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10 Jahre Eurogamer.de: Große Liebe, großer Krach, auf Entscheidungen, Konsequenzen, auf euch und Die Hard!

Life is strange.

Seit relativ genau neun Jahren schreibe ich nun für Eurogamer.de. Seit fünf steht mir Privileg, Ehre und Bürde des letzten Wortes in der Redaktionsrunde zu. Cool, wie dramatisch man das klingen lassen kann. Aber ich möchte keines dieser Jahre missen. Selbst wenn sie nicht alle einfach waren. Ich habe in andere Richtungen studiert, hatte in diesen Bereichen gute Jobs und hätte mir damit sicher auch ein gutes Leben aufbauen können. Aber glücklich wurde ich hier. Wer hätte es gedacht. Ende der 80er träumten wir alle davon, mal bei einem Spielemagazin zu arbeiten - Astronaut kann jeder -, aber keiner machte es und ich hätte es mir lange auch nicht träumen lassen. Lebenslektion hier: Versucht mal was Neues, wenn es sich anbietet.

Dazu gehören aber immer auch andere und jetzt wird es Zeit für Pathos und ganz schlimme Danksagungen an alle, die vom Start weg dabei waren. Danke, Tanja, dass Du vor neun Jahren Potenzial gesehen und gepflegt hast. Wäre ohne all die Gespräche über Spiele und Texte wohl anders gelaufen. Danke Kristian, für die Einblicke in die mysteriöse Welt des Gaming-Journalismus. Danke Alex, ich könnte mir keine bessere rechte Hand wünschen und wie alle guten Bösewichte wäre ich ohne sie komplett aufgeschmissen. Danke Benjamin, dass Du nicht nur der beste News-Schreiber bist, den ich mir denken könnte, sondern immer da bist, wenn es wirklich nötig ist. Danke Iazaki für den ersten Kommentar unter meinem ersten Text bei Eurogamer.de. Danke gigsen, Heavy Rain, Jimpanse, Majesty, BathiBoi und alle anderen, die die kamen und gingen und hoffentlich wiederkommen und die beste Community ausmachen, die ich mir nur wünschen kann. Ich werde gelegentlich gefragt, warum ich mir selbst die Mühe mache "so etwas" wie Gewinnspiele selbst zu schreiben. Die Antwort ist ganz einfach und ehrlich: Für euch mach' ich es gern. Wenn schon nicht jeder was gewinnen kann, sollt ihr doch wenigstens ein bisschen Spaß am Nicht-Gewinnen haben.

Ohne euch alle wäre es nur eine Seite und nur ein Job. Here's to us, auf die nächsten 10!

Und weil das jetzt so viel Pathos war, müssen wir das machen, was nach so etwas dringend nötig ist: Wir gucken alle vier Die-Hard-Filme in viereinhalb Minuten. Und danach die Spiele, die ich mochte und ein anderes.

Cover image for YouTube videoDie Hard - Music Video - NEW 4th Verse!

Platz 3 meiner Top 3 eines Jahrzehnts: GTA V

Es ist die perfekte Spielwiese, in der man den ganzen Tag Mist machen kann. Das ist super. Es spielt sich durchweg und ohne echte Einschränkungen fantastisch. Der Online-Modus ist endlos. Die Welt ist die bis jetzt schönste, detaillierteste, selbstverliebteste, humorvollste und vieles mehr überhaupt. Das Spiel ist ein Superlativ aller Arten. Aber das ist für mich nur das Gerüst. Was es so einmalig macht, sind die drei Charaktere. Ich habe oft gelesen, dass viele sagen "Was soll ich mit den drei Unsympathen? Solche Typen will ich doch nicht spielen!" Doch, ich will genau das! Meine Helden sollen nicht Michael, Franklin und Trevor sein. Vor allem nicht Trevor! Meine Charaktere, die eine Geschichte erzählen, schon. Das ist der Unterscheid. Es ist eine Geschichte, in der ich keine Rolle zur Selbstidentifikation finden soll. Das soll ich in Filmen wie Casino auch nicht. So wie in Scorseses Meisterwerk alle Figuren kaputt sind und sie deshalb das Erzählen der Geschichte der kaputten Scheinwelt von Las Vegas ermöglichen, genauso verhält es sich mit dem Trio aus GTA V.

Kaum ein Spiel traut sich das wirklich, nimmt sich die Zeit, eine Figur mal nicht einfach nur irgendwie "dark", "badass", "edgy", aber am Ende doch nur austauschbar und irgendwie "emo" sein zu lassen. Nehmt Adam Jensen aus Deus Ex. Die Welt um ihn herum hat viel zu erzählen und das Thema des Transhumanismus wird immerhin angeschnitten. Aber die Figur selbst hat nichts zu sagen, weil sie niemand ist. Jensen sieht cool aus, ist irgendwie "deep", weil er ja nun vercybert ist und grummelt angemessen vor sich hin. Er ist alle meine Shadowrun-Charaktere aus den frühen 90ern und hat seinen Teil des Charakterbogens, auf dem "Hintergrundgeschichte" steht, auch nie ausgefüllt. Die Drei aus GTA füllen hier Bücher und das ist es, was die Geschichte um ihr tödliches Umeinanderkreisen so interessant macht und GTA V zu einem der besten Spiele überhaupt. Außerdem hat es Saurier, UFOs und einen Stripclub. Was mehr könnt ihr von einem Videospiel denn bitte erwarten?


Platz 2 meiner Top 3 eines Jahrzehnts: Bloodborne

Ich betrachte es als die aktuell höchste Evolutionsstufe der Souls-Spiele. Die Reihe insgesamt ist das Beste, was einem auf so dermaßen regelmäßiger Basis passieren kann. Ich habe nicht mal eine echte qualitative Reihenfolge dieser Titel und Teil 3 halte ich nur deshalb für den Schwächsten, weil ihm die anderen davor schon alle Punchlines geklaut hatten. Anders dagegen Bloodborne, dass sich mit seinem weniger schwermütigen und mehr in Richtung Horror tendierenden Setting und einem schnelleren aber nicht weniger taktischen Kampf genug neu erfindet, um genau diese Routine ein wenig abzumildern.

Aber irgendwie ist die Routine auch Teil des Spaßes. Ich spiele diese Games jetzt schon so lange, dass ich sie zwar nicht als leicht bezeichnen würde - wäre für mich auch glatt gelogen -, sondern als eine Art vertrautes, virtuelle Zuhause. Sicher, es ist die Hölle, in der mich jeder umbringen will. Aber ich kenne sie halt wie meine Westentasche und ich fühle mich da wohl an einem der Feuer. Die Mysterien haben sich geklärt, die Wege sind bekannt und selbst wenn ich für Details immer wieder in Lösungen gucke, das Staunen über Unbekanntes hat sich gelegt. Es wich einem absurden, irrationalen Gefühl der Sicherheit. Ein Assassin's Creed bringt mich nie um. Jedenfalls nicht mehr als zwei oder drei Mal pro Spiel. Ein Souls oder eben Bloodborne tut das auch heute noch mit Leichtigkeit und ein Dutzend Mal an einem Abend, wenn ich in der richtigen Ecke der Welt unterwegs bin.


Platz 1 meiner Top 3 eines Jahrzehnts: Dragon Age: Origins

Dragon Age: Origins... Es gibt glaube ich kein zweites Spiel, bei dem immer ein wenig Ehrfurcht in meiner Stimme mitschwingt. Das war ganz großer Game-of-Thrones-Shit. Ganz persönlich erzählt. Ich habe kein anderes Rollenspiel in meinem Leben vier Mal durchgespielt. Keines. Kein Ultima Underworld (drei Mal). Kein Ultima 7 (zwei Mal). Kein Chrono Trigger (zwei Mal). Kein Baldur`s Gate 2 oder Torment (ein Mal). Zumindest letztere bewegen sich irgendwo auf dem Level eines Dragon Age: Origins, aber dann eben doch wieder nicht. Diese dreckige Fantasy mit einer kaputten Zivilisation am Rande des Abgrundes, die auf dem besten Weg über die Klippe ist, gleichzeitig aber bevölkert von nachvollziehbaren Charakteren, die immer in einem gelungenen Kammerspiel ihre Auftritte auskosteten, als gäbe es kein Morgen. Das legendäre Meeting, das das Schicksal der Welt bestimmt, die Szene im Anschluss, bevor wir dann zur Feier des Tages noch einen Drachen killen gehen, weil irgendwas muss ja auf dem Grill landen... Sorry, wer da sagt, dass es am Ende doch nur einen Drachen als Boss gibt, hat 90 Prozent des Spiels verpasst.

(Fanart by Isriana (http://isriana.deviantart.com/))

Es war auch das einzige Spiel, wo ich wirklich ein wenig geknickt war, dass ich meine Figur aus der Preview nicht weiterspielen konnte. In meinem Kopf hatte sie eine ausgearbeitete Persönlichkeit, weil das Spiel einem in den ersten Stunden seiner aufwändigen "Origin-Storys" eben das Werkzeug dazu an die Hand gab. Ich hätte sicher die gleiche Figur noch mal basteln können. Die gleichen Entscheidungen treffen können. Aber es wäre eine andere Figur gewesen. Für mich. Dass ein Spiel das schafft, ist absolut außergewöhnlich. Und es funktionierte danach vier Mal. Ich hatte vier Figuren, die sich grundlegend anders in ihren Persönlichkeiten anfühlten und das ist es, was einem guten Spiel selten auch nur ein Mal gelingt. Und nein, ich meine damit nicht einer Figur folgen, sondern eine Figur definierbar zu machen und den Spieler diese Rolle dann mit seinen Aktionen ausfüllen zu lassen und so eine eigene erzählerische Entität zu schaffen. Ist fast wie Pen&Paper. Und etwas, das bisher dieser - sonst durch die Bank spielerisch guten - Retro-RPG-Welle abgeht. Das ist die hohe Kunst und dass sich etwas wie Dragon Age: Origins nicht in schneller Taktung machen lässt, sollten wir schneller erfahren als uns lieb war.


Die größte Enttäuschung eines Jahrzehnts: Dragon Age 2

Dragon Age 2 ist nicht schlecht. Wirklich nicht. Es ist sogar gut, es hat vor allem eine gute Idee. Die Geschichte, an einem Ort für ein Jahrzehnt voranzutreiben und dabei dem Helden zu folgen, ist nicht verkehrt. Kleiner, persönlicher - auch wenn das nicht wirklich funktionierte -, griffiger. Am Ende war es kleiner, okay. Aber auch langweiliger, unpersönlicher und nicht annähernd so involvierend. Ich habe in meinem wahrscheinlich längsten Test auseinandergenommen, warum vieles nicht funktionierte, aber zurückblickend über die Jahre ist es wohl das, was auch den deutlich besseren dritten Teil die Ewigkeit kosten wird: Ihr spielt eine feste Rolle. Eine trotz irgendwelcher Entscheidungen vorgegebene und das ist der Grund, warum viele Reaktion von NPCs auf Entscheidungen so surreal wirken. Sie haben nicht damit gerechnet, dass ihr euch so verhaltet und ziehen ihr Programm durch. Wie ein normales RPG das halt tut.

Ein anderes Problem ist die Abwesenheit einer guten Nemesis. Alle drei Akte haben einen Bösen, der okay ist und dann zieht sich das Spiel plötzlich einen extrem gekünstelten Showdown aus dem Hintern und das Drama soll klicken. So funktioniert das nicht. Also ja, viel von der Enttäuschung über ein eigentlich gutes Spiel kommt daher, dass der Vorgänger zeigte, wie verdammt noch mal brillant man es machen kann. Das mag jetzt etwas ungerecht sein. Aber so läuft das halt, wenn man der Nachfolger zu einem der Besten überhaupt ist.


Fast auf die Liste der besten drei hätten es geschafft:

Guitar Hero 2 und 3 hatten ihre Zeit. Und was für eine wundervolle, einzigartige, legendäre Zeit es war. Hier ein Leser-Review aus meinen Urschleim-Redakteurs-Tagen zu Teil 2, einem Spiel, das mir einige der schönsten Stunden mit Freunden überhaupt schenkte. Danke, Harmonix.

Ich liebe ein gutes Action-Adventure, das nicht Open-World feiert, sondern mich ein Dutzend Stunden durch seine kleine Welt führt, seine Geschichte erzählt und mich danach zufriedenlässt. Den bleibendsten Eindruck hinterließen die legendären Uncharted 2 und 4 und das einzigartige Alan Wake.

Abgesang und Wiedergeburt wurde in diesem Jahrzehnt von kaum einer Serie so gekonnt gefeiert, wie es das Lara Croft gleich mehrmals tat. Anniversary war die fast perfekte Hommage an eine Legende und das Reboot hätte kaum besser laufen können.

Rennspiele standen immer auf meinen Listen und auch wenn meine ewig glücklich verklärte Legende Project Gotham Racing 2 ein paar Jahre älter ist, eigentlich gehört sie doch hierhin. Aber Regeln sind Regeln und ich habe kein Problem damit Forza Horizon 2 als mehr als würdigen Ersatz zu nominieren. Und Forza 6 gleich noch dazu als die aktuelle Spitze des Konsolen-Action-Sims.

Technik kam und ging in dem Jahrzehnt, meistgehasst war bei mir der räudige AV-Ausgang der Wii mit seinem Rotz-Scaler und deshalb ist es nur konsequent, ein Gerät an die Spitze zu nehmen, das solche Makel zumindest ein wenig ausgleicht: Der Framemeister gab Retro auf neuen TVs plötzlich wieder einen Sinn. So gut sah weder meine Wii noch meine PC-Engine jemals aus. Um nicht nur retro zu sein: Der Xbox One Elite Controller ist der beste Controller, der bisher gebaut wurde. Ich muss das wissen. Ich hatte sie alle.

Mehr Rollenspiele? Klar und immer gern. Das beste ROLLENspiel ist Fallout: New Vegas. Wo sonst kann ich einen irren Feigling auf der Suche nach mehr Drogen spielen, ohne dass sich das Spiel wohl je so dachte. Und Lost Odyssey war ein Zenit des J-RPGs. Großartige Figuren, gute Systeme, spannende Welt, ein Spiel, an das ich heute noch gern zurückdenke.

Ein Spiel hat in Kürze ein ganz hartes Erbe anzutreten: Civilization V war nicht vom Start weg das, was es heute ist, es musste mit einigen Add-ons erst darauf hinarbeiten, aber Brave New World katapultierte es komplett in den Orbit, wo es als hell strahlende Sonne am 4X-Himmel seine Bahnen zieht und seit Jahren dunkle Stunden in der Nacht erhellt, wenn ich es schon wieder mal viel zu lange spiele. Nur eine Runde noch halt.

Und zum Schluss: Alone in the Dark 2008. Oh ja. Es war kaputt. Es war umständlich, bockig und vielleicht nicht mal fertig. Aber es steht stellvertretend für all die Spiele, die das waren (und nicht waren) und mir trotzdem unvergessliche Stunden schenkten. Auf kaputte, degenerierte, komplizierte Liebe zu manchmal seltsamen Spielen!

Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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