehr oder weniger direkt von den Ghulen aus Necropolis beschaffen. Ob man dafür "stark genug" ist, diese Frage gleicht in Fallout ohnehin einer starken Vereinfachung. Genauso gut kann man "clever genug" sein und sich in Verkleidung oder mit hohen Sprachfertigkeiten am Problem vorbeimogeln. Das Schöne an Fallout war immer die Ungezwungenheit, mit der es den Spieler in seiner Welt hält. Sie ist offen insoweit, dass man von Beginn an überall hin kann, manchmal nur unter Akzeptanz einer blutigen Nase. Zu schwere Gegner sind nicht vordergründig Content-Blocker, am besten noch versehen mit Zettelchen und dem Tipp, später stärker wiederzukommen, sondern eine Aufforderung, es anders zu probieren.

Zum Beispiel mit Reden, wenn man erst erkennt, dass ihre Ziele einen Sinn haben. Unterhält man sich lange genug mit dem Mutantenmeister über sein Ansinnen, "Gleichheit" ins Ödland bringen zu wollen, kann man trotzdem angewidert sein, doch seine Hintergründe sind zumindest verständlich. Plaudert ein wenig weiter und ihr könnt ihm mit den richtigen Sprachfertigkeiten und den nötigen Beweisen die Lücken in seinem Plan aufzeigen, bis hin zu dem Moment, in dem er sich selbst umbringt. Es sind nur kleine Beispiele für ein großes Stellwerk aus der Welt hervorgehender Systeme, die es in der Form nicht mehr oft zu sehen gab.

Was heute noch geht: Der reibungslose Betrieb auf aktuellen Windows-Rechnern, seitdem Rechteinhaber Bethesda einen erneuten GOG- und Steam-Release der ersten beiden Teile vornahm. Darauf aufbauend ein luftig-freies, kaum ins Korsett eingeschnürtes Erlebnis, das man von heutigen Rollenspielen fast nur noch im räumlichen Sinn kennt. Was ebenfalls geht: So vieles, wenn man diese Spiele an den Möglichkeiten misst, das übergeordnete Ziel zu erreichen (ohne das es nun mal nicht funktioniert). Keine Haupt-Quest schaltet euren Fortschritt in Reihe oder lässt euer Handeln in bestmöglich kontrollierbaren Bahnen verlaufen.

Der Rundenkampf ist heute noch gut spielbar, wenn auch etwas träge, sobald viele Figuren nacheinander am Zug sind.

Selbst die beiden neueren 3D-Teile von Bethesda und Obsidian verlangen die Lösung ihrer Hauptmissionen großteils der Reihe nach. Sie sichern sich dem Spieler und seiner Wahrnehmung gegenüber dem, was gerade passiert, so weit ab, dass man nach längerer Pause wieder bequem hineinfindet. So müssen große, teure Spiele heute funktionieren. Versucht das mal mit dem ersten Fallout und schaut, wie entgegenkommend "Finde die Quelle der Mutanten" nach drei Monaten Abwesenheit noch ist. Die Dokumentation des Geschehens findet im Kopf statt. Keine künstliche Schicht aus Hilfsmechaniken überlagert die eigentliche Spielwelt. Und wenn man mit ihr so umfassend zu interagieren in der Lage ist wie in Fallout, kann das trotz des Zeitzahns keine schlechte Sache sein.

Was keiner mehr will: Eigentlich müsste man die Frage umkehren in "Was wir unbedingt wiedersehen wollen". Sicher haben die ersten Fallouts altersbedingt so manche Scharte weg. Eine Produktion von 1997, schon zum Erscheinungspunkt keine Schönheit, nun, man darf den technischen Aspekt nicht überbetonen bei einer zwischen Grau und Braun rangierenden Farbpalette. Das anfängliche Zeitlimit, in Fallout 2 nicht umsonst entfernt, ist heute vermutlich ebenfalls nicht mehr die beste Idee in einem Erkundung großschreibenden Spiel. Würde auch nicht wirklich funktionieren, so kleinteilig und abgesichert, wie große Rollenspiele inzwischen mit Handlungsfortschritten des Spielers umgehen.

Unbedarfte Spielbarkeit jenseits des historischen Interesses: Die Wiederveröffentlichungen auf Steam und GOG ziehen den Bildausschnitt schön groß und sind anstandslos spielbar, sofern man die Bedienung akzeptiert und den Fakt, dass man bei manchen Details etwas genauer hinsehen muss. Das Ding ist eben fast zwanzig Jahre alt. Aber im Gegensatz zu alten Ultimas etwa sind sämtliche Gegenstände im Inventar identifizierbar und die Technik, so alt sie auch sein mag, stellt euch kein Bein. Höchstens ein kleines. Andere Spiele aus der frühen 3D-Zeit sind weitaus schlechter gealtert.

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Fallout 2

Was es mal war: Eine rasch produzierte Fortsetzung, die gerade mal ein Jahr später erschien. Die als treibende Kraft hinter dem ersten Teil geltenden Entwickler Tim Cain, Leonard Boyarsky und Jason Anderson waren vor ihrem Weggang nur noch am Rande beteiligt und hatten unter dem Banner ihres neuen Studios Troika Games ganz eigene Schlachten zu schlagen. Die Spielsysteme befanden sich in Stellung und Interplays RPG-Abteilung Black Isle konnte Inhalte über Inhalte produzieren. Fallout 2 war mehr vom (fantastischen) Selben, an den richtigen Stellen erweitert, mit mehr Waffen, viel mehr Aufgaben, mehr und besser geschriebenen Begleitern, längerer Spielzeit, aber auch spürbaren Längen. Dazu ein höherer Maximallevel und die Möglichkeit, nach dem Ende weiterzuspielen. Als Nachfahre des Bunkerbewohners durchkämmt man die Westküste nach einem Garden of Eden Creation Kit, dem man nachsagt, es könne Ödland in ein Paradies verwandeln.

Man kann sehr viele verschiedene Charakter-Builds spielen und wird immer was Neues erleben, etwa als geistig und sprachlich eingeschränktes Gemüt.

Was heute noch geht: Erstellt mal einen Charakter mit einem Intelligenzwert von 2 und fangt an zu spielen. Die Reaktivität der Umwelt auf einen stotternden Dummkopf ist beispiellos und seitdem unerreicht - fast so, als würde man ein anderes Spiel erleben. Das ging danach in Arcanum, aber das war es auch. Schon mal Taschendiebstahl pervertiert und jemandem etwas zugesteckt, statt zu klauen? Sprengstoff vielleicht? Schon mal einen Gefährten aus den Fängen von Sklavenhaltern befreit und dafür mehr Optionen gehabt als "Töten oder quatschen"? Genau das geht immer noch in Fallout 2, und aus seinem zeitlichen Kontext gerissen ist es eine noch größere Leistung als damals. Es folgt so offenem Quest-Design, wie man es heute nicht mal in einem Kaliber wie Wasteland 2 findet.

Was keiner mehr will: Wo Fallout 1 einen Humor gewinnender Kühle und Bodenhaft bewahrte, war Teil 2 sehr viel schriller und alberner. Vor allem die Anspielungen auf die Populärkultur hätte man selbst mit einem dicken Pfropfen nicht im Zaum halten können. Fast ein Dutzend Star-Wars-Verweise inmitten Hunderter anderer, darunter Der Pate, From Dusk Till Dawn, Monty Python, Taxi Driver oder das Durchbrechen der vierten Wand - Black Isle war hier ein wenig übermotiviert. Vom Clownsland abgesehen gilt nahezu dasselbe wie beim ersten Fallout. Die Systeme der alten Teile sind die meiste Zeit über so pfiffig auf die Welt zugeschnitten, dass jeder Spieldurchgang variiert.

Unbedarfte Spielbarkeit jenseits des historischen Interesses: Siehe Fallout 1. Und nicht vom Starttempel abschrecken lassen. Der ist ganz schön bitchy und würde heute sicher nicht mehr unbeschadet durch eine Qualitätskontrolle rutschen. Ansonsten sollte jeder mit einer Sympathie für Rundenkampf und offene Welten zumindest mal reinschauen. Und sei es nur, um sich anschließend erst recht auf Fallout 4 freuen zu können - ganz gleich, aus welchem Grund.

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Freier Redakteur - Eurogamer.de

Steht auf Bier und Bloodsport. Mag weiche Sofas und verliert sich gern in Gedanken an dies und das. Seit 2014 bei Eurogamer dabei, aktuell als freier Redakteur.
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