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Nintendo Switch: Nichts erwarten, alles bekommen?

Wii, Wii U und jetzt Switch: Nintendos "Alles-oder-nichts"-Denke hält die Branche spannend.

Freitag ist es so weit: Nintendo Switch erscheint und es ist das dritte Mal in Serie, dass die Kyotoer Pioniere ihrem Ruf gerecht werden und mit einer neuen Heimkonsole in Gewässer vorstoßen, in die so noch niemand einen Zeh zu stecken gewagt hat.

Das muss nicht immer funktionieren, keiner weiß das besser als Nintendo: Die Wii war ein sensationeller Welterfolg, aber auch einer, bei dem die Firma eine gewisse Zielgruppenpolarisierung billigend in Kauf nahm. Die Wii U war kein weniger mutiges Konzept, als Iwata und Co. die Designsensibilitäten des DS auf den Fernseher auszuweiten versuchten. Letztlich fehlte ihm aber der unmittelbare Hook, den 2006 die Bewegungssteuerung und das "Wir"-Gefühl unterm Weihnachtsbaum definierte. Und jetzt wehrt sich eben Switch gegen das Wettrüsten von PS4 und Xbox One. Mit einem Gerät, dessen Messaging ebenfalls etwas zerfasert wirken kann - TV-, Handheld-, Tablet-Modus, Controller je in einer Hand, beide am Docking-Plastik, aber mit oder ohne Ladeeinheit? Hochkant oder quer? Oder doch Pro Controller? -, aber das ziemlich mutig ist.

Möchte man anfassen. Ab Freitag darf man das.

Ungeachtet der Tatsache, dass zumindest die Idee, sein Spiel unterwegs mitzunehmen, nicht neu ist und die Switch bisweilen wie die Jetzt-aber-richtig-Variante der Wii U, mit ihrem im Controller integrierten Bildschirm wirken kann - überlegt mal: Eine Firma entwickelt ein Gerät, das im Grunde stabilsten Verdiener des Konzerns, das Handheld-Geschäft mit 3DS und etwaige hypothetische Nachfolgegeräte, mal eben komplett redundant machen könnte. Denn machen wir uns nichts vor, so sehr Nintendo auch schwört, der 3DS werde weiter unterstützt: sollte Switch einschlagen, wie das Unternehmen sich das wünscht, wäre es schlichtweg töricht, nicht alle internen Entwicklungsressourcen auf das neue Flaggschiff zu vereinen. Und darüber hinaus? Nun, ein echter DS-Nachfolger würde den Dialog um Switch herum nur verwässern. Nein. Switch dürfte von nun an - zumindest erst einmal - alleine für Nintendo stehen, als Vater, Mutter, Kind der BigN-Produktfamilie.

Das ist tapfer, tough und zieht im Alleingang schon wieder viel der möglichen Verwirrung gerade, die ein diversifizierter Produktkatalog und auch der breite Einsatzbereich dieses neuen Apparats schon mal mit sich bringen können. Fortan heißt es, "Ihr wollt Nintendo? Das hier ist alles, was ihr braucht!" Geht man von dieser Warte aus an Switch heran, nicht von der, dass beim Mario-Konzern die meisten anderen Dinge grundsätzlich immer etwas konservativer laufen (die Zahl neuer Franchises aus Kyoto seit 2000 kann man an einer Hand abzählen), wird schnell offenbar, warum für viele - mich eingeschlossen - Nintendo irgendwo immer auch für Erneuerung steht.

Ein paar offene Fragen bleiben, was so kurz vor dem Start durchaus nicht unproblematisch ist. Zelda: Breath of the Wild sieht genau nach der Sorte unbändiger Kreativität, Spiel- und Entdeckungsfreude aus, mit der man diese Firma verbindet und die am Ende dieses Jahres weit oben auf vielen Bestenlisten parken dürfte. Aber als Killer-App in klassischem Sinne fällt das Spiel schon alleine durch, weil es auch auf der Wii U zu haben ist.

Breath of the Wild wirkt den ersten Eindrücken nach wie ein Spiel unbändiger Möglichkeiten. Das könnte fürs Erste reichen.

Darüber hinaus gibt es zum Start nur wenig, was man als Käufermagnet im traditionellen Sinne bezeichnen könnte. Und dass das charmante und perfekt auf die Talente der Konsole zugeschnittene 1-2-Switch nicht wie Wii Sports einst mit in der Konsolenschachtel liegt oder zumindest vorinstalliert ist, kann man als groben Schnitzer verbuchen. Ungeachtet persönlicher Vorlieben, wäre ein neues, großes und exklusives Mario (vielleicht schon ein wirklich exklusives Zelda) wohl ein universell zugkräftigeres Spiel gewesen und selbst das wäre vermutlich noch auf den einen oder anderen Ausweichtitel im Portfolio angewiesen gewesen. Die attraktiven Indies zum und um den Launch herum fangen das nicht alleine auf.

Es spricht viel dafür, dass Nintendo das Erlebnis, seine Spiele nahtlos und ohne Fummelei unterwegs weiterzuführen, als die ultimative Killer-App sieht. Ich gehe mit ihnen d'accord, dass der Gedanke, Heimkonsolen- und Handheld-Gaming erstmals wirklich und ohne Abstriche in Umfang und Vision zu ein und demselben Ding zu machen, ein unglaublich mächtiger ist. Die Frage ist, wie viele Menschen das ebenso sehen. Die Antwort darauf liefert wohl nichts besser als eine Konsole, die offenkundig fest entschlossen ist, erst einmal für sich selbst zu stehen.

Neue Nintendo-Konsole. Diese Woche noch. Wie das auch ausgehen mag, aus irgendeinem Grund kribbelt das immer noch genau so sehr wie vor zwanzig Jahren.

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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