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Quantum Break auf dem PC - Sie wollen einfach nicht, dass ihr es kauft.

Vom ersten Store-Besuch bis zum Verlassen des Spiels wird alles ignoriert, was PC-Gaming erfolgreich macht.

Einfach machen sie es einem wirklich nicht. Gestern erschien Quantum Break für den PC. Jedes normale PC-Spiel würde über Steam laufen und auch wenn dort der Weg, einen Code einzulösen nicht immer ganz offensichtlich ist: Es ist zumindest leicht, auf einen neuen großen Titel zu klicken und "kaufen" anzuklicken. Quantum Break... Es dürfte noch nie so einen versteckten Release gegeben haben. Meine erste Anlaufstelle in Windows 10 war die Xbox App, was aber komplett falsch war, diese ist nun mal für Xbox-Belange zuständig und nicht generell für Spiele. Stattdessen gibt es den Windows App Store, den man als normaler Desktop-Nutzer mehr vom Hörensagen kennt. Aber okay, auf in diesen Store. Kein Button für Code-Einlösung weit und breit, auch kein Quantum Break für den Normalkauf.

Die Startseite des Stores verrät euch schon mal nicht, dass es das Spiel gibt.

Ich klicke auf "Top-Spiele", ich klicke auf "Top kostenpflichtige Spiele", auf "beste Kritiken" und auch noch auf "neu und angesagt". Keine Chance, nichts zu sehen, nur Moorhuhn und irgendwelche Halo-Mini-Spiele. Schließlich beschließe ich zu cheaten und gebe oben in die Suche "Quantum" ein und siehe da, Quantum Break taucht auf. Mit einem dicken Xbox-Logo markiert. Stolze knapp 70 Euro möchte man haben, kaufe ich das jetzt vielleicht doch als Xbox-Spiel? So teuer sind PC-Titel doch sonst nicht. Come in and find out, bei näherem Studium der Store-Seite scheint sich zu bestätigen, dass dies die PC-Version ist, obwohl da Xbox steht. Ich würde sagen, dass Microsoft da gegenüber dem PC-Spieler einen gewissen Nachholbedarf bei der Kommunikation hat. Zum Beispiel „DIES IST WIKRLICH EIN PC SPIEL!!" dazuzuschreiben, denn jeder assoziiert das Grün aktuell nun mal mit der Xbox.

Selbst bei den Suchtreffern ist das vermeintlich wichtige Produkt nicht direkt ganz oben.

Da ich keine Lust habe, meine Kreditkarte mit der Summe zu belasten, was der nächste Schritt gewesen wäre, geht die Suche nach der Code-Einlösung weiter. Eine kurze Suche über Google brachte mich weiter, da mich Microsofts eigene Suche Bing.de bei der Anfrage "Windows App Code einlösen" lediglich zu einem halben Dutzend Treffern brachte, wie ich auf Windows einen Apple-Code einlösen kann. Der Button befindet sich ganz schlicht beim Profil, schmeißt mich aber direkt aus dem Store raus, zurück auf die Website meines Microsoft Live Accounts, wo ich dann zumindest nach nur einem weiteren Log-in endlich meinen Code loswerde. Eine homogene Anwendungsumgebung sieht jedenfalls anders aus und ich beginne mehr Respekt für die völlig in die Jahre gekommene und ich will mal sagen "gewachsene" Struktur der Steam-Software zu verspüren. Ein weiterer Klick und ich bin zurück im App-Store, wo ich das Spiel auch aufrufen kann.

Der erste Teil der Installation sind 43 Megabyte, was erwartungsgemäß fix passiert ist. Aber nicht zu früh freuen und/oder wundern, danach springt die Anzeige direkt auf 43 Gigabyte, was ungefähr der Xbox-One-Installationsgröße entspricht. Eine Bandbreitenanzeige gibt es nicht, aber wenigstens eine Download-Seite, sollte ich später sehen wollen, wie weit denn das Spiel schon seinen Weg zu mir gefunden hat.

Die Download-Geschwindigkeit wird nicht angezeigt, dafür gibt es ja Drittabieter-Software und Router-Monitoring...

Das dauert jedoch, die Downloadgeschwindigkeit ist ein Witz. Nach 20 Stunden(!) ist endlich alles da. Ein Store, der nicht mal in der Lage ist meine 16.000er Leitung auszureizen, ist definitiv optimierungsfähig. Der Installationsort wird nicht extra abgefragt, ich hoffe, dass ihr Windows-Apps dorthin installiert, wo ihr ein paar Dutzend Gig extra Platz habt. An die Dateien kommt ihr ohne gewaltigen Aufwand eh nicht ran und auf dieser Ebene lässt sich nichts modifizieren. Es ist das Gegenteil dessen, was PC-Gaming so flexibel und spannend macht.

Startet ihr das Spiel, zeigt es sich gleich von der hässlichen Seite. Ohne einen Xbox-live-Account tut sich gar nichts, was bei einem reinen Solo-Titel nicht unbedingt sein müsste. Es ist bei anderen Plattformen aber auch häufig genug so, dass es Online- und Account-Pflicht gibt, das hier ist eben nicht gog.com, das ist also kein Alleinstellungsmerkmal. Danach versucht das Spiel, Xbox-Cloud-Daten zu dem Titel zu synchronisieren, scheitert aber nach 20 Versuchen immer noch. Da es keine identifizierbaren Fehlermeldungen gibt, wähle ich die Option, offline zu spielen und endlich bin ich wirklich im Hauptmenü.

Es gibt keinen Mangel an Grafikoptionen, leider nur keine, die den Weichzeichner abschaltet.

Hier gibt es keinen Zurück-zum-Desktop-Button. Klar, es ist ja auch eine App. CRTL-C, CRTL-Q, ESC, nichts geht, ihr schließt es wie eine App: Ihr killt es im Task-Manager. Wow. Das ist selten dämlich und wiederspricht jeder Gaming-PC-Realität. Aber das Spiel läuft erst mal und die Optionen entsprechen dem, was man auf dem PC erwartet. Ihr habt umfangreiche Einstellungen für Grafik - die 30-FPS-Sperre lässt sich hier ausschalten -, Sound und Steuerung, es ist also nicht einfach ein reiner Xbox-Port ohne weitere Optionen. Natürlich stelle ich alles auf WQHD und Ultra, bevor ich mich in den ersten Level wage.

Leider funktionieren weder Klassiker wie Fraps noch moderne Dinge wie Nvidias FPS-Anzeigen und Shadowplay, um Screenshots oder Filme aufzunehmen oder die Performance zu sehen. Insgesamt sind die Performance und das visuelle Ergebnis bestenfalls okay dafür, dass allein meine Grafikkarte so viel kostet, wie die ganze Xbox. Auf einem i5 3,4GHz, 16 GB RAM, 970 OC und SSD-Installation kann ich WQHD und Ultra vergessen, die geschätzte FPS-Zahl ist vielleicht 15. Schlimmer ist, dass es einfach nicht gut aussieht. Das Spiel nutzt einen Weichzeichnungsfilter, der auf der Xbox durch die niedrigere Auflösung und die größere Distanz zum Bildschirm - TV-Bild halt - nicht so störte. Bei einem teuren Monitor, dessen G-Sync übrigens dank des App-Encapsuling nicht nutzbar ist, sieht das alles nur verschwommen und unscharf aus. Leider gibt es keine Option, die diesen Effekt abschaltet aber zumindest lief es dann mit hohen Einstellungen und 1080p irgendwie mehr oder weniger flüssig, ohne dabei groß schlechter auszusehen als mit den Ultra-Einstellungen. Dass es sich unrund anfühlt, dürfte auch an diesen Schwankungen liegen, wofür die genutzte App-Plattform UWP - Universal Windows Plattform - nicht unschuldig sein dürfte, da sie wohl häufig Framedrops produziert, den besten Freund eines guten Input-Lags. Tearing gibt es dadurch zwar nicht, aber das ist nur ein schwacher Trost, wenn ihr eigentlich realistisch immer die 30-FPS-Bremse eingeschaltet lassen müsst, um auf solche Macken zu verzichten.

Lieber 30-Frames stabil als ständigen Input-Lag trotz teurer Hardware.

Spielen tut es sich mit dem Pad exakt wie die Xbox-Version - keine Überraschung - und mit Maus und Keyboard spielt es sich wie fast jeder Third-Person-Shooter für mein Gefühl ein wenig "schräg". Ich bekomme bei diesen Games im Gegensatz zu Ego-Shootern zum Beispiel nie ein Gefühl für das Spiel mit der M/k-Kombination. Man merkt halt, dass es für das Pad entworfen wurde, aber es funktioniert auch nicht schlechter als Alan Wake, insoweit könnt ihr es durchaus auch mit Maus und Tastatur spielen.

Was die generelle Qualität des Spiels angeht: Hier habt ihr einen umfangreichen Test zu Quantum Break. Alles, was da steht, gilt auch für diese PC-Version, es nicht das schlechtere Spiel. Nur der kompliziertere Weg, es zu spielen und halt auch nicht technisch besser (eingeschaltete Framebremse und 1080p-Auflösung trotzdem höherwertiger Hardware vorausgesetzt).

Für das Spiel war der PC-Release eine große Chance und es ist ja auch gut, aber es dem Kunden so denkbar schwer, umständlich und teuer zu machen ist nicht hilfreich.

Es tut mir leid für Remedy und ihr durchaus gutes Spiel Quantum Break. Aber wer überhaupt weiß, dass das Spiel erscheint und dann die Hürde genommen hat, es in dem Store zu finden, der wird bei dem lächerlichen Preisschild umdrehen. Man kann jetzt lange über die philosophische Frage diskutieren, was etwas wert ist, was es kosten sollte und überhaupt, aber die Realität zu negieren, dass PC-Spiele um die 50 Euro kosten, und durch die eigene zu ersetzen, in der es 70 sind, ist kein Rezept für Erfolg. Nicht mit einem Spiel, dass "nur" gut ist. Das hätte mit GTA 5 geklappt aber sonst herzlich wenig. Das Spiel wurde effektiv auf dem Release-Weg getötet, die Art der Installation und die Macken der App-Gestalt und der UWP-Umgebung geben der Sache den Rest. Microsoft hatte hier zumindest die Chance, seinen Store bekannt zu machen, indem das Spiel mit einem niedrigen - oder zumindest für PC-Verhältnisse normalen - Preisschild angepriesen wird. Stattdessen haben sie es versteckt, überpreist und in ein für PC-Gamer unattraktives Installationsformat gestopft. Dafür wird wohl niemand darüber hinwegsehen wollen, dass diese Version sogar teurer ist als die Xbox-Fassung. Fehlstart für die schöne neue Xbox-PC-Crossover-Welt.

In diesem artikel

Quantum Break

Xbox One, PC

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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