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Der Marsianer - Rettet Mark Watney

Mit Volleyball wäre er besser dran gewesen.

Regie: Ridley Scott
Buch: Drew Goddard, Any Weir (Roman)
Darsteller: Matt Damon, Jessica Chastain, Chiwetel Ejiofor, Jeff Daniels, Kate Mara

Wilson? WIILSOOOON!

Spoiler zum Verlauf des Films waren im Rahmen dieser Kritik nicht zu vermeiden. Kurzversion für Vorsichtige: Der Marsianer ist vorhersehbar und etwas unterkühlt, aber handwerklich gut gemacht und unterhaltsam.

Matt Damon muss mal wieder gerettet werden. Und mal wieder steht es für alle außer Frage, dass seine Rettung oberste Priorität hat, der sich alle Aufwandsüberlegungen beugen müssen. In Wirklichkeit war die Verfilmung des literarischen Überraschungserfolgs Der Marsianer aber der Versuch, jemand ganz anderes zu retten, nämlich Ridley Scotts Regiekarriere. Der Engländer hat schon lange keinen Film mehr gemacht, auf den sich alle einigen konnten. Blade Runner und Alien sind trotz ihrer gefühlten Zeitlosigkeit Ewigkeiten her, Gladiator war ungemein unterhaltsam, aber alles andere als über jeden Zweifel erhaben. Und dann fängt es schon an mit den Filmen, die entweder rundheraus schlecht waren oder in denen Scott und seine Vertrauten nicht mehr verstanden, wo man die Schere ansetzen darf und wo nicht.

Ich bin sogar noch einer von denen, die Prometheus einiges abgewinnen konnten und wenig Probleme damit haben, ihn als Teil des Alien-Kanons zu begreifen. Aber echte und ehrliche Begeisterung empfand ich bei einem von Scotts Filmen schon lange nicht mehr. Der Marsianer traf nun erstmals wieder auf allgegenwärtige Zuneigung von Feuilleton und Fans, glänzt mit unglaublicher Besetzung und einer inspirierenden Geschichte vom Triumph des Willens über die Naturgewalten. Er ist ein Liebesbrief an die Nasa, die sich in seiner idealisierten Zukunft kräftiger Finanzierung erfreut, und eine Erinnerung an die Zeit der ersten Mondlandung - als alle im Geiste vereint vor dem Fernseher saßen, um Zeuge von etwas Großem zu werden. Irgendwas aber war seltsam: Ein Regisseur, dessen frühe Werke ich verehre, ein Cast zum Niederknien und ein Stoff, der wie für mich gemacht war. Und doch konnte ich mich nicht dazu durchringen, ihn im Kino anzuschauen.

Wie um Buße zu tun, wanderte jetzt die Blu-ray in mein Regal. Jetzt, nachdem ich ihn zweimal gesehen habe, weiß ich jedoch, warum mich der Film von vornherein nicht packen konnte. Man hat nach Ansicht von Trailer und Poster schon eine gute Vorstellung davon, wie dieser galaktische Schiffbruch auf dem Mars verlaufen wird, und so kommt es dann auch. Der Film selbst kann wenig dafür. Er ist toll gespielt, stellenweise sogar sehr lustig (ihn bei den Golden Globes als Komödie zu verorten war trotzdem ein bisschen seltsam) und Ridley Scott weiß einfach, wie man All und fremde Welten inszeniert. Aber das Risiko aller an der Handlung Beteiligten ist von vornherein fest in vorhersehbaren Bahnen abgesteckt. Bei Spielbergs James-Ryan-Rettung gab es einen moralisch diskutablen, dramaturgisch aber guten Grund, für den titelspendenden Soldaten andere Figuren zu verheizen, folglich bibberte man um jeden einzelnen. Beim Marsianer würde jedes Figurenopfer nur dem schon früh als leichtherzig abgesteckten Ton des Filmes zuwiderlaufen, weshalb man selten wirkliche Gefahr für irgendjemanden hier verspürt.

Cover image for YouTube videoThe Martian | Official Trailer [HD] | 20th Century FOX

Das Resultat ist ein toll anzusehender und unterhaltsamer, aber in Sachen Spannung beinahe dokumentarisch anmutender Weltraumfilm. Nicht einmal die Anzugträger in der Chefetage fallen den Rettern in spe in den Rücken, was zwar gut zum optimistischen Blick in die Sterne passt, aber eben auch das Konfliktpotenzial im engen Rahmen hält. Der Marsianer hält einen immer auf Distanz, emotional werden weder die Figuren noch die Inszenierung des Streifens selten. Man schaut eher interessiert als wirklich gebannt zu und nimmt folglich wenig mehr mit aus diesen knapp zweieinhalb Stunden als die Gewissheit, dass man ordentlich unterhalten wurde. Für Scott ist das nach einem derart polarisierenden Werk wie Prometheus vermutlich immer noch eine Menge wert.


Was ist Freitagskino?

Jeder Mensch braucht mal Abwechslung. Wir alle mögen Kino, also schreiben wir (fast) immer freitags über Filme oder Serien. Keine Sorge, wir versuchen nicht, etablierten Filmkritikern große Konkurrenz zu machen, sondern einfach nur zu berichten, wie ein Film auf uns wirkte und ob wir dazu raten würden, ihm eine Chance zu geben. Welche Filme oder Serien das sind, hängt davon ab, was derjenige Autor in den letzten Wochen sah. Wir unterwerfen uns jedenfalls nicht vollends dem Diktat der Aktualität.

Es können aktuelle Blockbuster, ausgemachtes Genre-Kino, aber auch Arthouse-Geheimtipps sein, die noch im Filmspielhaus um die Ecke laufen. Die neueste Netflix-Serie kommt ebenso unter die subjektive Lupe wie ein alter HBO-Liebling, der sich nach Jahren unserem unter Umständen veränderten Geschmack stellen muss. Ebenso werden immer wieder nach Ewigkeiten wiederentdeckte Schätze zur Sprache kommen, überbewertete Klassiker oder unterschätzte Perlen. Wie gesagt, wir wollen euch damit nur ein wenig Diskussionsstoff über das zweitbeste Geek-Hobby liefern - und ein paar Inspirationen, was sich vielleicht lohnen könnte. Wir hoffen, euch macht die Rubrik genau so viel Spaß wie uns, auch wenn diese Sorte Unterhaltung zur Abwechslung mal nur bedingt interaktiv ist.

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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