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Noblechairs Epic Gaming Stuhl - Test

Wie man sich setzt, so spielt man?

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Hochwertige Verarbeitung, markantes Design und rückenfreundliche Ergonomie lassen euch nicht besser spielen. Aber deutlich entspannter.

Der Stuhl unter dem Hintern ist beim Gaming ein echter Faktor. Nicht unbedingt für das Spielen selbst, nicht in erster Linie, mehr für euch generell. Euren Rücken, eure Gesundheit, euer Wohlbefinden beim Spielen. Und was habe ich da schon für Dinge gesehen. Ein simpler Baumarkt-Drehstuhl für 30 Euro. Ein Holzhocker. Eine kleine Bierbank(!). Davor stand natürlich dann, einmal auf Bananenkisten, ein PC-Setup, das kaum weniger als 3000 Euro kostete, dessen Besitzer in selbstzerstörerischer Haltung davor kauerte. Ich selbst bin auch nicht viel besser. Meine bisherige Sitzunterlage war ein Standard-Möbelhaus-Bürostuhl für keine 150 Euro, der auch nicht unbedingt optimale Sitzhaltungen förderte. Bis jetzt. Denn jetzt steht hier ein Noblechairs Epic Black/Blue.

Aus dem Rennwagen direkt hinter den Schreibtisch? Ein wenig wirkt der Noblechairs Epic so.

Noblechairs (hier im Vertrieb über Caseking.de, die auch dieses Muster stellten) ist im immer noch nicht übermäßig besetzten Markt der Gaming-Stühle recht jung unterwegs und eigentlich haben sie genaugenommen ein Modell im Angebot. Das allerdings in verschiedenen Farbanhauchungen und sogar in einer Art Luxusausführung mit Echtlederelementen. Ich sage "Anhauchungen", weil alle Kunstleder-Modelle eigentlich ganz groß "SCHWARZ" mit ganz klein "blau", "gold" oder "rot" dahinter geschrieben sein müssten. Am Sitzpolster befindet sich eine Lederecke in dieser Farbe, dazu noch die Nähte in dem Look, das war es dann schon mit der Farbe. Sehr dezent und fast stilvoll. So denn Gold außerhalb barocker Schlösser überhaupt stilvoll sein kann. Etwas auffälliger ist die Weiße Echtleder- und die Special-Edition, bei denen sich ein weißer Rand links und rechts vom Kopfteil bis hinunter über die Sitzfläche zieht. Hey, wem es gefällt, über Geschmack lässt sich vortrefflich streiten, aber dafür sind ja die Kommentare hier drunter da.

Alle relevanten Achsen lassen sich ausreichend verstellen, die Maße sind etwas größer als der übliche Klein-Büro-Stuhl.

Der generelle Eindruck der Noblechairs kann anleihen an einen Sportwagen-Rennsitz nicht ganz verbergen und das ist sicher auch so gewollt. Seit wann ist denn Gaming-Zubehör zurückhaltend? Also, das ist weniger ein Stuhl für das viktorianisch eingerichtete Büro, sondern wirklich für die Gaming-Ecke, das Gaming-Zimmer oder den Gaming-Saal.

Bis er in seiner ganzen Pracht allerdings steht, müsst ihr ein Fast-30 Kilo-Paket an einen Ort mit ein wenig Platz um euch herum befördern, es auspacken und die Einzelteile sauber sortieren. Ja, es ist Ikea-Deluxe, ihr müsst selbst bauen. Das geht... zu zweit sehr viel leichter, da hat die Anleitung absolut recht. Aber ich und mein Noble sind der Beweis, dass es auch allein funktioniert und ihr überleben könnt. Aber Garantien geben weder ich noch die Anleitung ab, also sucht euch am besten einen Bau-Buddy für die Aktion.

Die Anleitung nenne ich mal wohlmeinend. Im Großen und Ganzen müsst ihr nur selten rätseln, was sie von euch will, welche Schraube wohin gehört, schon allein, weil es nur wenige Schrauben und kein Dutzend Teile sind. Räder sind schnell gesteckt, das Rätsel der beiden Zylinder um den Sockel bald gelöst, die Armlehnen montiert und das Oberteil auf das Unterteil gesteckt. Der ganze Akt dauerte keine halbe Stunde solo, zu zweit lassen sich da bestimmt noch ein paar Minuten Balance-Akte abziehen.

Die Nähte sind vorbildlich verarbeitet.
Gold nicht euers? Kann ich verstehen, ich bevorzuge Blau. Wobei Rot auch nicht verkehrt ist. Es müsste Themes zum Wechseln geben.

Während dieses Prozesses bekommt ihr einen guten Eindruck von der Qualität des Noble Epic. Der Sockel mit den Rädern ist extrem stabil, das Oberteil ebenfalls und nur die Armlehnen aus sich etwas billig anfühlendem Plastik hinterlassen einen Eindruck, der nicht so recht zum Rest des Stuhls passen will, womit sie am Markt, seien es Gaming- oder normale Bürostühle, nicht allein sind. Das Gute ist, dass sich dieser Eindruck in der Benutzung relativiert, aber trotzdem, an einem sonst durchweg haptisch wie äußerlich hochwertigen Produkt wirken sie wie ein Fremdkörper, der zuerst vergessen wurde und den man dann schnell noch hinzugefügt hat. Der Rest macht einen wirklich haltbaren Eindruck und ich würde ihm zutrauen, auch ein klein wenig mehr als die angegebene Maximal-Belastung von 120 Kilo zu überleben, ohne zu murren sich oder gar zusammenzufalten.

In der Kiste findet ihr auch zwei Kissen mit Gummiband-Riemen. Das erste ist für den Kopf oben, das untere für euer Haustier, welches sich auf dem bei beiden Kissen angenehmen und weichen Stoff mit entsprechender Auspolsterung wohlfühlen sollte. Denke ich, denn an der angedeuteten Position am unteren Ende eurer Wirbelsäule hat es für mich nichts verloren. Kann sein, dass jemand das anders sieht, wenn er es ausprobiert, ich empfand es nur als störend.

War es erst mal entfernt, änderte sich Eindruck drastisch und mir wurde klar, wie schlecht mein voriger Stuhl war, über den ich bis dahin nicht viel Böses dachte. Der Noble Epic ist hart gepolstert und hat einen sehr geraden Rücken. Er zwingt euch fast dazu, gerade zu sitzen, was natürlich auf Dauer den Rücken ungemein entlastet und schont. Obwohl, "zwingt" ist das falsche Wort, "ermuntert" passt besser, denn nichts an der Sitzhaltung, die angedacht ist, stört. Ganz im Gegenteil, wenn ihr aus falscher Gewohnheit nach einer Weile mit dem Hintern auf die Kante rutscht, vornübergebeugt Richtung Monitor hängt, das ein wenig durchhaltet und euch dann zurück in die harte, aber gerechte Sitzschale zurückfallen lasst, merkt ihr wie gut das tut. Weit mehr noch als es bei meinem vorigen Billig-Stuhl der Fall war.

Die Armlehnen fühlen sich zwar insgesamt etwas zu sehr nach Plastik an, aber die Oberseite ist gut gepolstert und bequem.

Der Sportwagen-Eindruck kommt nicht von ungefähr, ohne sich aber bei der Sitzhaltung zu sehr aufzuzwingen. Ihr fühlt euch schon ein wenig gegen nicht vorhandene G-Kräfte geschützt, wenn ihr zwischen den seitlichen Elementen ruht. Diese stören nicht und ich sage das als jemand, der sich mit seinen Jahren durchaus ein paar Kilo extra auf die Waage holte. Für jeden auch nur vage den Standardgrößen entsprechenden Menschen im Rahmen von 1,50 bis 2,00 Meter und innerhalb der 120-Kilo-Marke sollte dieser Stuhl absolut geeignet sein.

Die Justierung ist in allen Standardachsen möglich. Die Rückenlehne lässt sich in mehreren Stufen von aufrechten 90 bis 135 Grad justieren, dazu habt ihr 11 Grad Kippelspielraum, wenn ihr denn die Bremse dafür löst. Was mich persönlich stört, ist dass sich die Sitzhöhe nur bis auf 50 Zentimeter absenken lässt. Nach oben geht es bis 60 Zentimeter, aber ich habe einen antiken, eher flachen Schreibtisch mit einer untergebauten Schublade, den ich nun aufbocken darf. Für den durchschnittlichen modernen Tisch ist das aber überhaupt kein Problem. Der Gaszylinder hebt und senkt den Stuhl brav und gut justierbar und auch die Armlehnen lassen sich sogar in "4D" justieren. Nicht nur räumlich, sondern auch temporal. Wie der der Rest dieser Welt auch (Cern unter Vorbehalt). Okay, 4D heißt, dass ihr die Armlehne rauf- und runtersetzen könnt und auch die Auflagefläche drehen. Wie ich schon sagte, die beim Zusammenbau eher mau wirkende Qualität spielte in der Benutzung dann keine Rolle mehr. Arme liegen bequem auf, und das in der gewünschten Position. Alles gut.

Gleiches gilt auch für die Kunstlederbespannung. Billiges Kunstleder kann eine kritische Sache sein, geradezu anti-atmungsaktiv, es kann stinken und sich eklig klebrig anfühlen. Nichts davon trifft auf das Material des Noble Epic zu. Sicher, es fühlt sich nicht wirklich nach Leder an, deshalb nennt man es ja auch Kunstleder, aber es hat keine der möglichen negativen Eigenschaften dieses Materials gezeigt. Im Gegenteil, es sieht wirklich nach was aus und macht auch den Eindruck, dass es vielleicht nicht so lange wie das echte Leder, aber doch eine ganze Weile Kratzern und anderen Abnutzungen zu trotzen weiß.

Die Hebel sind gut erreichbar und leichtgängig.

Apropos Kratzer: Ich nutze eine Kunststoffunterlage, da hier Echtholz-Parkett liegt und keines von der Sorte, die jedem Kratzer trotzt. Die Rollen sind aber recht weich und auf gutem Laminat oder einem anderen mittelmäßig robusten Untergrund sollten sie keine Schäden hinterlassen. Vor allem aber rollen sie extrem leise, selbst auf dem leicht geriffelten Schutzplastik sind sie kaum zu hören. Beenden wir die Betrachtung des Noble Epic also mit der Verarbeitung, die bei den guten Rollen anfängt und bei er letzten Naht am Kopfende aufhört. Hier sitzt alles, nichts, was nicht wackeln soll, wackelt und nichts macht den Eindruck, als würde es sich in irgendwie absehbarer Zeit auflösen wollen. Das gilt selbst für die Armlehnen, so billig ihr Material auch wirken mag.

Was die Betrachtung der Konkurrenz angeht, muss man sagen, dass der Noble Epic in der 350-Euro-Preisklasse nicht ganz allein am Markt ist. Selbst in den beiden Möbelhäusern, die ich zu diesem Zweck besuchte, fanden sich Gaming-Stühle in dieser Region, die ebenfalls einen guten, wenn auch nicht haptisch so anspruchsvollen Eindruck, hinterließen. Der Noble Epic fühlte sich schlicht besser an. Bei normalen Bürostühlen gibt es die unterschiedlichsten Dinge und ein weit gefächertes Angebot im Bereich von 300 bis 400 Euro. Ihr solltet auf jeden Fall mal einen Blick in die Runde werfen, aber am Ende war zumindest für mich keiner unter den zwei Dutzend, die ich kurz Probe saß, der mich sofort ansprang und den Noble Epic deklassiert hätte. Im Gegenteil, ich würde sagen, dass der Noble mindestens in der Top 3 dieser Stühle war und ich lange über die genaue Platzierung an der Spitze nachdenken müsste. Ganz weit vorn also. Zumindest bis man anfängt sich in die 1500-Euro-Klasse der Bürostühle zu setzen. Ist wie HiFi. Einmal probiert, für immer ein wenig verdorben.

Wer etwas mehr (ca 200 Euro extra) ausgibt bekommt echtes Leder. Das entweder komplett in Schwarz oder wie hier zu sehen im Tex-Avery-Little-'Tinker-Gedenk-Look.

Und was ist jetzt "Gaming" an dem Stuhl? Seien wir ehrlich, außer dem etwas markanteren Design rein gar nichts. Ihr werdet jetzt nicht besser spielen, nur weil ihr in einem Gaming-Sessel sitzt. Aber ihr werdet es entspannter tun und vielleicht ist das auch ein Weg, besser zu werden. Aber das trifft auch auf andere hochwertige Sitzgelegenheiten zu. Der Noble Epic ist ein sehr gut verarbeiteter, mit dem hochwertigen Kunstleder recht ansehnlich bezogener Bürostuhl mit einer ergonomisch gut geformten Sitzschale, für die sich euer Rücken aufrichtig bedanken wird, wenn ihr denn aufrichtig aufrecht sitzt. Das ist bei anderen Stühlen nicht anders, aber die Form lädt hier einfach mehr dazu ein, das auch mal zu tun und das ist gut so. Das habe ich in den letzten zwei Wochen sehr deutlich gemerkt und damit auch, dass Gaming- wie auch Büroarbeitsergonomie nicht bei einem guten Monitor enden sollte. Wo euer Hintern platziert ist, macht einen großen Unterschied aus und der Noblechair Epic ist ein ausgesprochen guter Ort dafür.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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