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Aufstieg und Fall - Die Lionhead-Story

Die, die dabei waren erzählen alles: Über die guten, die schlechten und die seltsamen Zeiten.

Im Oktober 2008 veröffentlichte Microsoft Lionheads Fable 2, das bei den Kritikern gut abschnitt und kommerziell erfolgreich war. Bei einer Launch-Party hielt ein emotionaler Peter Molyneux begeisterte Tests empor und lobte die erschöpften Entwickler, die in den vier Jahren zuvor alles für das Spiel gaben. Fable 2 gewann schließlich einen BAFTA-Award und wurde zum erfolgreichsten Rollenspiel der Xbox 360. Lionhead fühlte sich obenauf.

Siebeneinhalb Jahre später wurden Lionheads rund 100 Mitarbeiter zu einem Meeting ins firmeneigene Café berufen. Dort verkündete Hanno Lemke, General Manager der Microsoft Studios Europe, dass Fable Legends eingestellt und Lionhead geschlossen wird. Das berüchtigte Studio, das vor fast 20 Jahren von Peter Molyneux mitgegründet wurde, war tot.

Die Geschichte, wie Lionhead aufstieg und fiel, ist schwierig, aber auch wichtig. Diejenigen, die dort arbeiteten, beschreiben das Studio als einen Ort voller wilder Kreativität, wo atemberaubende Fehlschläge oftmals mit Agenda-bestimmenden Erfolgen einhergingen. Sie beschreiben eine wilde britische Kultur, die von einem amerikanischen Overlord profitierte - und darunter litt -, der wild entschlossen war, den Konsolenkrieg zu gewinnen. Und sie beschreiben ein Studio, das nach dem Bilde eines Mannes geschaffen wurde, der genauso sehr inspiriert wie er frustriert. Es ist eine komplizierte Geschichte. Aber eine, die es wert ist, erzählt zu werden.


Lionhead wurde 1997 von Peter Molyneux, Mark Webley, Tim Rance und Steve Jackson gegründet, aber konzipiert wurde das Studio schon früher, während Molyneux noch bei Bullfrog arbeitete, dem bahnbrechenden Studio, das PC-Spiele wie Populous, Syndicate und Dungeon Keeper entwickelte. Molyneux hatte Bullfrog an EA verkauft und dadurch Millionen verdient. Doch unter der Führung eines amerikanischen Besitzers sehnte sich Molyneux erneut nach Freiheit.

Der Plan war, das neue Studio Red Eye zu nennen, denn, wie Mark Webley sich erinnert, Peter und Tim kamen gerade von einer zermürbenden Reise zurück. „Es war ziemlich grausig", sagt er.

Es sollte Red Eye sein, während das britische Magazin Edge einen Besuch des neuen Studios vorbereitete, um das Team zu interviewen. Dann fanden Molyneux und seine Mitgründer heraus, dass bereits zehntausende Unternehmen diesen Namen verwendeten. Sie gerieten in Panik.

Webley hatte seinen Hamster wegen seines großen Nackens auf den Namen Lionhead getauft und weil er ein bisschen wie jemand aussah, der immer wieder in die lokale Kneipe kam, „lächerliches" und lockiges blondes Haar hatte. Molyneux' damalige Freundin schlug Lionhead als Name für das Studio vor. Und er blieb hängen. „Sobald wir das Unternehmen Lionhead nannten, starb mein Hamster", sagt Webley. „Es war ein Todeswunsch."

Die Idee war, dass sich Lionhead auf die Entwicklung hochqualitativer Spiele konzentriert, also genau wie Bullfrog zuvor, ohne dabei jedoch den Fehler zu machen, zu groß zu werden. Und Molyneux heuerte gute Leute an. Zu den Entwicklern, die sich ihn in der Anfangszeit anschlossen, zählt unter anderem Demis Hassabis, das KI-Genie, dessen DeepMind-Technologie kürzlich einen der besten Go-Spieler der Welt besiegte. Außerdem Mark Healey und Alex Evans, die Lionhead später verließen, um LittleBigPlanet-Entwickler Media Molecule zu gründen. Und Jonty Barnes, der nun die Produktion von Destiny bei Bungie leitet.

Webleys Hamster, Lionhead.

Als Teil von Molyneux' und Webleys Auflösungsvereinbarung mit EA hatten beide zugestimmt, dass der Publisher ein Vorkaufsrecht für das erste Spiel des Studios hat, was auch immer es sein würde. Wie sich herausstellte, war es ein Gottspiel namens Black & White.

Die Arbeiten begannen im Nebengebäude des Bargate House, Molyneux' Anwesen in Elstead. In den Raum passte lediglich eine Handvoll Personen, daher dauerte es nicht lang, bis das Entwicklerteam zu groß dafür wurde. Molyneux suchte nach einem Büro im Surrey Research Park in Guildford, den man aufgrund der von Menschenhand gemachten grünen Hügel wenig liebevoll als Teletubby Land bezeichnete. Im Februar 1998 fand Lionhead ein Büro in der Frederick Sanger Road und zog ein. Das Entwicklerteam von Black & White vergrößerte sich auf 25 Personen.

Die Entwicklung von Black & White verlief „chaotisch", sagt Charlton Edwards, der 1999 als Student Arbeitserfahrung bei Lionhead sammelte, bevor er 2002 als Vollzeitmitarbeiter zurückkehrte.

Edwards hatte davon geträumt, bei Lionhead zu arbeiten, dem Studio, das von seinem Helden Peter Molyneux gegründet wurde. „Es war wie in Disneyland. Ich machte vor Begeisterung große Augen. Ich erinnere mich, wie die Animatoren die große Kuh gestalteten und wie erpicht sie darauf waren."

Es gab keine Produzenten, keine Zeitpläne oder irgendetwas anderes, das an Organisation oder Planung erinnerte, sagt er. „Sie schienen sich einfach alles nach und nach auszudenken. Aber es war eine wirklich kreative Atmosphäre", erklärt er.

Diesen Ansatz verfolgte man auch bei Lionheads erstem E3-Besuch im Jahr 1998. Damals, als die E3 in Atlanta war, nicht in Los Angeles. Lionhead hatte einen kleinen Raum in dem Bereich gemietet, den man als „The Loser's Hall" bezeichnete. Alles, was man damals von Black & White hatte, waren einige „grausame" Sprites, erinnert sich Mark Webley, ein paar Screenshots, ein Drahtgitter-Testumfeld und Molyneux' Notizbuch.

Aber weil es das nächste Spiel von Peter Molyneux war, dem Gründer von Bullfrog und Schöpfer von Populous, kamen die Leute in Scharen. Cathy Campos, die über viele Jahre hinweg Peters Pressesprecherin war, erinnert sich, dass Molyneux diese Screenshots, das Drahtgitter-Testumfeld und sein Notizbuch auf eine 20-minütige Präsentation strecken konnte. Am Ende würde Peter sagen, „und es gibt so viel mehr, was ich euch zu erzählen habe". „Und ich würde sagen, 'aber das wirst du nicht heute tun. Vielen Dank und auf Wiedersehen'. Dann begleitete ich die Journalisten nach draußen. Aber natürlich hatten wir im Grunde nichts weiter zu sagen. Das war das Skript, aber wir erhielten eine umfassende Berichterstattung in der Presse, was Black & White bekannt machte."

Die Leute, die an Black & White gearbeitet haben, erinnern sich gerne daran, obwohl die Entwicklung ihr Leben beanspruchte. Lionhead war ein Club für Jungs, Campos war die einzige Frau, die mit dem Spiel verknüpft war. Und da dieser Club hauptsächlich aus jungen Männern bestand, gab es lange Abende voller harter Arbeit, an denen viel gespielt wurde. Sie tranken dosenweise Coke und rauchten Zigaretten, während sie an Schreibtischen saßen, die mit kalter, übriggebliebener Pizza bedeckt waren.

"Jeder machte mit", erinnert sich Andy Robson, der für die Testabteilung zuständig war. „Es war eine tolle Atmosphäre, es war wie eine Familie."

Wenn Lionhead eine Familie war, dann war Molyneux der Vater und saß am Kopfende des Tisches. In seiner Obhut: Ungefähr 20 ungezogene Jungs, die oftmals in Schwierigkeiten gerieten. Bei Lionhead wurde wirklich die Kultur und die Entwicklungsethik von Bullfrog fortgeführt. Tatsächlich kam die Idee für Black & White zum Teil bei einem Ereignis bei Bullfrog zustande, der berüchtigte Tamagotchi-Vorfall.

Als er bei Bullfrog arbeitete, trug Peter Molyneux irgendwann einmal ein Tamagotchi um seinen Hals. Er war absolut verliebt darin. „Er war ein erwachsener Mann. Ich dachte mir, worum zum Teufel geht es dabei?", so Robson.

"Ich sag dir was: Wenn ich es jemals auf deinem Schreibtisch liegen sehe, werde ich es verdammt nochmal töten. Genau das sagte ich zu ihm. Ich werde es verflucht nochmal töten."

Eines Tages sah Robson, den Molyneux scherzhaft als „absoluten Bastard" bezeichnet, wie das Tamagotchi allein und schutzlos auf dem Schreibtisch des Lionhead-Chefs lag. Er versenkte es in einer Tasse Tee und ließ es dort drin.

"Ich trauerte darum", erinnert sich Molyneux. „Und da dachte ich mir, wenn ich schon zu einem kleinen Stück Plastik eine solch emotionale Bindung aufbauen kann, wie viel mehr können wir damit dann anstellen?"

Diese Streiche setzten sich fort, während die Entwicklung voranschritt, ohne dass ein Ende in Sicht war. Eines Tages rief der Bürgermeister von Guildford an, um einen Besuch zu vereinbaren. Molyneux stimmte zu, aber das Team entschied sich, ihn zu verarschen. Mark Healy steckte zwei alte Kabel in einen alten Wollhandschuh und die anderen Enden der Kabel in das Diskettenlaufwerk seines Computers.

Der Bürgermeister von Guildford sah Healey beim Spielen zu, während er den Handschuh trug, und dachte sich, dass die Bewegung des Handschuhs die berüchtigte Hand auf dem Bildschirm in Black & White steuert. Healeys andere Hand, die außer Sicht war, bewegte die Maus. „Der Bürgermeister von Guildford dachte sich, wow, das ist fantastisch! Als ob es eine Art von frühem VR wäre. Der arme Kerl. Wir haben ihn wirklich verarscht", sagt Molyneux.

Black & White, überaus ambitioniert und leicht fehlerbehaftet, legte den Grundstein für Lionhead, als es 2001 erschien.

Robson erinnert sich an eine Wette zwischen Tester Joe Borthwick und Molyneux, bei der es um einen Absturz ging. Wenn Joe diese Absturzursache nicht finden und reproduzieren konnte, müsste er als Frau verkleidet an der Launch-Party von Black & White teilnehmen. Er fand die Ursache nicht, weswegen sich Borthwick 2001 bei der Launch-Party von Black & White im Quaglino's im Zentrum Londons als Frau verkleidete.

"Es gab Tage, an denen wir viel zu lachen hatten", sagt Robson. „Wir trugen um drei Uhr morgens auf dem Parkplatz von Lionhead kleine Fußballmatches aus, während wir auf den aktuellen Build warteten."

Und die Takeaways. Die vielen, vielen Takeaways. Lionhead-Mitarbeiter, die spät arbeiteten, konnten sich Essen zum Mitnehmen auf Kosten des Unternehmens kaufen. Jeder Abend war ein langer Arbeitsabend, so schien es. Und so gab es ein Takeaway nach dem anderen.

"Ich ging nach Hause und meine Gattin fragte mich oft, ob ich ein Takeaway möchte", sagt Robson. „Ich sagte, weißt du was? Nein, ich möchte kein Takeaway. Ich esse sie nun schon seit rund drei Jahren."

Die Streiche waren zum Teil auch eine Befreiung, eine Flucht vor der Intensität der unermüdlichen Arbeit. Während einer besonders brutalen, neun Monate dauernden Periode arbeitete das Team von Black & White jeden Tag mindestens 15 Stunden.

"Es gab kein Leben", erinnert sich Molyneux. „Wenn ich nicht im Büro war, dann habe ich geschlafen."

"Ich weiß, dass eine Menge Leute sagen würden, dass das Crunch ist. Aber es war wirklich leidenschaftliche Arbeit. Es war keine Arbeit, bei der man den Leuten sagen musste, dass sie kommen sollen. Wir hatten wirklich das Gefühl, dass wir hier etwas machen, dass zuvor noch nie existiert hat. Jeder hatte große Lust darauf."

"Für einige Leute war das hart, weil sie Familie hatten. Zu dem Zeitpunkt war ich nicht verheiratet oder so. Tatsächlich habe ich meine Frau erst dann kennengelernt, als Black & White fertig war. Es war intensiv. Aber es war unglaublich kreativ. Ich glaube nicht, dass irgendjemand aus dem damaligen Team zurückblickt und die Zahl der Stunden bedauert, die er darin investiert hat. Es fühlte sich einfach an, als würden wir etwas machen, was es zuvor noch nicht gab. Und das war eine fantastische Sache."

Die Erwartungen an Black & White waren immens. Die PC-Community schrie nach Informationen und nahm jede von Peters Aussagen gegenüber der Presse auseinander. Fans kamen zum Büro und wollten nicht gehen, bevor das Spiel nicht fertig ist. Jahre vergingen und EA fing an, schwierige Fragen zu stellen. Die Crunch-Zeit ging weiter, bis Black & White schließlich 2001 erschien, vier Jahre, nachdem die Arbeit in Peters Nebengebäude begonnen hatte. Es war ein riesiger Erfolg und bekam gute Kritiken. All das Blut, der Schweiß und die Tränen hatten sich ausgezahlt. Lionheads erstes Spiel war ein Hit.


Dann traf Lionhead, wie Molyneux es nennt, „eine schlechte Entscheidung", allerdings klingt es nach einem harten Urteil, wenn man bedenkt, welches Spiel daraus resultierte. Lionhead baute ein System für Satellitenstudios auf, bei dem man mit anderen unabhängigen Studios zusammenarbeitete und ihnen dabei helfen wollte, im Gegenzug für Anteile am Unternehmen Deals mit Publishern zu vereinbaren. Die zwei Studios, die Lionhead unter Vertrag nahm, waren Big Blue Box, die damals ein ambitioniertes Open-World-Rollenspiel namens Project Ego entwickelten, und Intrepid, die an einem Höhlenmensch-Survival-Spiel namens B.C. werkelten.

In der Zwischenzeit begann Lionhead mit der Arbeit an The Movies und Black & White 2, ebenso vergrößerte man seine Bürofläche und nahm nun die gesamte obere Etage des One Occam Court im Surrey Research Park ein. Durch die Expansion vergrößerte sich auch die Zahl der Mitarbeiter. „Aus 30 brillanten, genialen Leuten wurden im Zeitraum von rund einem Jahr nach dem Release von Black & White in etwa 100 Personen", sagt Molyneux. „Das war ein großer Fehler. Wir hätten klein und fokussiert bleiben sollen, anstatt uns zu vergrößern und diesen Fokus zu verwässern."

Fable ist am besten als Lionhead-Spiel mit Peter Molyneux an der Spitze bekannt, aber es war die Idee von Dene und Simon Carter, die bei Bullfrog arbeiteten, bevor sie mit Big Blue Box ihr eigenes Studio in Godalming, Surrey gründeten.

Nachdem sie sich Lionheads Satellitensystem anschlossen, arbeitete Big Blue Box vier Jahre lang weitestgehend unabhängig daran, was später zu Fable wurde. In diesem Zeitraum verliebte sich Microsoft, die damals den Start einer Videospielkonsole namens Xbox planten, in das Spiel.

Besonders Ed Fries, einer der Mitschöpfer der ersten Xbox, verliebte sich in Fable. Microsoft brauchte ein Rollenspiel für die Xbox und Fable passte gut dazu. Molyneux, der für viele Lieblingsspiele von Entwicklern verantwortliche Superstar-Designer, erhöhte das Interesse nur noch mehr. „Ich erinnere mich, dass ich aufgrund seiner Vergangenheit aufgeregt war, Peter noch vor der Xbox zu treffen", sagt Fries. „Er ist ein Programmierer. Ich bin auch ein alter Programmierer."

Shane Kim, der damals die Microsoft Game Studios leitete, war in den frühen Tagen von Fable ebenfalls daran beteiligt. „Ihr glaubt gar nicht, welche Anziehungskraft die Zusammenarbeit mit Peter auslöst", sagt er. „Er hatte so viel zu bieten, solch eine große Anhängerschaft. Das verlieh der Plattform sofort eine gewisse Glaubwürdigkeit. Wir waren ziemlich begeistert von Fables Konzept, dem Design und der Aussicht, dass es zu einem Aushängeschild werden könnte. Ich denke, bis zu einem gewissen Grad war das der Fall."

Bei Big Blue Box herrschte jede Menge Aufregung. „Ein ganzer Trupp kam zu uns, um sich Fable anzusehen", erinnert sich John McCormack, der später Art Director von Fable wurde.

Als sie ins Godalming-Büro kamen, sagten sie, dass das Spiel fantastisch aussieht. Wo ist Peter? Peter arbeitete nicht dort. Sie dachten, es wäre Peters Spiel, aber das war es nicht. Sie wurden dann etwas nervös, weil sie glaubten, es wäre vielleicht kein Spiel von Peters Kaliber. Ich dachte, es wäre Peters Spiel. Wir sagten nein, Peter arbeitet in Guildford an einem anderen Spiel."

Sowohl Ed Fries als auch Shane Kim sagen, dass die von Lionheads Satellitensystem wussten und dass Big Blue Box das Spiel entwickelte. Aber beide glaubten auch, dass sich Fable letzten Endes sehr nach einem Spiel von Peter Molyneux anfühlen würde. Oder, wie Shane Kim es ausdrückt: „Peter hätte überall seine Fingerabdrücke hinterlassen."

Microsoft entschied sich, Fable zu unterstützen und den Vertrieb zu übernehmen. Dadurch wurde das Projekt effektiv mit einem standardmäßigen, Meilenstein-basierten Lizenzdeal finanziert. Die Erwartungshaltung bei Lionhead und Peters Anhängerschaft - sowie bei den Führungskräften von Microsoft - stieg.

Simon Carter erinnert sich an die erste E3-Demo von Fable für die Xbox.

"Wir kamen mit einem schlimmen Jetlag in L.A. an und fuhren zur Messe, um die Demonstration vorzubereiten. Es schien, als würde niemand bei Microsoft wissen, dass wir kommen. Ich und Dene wurden in eine winzige Besenkammer direkt neben einem gewaltigen Bass-Lautsprecher auf dem Microsoft-Stand geführt.

"Den ersten Tag verbrachten wir damit, den Journalisten Fable zu demonstrieren, während wir versuchten, unsere Worte mit der ohrenbetäubenden Basslinie von Halo abzustimmen. Als wir am nächsten Tag zur Messe kamen, erfuhren wir, dass wir für den „Best of Show"-Award nominiert wurden und Microsoft uns in einen viel größeren und leiseren Raum mit feinen Donuts umgesiedelt hatte. Donuts! Das Leben war gut."

Aber kurz bevor Fable bereit zur Veröffentlichung war, passierten einige Dinge, die den Kurs von Big Blue Box' - und Lionheads - Schicksal für immer veränderten.

Lionhead hoffte, das Unternehmen an die Börse bringen zu können. Tatsächlich hatte man eine Menge Geld ausgegeben, um das möglich zu machen (eng damit vertraute Personen beklagen sich heute über eine schlechte Beratung von Finanzexperten). Als Teil dieses Plans wollte Lionhead so viele „Besitztümer" wie möglich haben, also kaufte man Big Blue Box und Intrepid.

Dieser Plan fiel jedoch in sich zusammen, als der Aktienmarkt nach 9/11 zerbröckelte. Lionhead suchte verzweifelt nach Geld, um die Entwicklung von fünf Spielen für verschiedene Publisher zu finanzieren, und sicherte sich Investitionen von Risikokapitalgebern.

In der Zwischenzeit wurde Fable sehr viel ambitionierter, als alle gedacht hatten. Daher traf man die Entscheidung, das Kernteam von Fable bei Big Blue Box mit einem Teil von Lionhead zusammenzulegen, um das Spiel fertigzustellen. Das mysteriöse Project Dimitri, an dem das Kernteam von Black & White arbeitete, wurde ausrangiert. An seine Stelle rückte Fable.

"Kurz bevor wir zusammengeschlossen wurden, erkannte man, dass Fable... einfach enorm werden würde", erklärt Dene Carter.

Es wurde schnell offensichtlich, dass das eng-gestrickte 30-Mann-Team, das Simon, Ian Lovett und ich aufgebaut hatten, ohne beträchtliche Hilfe des Kernteams von Lionhead nicht in der Lage wäre, etwas von diesem Umfang und Ausmaß fertigzustellen."

"Microsoft war sehr geduldig und obwohl Big Blue Box eine wirklich sehr solide Alpha-Version hatte (der Kampf war größtenteils fertig, die Bewohner-KI und die Interaktionen mit ihnen waren vorhanden), brauchte es für das Hinzufügen des RPG-Drumherums doch einen organisatorischen Aufwand, den es bei Bullfrog, Big Blue Box oder Lionhead zuvor so nicht gegeben hat."

"Sobald die 'wir müssen dieses verdammte Ding veröffentlichen'-Uhr zu ticken begann, ging es darum, sich so viele Leute des Lionhead-Kernteams zu schnappen, um es fertigzustellen."

"Ich denke, die Idee, dass wir ein Rollenspiel mit der damaligen Teamgröße fertigstellen sollten, ist im Nachhinein höchst amüsant."

An diesem Punkt bekamen die Carters und alle anderen, die bei Big Blue Box arbeiteten, ein echtes Gefühl für die Lionhead-Kultur. Und bei einigen führte das zu Konflikten.

"Der Zusammenschluss von Big Blue Box und Lionhead war schwierig", sagt Dene Carter.

"In Lionheads Zentrale gab es einige Leute, die wirklich nicht an einem 'Spiel von jemand anderem' arbeiten wollten. Sie wollten etwas machen, das mehr dem Geist von Lionhead entsprach - Black & White 3, The Movies 2 oder etwas, das mehr avantgardistisch war."

"Andererseits gab es viele andere, die uns mit offenen Armen begrüßten und die Idee liebten, an einem neuen Rollenspiel zu arbeiten, unabhängig davon, wessen Welt es nun war. Diese Jungs haben uns sprichwörtlich den Arsch gerettet und die meisten blieben bis zur jüngsten Ankündigung beim Franchise."


Während die Entwicklung von Fable sich bis ins neue Jahrtausend zog, näherten sich seine Macher der Erschöpfung. „Wir dachten uns, um Himmels willen, kann dieses Spiel endlich mal enden?", sagt der aus Glasgow stammende John McCormack, der zusammen mit anderen von Big Blue Box zu Lionhead wechselte.

Lionheads Kultur war Fluch und Segen zugleich. Die Freiheit zum Experimentieren bedeutete im Zusammenspiel mit dem Mangel an Struktur oder gar irgendwelchen Design-Dokumenten, dass Fable zwar mit interessanten Features vollgestopft war, aber es fehlte der Zusammenhang. Es war eine interessante Sandbox, aber ein Rollenspiel ohne Story. Es war eine gewaltige Welt voll mit hunderten von fantastischen Kreaturen und Charakteren, aber nichts davon hielt es zusammen.

"Wenn man Peters Spiele kennt, dann weiß man, dass sie keine Story haben", so McCormack. „Sie sind Simulationen. Sie sind Gottspiele. Sie sind Sandboxen. Also wusste niemand, der an der Entwicklung von Fable beteiligt war, wie man das macht. Und darum zog sich die Entwicklung hin. Sie versuchten all diese Teile zusammenzufügen, aber sie wussten nicht, wie sie das anstellen sollen. Und das ging lange Zeit so weiter."

Die scheinbar nicht enden wollende Entwicklung frustrierte einige. Als Fable erstmals angepriesen wurde, sah es spektakulär aus. Aber je länger die Entwicklung dauerte, desto mehr zeigte sich das Alter der Grafik, während andere Spiele aufholten.

"Der künstlerische Part war zum Start der Xbox bereit", beklagt McCormack. „Die Engine war fertig. Es sah großartig aus. Wir waren das bestaussehendste Spiel da draußen."

"Und dann mussten wir drei Jahre warten, bis Gameplay und Story aufschlossen. Und das war für alle frustrierend, denn man sieht, wie andere Spiele erscheinen und ebenfalls aufschließen."

"Als es erschien, waren alle anderen schon vorbeigezogen."

Die meisten Leute, die für diesen Artikel interviewt wurden, schreiben die Rettung des Projekts Microsoft zu. Das Unternehmen hat sich beim Design des Spiels nicht eingemischt, bot stattdessen Unterstützung, Ressourcen und Produktionshilfe an.

"Wir erhielten angemessene Ressourcen", erinnert sich McCormack. „Aus einem Team von rund 15 Leuten in Godalming wurde ein Team aus rund 90. Lionhead sagte einfach, das hier ist das Spiel, und Microsoft sagte, hier ist das Geld. So einfach lief das."

Microsofts Support half dabei, Fable zu retten - selbst wenn wie Marketingabteilung vielleicht nicht ganz den einzigartigen Ansatz des Spiels verstand.

Nachdem Big Blue Box zu Lionhead umzog, schickte Microsoft ein Spitzenteam aus Technikern und ein paar Produzenten rüber, um bei der Entwicklung zu helfen. Die Techniker konzentrierten sich darauf, dass Fable gut auf der Xbox läuft. Lionhead hatte das Spiel auf leistungsstarken PCs entwickelt, aber hatte Probleme damit, es auf der Konsole mit einer vernünftigen Framerate zum Laufen zu kriegen.

Diese technische Eingreiftruppe arbeitete Tag und Nacht, erinnert sich McCormack. „Es war zum Teil unsere Schuld, aber die Xbox-Hardware war auch kompliziert. Und die Spezifikationen veränderten sich, weil wir Early Adopter waren."

Microsoft empfahl Lionhead, Produzenten einzustellen, die das Chaos organisieren sollten. Louise Murray, geborene Copley, hat nach Angaben von nicht wenigen eine zentrale Rolle beim Launch von Fable eingenommen. Viele sagen, dass Fable ohne ihre Hilfe als Produzentin grausam zu Tode gekommen wäre.

Murray war gut für Fable, weil sie die einzige Person zu sei schien, auf die Lionhead Peter Molyneux hörte.

"Als Louise zu uns kam, war sie etwas starrsinnig", erinnert sich McCormack. „Und wie es für die damalige Spieleindustrie typisch war, wusste niemand sich richtig, wie man mit einer Frau redet. Peter hatte keine Ahnung, wie er mit ihr reden sollte. Er machte unangemessene Witze, als ob der Raum voller Männer wäre, und dann realisierte er, dass eine Frau dabei war."

"Sie konnte sehr gut mit mir umgehen", gibt Molyneux zu. „Ich sagte ständig, dass wir noch ein weiteres Feature hinzufügen und mehr Zeit mit dem Balancing eines anderen verbringen müssen. Sie war fantastisch darin, mich zu fragen, ob was wirklich wichtig wäre. Sie machte das, was ich - und alle anderen - taten, besser. Ohne sie wäre Fable nicht Fable."

Die Leute, die an Fable gearbeitet haben, beschreiben das letzte Jahr der Entwicklung als brutale Crunch-Zeit. Die Entwickler arbeiteten lange daran, alles zusammenzufügen. Bugs waren ein ständiges Problem und hier kam Andy Robson, Lionheads Kopf der Testabteilung, zum Zuge.

Robson hatte eine sehr sachliche Einstellung, daher war er für den Job der Beseitigung von Bugs besonders geeignet. Bevor er zu Bullfrog kam und später Molyneux zu Lionhead folgte, arbeitete er auf der Baustelle. Sein Spitzname im Büro war „Gestapo Robbo".

"Ich sagte einfach, wie es war", erzählt er. „Ich ging zu den Leuten und fragte sie, warum verdammt nochmal sie diesen beschissenen Code eingereicht haben? Gebt niemals solchen Mist ab, bis ihr nicht mit mir geredet habt und ich es testen konnte - oder einer meiner Tester. Prüf diesen verdammten Scheiß jetzt. Wir testen es und ich sagte dir, wenn du es verdammt nochmal abgeben kannst. Ich war ziemlich barsch. Und es spielte keine Rolle, ob das nun ein Programmierer war oder Peter. So war ich einfach. Ich habe mit Peter nicht herumgealbert. Eine Menge Leute haben bei ihm um den heißen Brei herumgeredet. Und ich sagte einfach, Peter, das ist scheiße. Komm schon. So läuft das bei uns nicht. Ich würde nicht herumalbern. Niemals. Nicht mal mit Peter."

Robson würde mit Seiten voller Bugberichte in Molyneux' Büro gehen und Peter würde sie einfach in die Luft werfen.

"Ich sagte dann, das ist okay. Ich drucke sie einfach nochmal aus. Wir müssen sie beheben, sie werden nicht einfach verschwinden, Peter."

Unterdessen wurde die Jungs-Club-Kultur bei Lionhead fortgeführt, ein Weg, durch den Mitarbeiter Stress abbauen konnten.

Wie die meisten Unternehmen hatte Lionhead eine E-Mail für alle Mitarbeiter. Schickt man eine E-Mail an diese, wird sie an alle Mitarbeiter weitergeleitet. Das ist nützlich für die interne Kommunikation. Aber in den falschen, unaufmerksamen Händen ist man einen Knopfdruck von der Selbstzerstörung entfernt.

Entwickler erinnern sich an eine Zeit, als ein Tester versehentlich einen Pornolink an alle Mitarbeiter schickte.

"Das war das Witzigste, was ich jemals in meiner Zeit bei Lionhead erlebt habe", sagt Charlton Edwards, der 14 Jahre bei Lionhead beschäftigt war.

"Ich fragte ihn, ob er das wirklich an alle Mitarbeiter senden wollte? Er wurde kreidebleich. In seiner panischen Reaktion sagte er 'um Himmels willen, ich war es' statt 'um Himmels willen, ich war es nicht'."

Molyneux, der selbst eine Schwäche seltsame Scherze hatte, fand das Ganze witzig. Aber er tat, was er tun musste, und erteilte dem Tester eine formlose Abmahnung.

"Er konnte diese E-Mail verdammt schnell zurückrufen", erinnert sich Edwards. „Die IT-Leute schafften es, sie von den Computern der Leute zu entfernen."

Um Steve Jacksons 50. Geburtstag zu feiern, sagte ihm ein Witzbold, dass eine Frau ins Studio kommen würde, um ihn zu interviewen. Tatsächlich war sie eine Stripperin.

"Sie fing an sich auszuziehen und zu singen", sagt Andy Robson. „Sie war ein alter Fuchs mit massiven Brüsten, die raushingen. Wir waren alle auf der anderen Seite des Gebäudes und spähten wie kleine Kinder durchs Fenster, wo man sie gerade so sehen konnte. Oh mein Gott, das war so saukomisch. Es war lustig. Er fragte uns, warum habt ihr eine Kamera und so hier drin? Wir sagten, dass es für Motion-Capture-Aufnahmen für etwas von Black & White war. Steve war damals in Bezug auf Spiele ein wenig naiv. Offensichtlich war das Schreiben etwas anderes, aber ja, er war ziemlich naiv."

Lionheads Weihnachtsfeiern sind der Stoff britischer Legenden der Spieleentwicklung. Mitarbeiter erinnern sich, wie sie um 19 Uhr bei einem Zelt auf einer Wiese auftauchten und sahen, wie einige ihrer Kollegen ohnmächtig auf dem Boden lagen. Einer der Artists soll sein Spiegelbild in einem Spiegel gesehen und geschrien haben, „wen glotzt du so an?!", bevor er sich selbst ins Gesicht schlug.

"Einige der Leute, mit denen ich gearbeitet habe, sind absolute Genies", erinnert sich Charlton Edwards, der selbst nicht trinkt. „Man sieht diese Leute jeden Tag und denkt sich, oh mein Gott, der Verstand dieses Typen, er ist einfach fantastisch. Und dann geht man mit ihnen in ein Zelt und ein paar Bier später tanzen sie alle den Conga. Das war verrückt."

"Das Grafik-Team war einfach das Beste", sagt John McCormack. „Wir sind alle zum Fenster gegangen und haben runter auf den Parktplatz geschaut, wo einer der Grafiker gerade sein Auto öffnete, woraufhin haufenweise Styroporkügelchen raus fielen. Wir dachten uns alle, yeah!"

Jeden Freitag gab es bei Lionhead Präsentationen, bei denen die Mitarbeiter zeigen konnten, woran sie gearbeitet hatten. Und was die hellsten und klügsten Köpfe dort alles zeigten. Schicke Videospiel-Grafik-Technologien, neue Prototypen, alles Mögliche. Jede Freitagspräsentation war wie eine geheime Mini-GDC.

Dort konnte man glänzen, sich einen Namen machen. Aber indem man das tat, hängte man sich buchstäblich auch eine Zielscheibe auf den Rücken.

"Während der gesamten Präsentation fühlte es sich wie Kerplunk an", sagt McCormack und lacht. „Wir alle steckten Post-it-Zettelchen auf ihren Rücken, bis sie vollständig damit bedeckt waren. Dann gingen sie nach vorn, um ihre Präsentation vorzuführen. Und dann lachten wir uns alle tot. Es waren einfach alberne Sachen."

2003 drückte sich die Lionhead-Kultur darin aus, was man als Lionhead auf seinem Höhepunkt bezeichnen könnte: Sprünge über einen Kanal.

In der Nähe des Britannia Pub befindet sich ein Kanal, der zum Fluss Wey führt. Der Kanal ist breit genug für Boote und nicht dafür gedacht, dass Leute über ihn springen. Und dennoch probierten ein paar Leute von Lionhead im Jahr 2003 genau das. Einer von ihnen landete anschließend im Krankenhaus, nachdem er mit dem Gesicht auf der anderen Seite aufgeschlagen war. „Das war in der Zeit, bevor wir von Microsoft übernommen wurden", sagt Peter. „Die Personalabteilung von Microsoft hätte darauf keine Lust gehabt."

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Fable erschien 2004 für die erste Xbox und war ein weiterer Hit. Aber sein Erfolg überraschte Lionhead.

"Von Fables Erfolg bekam das Lionhead-Team fast nichts mit", verrät Dene Carter.

"Es gab in Großbritannien fast keine Werbung. Wir hörten gelegentlich Verkaufszahlen, hatten aber intern nie das Gefühl, dass das Spiel kommerziell etwas wirklich Seltenes, Bemerkenswertes oder Würdiges geschafft hätte, dass man hätte feiern können."

"Wir hörten hier und da etwas von Microsoft: 'Es hat das beste Nutzer-Feedback, das wir jemals erhalten haben' und 'Ihr seid das zweitwichtigste Franchise auf der Xbox - direkt nach Halo'. Aber viele von uns zuckten einfach mit den Schultern und sagten: 'Ich denke, wir müssen dann wohl mit dem DLC und Fable 2 anfangen.'"

Es war zwar nicht Halo, aber Fable hatte auf Microsofts Konsole Fuß gefasst - und fand eine fanatische Fangemeinde. Ein erschöpftes Entwicklerteam feierte, aber Erleichterung war die überwiegende Emotion. Microsoft unterzeichnete schleunigst einen Vertrag, um Fable 2 auf der Xbox 360 zu veröffentlichen, und die Arbeit daran begann.

An anderer Stelle bei Lionhead brauten sich jedoch Schwierigkeiten zusammen.


Fables Erfolg hatte jedoch seinen Preis: Die Einstellung von B.C.. Neben Big Blue Box' Fable hatte sich Microsoft auch die Vertriebsrechte für Intrepids Spiel gesichert, aber man entschied sich dafür, sich mehr auf Fable zu konzentrieren, während Lionhead Schwierigkeiten damit hatte, sich auf mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren. Die Schließung von Intrepid wurde von erheblichen Jobverlusten begleitet.

Lionhead wollte zu viele Dinge gleichzeitig tun und die Angestelltenzahl geriet außer Kontrolle. 2005 arbeiteten nahezu 300 Leute dort. Zu den Projekten gehörten eine Fable-Erweiterung, Fable 2, Black & White 2, The Movies und andere unangekündigte, experimentelle Projekte, die niemals erschienen. Zum Beispiel Unity, das aus einer Partnerschaft von Lionhead und Tempest-2000-Schöpfer Jeff Minter entstand.

Molyneux und der Rest des Managements von Lionhead gingen nach dem Gießkannenprinzip vor und verloren die Kontrolle über die Produktion. Es half nicht, dass die Vorbereitungen für den fehlgeschlagenen Börsengang viel von ihrer Zeit beanspruchten. „Anstatt ein Programmierer zu sein und Sachen zu entwickeln, wird man zu einem dieser Mittelsmann-Vorstände, der dabei hilft, verschiedene Projekte zu leiten, aber tatsächlich alles vermasselt", sagt Mark Webley, der zu Lionheads Management gehörte.

"Wir stellten Fable am Freitag fertig. Und buchstäblich am Montag musste ich zum Team von Black & White gehen und ihnen bei der Fertigstellung helfen, während ein paar andere Leute dabei halfen, The Movies zu vollenden", sagt Molyneux. „Drei Spiele zu entwickeln und sie alle nahezu zeitgleich zu veröffentlichen, war nah am Wahnsinn dran. Zu diesem Zeitpunkt war ich ziemlich ausgebrannt."

Molyneux war an The Movies nicht allzu sehr beteiligt, der Großteil seiner Aufmerksamkeit galt Entwicklern zufolge Black & White 2 und Fable. „Wir sagten immer, dass sie das Auge Saurons von uns fernhielten", erklärt Jon Askew, der an The Movies arbeitete. „Das Team glaubte, dass es besser war, wenn andere Dinge ihn ablenkten."

Ein 60-Mann-Team arbeitete an The Movies und einige Leute hatten irgendwann nichts mehr zu tun", sagt Stuart Whyte, der damals am Spiel arbeitete, bevor er das Studio in seinen späteren Jahren verwaltete.

"Sie wussten nicht, was sie als nächstes tun sollen. Wir dachten uns das buchstäblich nach und nach aus. Ich verglich es damals in etwa mit Wallace und Gromit, als sie im Zug unterwegs waren und die Schienen direkt vor dem fahrenden Zug verlegten. Die Produktion versuchte verzweifelt, dem Team etwas zum Arbeiten zu geben. Ein Team, das nur herumsitzt und nichts tut, ist nicht wirklich gut, wenn man ein Spiel veröffentlichen will. Es war ein verrückter Ort."

Die Entwicklung von Black & White 2, die im neuen Frederick-Sanger-Road-Büro unter dem neu formierten Tochterunternehmen Black & White Studios fortgeführt wurde, verlief chaotisch, als das Team auf 100 Leute heranwuchs.

"Black & White 2 war ein einziges Durcheinander", sagt eine Person, die an dem Spiel arbeitete. „Wir hatten einen Entwicklungsmanager, der von British Rail kam und drei Wochen durchhielt. Der Typ hat sich absolut in die Hosen gemacht, als er sich uns anschloss. Der Tempowechsel war einfach zu viel im Vergleich dazu, was er gewohnt war. Man kann aus dem Bauchgefühl heraus arbeiten und damals war das wirklich der Fall."

"Jeder dachte sich nach und nach Dinge aus", sagt Adam Langridge, der als Programmierer an Black & White 2 arbeitete. Das klingt negativ, aber Adam erinnert sich gern an Lionheads entspannten Einstellung bei der Spieleentwicklung zurück.

"Wenn man in einem bestimmten Bereich arbeiten wollte, musste man einfach fragen oder es ihnen zeigen. Kreativ gesehen war alles leicht zu haben - und das war brillant."

"Jeder andere dort schien ein echter Rockstar zu sein. Jeder hatte so viel Ahnung von dem, was er tat. Sie waren so erfahren und talentiert. Ich machte inoffizielle Touren und sprach einfach nur mit Leuten, um zu sehen, was sie machen. Jeder machte etwas Brillantes."

Das 2005 veröffentlichte The Movies war ein paar Jahre zu früh dran, um sein wahres Potential zu entfalten.

"Jeder war so offen und ermutigend. Es herrschte ein super Teamgeist, jeder versuchte so fantastisch wie möglich zu sein, um seine Kollegen zu beeindrucken."

The Movies erschien Ende 2005 und erfüllte nicht die Verkaufserwartungen von Publisher Activision. Im gleichen Jahr erschien Black & White 2 und erfüllte nicht die Verkaufserwartungen von Publisher EA. Besonders das Abschneiden von The Movies war frustrierend. Viele seiner Spieler mochten den Titel gern, aber es erschien zur falschen Zeit - ein Jahr vor YouTube. Lionhead hatte viel Zeit und Mühe darin investiert, eine Webseite zu erstellen, auf der Spieler ihre eigenen Filme hochladen können, aber es setzte sich nie durch. Ursprünglich hoffte man, dass sich The Movies ähnlich oft verkaufen würde wie Die Sims. Vielleicht hätte es das geschafft, wenn YouTube damals schon existiert hätte. Es half nicht, dass die versprochenen Marketingaktionen, die den Verkauf von The Movies in Blockbuster-Läden und die Vermarktung auf Popcorntüten umfassten, nie realisiert wurden.

Tatsächlich hätten beide Spiele mehr Fokus während der Entwicklung gebrauchen können - oder anders gesagt: Sie hätten mehr Zeit vertragen können. Molyneux hebt seine Hand. „Für jedes Studio ist es wirklich herausfordernd, sich auf mehr als eine Sache zu konzentrieren. Wir hätten nur ein Spiel machen sollen anstatt mehrere gleichzeitig", sagt er.

Das Ende vom Lied war, dass sich Lionhead in einer heiklen finanziellen Situation befand. Man hatte eine astronomische Cash-Burn-Rate. Mehr als eine Million Dollar pro Monat gab man aus, nur um die enormen Gehälter zu zahlen. Das Geld ging zur Neige und Peter hatte genug von geschäftlichen Angelegenheiten. Er wollte sich wieder mehr mit der Spieleentwicklung befassen.

Die Lionhead-Bosse befassten sich schon lange vor der Übernahme durch Microsoft im Jahr 2006 mit einem solchen Szenario. Molyneux hatte schon während der Entwicklung von Fable mit Ed Fries darüber gesprochen (Ed Fries sagt, dass er dagegen war, weil er befürchtete, dass die kreativen Leute nach einer Übernahme abwandern würden). Es wurde aber offensichtlich, dass Lionhead zu groß war und die Lohnkosten zu hoch waren, um für einen potentiellen Investor attraktiv zu sein. Also entließ Lionhead rund 90 Leute, zum Teil auch, um sich eine Übernahme zu sichern.

In der Zwischenzeit kündigten wichtige Entwickler von Black & White, um ein neues Studio zu gründen. Mark Healey (der in seiner Freizeit an Rag Doll Kung-Fu arbeitete, dem ersten Nicht-Valve-Spiel, das auf Steam verkauft wurde), Alex Evans, David Smith und Kareem Ettouney gründeten Media Molecule und entwickelten später LittleBigPlanet für Sony.

Ihr Weggang fühlte sich wie das Ende eine Ära an, aber für manche kam es nicht überraschend. „Sie hatten einen Raum im hinteren Bereich, wo sie an keinem der wichtigen Spiele arbeiteten", sagt Andy Robson.

"Sie wussten nicht, was sie mit ihnen anfangen sollten. Es war verrückt. Man kann verstehen, warum sie dann gingen, um Media Molecule zu gründen. Es war eine Verschwendung. Sie arbeiteten an der Forschung und Entwicklung, an neuen Ideen, aber man ließ sie ein Jahr lang in diesem Raum."

Die meisten wussten, dass Lionhead in Schwierigkeiten steckt. Und den meisten war auch bewusst, dass sich The Movies und Black & White 2 nicht gut genug verkauft hatten, um die Anzugträger weiter zum Lächeln zu bringen. Die Kapitalanleger wurden nervös und diese Nervosität erstreckte sich bis ins Studio.

"Jeder tratscht und redet", sagt Charlton Edwards. „Ich erinnere mich an meine Furcht davor, dass wir in Schwierigkeiten steckten. Es gab dieses Gefühl des bevorstehenden Untergangs.


Es lagen zwei Angebote auf dem Tisch: Eins von Ubisoft und eins von Microsoft. Molyneux hatte sich wegen eines etwaigen Deals mehrmals mit Ubisoft-Chef Yves Guillemot in Paris getroffen. Diese Gespräche liefen gut, wie damit vertraute Personen angeben.

Zu sagen, dass Microsoft dazwischengefunkt und Lionhead Ubisoft vor der Nase weggeschnappt hat, wäre eine Übertreibung, aber Übernahmen dieser Art sind selten so dramatisch. Aber es stimmt, dass sich Microsoft Fable, das auf der ersten Xbox gut lief, als exklusive Rollenspiel-Reihe für die Xbox 360 sichern wollte. Und man war sich bewusst, dass es auf der konkurrierenden PlayStation 3 landen würde, wenn Ubisoft es bekommen hätte.

"Wenn wir uns für Ubisoft entschieden hätten, wäre Fable irgendwann auf der PlayStation und anderen Plattformen gelandet", sagt Mark Webley.

"Es ging wirklich um den Krieg zwischen Microsoft und Sony", verrät Shane Kim, einer der Architekten des Deals auf Microsofts Seite. „Wir haben sehr hart gekämpft."

"Fable 2 war ein wirklich wichtiger Exklusivtitel in unserem Portfolio und wir wollten alles Mögliche tun, um eine erfolgreiche Veröffentlichung zu garantieren. Viele Leute warteten darauf und das würde sie hoffentlich dazu bewegen, sich eine Xbox 360 zu kaufen, weil sie erwarten, dass es großartig sein würde."

Dem Management von Lionhead ging es bei der Übernahme mehr darum, die Zukunft des Unternehmens sowie die Arbeitsplätze zu sichern und, ja, eine Menge Geld zu verdienen. Sie verbrachten Monate damit, den Verkauf vorzubereiten, erstellten ein schickes Prospekt und trafen sich mit einflussreichen Vorständen rund um die Welt. Und all das, während die Produktion mehrerer Spiele und die Organisation hunderter Mitarbeiter nach Aufmerksamkeit verlangten.

"Für mich war das eine sehr verwirrende Zeit, weil so viele verschiedene Dinge passierten"; sagt Molyneux. „Es ist definitiv nicht so, wie es in Hollywood dargestellt wird. Die Leute kommen nicht einfach zu einem und sagen, dass man etwas unterzeichnen soll. Man muss diesen ganzen Due-Diligence-Prozess durchlaufen und sich mit den Vorständen treffen. Oh Gott, es ist ein echter Albtraum."

Molyneux flog nach Redmond, um sich mit Shane Kim, Peter Moore sowie Phil Spencer zu treffen und über die Übernahme zu sprechen.

"Man trifft sich mit ihnen und ist begeistert", sagt er. „Sie scheinen begeistert zu sein. Man kehrt zurück, hört ein paar Tage lang nichts. Man hört eine Woche lang nichts. Und dann sagen sie ja."

"Bei Microsoft läuft alles sehr prozessorientiert ab. Sie treffen keine überstürzten Entscheidungen. Man trifft eine Gruppe von Leuten und sie sind begeistert. Dann trifft man sich mit dem nächsten in dieser Kette. Und dem nächsten. Letzten Endes landet es dann beim Senior Vice President of Entertainment, was Robbie Bach war."

Sam Van Tilburgh, Lionheads Head of Community, saß auf Molyneux' rotem Chesterfield-Sofa in seinem Haus in der Wilderness Road in Guildford, gerade mal fünf Minuten vom Büro entfernt, als Robbie Bach im März 2006 mit dem finalen Angebot anrief. Peter hatte sich einen Drink gemixt - einen Wodka mit Purdeys -, sein damaliges Lieblingsgetränk. Es war ein kurzes Gespräch, erinnert sich Sam.

Microsoft kaufte Lionhead im April 2006.

"Er sagte, 'das war Robbie'. Und ich fragte, 'wer ist Robbie?' 'Robbie Bach. Er hat das Angebot bestätigt. Wir wurden von Microsoft übernommen.'"

2002 zahlte Microsoft 375 Millionen Dollar für Rare. Mit dem Lionhead-Deal vertraute Quellen sagen, dass Microsoft sich das Studio „zum Spottpreis" gesichert hat. Einer Quelle zufolge kostete es weniger als 20 Millionen Dollar. „Es waren Zig-Millionen Pfund", ist das Einzige, was Peter Molyneux dazu sagt.

Einige waren nicht glücklich mit dem Deal, der auf einem Earn out basierte. Das bedeutet, dass nur ein Teil des Geldes direkt gezahlt wurde, der Rest war daran gebunden, dass Lionhead bestimmte Ziele erreicht. Eines davon war der Release von Fable 2. Eine Quelle erzählte Eurogamer, dass der 2010er Release von Fable 3 ebenfalls als Teil des Deals festgeschrieben war. Dass man sich bemühte, das Spiel rechtzeitig zu veröffentlichen, lag zum Teil daran, dass man sicherstellen wollte, das mit dem Earn out verknüpfte Geld in etwa fünf Jahre später zu erhalten.

Auch die Risikokapitalgeber, die zuvor in Lionhead investiert hatten, wollten ihren Anteil daran haben. Sie nahmen sich ein Stück es Kuchens, wie Molyneux sagt. „Es gab all diese kleinen Streifenhörnchen, die an dem herrlich großen Kuchen knabberten."

"Wir waren damit zufrieden," so Mark Webley. "Ich bin mir sicher, dass Microsoft das auch war. Für Microsoft ist eigentlich alles ein preiswerter Deal. Sie haben eine Menge Geld, aber ich denke nicht, dass sie einfach ein Studio kaufen, weil es billig ist. Wir hatten auch eine Menge Leute, die bezahlt werden mussten."

Andy Robson war einer der Shareholder von Lionhead und er war nicht zufrieden mit dem Geschäft. Er hatte den Eindruck, dass die Firma, für die er so hart gearbeitet hatte, ihm das Geld, das sie ihm schuldet, vorenthalten wollte.

"Wir haben eine Menge Scheiße erlebt," sagt er. "Es ging nicht um das Geld. Es ging um Stolz und Prinzip. Sie haben uns ganz schön Feuer gegeben, aber wir sind standhaft geblieben. Sie drückten uns ständig irgendwelche Papiere zum Unterschreiben in die Hand und machten Druck, ohne die Mehrheit der Anteilseigner konnten sie nämlich keinen Deal abschließen. Am Ende sagte ich nur noch, was solls, ich unterschreibe eure Papiere, wenn ihr mir zusichert, dass ich die Auszahlungen für meine Anteile bekomme."

"Ich erinnere mich an Treffen mit Molly und Webley und sie würden fragen, hey, Robbo, wie geht es? Ich antworte dann, was zur Hölle denkt ihr denn, wie es mir geht? Euch geht es verdammt super. Ihr seid fein raus. Was ist mit uns, den Leuten, die all die Spiele für euch gemacht haben? Es gab richtig Stimmung im Office zwischen der Leitung und den Leuten, die vom Start weg dabei waren. Es war einfach komplett scheiße."

"Sie haben uns für nichts verkauft. Sie haben es verkauft, um es zu retten. Sie haben einfach das Geld verbrannt."

"Ich habe verpasst, wie meine Kinder aufwuchsen, weil ich immer in diesem Büro war, die ganze Zeit. Nicht für das Geld, sondern für die Leidenschaft, tolle Spiele zu machen. Das haben sie alles vergessen."

"Wenn sich jemand wünscht, dass er mehr Geld gemacht hätte, nun, ich hätte gerne mehr Geld damit gemacht," kontert Mark Webley.

"Ich bin mir sicher, dass jeder gern mehr Geld herausbekommen hätte. Wenn Du es zu den Investoren bringst, dann nehmen die sich auch einen Teil der Firma. Und das schwächt dann jeden, Peter und auch mich selbst. Alle die ursprünglichen Gründer standen am Ende geschwächt da."

Microsoft schien aber glücklich. "Es war ein guter Deal für Microsoft", so Molyneux. "Sie hatten ihr Geld nach 18 Monaten zurück, weil Fable 2 erschien und es richtig erfolgreich war."

Die Belegschaft von Lionhead wurde bei einem Meeting im Guildford Holiday Inn im April 2006 über die Übernahme informiert. Vertreter von Microsoft erklärten, warum es für sie so großartig war, dass die Lionhead nun in ihrem Portfolio hatten und das Fable-Franchise exklusiv für ihre Konsole sein wird. Sie gaben jedem, der dort war, eine Xbox 360, was gut ankam.

Die meisten Leute, die für diesen Artikel interviewt wurden, sagten, dass sie glücklich waren, dass Microsoft die Firma kaufte. Für einige fühlte es sich wie eine Garantie an, dass sie ihre Jobs behalten. Andere, angetrieben vom positiven Einfluss, den Microsoft auf Fable hatte, freuten sich auf mehr Investitionen, mehr Ressourcen und mehr Organisation.

"Microsoft sagte, das Spiel kommt raus, macht euch keine Sorgen", so John McCormack. "Wir kümmern uns um das Marketing. Wir stehen voll hinter Lionhead."


Die meisten ehemaligen Lionhead-Mitarbeiter erinnern sich an "Kühlschrank-Magnet-Gate". Drei unterschiedlichen Quellen zufolge lief es dermaßen ab:

Ein Artist benutzte die Magnetbuchstaben am Kühlschrank, um im Spaß eine homophobe Beleidigung für einen engen Freund zurechtzulegen. Ein anderer Artist dachte, dass es an ihn gerichtet wäre und reichte eine offizielle Beschwerde ein. Die Lionhead-Personalverwaltung, so wie sie drauf waren, ging in die Vollen. Kühlschrankmagneten waren ab sofort verboten.

"Der Typ, der das gemacht hat, hatte Panik," erinnert sich John McCormack. "Er dachte, scheiße, ich verliere meinen Job! Und wir sagten, ja, das könnte passieren. Wir haben diesen Mist seit Jahren gemacht. Das ist der Ort, wo du jemanden verarschst, alle lachen und keiner nimmt es ernst. Ich sage nicht, dass die Aktion mit den Magneten richtig war, es war einfach nur nichts Schlimmeres als der Kram davor. Die Personalverwaltung jedoch machte da nicht mehr mit."

Kühlschrank-Magnet-Gate war eine Zeitenwende. Die Lionhead-Kultur änderte sich, als die Microsoft-Kultur langsam in Occam Drive ankam. Der Jungs-Club war Geschichte. Die Punks wurden erwachsen, hatten Kinder und die Pizzaboxen und Cola-Dosen wurden gegen heiße Tees und warmes Essen aus der Kantine getauscht. Es gab Producer, Prozessleiter und das Potential, die Karriereleiter aufzusteigen. Es gab sogar eine Art Work/Life-Balance. Es war die Zeit der Personalverwaltung, Personalgespräche und Online-Video-Trainingseinheiten.

Jedes Jahr sorgte Microsoft dafür, dass die Lionhead-Belegschaft das Standards of Business Conduct Training absolvieren würde, ein Video-Fragebogen mit grausigen Schauspielern, die grausige Zeilen vortragen. Sollte dieser Angestellte Tickets zu einem Sportevent annehmen? Nein. Sollte dieser Angestellte jemanden bestechen? Nein. Sollte dieser Mitarbeiter im Gespräch laut werden? Nein. Und so weiter.

Die Videos wurden jedes Jahr durch ein neues Video ergänzt, ein klarerer Indikator, dass bei einem anderen Microsoft-Studio was schiefgelaufen war. Zum Beispiel im Bus über ein Firmengeheimnis sprechen. Hätte der Mitarbeiter über das Geheimnis in einem Bus sprechen sollen?

Nein.

"Es dauert etwa zwei Stunden", so John McCormack. "Und jeder dachte nur, oh Mist, muss ich den Scheiß schon wieder machen? Ich habe das doch gerade erst gemacht. Nein, das war vor einem Jahr. Was, so lange her schon?"

Dann waren da die "Commitments". Die Belegschaft wurde aufgefordert, fünf messbare Ziele für die nächsten sechs Monate aufzuschreiben, die dann von einem der Manager angenommen wurden. Einer erzählte, dass man ihm auftrug zu schreiben, dass Fable 2 einen Metascore von 85 kriegen müsse, damit es einen Bonus gibt. "Und du denkst nur", sagte derjenige, "ich habe keine Kontrolle darüber. Wer hat schon Kontrolle über Metacritic?"

"Microsoft hat all dieses Geld für uns ausgegeben," sagt Molyneux. "Sie haben uns wirklich respektiert. Und sie wollten wirklich, dass wir die Dinge, die wir gut machten, auch weiterhin taten, aber sie wollten auch das Leben generell verbessern. Sie waren wie übervorsichtige Eltern. Sie dachten, es würde alles besser machen, wenn wir diese Personalpraktiken verinnerlichen."

Und auch wenn es diesen Wechsel in der Kultur gab, stimmen die meisten zu, dass Lionhead von der Übernahme profitierte. Microsoft pumpte viel Geld in das Studio, übernahm die Miete für One Occam Drive, so dass neue Etagen zur Expansion bereitstanden. Sie zahlten für die Kantine und die Renovierung der Büros - auch wenn es nicht jedem passte, dass die Wände alle in Corporate-Weiß getüncht wurden und die Säulen allein Xbox-Grün erstrahlten.

Zu den Extras gehörte plötzlich auch eine Tischtennisplatte..

"Wir hatten eine Frau, die mit Baguettes rumging," so der frühere Franchise-Director Ted Timmins."

"Wenn Du weiter hinten im Büros saßt, dann war, bis sie bei Dir ankam, nur noch Käse übrig. Eben hattest Du noch eine Dame für Käsebaguettes und plötzlich ist da eine Kantine. Wir hatten Cola-Maschinen, Kaffee-Automaten, einen Erholungsbereich, eine Tischtennisplatte, einen Kicker-Tisch, einen Trophäenschrank, eine Empfangsdame, drei Etagen und mehrere Meetingräume, die mit Beanbag-Sesseln, HDTVs und 5.1-System ausgestattet waren."

"Plötzlich, heilige Scheiße, du bist ein echter Entwickler. Wir sind wer. Wir sind erfolgreich und wir ernten die Früchte des Erfolgs. Wir hatten plötzlich Zugang zu den Microsoft-Werkzeugen und endlich hatte mal hatte jeder PC auch eine legale Windows-Version laufen. Wir waren ein professionelles Dev-Studio."

Das war alles Teil des Erwachsenwerdens. Lionhead hatte die todernste Welt der Konzern-Spiele-Entwicklung betreten, arbeitete unter einem Overlord, der ihre Unabhängigkeit respektierte, aber Erfolge sehen wollte. Kanal-Springen gab es nicht mehr. Der Tesafilm musste von den Feuermeldern runter. Die Späße wurden abgeschwächt. "Lioncrap" der Mail-Verteiler, den die Leute nutzten, um allen möglichen Off-Topic-Krams herumzuschicken, ging in den Untergrund.

"Wir leben heute in einer viel mehr politisch korrekten Welt", so Timmins. "Egal ob es die Übernahme gegeben hätte oder nicht, eine Menge der Veränderungen wären auch so gekommen. Wir waren uns der Meinungen und Gefühle der anderen mehr bewusst. Eine Menge davon wäre allein schon wegen Social Media passiert."


Bei der Entwicklung von Fable 2 beauftragte Molyneux das Team, die progressiven Elemente aus dem ersten Fable weiter zu steigern. Das kam von einigen negativen Reaktionen auf Dinge, die man in dem Spiel tun konnte.

Lionhead erhielt Todesdrohungen, weil es einen schwulen Charakter gab und zwei der wichtigen Helden schwarz waren. Eine Nachricht lautete: "Ich kann nicht glauben, dass ihr eine Schwuchtel in das Spiel gepackt habt." Ein deutsches Magazin schrieb eine vernichtende Vorschau zu Fable, in der sie Molyneux beschuldigten, dass er "sich für Gott halte" und McCormack und andere Artists wurden als Satanisten bezeichnet. Mütter aus dem Bible Belt schrieben Protestbriefe, dass ihre achtjährigen Kinder mit Homosexualität konfrontiert wurden.

"Wir dachten nur, dass das Spiel nicht für Achtjährige gedacht ist," sagt John McCormack. "Das Spiel ist für Erwachsene eingestuft. Das ist dein Problem. Nicht unseres. Und ich hoffe, du schmorst in der Hölle."

"Bei Fable 2 waren wir voll dabei. Schwule Hochzeiten, lesbische Lebensweise, fuck you, wir machen das alles. Wir gingen darin auf."

Molyneux' andere Direktive war: Fable 2 muss einen Hund haben. Und der Hund muss sterben.

"Es gab ein Treffen," erinnert sich McCormack. "Wir hatten ihn seit Wochen nicht gesehen, weil er andere Dinge zu tun hatte. Er machte die Tür auf, kam rein und sagte, der Held hat einen Hund und der stirbt dann. Dann ging er wieder und ward einen weiteren Monat nicht gesehen. Wir saßen da und dachten, was zur Hölle? Das war es. Das war die Richtung.“

Die Idee mit dem Hund kam Molyneux, nachdem sein eigener Hund gestorben war. "Wenn etwas in seinem Leben passierte, dann würde er versuchen, es in seinen Spielen unterzubringen. Er hat dabei etwas gefühlt, also wollte er, dass der Spieler das auch fühlt," so McCormack. "Das war sehr kraftvoll."

Molyneux spielt den Einfluss, den der Tod des echten Hundes hatte, runter, wenn es um die Erschaffung des Fable-Hundes geht. Einem Designer zufolge wurden seine beiden Labradore von einem Farmer angeschossen, nur einer überlebte. Aber wie es scheint, nutzte er dieses Ereignis als Werkzeug, um die Entwickler zu motivieren, alles zu geben.

"Das ganze Hund-Feature war einer der Momente, wo ich wirklich alles geben musste, um jeden zu überzeugen, vom Junior-Programmierer bis in die oberste Microsoft-Führungsetage, dass dies das zentrale Element sein würde, an das die Leute sich erinnern", so Molyneux.

"Und ich bin sicher, dass ich alle Beispiele genutzt habe, wenn es darum geht, wie du dich fühlst, wenn der Hund stirbt. In einem Film können 10.000 Leute erschossen werden und keinen interessiert es. Aber wenn der Hund einen Tritt abbekommt, erinnert sich jeder daran. Als ein Designer musst du immer erst die Leute überzeugen, dass ein neues Feature funktioniert, wenn es das noch vorher nicht gab und du musst jeden Trick dafür nutzen. Ich hätte alles getan, damit sie verstehen, was ich meine."

"Eine Idee zu haben ist einfach. Es ist billig. Der Trick ist, andere daran glauben zu lassen, dass sie es nicht einfach nur im Rahmen ihrer Arbeit abarbeiten, sondern sie genug daran glauben zu lassen, dass sie es in etwas Brillantes verwandeln."

Viele halten Fable 2 für das beste Lionhead-Spiel. Aber noch sechs Monate vor dem 2008er Release war es ein geradezu gefährlich unfertiges Spiel. Wie so viele Triple-A-Spiele brauchte es einen letzten, brutalen Push, damit alles zusammenfindet.

Leute, die an Fable 2 gearbeitet haben, sagen, dass es bis zum letzten Zug dramatisch verlief. Die Geschichte war praktisch nicht existent und einige der Features fühlten sich mehr wie Prototypen an. Aus der Performance-Sicht hatte es zu kämpfen. An einem Punkt in der Entwicklung dauerte es 36 Stunden, um Lighting auf Fable-2-Level zu bauen. Das Team hatte bestimmte dedizierte Build-Maschinen für diesen Prozess laufen. Der Editor war ein "komplettes Chaos", so Charlton Edwards. Wenn es schlimm lief, dauerte es sieben Minuten, nur um ein Objekt zu löschen. Es konnte bis zu 45 Minuten dauern, den Editor zu starten, und dann drei bis vier Stunden, um einen Level zu bauen. "Eine Menge Zeit wurde damit verschwendet, auf Ladebalken zu starren", erinnert sich Edwards. "Es war ein Alptraum."

Molyneux, so die Entwickler, war mehr in die Entwicklung von Fable 2 involviert, als es bei jedem anderen Spiel der Fall war. Er war "besessen", sagte jemand, mit dem Hund und dem goldenen Pfad, der dem Spieler zeigt, wo er hingehen muss. Er steckte auch tief in der Story und dem Kampfsystem mit drin.

Microsoft ließ Lionhead größtenteils in Ruhe. Es gab jedoch ein paar Spannungsfelder. In Fable 2 kann der Hund Kondome ausbuddeln. In dem ersten Artwork ähnelten die Kondome denen, die zu der Zeit passten, in der das Spiel spielt. Microsoft wollte jedoch, dass Lionhead das Artwork in moderne Kondome aus unserer Zeit ändert, obwohl Fable in der Vergangenheit angesiedelt ist.

John McCormack erinnert sich daran, wie er mit Microsofts Marketingabteilung über Fable zusammenrasselte.

"Das Marketing war scheiße," sagt er. "Es war furchtbar. Sie haben es einfach nicht verstanden. Das war aber nicht Microsoft, es war das Marketing. Marketing war eine Art eigene Abteilung. Und die fragten dann: Was machst du? Ein Rollenspiel? Okay, Drachen und son Zeugs. Und das war dann ihre Werbung. Und wir sagten dann, nein, es ist mehr eine Art Monty-Python-Comedy. Dann sagten sie wieder, dass sie wissen, wie man so etwas vermarktet. Sie öffneten die RPG-Marketing-Schublade und zogen ein Bild von einem Drachen raus, der nicht mal im Spiel war. Dann sagten sie, bitte, hier ist dein Markt. Der Markt für das Spiel ist der übliche Dungeons-and-Dragons-Krams. Und wir sagten wieder, nein, dieses Spiel ist komplett anders."

"Das hat mich genervt."

McCormack wurde weiter genervt, als es an das Packungs-Artwork von Fable 3 ging.

"Sie sagten, du kannst keinen Schwarzen auf dem Cover haben und auch keine Frau. Und du willst eine schwarze Frau. Ich sagte, klar, es geht darum, jeder Held zu sein, der man möchte. Nein, es muss ein weißer Mann sein. Das ist einfach so. Wir wissen, was sich verkauft und das ist einfach so. Hör auf rumzustreiten. Ich sagte nur fuck you und es war ein Riesenstreit."

"Sie fragten dann, was ist der am wenigsten erfolgreiche Disney-Film? Was weiß ich, sagte ich nur. Sie dann wieder: "Küss den Frosch". Sag du mir, was das bedeuten sollte. Ich dachte nur fuck you. Ich hasste das."

"Ich habe in den Konferenzräumen rumgebrüllt und bin aus der Haut gefahren, weil sie einfach das Spiel nicht kapiert haben. Vor allem, weil wir das erste Spiel mit einer schwulen Hochzeit waren, wir rissen da die Wände ein. Es sollte lustig und erwachsen sein. Die kapierten nichts davon und packten den üblichen weißen Typen mit einem Schwert drauf. Verdammt, ihr habt es einfach nicht kapiert!"

Trotzdem, die meisten, die an Fable 2 arbeiteten, erzählen nur Gutes von der Beziehung mit Microsoft. Die Firma erscheint als eine, die die Magie, die das erste Fable hervorbrachte, bewahren wollte, diesen verschrobenen britischen Humor, der so gut bei den Monty-Python-Fans überall ankam.

"Microsoft gab sich alle Mühe, Lionhead zu integrieren, ohne die Dinge, die das Studio einzigartig machten, zu zerstören," sagt Simon Carter.

"Ich vermute, dass sie diese harte Lektion bei der Übernahme von Rare gelernt haben. Ich kann ihnen bei der Art, wie die die Dinge handhabten, nichts vorwerfen. Ich kann sogar sagen, dass mir erst jetzt, wo ich in verschiedenen Bereichen von Microsoft gearbeitet habe, klar wurde, wie abgeschottet wir wirklich waren."

Fable 2 kam auf den Markt und es wurde eines der populärsten Spiele auf der Xbox 360. Lionhead schmiss eine riesige Party. Ein großer Bildschirm zeige die preisungsvollen Reviews. Später gewann Lionhead den BAFTA-Award für das beste Action-Adventure-Spiel. Fable und Lionhead hatten die Übernahme durch Microsoft überstanden und blühten auf.

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"Als wir zu Fable 2 kamen, lernten wir, wie Konsolen und Rollenspiele funktionieren," sagt Peter Molyneux. "Fable 2 ist für mich das beste Spiel, das Lionhead produziert hat.

Lionhead brauchte vier Jahre für Fable 2 und um ein wirklich einzigartiges Spiel zu produzieren. Jetzt mussten sie Fable 3 in 18 Monaten bewältigen.


Lionheads Entwickler erwarteten, dass es einfacher sein würde, Fable 3 zu entwickeln, weil die Werkzeuge nun fertig waren und bereitstanden. Das Studio hatte mit Fable 2 die Vorarbeit geleistet. Fable 3 würde eine Evolution sein, keine Revolution.

Molyneux' Idee war, Fable 3 zugänglicher zu machen. Aber er - und Lionhead - gingen zu weit. Viele der Rollenspiel-Elemente, die die Spieler an Fable 2 schätzten, wurden glattgebügelt oder ganz entfernt. Die Grafik verbesserte sich, aber etwas von diesem Fable-Feeling ging verloren.

Und dann waren da die Bugs. Die vielen, viele Bugs, die durch einen zu hastigen finalen Push und Peters Einmischungen kamen. Leute, die an dem Spiel arbeiteten, sagten, dass, nachdem er eine initiale Richtung vorgegeben hatte, Peter für Wochen verschwand und das Team machen ließ. Nur um dann kurz vor Schluss aufzutauchen und Design-Änderungen zu verlangen.

Das Bedeutendste dürfte das Road-to-Rule-Feature gewesen sein. Es ist das System, mit dem der Charakter hochlevelt. Es wurde nur wenige Monate vor dem angesetzten Ende der Entwicklung eingefügt und das auf Molyneux' Geheiß.

Ted Timmins erinnert sich, wie das zustande kam. Vor der Road to Rule hatte Fable 3 kein Auflevel-System. Im Mai 2010 fragte Ted Franchise Director Louise Murray, ob er zu der E3 in diesem Jahr gehen könnte. Sie sagte sicher. Ein paar Tage später hieß es, sorry, du kannst nicht gehen. Ein paar Tage später dann doch wieder. Und wieder ein paar Tage später nahm sie Ted mit in einen Konferenzraum, um sich zu entschuldigen, dass es doch nicht klappen würde.

Molyneux betrat den Raum, weil er Louise wegen einer anderen Sache suchte.

"Da ging ihm ein Licht auf," so Ted.

"Er sagte mir, dass das Produktionsteam ihm sagte, dass die Road to Rule nur in sechs Monaten Entwicklungszeit umsetzbar wäre. Er sagte, wenn ich es in drei Wochen schaffe, kann ich zur E3 gehen. Aber ich wäre derjenige, der die Entscheidung trifft, ob ich in dieses Flugzeug einsteige."

"In typischer Peter-Art gab er mir eine Wahlmöglichkeit. Dann ging er. Louise sagte nur, pass auf, Du hast gerade einen Deal mit dem Teufel gemacht. Ich ging nach Hause, griff meine Zahnbürste, ein paar Klamotten, einen Schlafsack und nach zwei Wochen war ich fertig. Ich präsentierte es ihm, er liebte es und wir hatten das Hochleveln im Spiel."

"Peter hielt mir die Karotte hin, ich nahm sie und ich hatte eine großartige Zeit auf der E3."

Es gab zahlreiche weitere Hindernisse: sechs Monate, bevor Fable 3 auf den Markt sollte, versuchte Lionhead, Kinect-Minispiele einzubauen und scheiterte dabei. Der Plan war, dass es ein Puzzle werden sollte, dass den Spieler die Posen einer Statue nachahmen ließ. Ein anderes würde den Spieler seine Mimik in einem Ingame-Shop in Bowerstone einlesen lassen, um sie im Spiel zu nutzen. Die Kinect-Minispiele wurden gestrichen. Es war einfach nicht genug Zeit da und sie waren nicht gut genug.

Kurz gesagt, Fable 3 erschien in einem etwas wackeligen Zustand und auch wenn es sich gut verkaufte und die Tester ihren Spaß damit hatten, konnte es nicht die durch Fable 2 gesetzten hohen Erwartungen erfüllen.

"Wir haben den Zeitplan zu kurz gefasst," stimmt Timmins zu. "Vielleicht waren wir zu Prozess-getrieben. An dem Punkt waren wir wirklich verantwortungsbewusst geworden und waren in der Lage, Spiele wirklich innerhalb des Plans fertigzustellen. Das begann gegen uns zu arbeiten. Es hätte noch sechs Monate gebraucht. Es hätte eine bessere, fantastischere Story bekommen."

"Das Problem war, dass Fable 3 zu früh erschien," stimmt auch Peter zu. "Ich bin dafür verantwortlich. Es hätte mehr Zeit einfordern müssen, dass wir noch ein Jahr mehr brauchen. Der Königs-Abschnitt in Fable 3 war nicht, was er hätte sein können. Aber sie haben ihre Termine eingehalten. Und wenn man Teil einer großen Organisation ist, den Zeitplan einhält und das Budget, das ist der Moment, wo sie dir auf die Schulter klopfen."


Für viele ist Lionhead das Fable-Studio, aber während viele Entwickler wirklich an den Spielen dieser Serie saßen und sie fertigstellten, arbeiteten eine Menge Leute an Titeln die nie erscheinen würden. Jetzt, wo das Studio geschlossen ist und Fable Legends eingestellt, gibt es Leute, die ein Jahrzehnt an Titeln gearbeitet haben, die niemals auf den Markt kamen.

Der vielleicht größte Reinfall für Lionhead ist Milo & Kate.

Milo & Kate wurde als Kinect-Spiel bekannt, aber zuerst war es ein Controller-Spiel. Die Idee war, dass man die Rolle eines imaginären Freundes eines Jungen spielt, dessen Eltern sich ständig stritten. Viele bei Lionhead dachten, dass es an Molyneux' Kindheit angelehnt sei.

Als man Molyneux eine frühe Version von Kinect zeigte, damals noch Project Natal, dachte er, dass es möglich wäre, Milo & Kate so umzubauen, dass es die Kamera als alleiniges Eingabegerät nutzen würde. Er beauftrage ein Team damit, einen Prototyp zu erstellen, mit dem er dann die Idee Microsoft-Managern wie John Schappert oder Don Mattrick vorführen könnte. Es zeigte ihn in dem "the Green Man"-Video, in gewisser Weise ein Pitch von Peter an die Xbox.

In Redmond war man begeistert, eine Quelle sagt, dass einer der Manager von der Demo, die von den ersten fünf Minuten von Up! inspiriert war, geradezu zu Tränen gerührt war. Man sollte eine Demo zu Milo & und Kate für Microsofts E3-Pressekonferenz im Jahr 2009 vorbereiten. Es würde genutzt werden, um einen Traum zu verkaufen: Das ist das Potenzial von Project Natal. Das ist die Zukunft von Videospielen.

Sam Van Tillburgh erinnert sich gut genug an die Wochen vor der E3 2009, um sich zu wünschen, dass es nie passiert wäre.

Da die Technik, die Milo & Kate antrieb, noch nicht weit genug entwickelt war, traf man die Entscheidung, Material aus dem Spiel aufzunehmen und eine elaborierte Täuschungs-Show zu präsentieren. Um Screen-Tearing zu vermeiden, renderte Lionhead die Demo Frame für Frame in HD. Es war, so eine Person, die daran beteiligt war, "ein schneller und schmutziger Job."

Redmond wollte die Qualität steigern, also flog man eine Film-Crew nach England, damit sie ihre Magie wirken. Eine Schauspielerin wurde angeheuert, die eine Person spielen würde, die so tut, als würde sie das Spiel spielen. Zwei Wochen vor der E3 war alles bereit, Lionhead war bereit den Aufnahmeknopf zu drücken, dann schlug das Schicksal in Form eines Stromausfalls in Guildford zu.

Einer involvierten Person zufolge drückte Molyneux seinem Assistenten seine Kreditkarte in die Hand und schickte ihn los, um einen Notgenerator zu besorgen. Noch innerhalb der gleichen Stunde stand ein Dieselgenerator vor der Tür von One Occam Court. Das Video konnte aufgenommen werden.

Lionhead flog eine Woche vor der Pressekonferenz nach L.A. zur E3. Es wurden mit einem Editor noch Änderungen vorgenommen, während sich der Termin näherte. Proben für die große Show fanden statt. Sam Van Tillburgh war direkt daran beteiligt.

"Peter drehte sich zu mir und sagte, dass ich zu dem finalen Zustimmungs-Meeting für unser Segment der Konferenz gehen müsse, weil er noch ein Meeting mit Don Mattrick hat," erinnert sich Sam.

"Kannst du für mich dahin gehen? Ich sagte sicher, Peter. Ich ging zu dem Meeting und wusste nicht, was mich dort erwarten würde. Da waren bestimmt ein Dutzend Leute und ich. Das Video wurde abgespielt. Da war eine Person. Ich wusste nicht, wer das ist. Er sagte, okay, ich will, dass das, das und das geändert wird. Peter hatte mir einen kleinen Zettel mit ein paar Punkten gegeben, die alle dem widersprachen, was gerade gesagt wurde. Also stand ich auf und sagte nein, nein, nein. Das ist nicht das, was wir machen werden. Ich bin von Lionhead und wir machen das so."

"Jemand tippte mir auf die Schulter und flüsterte mir ins Ohr: 'Das ist Mike Delman.' Ich sagte, dass ich keine Ahnung hätte, wer Mike Delman sei. Wie sich herausstellte, war Mike Delman der oberste Marketing-Leiter von Microsoft. Wenn es einen gab, der mich auf der Stelle hätte feuern können, war es Mike Delman. Aber stattdessen ging es ein wenig hin und her zwischen uns. Wir trafen uns in der Mitte und trafen einen Kompromiss."

"Ich ging aus dem Meeting raus, setzte mich ins Taxi, fuhr zurück zu Peter und sagte ihm, dass ich keinen seiner Punkte habe umsetzen können, dass ich ihn habe hängen lassen. Das ist jetzt die finale Entscheidung, wie es läuft. Peter sagte nur 'Sam, das ist fantastisch, das ist genau, was ich wollte.' Und das war dann auch das, was die Welt auf der großen Pressekonferenz zu sehen bekam."

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Die Einstellung des Projekts Milo & Kate ist komplex und sie ist schwierig zu erklären. Viele interviewte Leute sagten, dass das Spiel auf einer bizarren Idee aufbaute, die einfach nirgendwohin führte. Andere sagen, dass es wirklich etwas Besonderes hätte sein können, aber es wurde von der Kinect-Technologie ausgebremst.

"Eine Menge Leute hofften, dass es dich in die Welt der Vorstellungskraft befördern würde," so Jon Askew. "Es gab zu der Zeit einen TV-Werbespot, der perfekt dazu passte. Ein paar Kinder hopsen auf dem Sofa herum und plötzlich ist das Sofa ein Piratenschiff, sie sind darauf und feuern die Kanonen ab. Das war es, was wir haben wollten. Du trittst heraus aus der Realität in die Welt deiner Vorstellung, was ja auch passte, weil du in dem Spiel ein imaginärer Freund warst."

"Aber was es dann am Ende war, ist, dass du stattdessen sein Zimmer aufräumst und andere so spanenden Dinge tust, während die Eltern im Hintergrund zankten. Das machte keinen Spaß. Niemand will das tun."

Der große Stein des Anstoßes war auch die Sorge, dass Milo & Kate einfach unangemessen war. Dass man es als Pädophilen-Spiel abstempeln würde, oder einen "Kämm-Simulator". Die Demo aus 2009 suggerierte, dass hinter Milo eine komplexe KI stecken würde, die auf die Eingaben und Kommandos des Spielers hört. Die unvermeidliche Frage war: Was, wenn der Spieler das Bild eines Penis auf ein Papier malt und es Milo zeigt? Was, wenn der Spieler selbst vor der Kamera die Hosen herunterlässt?

Es würde gar nichts passieren, wie sich herausstellte. Darin liegt die Entkoppelung: Das Spiel, das Lionhead in Wirklichkeit baute, bestand darin, mit ein paar Handgesten Milos Aufmerksamkeit auf Steine und Schnecken im Garten zu lenken, während im Hintergrund die Eltern streiten. Da war keine komplexe KI, die Milo die Schamesröte ins Gesicht treiben würde, wenn der Spieler sich entblößt. Es war alles nur eine geschickte Illusion.

"Wenn Du vor Milo die Hose herunterlässt und ihm dein Teil zeigst, wäre gar nichts passiert," so jemand aus dem Projekt.

"Wenn du was Beleidigendes sagst, wäre nichts passiert. Das Ding reagierte nur auf die Sachen, die wir einprogrammierten. Es war keine KI-Revolution. Es war ein geskriptetes Narrativ, bei dem du der imaginäre Freund eines kleinen Kindes wärst."

"Aber der Traum, der auf der großen Bühne verkauft wurde, war der, dass du alles tun kannst, auch ihm dein Teil zeigen. Wenn die Leute dann fragen, was passiert, wenn man Milo sein Teil zeigt, hätte die Antwort sein müssen: Gar nichts. So haben wir es nicht programmiert."

Molyneux kannte zu der Zeit die Bedenken, aber er wies sie von der Hand.

"Sollten wir uns als Regisseure, als Kreative von Leuten abschrecken lassen, die krank genug sind, sich das vorzustellen?," fragt er, auch Jahre später noch sichtlich aufgebracht. "Das denke ich nicht. Kreativ zu sein heißt auch Risiken eingehen. Nicht nur beim Gameplay oder bei der Art des Controllers, sondern auch beim Thema und der Story!"

"Wenn Milo & Kate nun starten würde, nachdem einige interessante Indies wie Gone Home erschienen sind, wäre es eine andere Welt. 2009 waren die Leute von diesem Kram wie besessen und gingen viel zu weit. Warum sollten wir keine Geschichten über die Kindheit erzählen, das Wunder der Kindheit und das Wunder, Dinge zu lernen? Und auch das Wunder, etwas zu lehren, aber nicht auf so eine grausam verdrehte Art. Man sollte nicht vor diesen Dingen zurückschrecken. Ich denke nicht, dass sich Kreativität darum dreht, auf Nummer sicher zu gehen."

"Wäre es eine Frau in einer Wohnung gewesen oder ein Mann oder ein junges Mädchen, irgendjemand hätte sich irgendwas Grausiges ausgedacht. Aber das heißt nicht, dass wir dieses Risiko nicht eingehen dürfen."

"Es gibt Hunderte von Filmen über das Erwachsenwerden. Es gibt Hunderte von Filmen über das Wunder der Kindheit. Aber es gibt keine Spiele dazu, weil wir zu viel Angst hatten, wir hatten Angst, dass irgendjemand irgendwas Schreckliches probiert. Ich glaube, dass das einfach kein Grund sein sollte, etwas nicht zu versuchen, nur weil es nicht politisch korrekt ist."

"Das Team hatte Probleme zu verstehen, was es für ein Spiel sein sollte," so jemand anderes. "Ich denke, keiner von uns tat das. Es war definitiv eine schwierige Zeit für das Studio."

"Microsoft war gespannt zu sehen, wo Peter damit hinwollte. Aber auch sie hatten Probleme zu verstehen, was es ist und wo es hinführen sollte und irgendwann ging ihnen einfach die Geduld aus."

Milo & Kate war als Projekt eine Leidenschaft für Molyneux und er hatte Probleme damit, es zu beenden. Leute aus dem Projekt erzählen, dass selbst nachdem Microsoft zur Beendigung der Entwicklung geraten hatte, diese noch weiterging. Molyneux zeigte die aktuellste Version in der Hoffnung, dass es doch noch überleben würde. Er zeigte sogar 2010 eine Demo im Ted Talk in Oxford, nach einem Online-Streit mit dem Microsoft-Marketing-Verantwortlichen Aaron Greenberg, ob Milo & Kate nun eine Tech-Demo war oder ein Spiel, das man wirklich verkaufen wolle.

Milo & Kate war keine kleine Entwicklung. Etwa 50 Leute arbeiteten daran. Eine Menge Zeit, Arbeit und Geld waren in das Projekt geflossen und Molyneux war sehr tief darin involviert. Die Entwickler erzählen, dass er sich erst mit der Beendigung davon Fable 3 zuwandte und forcierte dann eine Menge Änderungen und Features spät in die Entwicklung hinein.

Molyneux gibt der Technologie hinter Kinect und Microsofts Einstellung gegenüber dem Markt, für den es gedacht war, die Schuld, dass das Spiel eingestellt wurde.

"Die Katastrophe kam, als langsam jedem klar wurde, wie teuer es werden würde, die Technik von Kinect so zu verfeinern, dass das Sichtfeld und die Sichttiefe und auch die nötige Präzision hoch genug wäre, auch feine motorische Aktivitäten des Spielers zu erkennen."

"Die Specs für Kinect gingen immer weiter runter und weiter runter und weiter runter, bis es nur noch ein Schatten dessen war, für das Milo & Kate entworfen wurde."

"Was auch passierte, war, das Microsoft Kinect für ein Party-Spiel erklärte. Es geht um Sport. Es geht um Leute, die auf der Couch sitzen und etwas zusammen spielen. Es ging nicht um eine emotionale Bindung, diese Art interaktiver Erfahrung, die es noch nie vorher gab."

"Also wurde Milo & Kate an den Rand gedrängt. Zu der Zeit half ich Rare mit Kinect Sports. Kinect Sports sorgte für mehr Enthusiasmus. Irgendwann sagten sie, dass es bei Kinect mehr um Party-Spiele geht als um was auch immer Milo & Kate tut. Und dass man das Projekt nicht weiter vorantreiben wolle. Ich konnte sehen, wohin das führen und was passieren würde."

"Das Team hatte schon eine Menge davon fertiggestellt. Da steckten Stunden von Content drin. Man hatte wirklich das Gefühl, dass sie von diesem Kind inspiriert waren. Es war mitreißend und emotional. Es ist eine Schande, dass sie es nicht weiter vorantreiben konnten."

"Ich kann es natürlich verstehen. Wenn sie ein Gerät machen, das als Party-Spiel ausgelegt ist, dessen Specs einfach nicht eine Erfahrung wie in Milo & Kate hergeben, dann kann ich verstehen, warum sie es taten. Ich denke, dass es ein Verlust für Kinect und Xbox war."

Das Team um Milo & Kate ging über zu Fable: The Journey, das katastrophale Kinect-Spiel, dem es nicht gelang sich zu verkaufen, als es 2012 erschien. Das Team tat das Beste, was ihnen möglich war. Aber für Molyneux war das Ende bereits in Sicht.


Während der E3 2003 gab Molyneux ein Interview, in dem er etwas über einen Multiplayer in Fable erzählte. Die Entwickler zuhause in Guildford sahen zu und waren schockiert. Keiner hatte je etwas von einem Multiplayer gehört. Ein Entwickler war den Tränen nahe. Als Molyneux zurückkam, musste er sich dem Zorn der erschöpften und gestressten Entwickler stellen. Die Carters hoben ihre Flammen-Schilde. Macht euch keine Sorgen, sagten sie. Wir kriegen das hin.

Molyneux hat den Ruf, die Leute, mit denen er arbeitet, in Schwierigkeiten zu bringen. Wenn er nicht gerade neue Features für ein Spiel vorstellt, das schon in ein paar Monaten rauskommt, dann zerpflückt er schon fertige Arbeiten. Es gibt dafür viele Beispiele aus der Zeit von Lionhead und keines davon ist hübsch anzuschauen.

Da wäre zum Beispiel die Eichel, die man von einem Baum herunterschlägt und aus der ein neuer Baum wachsen sollte. Oder, wie ein Lionhead-Entwickler es nennt, "diese beschissene Eichel", die dann im fertigen Spiel nirgendwo zu finden war.

Man postete eine Nachricht im Lionhead-Forum, um sich dem Zorn der Fans zu stellen:

Einer am Projekt involvierten Person zufolge war diese Zahl von 15 Prozent "frei erfunden". Aber die Entschuldigung schaffte es auf die Titelseite der BBC-News-Webseite.

Während manche von Molyneux' Macken genervt waren, wischten andere sie einfach beiseite.

"Wir lachten einfach und sagten, er macht es schon wieder," so Andy Roberts. "Okay, sieht so aus als hätten wir ein paar neue Features, wenn er wieder da ist."

"Ich kann es ihm in gewisser Weise nicht vorwerfen," so John McCormack. "Er versucht ein Spiel zu verkaufen. Wir leben alle in einer geschlossenen Blase, während wir ein Spiel machen. Er ist da draußen, sieht andere Spiele, schaut sich die Trends an und was die Öffentlichkeit interessiert. Wir haben das hier nicht. Er geht raus aus der Blase, sieht das alles und denkt 'Ich weiß, was funktioniert, während ich hier bin.'".

Bei Fable: The Journey erzählte er der Presse, dass es nicht auf Schienen läuft. Wie sich herausstellte, lief es sehr wohl auf Schienen.

"Im Studio war es ein Running Gag, dass es auf Schienen ist, nachdem Peter es sagte," so einer der Entwickler von Fable: The Journey.

"Wir konnten nichts dagegen tun, es war ein weiterer Kommentar, der uns in Schwierigkeiten bringen würde, sowohl bei der Presse als auch bei den Fans. Um Peter gegenüber gerecht zu sein, versuchte das Team Level zu bauen, die nicht auf Schienen liefen, aber das ruinierte die Spielerfahrung und sorgte mehr für Frust als alles andere."

"Wenn Peter einfach gesagt hatte, dass es auf Schienen läuft und er es mit einer Art interaktivem Film verglichen hätte, denke ich, dass die Reaktionen positiver gewesen wären."

Ein Entwickler von Fable: The Journey erzählt, dass ganz zum Ende der Entwicklung hin Peter plötzlich ein ganz neues Feature haben wollte. Der Spieler sollte in der Lage sein, in den Himmel hochzufliegen und die Feinde von oben mit Zaubersprüchen einzudecken. Das Problem war nur: Fable: The Journey war so entworfen, dass der Spieler nur nach vorn schaut. Die Entwickler hatten bildschöne Umgebungen und Effekte entworfen, die vor dem Spieler passierten, während hinter ihm alles "ge-un-streamed" wurde, also aus dem Speicher verschwand.

"Und jetzt plötzlich sollten wir eine Fertigkeit einfügen, die es dem Spieler erlaubt, hochzufliegen und die ganze Welt zu sehen," so ein Entwickler. "Es war verrückt, aber glücklicherweise gab es genug Widerstand und gesunden Menschenverstand, dass dieses Design abgemildert wurde."

Peter Molyneux ist eine kontroverse Persönlichkeit, sowohl bei den Spielern, als auch bei denen, die bei Lionhead arbeiteten. Im gleichen Atemzug schaffte er es, Leute zu erzürnen und zu inspirieren, heulte in Meetings, sorgte für riesige Kopfschmerzen im Team und kam dann mit wegweisenden Designs im die Ecke. Er ist ein Paradox.

"Wir waren noch der Monate von der Auslieferung weg und er zeigte das Spiel", erinnert sich John McCormack an Fable.

"An diesem Punkt machte ich noch ein paar Sachen fertig, schloss die letzten Assets ab. Und er zeigte auf einen riesigen Screen bei einer riesigen Presseveranstaltung und sagte, dass das ungefähr 30 Prozent von dem ist, wie gut das Spiel am Ende aussehen wird, weil das Art-Design noch nicht fertig ist. Ich dachte nur, das Design ist absolut fertig. Warum sagst du das? Er sagte nur, komm schon John, man muss diese Sachen verkaufen können."

Jeder, der mit Molyneux arbeitet, sagt über ihn, dass er ein fantastischer Redner ist. Er ist großartig, wenn er vor einer Gruppe von Leuten spricht.

"Molyneux kam in den Raum rein, begann über Features zu sprechen und würde am Ende darüber in Tränen ausbrechen," so Charlton Edwards.

"Er sagte, wie großartig das Spiel sei, wie stolz er auf alle wäre und würde dann am Ende einfach zusammenbrechen. Er war mit so viel Leidenschaft bei der Sache. Das ist der Grund, warum ich immer ein wenig ein Molyneux-Unterstützer sein werde. Er erzählte keinen Mist. Es war inspirierend, du hast dich hinter ihn gestellt und ihm zugejubelt."

Aber Molyneux hatte Probleme, auf einem persönlichen Level zu kommunizieren, das zumindest glauben manche Leute, die mit ihm gearbeitet haben.

"Er sagte häufig: Macht euch keine Sorgen. Eines Tages sitzen wir alle auf einer Insel und lachen darüber," erzählt einer seiner Mitarbeiter. "Ich glaube nicht, dass er das anzweifelte. Ich denke, dass er glaubte, das wird alles fantastisch und ich muss es nur weiter vorantreiben."

Es half nicht, dass Molyneux stets in unterschiedliche Richtungen gezogen wurde, sowohl vor als auch nach der Microsoft-Übernahme. Er hatte die kreative Kontrolle über die Projekte bei Lionhead, aber häufig hatte er einfach nicht genug Zeit, um sich jedem davon voll zu widmen. Das verursachte große Probleme für die Entwickler, die Molyneux in den Design-Prozess immer wieder ein- und aussteigen sahen, wobei er manchmal Monate voller Arbeit mit einem einzigen Satz zunichte machte.

Gleichzeitig war da aber auch viel Genie dabei. In vielen verrückten Ideen würde immer wieder ein Schatz stecken: Der Hund in Fable, den viele im Team für blödsinnig hielten, ist vielleicht das beste Beispiel für Peters Design-Empfindlichkeiten, wenn sie genau richtig treffen.

Trotzdem, wie ein Veteran aus dem Ex-Lionhead-Team es beschreibt: "Ich liebe Peter, aber er ist ein Arsch."

"Ich denke, dass wir alle jetzt wissen - jetzt ist es ja bekannt -, dass ich ein kompletter Depp bin," so Molyneux. "Lass uns das nicht anders erzählen als es ist. Es gab einfach zu viele Momente, in denen mein loses Mundwerk und der gesunde Menschenverstand nicht zusammenkamen."


Anfang 2012 erlebte Lionhead einen "Schwarzen Montag". John McCormack, Stuart Whyte und eine Handvoll anderer Lionhead-Veteranen kündigten am selben Tag. Molyneux' Reaktion war keine gute.

"Er ist total ausgerastet", sagt McCormack. "Wir wurden angewiesen, das Gebäude sofort zu verlassen. Ich meine, ich habe 12 Jahre dort gearbeitet, lasst mich meine Sachen packen. 'Nein, schicken wir dir. Verpiss dich!' Er war wütend."

Wie es Lionhead-Tradition war, ging McCormack in den Pub. Um fünf Uhr Nachmittags wurde er für ein Meeting ins Studio zurückgerufen.

"Peter sagte, wir werden das den 'Schwarzen Montag' nennen. Steh auf, John McCormack. Und er klatschte langsam. Es war furchtbar.“

"Er nahm es persönlich. Ich kann es ihm nicht verübeln. Im Grunde waren alle Leads weg, fick dich! Als ich am ende meine Sachen packte, setzten wir uns noch mal zusammen und er sagte, 'sorry wegen vorhin'. Ich bin durchgedreht. Es fühlte sich an, als würdet ihr mich alle gleichzeitig angreifen. Wie bei Caesar stachen wir alle zugleich auf ihn ein."

Dann, so McCormack, versuchte Molyneux, es auf die einzige Art zu richten, die er beherrscht.

"Er hielt mir diese wirklich emotionale, inspirierende Rede über Unternehmertum und die Dinge, die man tun muss, und ich dachte, 'verdammt'! Er war wirklich fantastisch. Er entschuldigte sich aus tiefstem Herzen."

"Er sagte, ich bewundere mich. Er hasste es, als ihn die Media-Molecule-Leute verließen. Aber nachdem sie das taten, liebte er sie, denn in gewisser Weise hatte er sie geboren. 'Schau, was ich erschaffen habe', konnte er sich sagen. Er lernte, es zu respektieren. Es verletzte ihn, dass wir gingen, aber dann wünschte er uns Glück, denn wenn wir Erfolg haben würden, würde ihn das gut aussehen lassen."

Nicht lange danach verließ auch Peter Molyneux Lionhead, um auf der anderen Straßenseite ein Indie-Studio zu eröffnen. Er rief die Lionhead-Belegschaft in der Kantine zusammen. Mit Tränen in den Augen verkündete er seinen Abgang von dem Studio, das er mitgegründet hatte.

Warum er ging? Eine Person erzählte Eurogamer, dass sich Molyneux gerne daran versuchen wollte, sich im Free-to-play Social-Game-Segment eine goldene Nase zu verdienen, nachdem er sah, wie Clash of Clans Geld eimerweise einfuhr. Andere sagen, er habe Fable schon länger über gehabt und Lionheads Versagen, seit Black & White 2 und The Movies etwas anderes als Fable zu veröffentlichen, deprimierte ihn. Auch die Einstellung von Milo & Kate half nicht gerade.

Molyneux' Rolle als führender Microsoft-Mensch bedeutete unterdessen, dass er Wochen außerhalb des Studios verbrachte. Er war, anscheinend, der Creative Director der Microsoft Game Studios Europe, was bedeutete, dass er einigen Einfluss auf Rare hatte. Mit dem "Microsoft Bus" nach Redmond zu fliegen, war ein regelmäßiges Vorkommnis. Er war eigentlich nicht für diesen Job gemacht, Welten entfernt von den Vorstellungen, die ihn antrieben, als er Lionhead 1997 startete.

Fable: The Journey war ein ein problematisches Projekt für Lionhead. Trotzdem schöne Pferde.

"Ich glaube, alle waren Fable-müde", sagt Molyneux. "Ich liebte die Welt, die wir erschaffen hatten. Es war schade, dass Simon und Dene gegangen waren. Sie hatten diese Welt erdacht. Aber ich bin davon überzeugt, dass das Team eine Pause brauchte. Vielleicht einfach nur ein halbes Jahr irgendwas machen. Aber sie mussten von der Fable-Tretmühle runter.“

"12 Jahre ist eine lange Zeit, wenn man nur an einer Marke arbeitet. Ja, ich war müde."

"Peter sagte mir, wenn ich wieder aufstehen und vor Leuten schon wieder über Hobbs reden muss, bringe ich jemanden um", erinnert sich John McCormack.

"Was gibt es noch über Hobbs zu erzählen? Was noch über Fable? Er ist nicht der Typ für Serien. Er sagt sich eher, 'hey, ich hab eine Idee. Und jetzt hab ich die nächste Idee. Ich habe ausgiebig über Fable geredet, die Leute vertrauen nicht einmal mehr dem, was ich über Fable zu sagen habe. Ich will über meine neuen Ideen sprechen.' Er war nicht an Fable 3 interessiert. Er interessierte sich für Milo & Kate und Survivors und die anderen Dinge, die bei Lionheads Incubation-Team so vor sich hinköchelten. Das fand er aufregend."

"Fable hat Lionhead natürlich komplett verändert", sagt Simon Carter.

"Sein Erfolg und der Kauf durch Microsoft verlieh Lionhead erstmals eine bedeutende finanzielle Stabilität. Allerdings hatte Lionhead seit jeher immer an einer ganzen Reihe von Projekten gearbeitet, die sich auf Peters Ideen und Enthusiasmus gründeten. Dadurch entstanden Spiele wie Black & White, The Movies und Project Dimitri."

"Nach dem Kauf war Microsoft in erster Linie an Fable interessiert. Ein Spiel, das sich aufgrund seines Ursprungs außerhalb von Lionhead nicht komplett mit Peters Leidenschaften deckte. Rückblickend glaube ich, dass er das zunehmend als restriktiv und frustrierend empfand."

Molyneux war gegangen, aber er war nicht der einzige Lionhead-Veteran, der diesen Schritt ging. Viele Köpfe, die die Lionhead-Kultur etabliert hatten, waren schon längst weg: Mark Healy, Alex Evans, Andy Robson, John McCormack, Dene und Simon Carter - um nur eine Handvoll zu nennen. Lionhead hatte sich bereits drastisch verändert, bevor Peter auf die andere Straßenseite zog, um Curiosity: What's inside the cube? zu machen. Und doch war es Peters Abgang, der das Ende einer Ära markierte. Das war es, was das Studio in seinen Grundfesten erschütterte.

"Ich weiß noch, dass ich deshalb ziemlich traurig war", erinnert sich Charlton Edwards. "Ich weiß noch, dass ich dachte, 'was passiert jetzt?' Wer ist jetzt der Visionär? Ich fragte mich, wohin wir ohne ihn gehen würden. Für mich war es damals ein ziemlicher Verlust."

Teile der Belegschaft sagen, dass das Studio deutlich organisierter war, nachdem Molyneux weg war. Strukturierter und professioneller. Und immer noch arbeiteten unglaublich talentierte Leute dort, viele bereits seit Jahren. Aber der kreative Funke war verloren. In gewisser Weise vermisste Lionhead ihn.

"Wir wussten Peters beste Eigenschaft nicht wirklich zu schätzen, bis er ging: Microsoft in Schach zu halten", sagt eine Person, die bis zum Schluss bei Lionhead arbeitete.

"Peter konnte tun, was er wollte und konnte fast immer nein zu Microsoft sagen. Er hatte Macht und nachdem er ging, fühlten wir uns etwas verletzlicher."

So wie sich Lionhead veränderte, veränderte sich auch Microsoft. Als Leiter der Xbox-Abteilung hatte Don Mattrick der nächsten Konsole ein neues Ethos verordnet. Die Xbox One wandte sich seinerzeit vom Core-Gamer ab und mehr in Richtung der Casual-Zielgruppe, die auf dem Gerät Live-Fernsehen schauen würde. Nachdem Molyneux weg war, stieß Phil Harrison, einst bei Sony, zu Microsofts europäischem Arm. Wie sich die Zeiten doch geändert hatten.


Spiele als Service ist ein etwas abstrakter Begriff, der anscheinend bedeutet, dass ein Spiel nach der Veröffentlichung fortlaufend Updates bekommt. Wahrscheinlich auch Free-to-play. Um 2012 herum war "Games as a service" ein geflügeltes Wort. League of Legends, das größte Spiel der Welt, gewissermaßen das prototypische Beispiel dafür.

Drei verschiedenen Quellen zufolge, die Einblick in Lionheads Verhältnis zu Microsoft anno 2012 hatten, bestanden Xbox-Verantwortliche darauf, ein neues Fable nach Art der "Games as a service" zu machen. Ein Rollenspiel mit Fokus auf den Einzelspieler sei nicht zulässig, sei Lionhead informiert worden. Die Quellen berichten, Microsoft hätte Lionhead gesagt, "Einzelspielertitel für den traditionellen Handel werden nicht mehr gemacht. Wir wollen etwas aus der Sparte 'Games as a service'."

"Ihr macht ein Service-Spiel oder ihr werdet geschlossen", erinnert sich eine andere Quelle mit Einsicht in die damalige Konversation. "Es war der große neue Push von Microsoft und ich hörte seinerzeit, dass alle First-Party-Studios dieselbe Message bekommen hatten. Einige wehrten sich dagegen."

Microsoft lehnte Eurogamers Interviewanfragen zu diesem Thema ab.

Hinzu kam Microsofts lang gehegter Wunsch, mit Fable noch mehr Geld zu verdienen. Fable war profitabel, darauf bestehen Molyneux und Webley, aber nicht so profitabel wie einige andere First-Party-Spiele. Halo zum Beispiel.

"Diese Kategorie ist nicht die größte auf dem Planeten", sagt Robbie Bach, President of Entertainment & Devices Division bei Microsoft, bevor Don Mattrick an Bord kam. "Es ist nicht Fußball, nicht American Football. Es ist keine Kategorie der Größe First-Person-Shooter. Auf wirtschaftlicher Ebene war es sicher erfolgreich, aber eben nicht enorm erfolgreich."

"Als First-Party-Titel war einer unserer großen Verantwortungen eine strategische, ein einzigartiges, innovatives Erlebnis zu schaffen, das einem Third-Party zu riskant war. Etwas, das Leute dazu verleiten würde, eine Xbox zu kaufen und so die Hardware-Absätze anzukurbeln", erklärt Simon Carter.

"Gleichzeitig standen wir aber auch unter dem Druck, enorm profitabel sein zu müssen. Um das klarzustellen: Fable 1, 2 und 3 waren hochprofitabel, trotz der zum Teil ausgedehnten Entwicklungsdauer von Fable 1 und 2. Aber allein schon, dass wir weniger profitabel waren als eine oder zwei andere von Microsofts anderen Marken, erzeugte gewisse Spannungen."

In diesem Zusammenhang wurde der Pitch für ein viertes Fable auch abgelehnt. John McCormack war der leitende Kopf hinter diesem Pitch. Er wollte auf die Unreal Engine 4 umsteigen und die Welt in ein technologisches, industrialisiertes Zeitalter führen, mit Tram-Bahnen und Flugmaschinen. "Wir wollten spätviktorianisches, durchgedrehtes Jules-Vernes-Zeug machen", so McCormack.

Im ersten Fable war Bowerstone eine Kleinstadt. In Fable 2 schon größer. In Fable 3 war es eine Großstadt. In Fable 4 wäre Bowerstone gewissermaßen London gewesen. Gewaltig und dicht bevölkert. Jack the Ripper hätte die Straßen unsicher gemacht, ein verkleideter Balverine.

Das Spiel hätte sich stark auf britische Mythologie gestützt. McCormack wollte Dr. Jekyll und Mr. Hyde einbauen, ihnen einen Fable-Dreh verleihen und sie auf dieses "schräge und kaputte London" loslassen.

"Das wäre Fable 4 gewesen. Düsterer und grimmiger. Und weil es R-rated gewesen wäre, hätte es auch Prostituierte und den entsprechenden Humor gegeben. Ich dachte mir, 'mann, das wäre verdammt noch mal brillant' und alle standen darauf."

Nun, eben nicht alle. Der Pitch wurde abgelehnt, weil Lionhead jetzt "Spiele als Service" machen solle.

McCormack war sauer wegen dieser Entscheidung und sagt heute, dass dies einer der gründe war, warum er die Firma 2012 verließ. "Man sagte uns gewissermaßen, 'ihr habt das Limit an Leuten erreicht, die man mit RPGs auf der Xbox erreichen kann und müsst nun einen Weg finden, das zu verdoppeln . Das schafft ihr mit einem RPG nicht'. Ich dachte sehr wohl, dass wir das konnten."

"Ich sagte, 'gebt uns vier Jahre und eine angemessene Finanzierung. Gebt uns die Chance, die Mass Effect hat, die Skyrim hat. Die bekommen vier Jahre und ein großes Budget. Gebt uns das und ihr bekommt etwas, das euch Spieler einbringt'. 'Nein, ihr hattet drei Versuche und habt das Geld nur verdreifacht. Das ist nicht gut genug, verpisst euch.' Das hat mich genervt."

Einige Jahre, bevor Lionhead geschlossen wurde, gab es endlich etwas Farbe an die Wände in Occam Court. Diese Wand nannte sich 'Memory Lane'.

Währenddessen arbeitete Molyneux mit dem Fable-Kernteam - zu diesem Zeitpunkt so gut wie alle Lionhead-Mitarbeiter, abgesehen von dem kleinen Team um Ted Timmins, das den Download-Titel Fable Heroes entwickelte - an einem Prototypen namens Project Opal. Einigen Leuten zufolge, die daran beteiligt waren, war es eine weitere von Peters verrückten Ideen.

Was wir darüber wissen: Project Opal war eine Dorfbau-Simulation, die auf einige konnektive Elemente baute. Auf dem PC hätte man das Dorf gebaut, auf Mobile-Geräten unterdessen geangelt und Ressourcen gesammelt. Auf der Xbox hätte man einen Shooter gespielt.

Eine Quelle verglich den Dorfbau-Part mit Minecraft, aber mit ausgefeilterer Baumechanik. Man konnte die Backsteine auf ein Haus werfen und sie hätten sich Stein um Stein von selbst übereinander geschichtet. Man konnte auf Träger und Dachbalken klettern, um das Haus zusammenzubasteln." Es war wirklich cool, wenn auch ein bisschen langatmig", so ein ehemaliger Mitarbeiter.

Der "Game"-Part von Project Opal drehte sich darum, die Ressourcen zu beschaffen, die für den Aufbau des Dorfes nötig waren. Man konnte in die Spielwelt hinausziehen und diese Baustoffe in Fable-artigem Kampf verdienen. Auch Platforming-Elemente gab es.

Den Mobile-Part, in dem man Ressourcen erschaffen konnte, vergleichen unsere Quellen mit Farmville und Cookie Clicker. Lionhead schnitt Fische aus Pappe aus und erstellte Stop-Motion-Animationen für das Angelspiel. Es gab außerdem eine Karte von dem Dorf, die man auf dem Smartphone anschauen konnte.

Project Opals diverse Elemente waren miteinander vernetzt, um Microsofts Push in Richtung "Drei Bildschirme und die Cloud" zu bedienen. Erinnert ihr noch an die Power der Cloud? 2012 war das der totale Renner.

"Wenn man sich die kleinen Technik-Demos so anschaute, war das in etwa wie ein Assassin's Creed gemischt mit Fable, Minecraft und SimCity", so eine Quelle. "Es war bizarr."

"Es funktionierte," sagt jemand anderes. "Wir haben es tatsächlich gebaut. Wir benötigten eine Menge Coding-Unterstützung, um Unreal so zu modifizieren, dass es mit User-generierten Inhalten umgehen konnte. Die Leute bauten Dörfer mit dem Gold, das sie in einem Koop-Arcade-Shooter verdienten."

Project Opal war nicht als Fable-Spiel gedacht, aber die Quellen berichten, dass es durchaus das Potenzial gehabt hätte, im Fable-Universum untergebracht zu werden, wenn Microsoft nur grünes Licht gegeben hätte.

"Ich fand, Lionhead sollte das machen, wofür es geschaffen wurde", erinnert sich Peter Molyneux an Project Opal. "Und das war, ein Spiel zu machen, das so nie zuvor existiert hatte, besonders nachdem Milo & Kate eingestellt worden war."

"Das war Teil von Lionheads DNA und Project Opal war genau das. Wenn wir schon etwas Neues machen, dann etwas verdammt Neues.

"Können wir Millionen Menschen miteinander vernetzen? Können wir ihnen ein gemeinsames Erlebnis schenken? Das war die Prämisse. Das Team hat mit den Prototypen gute Arbeit geleistet und man konnte es schon spielen. Es steckten einige wirklich niedliche Mechaniken darin. Es war eine Schande, dass sie das Projekt aufgaben, nachdem ich ging. Sie hätten weitermachen sollen. Ich habe natürlich leicht reden, aber ich dachte, es steckte viel Gutes darin."

Project Opal spaltete die Meinungen derer, die daran arbeiteten. Einige dachten, dass es „beschissen“ war, andere sahen das Potential.

"Einige der Baumechanismen waren atemberaubend", erzählt eine Person. "Es erinnerte mich daran, warum ich überhaupt zu Lionhead ging. Dieses Gefühl für Innovation, sich gegen Grenzen zu stemmen und Risiken einzugehen."

Die Quellen sind sich nicht ganz einig darüber, wie der Wechsel von Project Opal zu Fable Legends im Laufe des Jahres 2012 vonstatten ging. Einige sagen, Project Opal wurde zu Fable Legends umgearbeitet, andere sprechen von einer komplett anderen Produktion, die einem Creative Day als Projekt F-Versus entsprang. Eine Quelle beschrieb F-Versus als "Fable Team Fortress". Verschiedene Helden sollten gegen ein Team Kreaturen spielen. Es sei auf Basis der Engine von Fable: The Journey gebaut worden. Eine andere Quelle erinnert sich an folgenden Pitch: "Stellt euch einen Fable-Level vor, aber mit vier Helden im Koop. Ein fünfter Spieler kontrolliert als Mastermind die Kreaturen, Fallen und die Handlung des Levels."

"Als man uns sagte, wir sollten ein Service-Spiel machen, bauten wir nicht mit Absicht ein neues Fable-Spiel", so eine Quelle. "Das Marketing hatte die Idee, es im Fable-Universum anzusetzen, würde größere Verkaufszahlen bedeuten und auch einen höheren Erkennungswert bieten. Also machten wir es so."

Hier eine weitere Version von einer anderen Quelle:

"Sie wollten Opal den Fable-Namen aufdrucken, weil sie sich nicht sicher waren, ob es ohne funktionieren würde. Das Projekt bekam einfach kein Bein auf den Boden und dann kam diese neue Idee und Opal schien einfach zu enden, während Fable Legends begann."

So oder so: Microsoft gab der Produktion dieses neuartigen Fable-Spiels grünes Licht. Es sollte ein Spiel als Service werden, und free-to-play - eine Entscheidung, die früh getroffen, aber bis Februar 2015 nicht der Öffentlichkeit mitgeteilt wurde. Man war nervös, wie das Geschäftsmodell ankommen würde.

Lionhead hatte noch nie zuvor ein Spiel dieser Art entwickelt. Sie hatten einfach nicht die Expertise. In der Zeit nach Molyneux musste sich das Studio neu erfinden. Nachdem Fable Legends nun das nächste Lionhead-Spiel wurde, veränderte man das Skill-Set der Belegschaft. Leute mit Erfahrungen in Monetarisierung, Back-end-Diensten und kompetitivem Game-Design wurden angeheuert, um dem Studio beim Übergang zu helfen. John Needham, der an Marvel Super Hero Squad Online MMO bei Gazillion und am Champions-Online-MMO sowie Star Trek Online bei Cryptic gearbeitet hatte, wurde Chef des Studios. David Eckelberry, der bei diversen Spielen für Gree konsultierte, wurde Creative Director. Die Idee war, den Fokus zu verschieben. Intern bezeichnete die Belegschaft diesen Wandel als den Anfang von Lionhead 2.0.

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"Es ging darum, unsere Teamkultur von der bisherigen wegzusteuern. Von der, einen Autoren am Ruder zu haben", sagt Ex-Studio-Director Stuart Whyte.

"Peter war der Kopf des Studios. Er war der Lead Designer, der wichtigste PR-Mann. Er hatte viele verschiedene Rollen inne. Es ging darum, eine Umgebung zu schaffen, in der die größer werdenden Teams mehr Autonomie besaßen. Es ist großartig, wenn die Leute mehr Verantwortung tragen, wenn es mehr Transparenz und Kommunikation gibt.


Lionhead hatte Probleme mit Fable Legends, so diejenigen, die daran arbeiteten, weil sie so etwas nie zuvor gemacht hatten. Einer der größten Stolpersteine war die Balance.

Fable Legends war ein Vier-gegen-einen-Spiel. Vier Helden kämpften gegen Monster, die der Bösewicht entsandte. Der wiederum schaute von oben nach Art eines Strategiespiels auf das Schlachtfeld. Dazu kam ein Auflevel-System, das dafür sorgen sollte, das sich die Helden im Laufe eines Levels immer mächtiger fühlen sollten. Im Team herrschte Uneinigkeit darüber, wie das ablaufen sollte.

Regeln wurden aufgestellt. Zum Beispiel mussten alle Level von links nach rechts gebaut werden, denn die Kamera des Bösewichts bewegte sich von links nach rechts, als die Helden von einer Arena in die nächste vorstießen. Die Level durften nicht zu hoch gebaut werden, weil sonst die Kamera des Bösewichts Probleme bekommen würde. Höhenunterschiede konnte man nur am hinteren Ende eines Levels finden, wo sie keine Probleme machte.

Die Gameplay-Regeln waren ständig im Fluss. Legends verfügte über eine Wiederbelebe-Mechanik, die das Spiel unfair für den Bösewicht machte. Eine Antwort auf dieses Problem war das Tragen gefallener Spieler in die nächste Arena.

Die Helden mussten aufleveln, damit sie sich mächtiger fühlten, aber das galt auch für ihren Gegenspieler. "Das neutralisierte sich dann gegenseitig", so eine Quelle. "Es war eine echte Herausforderung."

"Ein guter Bösewicht konnte gegen geübte Helden ungemein enge Partien erleben. Aber wenn man einen schlechten Bösewicht hatte oder einen Helden, der keine Ahnung hatte, was zu tun war, endete das Spiel oft in der ersten Arena, was nicht gerade spaßig war."

Auch hatte Fable Legends ein Problem mit Tränken. Sollten Spieler mit einer ganzen Menge Wiederbelebungstränke starten? Sollten wiederbelebte Helden mit voller oder halber Kraft weiterspielen? Sind Tränke dem Bösewicht gegenüber nicht unfair? Wenn jemand einem laufenden Spiel beitrat, hatte er einen kompletten Satz Tränke und konnte zum Beispiel in der zweiten Arena einsteigen. Komplett gesund und bestens gerüstet. Auch hier wieder: unfair für den Bösewicht.

Einige waren der Überzeugung, Fable Legends sollte sich wie ein Zermürbungskrieg anfühlen, ein stetes Tauziehen. Andere fanden, es sollte etwas lockerer ablaufen. Es klingt, als war Lionhead unsicher, in welche Richtung es gehen sollte.

"Es war ein Albtraum für uns," sagt eine Quelle.

Und dann erst das Griefing: Das Design von Fable Legends bedeutete, dass ein cleveres Rudel Helden das Spiel endlos ausdehnen konnte, wenn sie es hinbekamen, den letzten Boss wieder und wieder zu lähmen. Zu diesem Zeitpunkt war der Bösewicht absolut hilflos. Was also dagegen tun? Sollte der Bösewicht immer mächtigere Monster spawnen können, bis die Helden besiegt waren? Das klang nicht gerade nach einer guten Lösung.

Auch technische Probleme gab es. Fable Legends wurde mithilfe der Unreal Engine 4 gebaut, aber wie ein Entwickler sagt, war die Engine nicht ganz bereit, als Lionhead damit anfing. Also mussten neue Versionen der Engine während der laufenden Entwicklung integriert werden. Manchmal dauerte das Monate. Immer wenn eine neue Version der UE4 online ging, bügelte sie ein paar Bugs aus und fügte neue Features hinzu, aber warf auch neue Bugs auf.

"Wir waren zwei Monate davor, in die geschlossene Beta zu starten und hatten zu dem Zeitpunkt noch keine Monetarisierung, kein Level-up-System und keine Helden-Talente", berichtet eine Quelle.

"Fast ein Jahr gab es in Scrum-Retrospektiven Post-it-Sticker frustrierter Leute über fehlende Designs, die für ein Free-to-play-Spiel eigentlich integraler Bestandteil gewesen wären. Es schien, als hätten die Leute an der Spitze keine Ahnung, wie man ein Free-to-play-Spiel macht. Das konnte man seinerzeit an dem Produkt deutlich sehen."

Gegen Ende 2014 hatte das Team immer noch Probleme, das Design von Fable Legends auf den Punkt zu bringen. Ein Multiplayer-Experte wurde angeheuert, um die Spielbalance zu analysieren und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Der Berater arbeitete eine Reihe Probleme des Spiels und seiner Systeme heraus, aber Berichten zufolge fielen seine Bedenken weitestgehend auf taube Ohren.

Von links nach rechts: Phil Harrison, John Needham, Kudo Tsunoda und Phil Spencer auf Besuch bei Lionhead im Dezember 2014.

Und dann war da noch Microsoft. Immer wieder wurde Fable Legends während der Entwicklung als Aushängeschild diverser Microsoft-Initiativen verwendet. Im Januar 2015 wurde Fable Legends zusätzlich zu einem Windows-10-Spiel, nachdem Microsoft entschieden hatte, dass man sich nun auf Cross-Plattform-Gameplay konzentrieren würde ("Als wir mit der Entwicklung von Fable Legends begannen, wussten wir nichts von Windows 10", sagt eine Quelle. "Tatsächlich wären wir sogar auf Steam herausgekommen"). Das verursachte bei Lionhead starke Kopfschmerzen. Cross-Plattform-Support öffnete nämlich Cheatern Tür und Tor.

"Wir mussten sicherstellen, dass die Architektur vorhanden war, dass die Leute nicht cheaten konnten. Ansonsten hätte uns das gleiche Schicksal ereilt wie The Division", sagt ein Entwickler, der an Fable Legends arbeitete.

"Wenn man am PC hätte mogeln können, hätten es die Konsolenspieler mit Hackern zu tun. Hätten wir sie nicht effektiv davor schützen können, hätte das den Ruf von Xbox Live schwer beschädigen können."

Die PC-Version sollte zudem das Potenzial von DirectX 12 demonstrieren. Fable Legends war ein Grafik-Showcase - aber hätte es das wirklich sein sollen? "Sie wollten Legends ständig als Demo für etwas Neues haben", sagt eine Quelle.

"Legends hätte spottbillig produziert werden sollen, das ist der komplette Sinn eines Free-to-play-Spiels. Wenn die Leute es nicht mögen, machst du nicht viel Verlust. Wen sie es mögen, baust du mehr von dem, was die Leute wollen. Legends kostete dagegen viel Geld und wurde häufig verschoben, damit wir noch andere neue Techniken Microsofts vorzeigen konnten."

Wie viel Geld genau? Eine hochrangige Lionhead-Quelle spricht von 75 Millionen Dollar, die für Fable Legends ausgegeben wurden - eine ungeheure Summe für ein Free-to-play-Spiel.

"Das Ziel bei Free-to-play ist es, früh etwas zu veröffentlichen und auf Basis dieses Builds zu iterieren, die Community und Userbasis aufzubauen", sagt eine Quelle.

"Aber weil es auch ein Flaggschiff-Spiel sein sollte, gab es ein Bestreben, es größer und ausgefeilter zu machen, bevor es erschien. Die Ausmaße dieses Titel lagen also weit über dem, was es hätte sein dürfen, um ein erfolgreiches Free-to-play-Spiel zu werden."

Die Quellen berichten, dass Lionheads Arbeit an Fable Legends sich in Teilen darum drehte, die immer neuen Kästchen abzuhaken, die Microsoft ihnen hinkritzelte. So lange ihnen das gelingen würde, könnten sie weiter Spiele machen.

"Wir haben immer versucht, am Steuer zu bleiben und großartige Dinge zu erschaffen. Aber letzten Endes ist es nun mal so, wenn man einer anderen Firma gehört, die strategische Entscheidungen trifft wie Kinect oder "Games as a service" - dann muss man die Kästchen abhaken, die die übergeordnete Organisation für wichtig halt. Wir machten unsere, hakten Windows 10 und DirectX 12 mit Fable Legends ab - und dachten, dass uns das Sicherheit verleihen würde, denn wir gaben der Organisation genau das, was verlangt wurde", so eine Person.

"Spiele als Service war etwas, auf das Microsoft sehr erpicht war. Ebenso Windows 10 und auch, dass das schönste Online-Game überhaupt DX12 nutzt, war ihnen besonders wichtig. Wir unterstützten all diese Dinge, weil wir in ihrem 'Buch der guten Leute' stehen wollten."


Am 7. März 2016 wurden per E-Mail zwei Meetings einberufen. Eines für dauerhaft Angestellte. Das sollte im Café unten stattfinden - der einzige Ort, der die etwa 100 Leute, die an Fable Legends arbeiteten, fassen würde. Auftragsarbeiter wurden in ein separates Meeting bestellt. Die Alarmglocken läuteten.

"Da kommt man ins Grübeln, 'oh, oh, was geht hier vor?'," sagt eine Quelle. "Ich dachte, sie würden einige der Leute auf Auftragsbasis feuern und dass Microsoft wollte, dass das Spiel herauskam."

"Wir scherzten, dass wir jetzt dicht gemacht werden würden, wie wir es nicht zum ersten Mal gemacht hatten", erinnert sich eine andere Quelle, "aber ich glaube, zum Teil glaubten wir dieses Mal wirklich daran."

Die Belegschaft nahm im Café Platz und wartete darauf, dass das Meeting beginnen würde. "Man konnte sehen, dass die Leute nervös waren, aber wir witzelten weiter", so eine Quelle.

Hanno Lemke, General Manager, Microsoft Studios Europe, betrat das Café zusammen mit einem Verantwortlichen aus der Personalabteilung.

"Man kann es an der Stimmung der Leute erkennen", erzählt ein Beobachter. "Sie stehen auf eine bestimmte Art da. Man denkt sich, hier passiert etwas gar nicht Gutes."

"Die Luft war zum Schneiden dünn", sagt jemand anderes, der der Szene beiwohnte. "Als er zu sprechen begann, klang er unglaublich nervös, was überhaupt nicht seine Art ist. Das war der Punkt, an dem wir wussten, dass es schlechte Neuigkeiten geben würde."

Lemke verkündete die Einstellung von Fable Legends und die Schließung von Lionhead. Er hielt sich ans Drehbuch, seine Stellungnahme glich derjenigen, die noch am selben Tag der Presse zugehen würde. Microsoft wollte die Message kontrollieren und einen unangenehmen Leak vermeiden (Publisher tun in der Regel ihr Bestes, um zu vermeiden, dass ihre Angestellten aus Internetartikeln von ihrer Kündigung erfahren). Die Mitteilung ging nicht nur an Magazine, sondern auch an interne Stellen. Microsoft-Studios wie Rare zum Beispiel fanden es auf die gleiche Weise heraus wie wir Magazine.

"Es war keine lange Rede," berichtet ein Beobachter. "Er war geradeheraus, aber auch nicht kurz angebunden. Es war traurig, wie eine Beerdigung. Es war durchaus von Herzen. Es schien keine leichte Entscheidung gewesen zu sein."

"Ich war schockiert", sagt eine andere Person, die an dem Meeting teilnahm. "Einigen Leuten verschlug es die Sprache, sie waren fassungslos. Der Creative Director war kreidebleich im Gesicht."

Einige hochrangige Lionhead-Mitglieder hatten vermutet, dass etwas im Busch war. Die Personalabteilung hatte nach allem Papier mit offiziellem Briefkopf gefragt, was nie ein gutes Zeichen ist. Meetings hatten in Redmond stattgefunden. Aber niemand hatte damit gerechnet, dass Microsoft so weit gehen würde, das Studio zu schließen.

Mit einem Mal hatten 100 Menschen keine Arbeit mehr und das Spiel, an dem sie die letzten vier Jahre gearbeitet hatten, sollte niemals erscheinen. Alle gingen in den Pub.

"Viele Leute waren schockiert", sagt eine betroffene Person. "Viele wollten es nicht wahrhaben. Viel Wut schien es nicht zu geben. Wenn man die letzten vier Jahre seines Lebens an etwas gearbeitet hat und es so nah vor der Vollendung ist, dann herrscht nur Unglauben. Ich war schockiert und wollte es nicht wahrhaben - und das hielt eine ganze Weile an."


Warum schloss Microsoft Lionhead? Einige Leute lasten dem Studio an, dass sie sich nicht stark genug gegen das "Games as a service"-Mantra Microsofts wehrten. Aber andere kontern, dass das Studio vermutlich schon Jahre vorher dicht gemacht worden wäre, wenn es 2012 nicht nach der Pfeife seines Meisters getanzt hätte.

Andere machen eine Reihe schlechter Entscheidungen und verfehltes Management für die Schließung verantwortlich. Lionhead tat sich definitiv mit Fable Legends' Design schwer. Die geschlossene Beta zeigte mit jedem Update deutliche Verbesserungen, aber mit mindestens 75 Millionen Dollar an Ausgaben war es unwahrscheinlich, dass Microsoft jemals einen Profit einfahren würde.

"Wir wussten, dass Microsoft kein tolles Jahr hatte, was die Spiele angeht", erzählt uns eine Quelle. "Wir wussten intern auch, dass das Spiel nicht besonders viel Spaß machte und dass Features fehlten, die zu einem Free-to-play-Spiel nun mal dazu gehören. Dennoch, das war schon eine sehr lange Zeit offensichtlich und Microsoft hatte diverse Chancen, das Spiel vor seiner Fertigstellung einzustellen, tat es aber nicht."

Einige sagen, Fable Legends war zu ambitioniert. Es hatte beeindruckende Grafik, die man normalerweise nicht mit Free-to-play-Spielen wie League of Legends oder Hearthstone in Verbindung bringt. Fable Legends enthielt "Brightlodge", ein Feature, das eine Person folgendermaßen beschreibt: "ein wunderschöner Teil des Spiels, der uns viel Geld und Entwicklungszeit kostete, weil die Leute sich nicht von dem Gedanken trennen konnten, ein verpacktes Ladenspiel zu machen und einen Teil von Fable 4 in Legends einbauen wollten."

Manche finden, Lionhead baute zu viele Level für Fable Legends. 16 plus das Brightlodge-Gebiet allein für die erste Staffel des Spiels. "Jeder einzelne davon war von den Artists wunderschön gestaltet", so eine Quelle. "Es gab genügend Content, um ein verpacktes Ladenspiel daraus zu machen und war visuell auf der Höhe der Zeit." Vielleicht ist man über das Ziel hinausgeschossen, wenn man bedenkt, dass League of Legends auf nur einer Map stattfindet und sich offenkundig nie zu sehr mit seinem Aussehen befasste.

Andere sagen, Fable Legends hatte seine Chance, nutzte sie aber nicht. Es sollte 2015 herauskommen, kurz nach der Veröffentlichung von Windows 10 im Juli, wurde aber auf 2016 verschoben. Die Quellen berichten davon, Lionhead hätte sich selbst Ziele für die Beibehaltung der Spielerbasis gesetzt, bevor man die offene Beta starten würde, aber es nicht geschafft, sie zu erreichen.

"Wir dachten, sobald das Spiel einmal auf Xbox Live wäre und jedermann es einfach herunterladen könnte, würden wir wegen des Markennamens und der Tatsache, dass es nicht viele andere Free-to-play-Games auf dem System gibt, Hunderttausende Downloads bekommen", erzählt eine Person, die am Spiel mitgewirkt hat.

"Und wenn sie es nicht mögen würden oder es ein ein Problem mit dem Spiel gäbe, dann würden wir sie aller Wahrscheinlichkeit nach verlieren und nie wieder sehen."

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Durch die geschlossene Beta kamen hier und da ein paar Tausend Spieler dazu. Lionhead schaute sich an, wie sie spielten und ob das Spiel die selbst gesteckten Ziele erfüllen würde. Aber das war nicht der Fall und das Spiel wurde verschoben.

Einige sagen, es lag an Free-to-play, einem System, dem so viele Spieler misstrauen, die die Nase voll von Mikrotransaktionen, In-App-Käufen und In-Game-Shops hatten. Als Lionhead Fable Legends' Geschäftsmodell ankündigte, reagierten die meisten verärgert. Nur die wenigsten dachten bei Free-to-play an Perlen wie Hearthstone und Team Fortress 2.

Und dann war da noch die schlichte Tatsache, dass Legends einfach nicht das Spiel war, dass sich Fable-Fans gewünscht hatten. Sie wollten ein Fable 4, ein Solo-Rollenspiel, das sie umpusten würde. Sie wollten keine Free-to-play-Neuinterpretation, die sich um kompetitiven Multiplayer drehte.

Eine Quelle erzählte Eurogamer, dass Hanno Lemke hinzukam, um John Needham als Lionheaf-Chef zu ersetzen und so eine "objektive Entscheidung zu treffen, ob das Spiel gut werden würde oder nicht." Eine andere Quelle sagte, es war Lemke, der empfahl, das Spiel einzustellen und das Studio zu schließen.

"Diese Änderungen treten ein, während Microsoft Studios seine Investitionen und Entwicklungen auf die Spiele und Marken konzentriert, die die Fans am aufregendsten finden", so Hanno Lemke. Das ist das einzige in Richtung einer Erklärung, die wir von Microsoft bekamen.

"Es ist eine geschäftliche Entscheidung", sagt eine Quelle. "Sie wollten Geld sparen. Es war nichts Persönliches. Gleichzeitig schlossen sie Press Play. Irgendjemand irgendwo warf einen Blick auf die Bilanz und wollte etwas Geld sparen."

Nach Angaben einiger Leute, die daran arbeiteten, war Fable Legends fast fertig. Es war nur ein, zwei Updates von der Open Beta entfernt, behauptet eine Quelle.

Der Gedanke war, dass Lionhead schon bald sein Augenmerk auf ein viertes Fable richten würde, das zu diesem Zeitpunkt wenig mehr als eine Power-Point-Präsentation war, und dafür die Technologie und Assets nutzen würde, die für Fable Legends erstellt worden war.

"Technisch gesehen war das Spiel fertig. Die Infrastruktur war da, die Arbeiten am nächsten Fable hatten begonnen. Die Moral im Studio war eigentlich wieder recht gut", erinnert sich eine Quelle.

"Die Leute waren froh, dass sich Legends dem Ende zuneigte. Wir hatten nie wirklich erwartet, dass dieses Spiel ewig leben würde, aber wir dachten niemals, dass sie es einstellen würden. Der größte Schock aber war die Schließung des Studios. Es fühlte sich an, als müssten wir und nicht die großen Studios wie 343 es ausbaden, dass Microsoft nicht das beste Jahr in Sachen Spiele hinter sich hatte."

"Es war ein ziemlicher Stich ins Herz, dass das Studio gut sechs Jahre lang damit beschäftigt gewesen war, die Sachen zu machen, die Microsoft ihm auftrug, um irgendwelche Technologien zu demonstrieren. Sehr wenige hier wollten Fable: The Journey machen und fast niemand wollte an Fable Legends arbeiten."

"Es fühlte sich an, als wäre die Zeit endlich reif gewesen, wirklich zu Lionhead 2.0 zu werden und das Spiel zu machen, das alle spielen und das wir alle machen wollten: Fable 4. Wir hatten intern zum Schluss fantastische Technik. Ein Laubwerksystem, das es mit jeder anderen Engine aufnehmen konnte, und wunderschöne dynamische globale Beleuchtung."

Lionheads "Doomsday Szenario" war, dass Fable Legends eingestellt würde und das Studio aus den Assets Fable 4 machen würde. Das bedeutete, dass ein neuer Teil in der Zeitlinie von Legends spielen würde, also mehrere Hundert Jahre vor den Ereignissen der ursprünglichen Trilogie, in dieser Welt hätte es noch viel Magie gegeben. Aber auch Kameos von den Helden aus Fable Legends. Wie sich herausstellte, sollte das wahre "Doomsday Szenario" Lionheads Schließung sein.


Gemäß dem britischen Arbeitsrecht begann Microsoft die Beratungszeit für die Lionhead-Belegschaft. Das Studio war im Begriff, geschlossen zu werden, aber Fable Legends lebte noch etwas weiter. Die Server sollten erst Mitte April abgestellt werden, was den Kunden die Chance geben sollte, sich etwaige Ausgaben für Spiel-Gold zurückerstatten zu lassen. Eine Rumpfmannschaft arbeitete während dieses Vorgangs weiter in den Guildford-Räumlichkeiten. Für alle anderen hieß es, "kommt, wenn ihr wollt. Oder bleibt zu Hause."

Die meisten blieben zu Hause, aber einige kamen, um an ihren Showreels oder ihren Lebensläufen zu arbeiten. Ein Angestellter kam, nur um Rocket League zu spielen, denn bei Lionhead gab es unglaublich schnelles Internet. Die Belegschaft beschreibt die Atmosphäre in dieser Zeit als gespenstisch.

Am 13. April schaute die Lionhead-Belegschaft mittels eines Beamers an der Wand des Entwicklungsstudios einen Fable-Legends-Twitch-Stream. Der Streamer brach unverhohlen die immer noch wirksame Sperrfrist, aber ihr war es egal. Sie weinte, als das Spiel offline ging. Es war ein emotionaler Augenblick.

Ein Kernteam der Mitarbeiter versuchte, Fable Legends unter dem Namen "Project Phoenix" zu retten. Der Plan war, das Spiel zu beenden, es zu veröffentlichen und es als neues Studio weiterzuentwickeln, indem man es von Lionhead lizenzierte. "Es hätte ein paar Jobs gerettet", sagt eine Person, die daran beteiligt war. "Und wenn man die Kosten der Entwicklung bis dahin hätte abschreiben können, hätte man so sogar Geld sparen können."

Fast hätte es geklappt. Zwei chinesische Firmen hatten Interesse bekundet, das neue Studio zu finanzieren. Aber es hat nicht sollen sein. Nicht nur stand Fable nicht zum Verkauf, auch die Gespräche gingen nicht schnell genug voran. Die meisten Mitarbeiter hatten schon einen neuen Job, als sie von dem Projekt hörten.

"Microsoft war von der Idee nicht abgeneigt, aber uns ging die Zeit aus", so die Quelle.

"Während dieser Zeit schloss Sony auch Evolution und binnen zwei Wochen nahm Codemasters sie auf. Wir dachten, what the fuck!? Wie kann das so schnell geklappt haben?' Es stellte sich heraus, dass Evolution schon Monate zuvor von Sony unterrichtet wurde, was passieren würde. Wenn Microsoft vielleicht etwas Ähnliches gemacht hätte, wäre es vielleicht anders ausgegangen. Shit happens. Leider."

Die Leute hinter Project Phoenix sprachen mit einer Reihe an Firmen über eine Weiterführung von Fable Legends. Eine Firma, mit der man allerdings nicht redete, war Sony.

"Fable Legends von Microsoft zu lizenzieren, ist eine Sache. Aber Microsoft hätte niemals zugelassen, dass es auf der PS4 herauskommt."

Lionhead schloss seine Pforten am Freitag, den 29. April. Charlton Edwards erinnert sich daran, wie er das Gebäude zum letzten Mal verließ. Er hatte dort 14 Jahre lang gearbeitet.

"Ich dachte, wenn ich gehe, küsse ich die Wände und nehme Stücke des Teppichs mit. Wir haben auch einiges mitgenommen. Aber als ich das Gebäude verließ, war ich nicht traurig. Ich glaube, ich habe es noch nicht richtig begriffen. Es fühlt sich immer noch irgendwie unwirklich an.

"Wir hatten eine Spielesammlung im Büro und sie legten alle zum Mitnehmen auf einen Tisch. Ich schnappte mir ungefähr 20 Xbox-360-Spiele. Ein paar der großen Porträts, die an den Wänden hingen. Poster, Biermatten, Armbänder, Artworks, Bücher. Sie gaben alles weg. Und weil ich der Einzige war, der damals auch an Black & White beteiligt war, nahm ich einige der Trophäen mit. Ich weiß nicht, was ich damit machen werde. Im Moment sind sie Buchstützen."

Alle gingen in den Pub, The Stoke, um genau zu sein - um das Studio gebührend zu verabschieden. Lionhead-Entwickler von damals bis heute tauchten auf, um dem Studio die letzte Ehre zu erweisen.

"Alle schienen durchaus positiv gestimmt", sagt Edwards. "Es war geradezu jovial. Gegen Ende gab es viele Umarmungen. Einige weinten, nicht wegen des Endes von Lionhead, sondern weil sie einige Leute nicht wiedersehen würden. Aber die Atmosphäre war ziemlich gut."


Es ist nicht ganz einfach, Lionheads Vermächtnis auf den Punkt zu bringen. Die meisten Gedenken der Spiele, insbesondere Fable 2. Das erste Black & White erfährt ebenfalls viel Liebe. Aber für diejenigen, die dort arbeiteten, sind es die Leute, das Talent, die Lacher, Streiche und Launch-Partys…

Fable-Artwork an den Wänden von Lionhead.

Peter Molyneux' Einfluss kann man kaum übertreiben. Zwischen all den gebrochenen Versprechen und unsinnigen Design-Forderungen brachte er auch einige Leute groß heraus. Guildfords Spieleentwicklungsszene verdankt ihre Existenz dem kontroversen Designer zu großen Teilen. Hier gab es nicht nur Lionhead. Media Molecule und No-Man's-Sky Entwickler Hello Games sitzen hier, sogar EA und Ubisoft haben Publishing-Arme dort. Einige beschrieben mir Lionhead als eine Universität. So viele unglaublich talentierte Entwickler lernten hier ihr Handwerk, bevor sie ihrer Wege gingen..

Es war ein Ort voller Leidenschaft. Einige schliefen sogar im Studio - nicht, weil es ihnen so aufgetragen war, sondern weil sie die bestmögliche Arbeit liefern wollten und ihre Jobs aufrichtig liebten.

Auch war es eines der kreativsten Studios, die es im Vereinigten Königreich je gab - im Guten wie im Schlechten. Der Erfolg von Fable finanzierte die Entwicklung einer Reihe schließlich eingestellter Projekte, sehr zum Unmut einiger. Milo & Kate, Survivors, Eden Falls, Project Dimitri… die Liste nie veröffentlichter Spiele ist lang. Aber das ist nun mal Peter und das war nun mal Lionhead. Ein Studio, das dazu gemacht war, Risiken einzugehen, auch haarsträubende hier und da.

"Ich beschreibe Bullfrog und Lionhead als Studios, in denen du allgemein so viel Leine bekommen hast, wie du wolltest - du musstest nur darauf gefasst sein, dich daran zu erhängen", sagt Dene Carter.

Es war auch ein progressives Studio. "Es durchbrach Barrieren", sagt Ted Timmins. "wir innovierten."

"Ein Gentleman kam zum Fable-3-Stand auf der E3 und bat darum, Peter zu sehen. Ich fragte ihn, warum. Er erzählte mir von einer der Quests in Fable 2, in der es um einen Teenager ging, der versuchte, seinem Vater von seiner Homosexualität zu erzählen. Der Spieler musste ihm dabei helfen. Der Mann sagte, dass er dasselbe erlebt hatte, seiner Familie beizubringen, dass er schwul war, und dass ihn das Spiel sehr berührt hatte. Ich war in Tränen, auf einem E3-Stand."

Wie geht es mit Fable weiter? Wir hörten Gerüchte, dass ein Hearthstone-artiges Fable-Spiel immer noch herauskommen könnte, man munkelt über einen Kickstarter für einen inoffiziellen Nachfolger. Und viele Indie-Entwickler werden sich aus den Trümmern von Lionhead erheben.

"Wann immer ein großes Studio dicht macht, sprießen ein paar neue aus dem Boden", sagt Ted Timmins. "Darin steckt sicher irgendwo eine Analogie: Was in der Art von, 'wenn man eine große Eiche fällt, wachsen ein paar neue Setzlinge', oder etwas vergleichbar Fable-artiges. Irgendwo da drinnen steckt gewissermaßen eine Eichel, nicht wahr?"

Und trotz allem liebt Molyneux immer noch Fable.

"Wenn ich mit dem fertig bin, was ich gerade mache, und jemand auf mich zu kommt und fragt, ob ich Fable 4 machen wollen würde, wäre ich sofort dabei", sagt Molyneux.

"Ich würde Dene zurückholen, ich würde Simon zurückholen. Und ich würde diese Welt neu erschaffen. Sie ist reichhaltig und es gibt so viele Ansätze, die wir nicht verfolgten. Das würde wirklich Spaß machen.

"Und ich würde immer noch das Äquivalent zu einem Hund suchen."

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