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Zuntata Arcade Classics Vol. 2: Darius - Vinyl Soundtrack Rezension

Komponist: Zuntata

Label: Ship To Shore Phonography Co.

Stil: Komplexe Mitt-80er Arcade-Chiptunes

Erhältlich über: Amazon, Label, Discogs, Ebay

Das Spiel: Shoot-'em'-up-Arcade-Legende mit drei Bildschirmen nebeneinander und Roboterfischen.

Die Editionen: Das Gatefold, mit einer Platte ist aus etwas zu wellfreudiger Pappe, ist aber sonst hinreißend mit seinem übergreifenden, farbenfrohen Artwork. Innen habt ihr ausgiebigste, eng gedruckte Liner-Notes vom Komponisten und Mastering-Zuständigen und damit viel zu lesen. Es gibt eine auf 350 Stück limitierte Fassung in blau-roter Marmorierung. Die regulären Versionen sind "Player 1" in rotem Vinyl, die andere "Player 2" in blau, passend zu den Farben der Raumschiffe im Spiel. Die gute Nachricht: Ihr habt noch freie Wahl, keine Version ist sonderlich teuer.

Seite A: Das "Insert-Coin"-Jingle ist ja mal der Hammer. Klingt, als wäre es direkt in einer zu vollen Arcade aufgenommen worden. Aber keine Sorge, der Rest wurde HiFi-gemastered. Mehr oder weniger, wir reden hier von 1986er Arcade. Und meine Güte gibt das Ding Tempo! Captain Neo muss der Hoshi schlechthin sein, denn sein Theme lässt einen erst mal gucken, ob der 45"-Taster gedrückt wurde. Aber nein, Speed-Chiptunes starten komplett durch. Danach der Alarm, dass das "HUUUUUGE Battleship" sich nähert, das dann zu einer Bass-Welle mit kleinen wie feinen Melodieelementen zerlegt werden will. Was auch passiert, worüber sich ein extrem heldenhaftes, lichtes, geradezu die Seele erhebendes kleines Stück Aracde-Glück freut. Danach wird es Cyberspace pur. 80s-Cyberspace mit Laserblitzen und viel Neon. Der Name "Inorganic Beat" könnte kaum besser getroffen sein, hier ist alles Teil der Maschine, wenn das Stroboskop-Laser-Feuer durch den Raum zuckt. Wieder Bass-Welle, die beim zweiten Boss zwar Themen aus dem ersten HUUUUUGE-Battleship-Kontakt aufgreift, aber leicht variiert und ein paar inorganic Beats geschickt miteinfließen lässt. Danach würde ich sagen... Bambus-Dschungel, der auf einem Speeder-Bike durchquert wird? Schnell, irgendwie japanisch, aber definitiv mit 80s-Sci-Fi. Der Sound wechselt, als wäre man nun gutlaunig in den Weltraum durchgestartet und mit Sample-Brüllen und einer fröhlich dazu pfeifenden Melodie spürt man direkt, wie jeder Gegner Spaß daran hat, den Spieler mit Schüssen zu traktieren. Das Drama steigert sich subtil, um schließlich... einfach auszufaden. Aber das macht Sinn, denn Boss Nummer drei ist düster, fast schon ein Horror-Szenario im Klang. Gut, dass es nur kurz dauert, diese dezente, unterschwellige Drohung hält man ja nicht lange aus.

Seite B: Insert Coin 2 ist noch viel seltsamer. Wie Münzen in einer Aracde einwerfen, die gerade im Ganzen von Aliens entführt wird. Halt nein, das ist ja schon der Track der seltsamerweise irgendwie Low-Fi wirkt. Fast als würden die 80er sich in den 80ern selbst mit einem Herzschlag-Beat und Laser-Düsen-Gewitter selbst referenzieren, bevor ihnen auffällt, dass das dann doch zu weit geht. "Main Theme - Chaos" nennt sich der Track? Passt. Da sehnt man sich fast den Boss herbei, nur um mal durchzuatmen. "Progressiv" ist ja kein Ausdruck dafür, was damals bei Soundtracks passieren durfte. Darius war ein extrem teurer Automat und dass hier ein solcher experimenteller Sound, der schwer an alle berühmten Synth-Pioniere im Mixer erinnert, herrschen durfte: Applaus, Japan! Der Boss gibt dann noch mal mehr Gas, weil war ja fast langweilig im Blitzgewitter des Chiptunes-Expressionismus. Strukturfetzen werden euch um die Ohren gehauen, dass auch ohne Schüsse und den Arcade-Stick in der Hand der Puls hochgeht. Danach singen betrunkene Quallen das Lied der See, während immer mal wieder der Laser-Synth dazwischenfunkt. Kein klar strukturierter Beat, wilde Melodie-Strukturen, die sich innerhalb eines Tracks selbst zerlegen, überlappen - Expressionismus? Eher Dekonstruktivismus. Was es wirklich gibt, aber was ganz anderes ist, aber hier als Wort sehr passend klingt.

Das geht auch so weiter, wenn drei Bosse in Folge abgearbeitet werden. Hohes Tempo, hohe Töne, definitiv Fernöstliches im ersten, beim zweiten dann der Nervenzusammenbruch des Komponisten. Spielt das nicht Leuten vor, die sich leicht stressen lassen. Der dritte Boss lässt dann die akustische Gnade fast schon konventioneller Melodiestrukturen walten, auch wenn der Beat sehr hart um die Ohren haut. Aber finaler Boss, da muss das sein. Außerdem, die Credits, die dann das Star-Wars-Theme unter Wasser spielen - fragt mich bitte nicht. Japan eben - lassen euch eh tanzen. Hab so was noch nicht gehört. Aber ein wenig ernst wird es mit dem Requiem ja doch noch. Wie eine Spieluhr, die langsam im Dunkeln verschwindet, klimpert man euch ein paar Takte etwas vor, bevor das Game-Over-Sample die Rolle des "That's All, Folks"-Jingle übernimmt. Reicht ja auch, was für ein Trip.

Eine Platte wie: Betrunkene Quallen, die zu einer Lasershow singen.

Eine Art Fazit: Darius ist kein Darius Gaiden, aber als frühe Studie in 80er-Aracde-Experimental-Sound absolut außergewöhnlich und für den geneigten Hörer ein Genuss. Aber auch nur den. Schicke Edition, auch wenn Ship to Phonography gern noch an der Pappe arbeiten darf.


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Dies ist die "Eurogamer-Referenz-Anlage": Plattenspieler - Thorens TD 203 (Test); Phono-Verstärker - Pro-Ject Phono Box DS2 USB; Stereo-Verstärker - Teufel Kombo 62 CD-Receiver; Boxen - Nubert nu Vero 30 (Test); Kopfhörer: Beyerdynamic Amiron (Test) + A20 (Test)


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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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