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Die Zwerge - Test

Nichts für Elfen

Du liest einen Artikel über ein Rollenspiel und bist neugierig, wie es geworden ist. Du erfährst, dass es Spaß macht, aber sehr viel besser und vor allem zugänglicher sein könnte.

Du liest diesen Artikel, weil du dich für Die Zwerge interessierst und wissen möchtest, ob die Literatur-Umsetzung gelungen ist. Neugierig verschlingst du Zeile für Zeile. Vielleicht hast du dich auf das Spiel gefreut, vielleicht auch nicht, auf jeden Fall aber möchtest du jetzt wissen, wie es geworden ist. Die Antwort: Naja. Ich möchte Die Zwerge nicht schlecht reden, aber es hätte durchaus besser werden können als diese Einleitung, die übrigens die Art widerspiegelt, wie Die Zwerge mit dem Menschen vor dem Bildschirm kommuniziert. In Duz-Anrede. Auch darüber hinaus enthält das Spiel ein paar interessante Mechaniken. Unter anderem ein Kampfsystem, in dem jede Figur automatisch permanent angreift.

Wenn Kämpfe, dann richtig - in Die Zwerge schlagt ihr euch oft mit einer großen Menge an Feinden herum.

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Für alle, die es nicht wissen: Die Zwerge ist eigentlich eine Reihe von Fantasy-Romanen, geschrieben von einem Schriftsteller namens Markus Heitz, der auch sonst hauptsächlich Fantasy-, Horror- und Sci-Fi-Bücher schreibt. Ich gebe zu, nicht firm mit der Reihe zu sein, aber eine Internet-Suche sagt mir, dass es sich bei Die Zwerge um typische High Fantasy handelt. Soll heißen: Elfen, Zwerge, Menschen, Orks, Goblins und all das - Herr der Ringe im Kern, wobei mir vermutlich jeder Fan jetzt gerade mit einer Streitaxt den Kopf abschlagen möchte. Ist okay. Die Zwerge hat jedenfalls das Herausstellungsmerkmal, sich auf, na klar, die Zwerge zu konzentrieren. Die Welt wird aus ihrer Sicht präsentiert und eben gerade nicht, wie in Fantasy und Science-Fiction sonst üblich, aus Sicht der Menschen. Das Wort Mensch wird gar behandelt wie sonst der Name für Alien-Rassen wie Klingonen oder Vulkanier. Wirkt erst befremdlich, macht aber irgendwie Spaß, wenn man denn nerdig genug ist, um sich in die Rolle eines Zwergs zu versetzen.

Nun ist Die Zwerge nicht die erste Literatur-Umsetzung der Spielegeschichte. Metro 2033 beruht ebenfalls auf dem gleichnamigen und übrigens sehr lesenswerten Buch. Allerdings hat King Art Games bei den Zwergen sehr viel Wert daraufgelegt, dass man die literarische Herkunft auch spürt. Es gibt viele Szenen, die ihr nicht seht - ihr bekommt sie stattdessen vorgelesen. Das fühlt sich zunächst recht ungewohnt an. Die Spielfigur redet, dann steht sie still und urplötzlich redet nicht mehr die Figur mit einer anderen, sondern das Spiel mit euch. Ich habe mich beim Spielen ständig gefragt, wo die Grenze liegt zwischen jenen Inhalten, die in Spielgrafik dargestellt werden und jenen, die euch nur erzählt werden. Habt ihr früher mal Das Schwarze Auge gespielt, so richtig am Tisch, mit Bleistift und Würfel? Die Zwerge fühlt sich genau so an. Tatsächlich fühlt es sich sogar auf der Landkarte an wie ein Teil der Nordland-Trilogie, der wohl bis heute bekanntesten Umsetzung des Pen-and-Paper-Spiels. Er bewegt euch von Ort zu Ort, Zufallskämpfe und -ereignisse inklusive.

Nicht ganz so schön: die Grafik.

Die Zwerge besteht im Wesentlichen aus zwei verschiedenen Teilen. Neben dem eben erwähnten Herumgelaufe auf der Weltkarte enthält es auch leichte Rätsel, viel wichtiger aber: einen Kampfmodus mit riesigen Horden von Gegnern, Kanonenfutter. Und ein paar wenige starke Spezialfeinde. Gespielt wird erst mal in Echtzeit, wobei ihr jederzeit zwischen euren Figuren wechseln könnt - das sind je nach Spielsituationen bis zu vier. Ihr steuert euren Zwerg über das Schlachtfeld und ebender ist erstaunlich selbständig und prügelt auf alles ein, was sich in seiner Nähe befindet. Das wiederum bedeutet: Eure einzigen Interaktionsmöglichkeiten sind das Herumlaufen und das Auslösen von Spezialfähigkeiten: Sprungangriffe oder besondere Axthiebe beispielsweise. Solche Attacken sind jedoch von Punkten abhängig - nur, wer genug davon hat, kann sie auslösen. Diese Punkte wiederum bekommt man durchs erfolgreiche Töten von Gegnern. Das Ergebnis ist eine Kettenreaktion: Wer mehr Orks umnietet, kann noch mehr umnieten und dann noch mehr. Macht Spaß. Und obwohl das Kampfsystem im Kern simpel ist, entfaltet es in der Praxis eine gewisse Komplexität. Auf Tastendruck haltet ihr das Spielgeschehen an und könnt den einzelnen Figuren Befehle erteilen, die sie dann ausführen, wenn es wieder weitergeht. Eine klassische Mechanik, die man aus Spielen wie Baldur's Gate kennt, aber Gutes nachzumachen ist ja nicht unbedingt verkehrt.

Auf der Landkarte bewegt ihr euch von Ort zu Ort.

Wer Wert auf eine schöne Kampfmechanik legt, wird mit Die Zwerge also durchaus seinen Spaß haben, wer hübsche Grafik mag, dagegen eher nicht. Tatsächlich ist Die Zwerge eines der hässlichsten Spiele, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Sämtliche Gesichter wirken furchtbar deformiert, haben an irgendwelchen unpassenden Stellen Glanz-Effekte und Augen quellen aus ihren Höhlen bedeutend mehr hervor als sie das bei der Assassin's-Creed-Ezio-Collection je könnten. Ich verstehe, dass die Entwickler kein allzu großes Budget zur Verfügung hatten, aber wenn man schon mit einer Literatur-Vorlage arbeitet und dem Spieler was vorliest, hätte man das durchaus auch mit jenen Szenen tun können, die jetzt miserabel aussehen. Ich bin in der Regel nun wirklich kein Grafikfanatiker, aber wenn Gesichter aussehen wie nasse Lappen oder geöltes Leder, wirft mich das aus der Immersion, die gerade für ein Rollenspiel wie Die Zwerge wichtig ist. Ich fühle mich dann einfach nicht mehr als Teil der sich selbst sehr ernst nehmenden Fantasy-Welt, ich muss im Gegenteil über sie lachen.

In Gegnermassen hineinzuschlagen ist äußerst befriedigend.

Die Zwerge ist eben, mehr als viele andere Spiele, eine Geschmacksfrage. Es gibt Leute, die mögen Pathos und Bilder von Leuten, die sich Äxte in den Schädel schlagen. Andere stehen eher auf sanfte Töne und lieben die fachmännische Inszenierung von Geschichten. Eben jenen wird Die Zwerge nicht gefallen. Erstere werden aber das DSA-Feeling lieben. Romankenner werden ihre vertraute Fantasy-Welt sicher wiedererkennen und vor Freude durchdrehen. Und selbst als Nicht-Kenner muss ich zugeben, dass die Massenschlachten einen gewissen Reiz haben. Mit einer Axt in eine riesige Horde Orks zu springen und dann zu sehen, wie sie in alle Richtungen wegfliegen - das hat mir in der Tat von Anfang an Spaß gemacht. Dieses bizarre Gefühl von zwergischer Macht. Die Kleinen, die Großes vollbringen. Kleinwüchsige, die Äxte schmeißen. Ein mächtiges, stolzes Volk, das leider eben nicht zum bestaussehenden der Fantasy-Welt gehört. Das ist Die Zwerge.

Entwickler/Publisher: KING Art/THQ Nordic, EuroVideo Medien- Erscheint für: PlayStation 4, Xbox One, PC, Mac, Linux - Erscheint: 1. Dezember 2016 - Gespielte Version: PlayStation 4 - Sprache: deutsch und englisch - Mikrotransaktionen: Nein

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Die Zwerge

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Über den Autor
Markus Grundmann Avatar

Markus Grundmann

Freier Autor

Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.
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