Skip to main content
Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Shantae gegen Shantae: Pirate's Curse oder Half-Genie Hero?

Battle der Bauchtänzer.

Ich gebe hiermit zu Protokoll, dass ich Bauchtanz nichts abgewinnen kann und auch mit den meisten Spielarten elektronischer Musik nur bedingt warm werde. Und dennoch, ich habe die Shantae-Spiele in mein Herz geschlossen und das, obwohl eine Bauchtänzerin die Hauptrolle spielt und die Musik Elektro-lastiger kaum sein könnte. Wummernde Beats zu pseudo-orientalischen Melodien, permanentes Hüftenschwingen sämtlicher Spielfiguren und ein Setting, so aus Tausendundeiner Nacht, dass es kitschiger kaum sein könnte - all das hört sich auf dem Papier furchtbar an, hat in der Praxis aber so tolle Spiele ergeben, dass ich mich nicht von ihnen lösen kann. 2D-Plattformer mit Metroidvania-Elementen nämlich, die vor Ideenreichtum nur so strotzen.

Endbosse mit Charakter: Ein Charaktermerkmal von Shantae: Half-Genie Hero.

Es gibt ja eine Menge schlechte 2D-Plattformer, Steam ist voll von ihnen. Es gibt aber auch ein paar wirklich gute, dazu gehören selbstredend die Mario-Spiele und die klassischen Mega-Man-Abenteuer. Und dann gibt es da noch diese kleine Gruppe von Spielen, über die irgendwie nie jemand redet, die aber herzerwärmend gut gemacht sind: Geheimtipps gewissermaßen, die Jump 'n' Runs der Herzen. Dazu gehört die Shantae-Reihe der 2D-Experten von WayForward, jene Mutterfirma, von der sich vor ein paar Jahren das Shovel-Knight-Studio Yacht Club Games abspaltete. Die Serie existiert schon seit dem Game Boy Color, wurde auf den DS, den 3DS und schließlich als etwas liebloser Port der 3DS-Version auf moderne Konsolen umgesetzt. Shantae and the Pirate's Curse hieß das Spiel und es erlaubte es zumindest als erstes, ein Shantae-Spiel auf einem großen Bildschirm zu spielen. Jetzt gibt es ein zweites, das speziell für HD-Konsolen wie Playstation 4, Xbox One und den PC gemacht wurde. Shantae: Half-Genie Hero ist diesmal der Name. Und ich bin verliebt. Verliebter als ich es in Pirate's Curse je war.

Nicht, dass ich irgendwas Schlechtes über das Spiel zu sagen hätte, es ist wunderbar. Aber es hat eine Pixeloptik, die nur deshalb existiert, weil das Spiel primär für den 3DS entwickelt wurde. Für alles, was mit Fernsehern zu tun hat, haben die Entwickler das Spiel anschließend hochskaliert. Sieht nicht mies aus, könnte aber auch deutlich hübscher sein. Shantae ist eben nicht Super Mario, Shantae ist eine grazile und magische Tochter eines Dschinns, die mit ihren Haaren Gegner kaputtpeitscht. Das sieht höher aufgelöst tatsächlich besser aus - wie Half-Genie Hero beweist. Die Entwickler haben diesmal nichts hochskaliert, sondern das Spiel von Anfang an in einer angenehm klaren und aufgeräumten Comic-Optik gezeichnet. Dabei geht tatsächlich nichts vom ursprünglichen Pixel-Charme der Reihe verloren. Shantae und sämtliche Spielfiguren tanzen nach wie vor zum Rhythmus der Musik, es gibt kaum eine Szene ohne schwingende Hüften.

Eher pixelig: Bosse in Shantae and the Pirate's Curse.

Abgesehen von der Präsentation hat Shantae jetzt auch wieder magische Fähigkeiten. Während sie in Pirate's Curse auf so unzivilisierte Werkzeuge wie Gewehre zurückgreifen musste, kann sie sich jetzt in allerhand Tiere verwandeln: Affe, Spinne, Elefant, Fledermaus. Klappt natürlich alles, indem Shantae zu bunten Disco-Lichtern die Hüften schwingt. Ich kann nicht oft genug betonen, dass derlei Gebaren eigentlich überhaupt nichts für mich ist. Ich tanze nicht, ich stehe nicht auf rhythmischen Bass und dennoch nimmt mich dieser Shantae-Style so unglaublich ein, dass ich am liebsten den ganzen Tag nichts anderes machen würde, als mit ihr ihre groteske Welt zu erforschen - voller Piraten, freundlicher Zombies, sprechender Blobfische und genervter Teilnehmer fliegender Teppichrennen.

Falls ihr die Shantae-Spiele bereits kennt, werdet ihr euch vermutlich fragen, ob die Entwickler die grundlegende Struktur irgendwie aufgebrochen haben. Haben sie nicht. Das Spiel funktioniert nach wie vor über eine Hub-Welt, von der aus ihr die einzelnen Spielabschnitte aber immer wieder besuchen könnt und müsst. Je nachdem, wie weit ihr in der Story fortgeschritten seid und welche Fähigkeiten ihr habt, verändern die sich dann aber auch und ihr habt Zugriff auf neue Gebiete. Teilweise kann es tatsächlich ein bisschen nervig sein, das Ding zu suchen, das grade für den weiteren Fortschritt fehlt. Dank einies relativ schlauen Tippsystems ist das aber auch wirklich nie lange ein Problem - weder in Pirate's Curse, noch in Half-Genie Hero.

Shantae-Spiele sind bekannt für ihre humorvollen Dialoge.

Bemerkenswert gelungen ist die Steuerung - ihr habt stets das Gefühl, Shantae komplett unter Kontrolle zu haben. Es gibt da einen abgedroschenen Spruch, aber er passt hier furchtbar gut: Wenn ihr sterbt, seid ihr selbst Schuld. Shantae ist so. Die punktgenaue Handhabung erlaubt es, zielgenau auf den schmalsten Plattformen zu landen, gleichzeitig werden Ungenauigkeiten und Schlampiereien umgehend bestraft. Das funktioniert bei Half-Genie Hero sogar noch besser als bei Pirate's Curse. Ich bin durch häufige Bildschirmtode leicht reizbar, hatte in diesem Fall aber kein einziges Mal das Gefühl, meinen Controller an der Wohnzimmerwand zertrümmern zu wollen.

Wer Half-Genie Hero spielt, sollte allerdings wissen, dass das Spiel eines der Merkmale der Vorgänger nach wie vor in sich trägt: Backtracking. Ihr müsst zurück in bereits gespielte Bereiche. Zwangsläufig, nicht optional. Das wiederum ist bei sämtlichen Metroidvania-Spielen so, wird aber häufig als störend empfunden. Wenn ihr es also nicht ertragen könnt, die gleiche Gegend mehrmals zu sehen, solltet ihr euch Shantae verkneifen. Es hat allerdings durchaus einen gewissen Reiz bestimmte Hindernisse zu sehen - Steine unter Wasser beispielsweise - und sofort zu erkennen, dass ihr diese irgendwann beseitigen können werdet. Einfach, weil das Spiel eine klare Sprache spricht. Ihr erkennt, wann irgendwas ein Hindernis ist und wann nicht, wann ihr mit einem Teilbereich des Levels interagieren könnt und wann das eben nicht möglich ist. Das ist einfach gutes Design. Auch hier spricht Half-Genie Hero eine deutlichere Sprache als sein Vorgänger.

In Half-Genie Hero könnt ihr euch in verschiedene Tiere verwandeln. Hier in einen Elefanten.

Was also tun? Wer das Spiel bereits auf Nintendo-Handhelds vor dem 3DS gespielt und gemocht hat, darf sich auch jetzt erst mal gern an Pirate's Curse versuchen. Beileibe kein schlechtes Spiel, es hat schließlich Piraten und Zombies. Wer dagegen neu bei Shantae ist, dem sei Half-Genie Hero ans Herz gelegt. Ein eingängiges, tolles, neues, hübsches Jump 'n' Run, in etwa fünf bis sechs Stunden durchgespielt, liebenswerte Hauptfigur, tolle, selbstironische Dialoge, mitreißende Musik. Muss man lieben.

In diesem artikel

Shantae: Half-Genie Hero

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PlayStation Vita, Nintendo Wii U, PC, Nintendo Switch

Verwandte Themen
Über den Autor
Markus Grundmann Avatar

Markus Grundmann

Freier Autor

Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.
Kommentare