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Aven Colony - Test

Kein Wasser, kein Essen, kein Strom. Monster, Aufstände, Hagel, Tod, Spaß und gute Laune.

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Anspruchsvolles Spiel um die Kolonisierung fremder Planeten voller bösartiger Monster. Etwas kompliziert, aber äußerst spannend.

Es war diesmal ein relativ langer Weg. Manchmal teste ich ein Spiel an und weiß dann schon relativ genau, was ich viele Stunden später schreiben werde. Nicht so hier. Aven Colony will nicht einfach aufgefressen werden, man muss es langsam degustieren. Es verhält sich als Spiel wie ein Gläschen Oliven mit ein bisschen Hartkäse und Rotwein. Es ist ein verfluchter Genuss, den niemand einfach so verschlingen sollte. Und es ist ein Spiel, nach dem ich mich lange gesehnt habe, ohne es überhaupt zu wissen. Kennt ihr das, wenn ihr nach einigen Stunden die Augen vom Bildschirm abwendet und sie euch auf einmal übergehen, weil ihr eben nur noch den Monitor gewöhnt seid? So ist dieses Spiel.

Bevor ich weiter vor mich hin schwärme, gehe ich besser zu den Fakten über: Aven Colony ist ein Spiel um die Kolonisierung des Weltraums, ganz im Stile des von Paradox geplanten Surviving Mars, nur ohne den Realitätsbezug, stattdessen mit mehr Science-Fiction. Nach eurer ersten Ankunft auf einem fremden Planeten müsst ihr euch um absolut alles kümmern, was ihr euch vorstellen könnt: Essen, Wasser, Energie, Rohstoffe, weiterverarbeitende Industrie, ein Gesundheitswesen, Unterhaltung, Wohnhäuser, die Erkundung der Alien-Welt, die Erforschung neuer Technologien, wirklich absolut alles! Es wird mir im Laufe dieses Artikels vollkommen unmöglich sein, alle Mechaniken zu beschreiben, die dieses Spiel bietet. Daher einen Schritt zurück: Aven Colony ist eine Art Mischung aus SimCity und der Anno-Reihe. Ihr baut Wohnraum für Menschen auf der Alien-Welt und sorgt dann dafür, dass sie alles bekommen, was sie wollen. Was nicht unbedingt so einfach ist.

Die Kamera ist in Aven Colony frei dreh- und schwenkbar. Was solche hübsche Blicke auf eure Kolonie erlaubt wie diesen hier.

Sagen wir mal, ihr habt Glück oder ihr wählt eine relativ einfache Mission - dann landet ihr auf einer grünen Welt, auf der ihr überall Bauernhöfe errichten könnt. Ihr pflanzt also fröhlich Weizenfelder, wenn ihr auf Superfoods steht und der Boden das hergibt hier und da auch ein paar Quinoa-Pflanzen und vielleicht einige Wassermelonen. Und dann freut ihr euch, denn eure Bewohner wissen das zu schätzen, sie ernähren sich nicht nur davon, sie genießen es. Und dann kommt der Winter. Und der ist auf dieser Alien-Welt ziemlich hart. Plötzlich produzieren eure Bauernhöfe gar nichts mehr. Null. Und ihr blickt staunenden Auges auf euren Nahrungsmittelvorrat, wie er dahinschmilzt. Und ihr hofft, dass es reicht.

Der erste Winter ist bei Aven Colony wie eine Art Einführungsritual in die harte Welt der Weltraumkolonisierung. Ihr glaubt, ihr könnt neben irgendwelchen Gasquellen siedeln? Nein, die explodieren und verseuchen eure ganze Kolonie mit giftigen Ausdünstungen. Ihr vermutet, ihr könnt die weit entfernte Eisenader einfach mit einem Tunnel anzapfen? Geht nicht, Arbeiter wollen nahe an ihrem Arbeitsplatz wohnen. Eure Bürger sind krank? Und ihr glaubt, ihr könnt jetzt einfach so ein Krankenhaus bauen? Garantiert nicht! Denn dafür habt ihr nicht genug Naniten. Das liegt daran, dass ihr nicht genug Rohstoffe gefördert habt. Weil eure Arbeiter einen zu langen Arbeitsweg haben. Weil ihr eure ganze Kolonie halt echt schlecht geplant habt. Ja, so ist es. Dieses Spiel sagt euch im Grunde permanent ins Gesicht: "Das hast du dir jetzt aber echt nicht gut überlegt".

Der Monsterwurm links im Bild meint es nicht gut mit eurer Kolonie.

Überraschenderweise habe ich bei Aven Colony am liebsten übrigens die Story-Missionen gespielt, ungewöhnlich für ein solches Aufbauspiel. Aber zumindest übernimmt der Computer hier die Rolle eines etwas gelangweilten Wegweisers. Er erklärt euch freundlich, worauf ihr euch als nächstes konzentrieren solltet. Baut etwa ein Chemie-Labor. Erst mal wisst ihr gar nicht, wozu das gut ist, aber auf einmal könnt ihr diese nutzlosen Alien-Rohstoffe in andere Stoffe umwandeln, aus denen sich wiederum Naniten machen lassen. Und Naniten sind wichtig, sie sind der wichtigste Rohstoff für alles, was mit dem Bau neuer Gebäude zu tun hat. Um welche herzustellen, ist es lediglich erforderlich, dass euer Labor mit dem Rest der Gebäude verbunden ist.

Das geht entweder, indem ihr es direkt an ein anderes Gebäude baut oder indem ihr es mit Tunneln verbindet. Diese Tunnel sind überhaupt relativ wichtig, denn durch sie laufen eure Arbeiter von Gebäude zu Gebäude. Zu deren Zufriedenheit trägt eben nicht nur saubere Luft bei, sondern beispielsweise auch die leichte Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes. Arbeitet John Doe also im Kraftwerk gegenüber des Schwefelsees - baut ihm besser einen guten Tunnel, sonst ist er nämlich sauer und arbeitet schlechter. Und weil jeder dieser Menschen einzeln simuliert wird, könnt ihr per Druck auf die C-Taste auch jederzeit nachsehen, wer gerade wohin läuft und welche Bedürfnisse derjenige hat. Außerdem sollte John Doe nach Möglichkeit einen Park, eine Bar und ein Krankenhaus zur Verfügung haben, am besten auch noch eine VR-Spielhalle. Für Leute, die auf fremde Planeten fliegen, haben die Aven-Colony-Kolonisten wirklich relativ hohe Ansprüche. Und ein bisschen sind sie wie deutsche Mallorca-Pauschaltouristen. Sie wollen alles haben wie daheim!

Mit verschiedenen Filtern könnt ihr euch diverse Informationen über eure Kolonie ins laufende Spiel einblenden lassen. Hier: So glücklich sind eure Kolonisten.

Warum das Spaß macht, ist gar nicht so leicht zu sagen. Einerseits ist es wohl die Tatsache, dass eure Weltraum-Kolonien beim Spielen relativ organisch wachsen. Solltet ihr von Anfang an irgendeinen Plan haben, könnt ihr ihn vergessen, ihr werdet immer genötigt sein, auf bestimmte Gegebenheiten zu reagieren. Falls in der weit entfernten Goldmine niemand arbeiten will, mag das beispielsweise daran liegen, dass es keine guten Wohnungen in der Nähe gibt. Also baut ihr die - was aber dafür sorgen kann, dass ein bestimmter Teil eurer Arbeiter unglücklich ist, weil es in dieser Einöde eben keine Unterhaltungsindustrie gibt, keine Bars, keine Parks. Also muss da was hin.

Und so entstehen nach und nach neue Viertel. Zu sehen, wie diese Kolonien wachsen, das macht einfach Spaß, weil ihr zwar jeden Schritt selbst bestimmt, aber euch gleichzeitig nur an dem orientiert, was euch das Spiel hinwirft. Das ist der Geist von SimCity. Und dann müsst ihr aber auch noch auf eure Rohstoffe achten. Je nachdem welche Farmen ihr baut und welche Gewächshäuser könnt ihr unterschiedliche Lebensmittel verarbeiten und die dann nicht nur an eure Menschen verfüttern. Sondern mit ihnen beispielsweise auch handeln, indem ihr ein Handelszentrum baut, das immer wieder Schiffe zu eurem Mutterschiff schickt.

Baut ihr eine Farm, seht ihr auf einen Blick, wo der Ertrag am größten sein wird.

Dieser Handel wiederum ist bisweilen notwendig, denn nicht jede Stelle eines jeden Planeten bietet den Boden für wirklich erfolgreiche Landwirtschaft. Das kann dazu führen, dass ihr Rohstoffe erbeutet, mit denen ihr überhaupt nichts direkt anfangen könnt. Gold meinetwegen - in einer Welt, in der eure Bewohner einfach gerne ein bisschen Weizen hätten, ist das ziemlich nutzlos. Also schließt ihr Handelsverträge mit dem Mutterschiff. Gold gegen Weizen wäre ein typisches Beispiel. Ihr könnt also gewissermaßen solche Rohstoffe substituieren, die ihr durch einen miserablen Standort nicht selbst erzeugen könnt. Das wiederum geht entweder in elf verschiedenen Missionen, die erstaunlich unterhaltsam sind, weil sie euch stetig vor neue Herausforderungen stellen und euch so das Spiel überhaupt erst beibringen - oder es funktioniert im Endlos-Modus. Dann baut ihr einfach eine Kolonie im Weltall auf und wartet bis sie der Teufel holt.

Und der kommt in Form von verschiedenen Gefahren - nicht nur Seuchen und Weltraum-Hagel, sondern auch riesige Monster, die Gesteinsbrocken auf eure Kolonie spucken. Oder eine geheimnisvolle Substanz, die nach und nach eure Gebäude beschädigt und sich ausbreitet. Letztere lässt sich beispielsweise durch den Bau spezieller Naniten bekämpfen, die ihr recht flächendeckend in eurer Kolonie stationieren solltet.

Standardmäßig schweben über der gesamten Kolonie Überwachungskameras - weshalb ihr nach Gutdünken den Alltag jedes Kolonisten ausspionieren könnt.

Schwierig war im Spielverlauf hauptsächlich, dass ich nicht immer wusste, wohin ich grad klicken sollte. Bestimmte Funktionen wie Forschung oder Verarbeitung von Getreide funktionieren nur, wenn ihr das entsprechende Gebäude anklickt. Dazu müsst ihr aber wissen, wo es gerade steht, und weil alles ziemlich generisch nach Sci-Fi-Gebäude aussieht... naja, ihr wisst nicht immer, wohin ihr klicken müsst. Ich habe das Gebäude der Wahl allerdings nach ein bisschen Herumklicken meistens relativ schnell gefunden. Wirklich viel Spaß genommen hat mir dieses Manko also nicht.

Ich hatte mit Aven Colony so viel Spaß wie mit nur wenigen Spielen. Ich konnte mich in dieses sehr komplexe System aus dem Zusammenspiel verschiedener Mechanismen nicht nur fest verbeißen, ich konnte auch nicht mehr loslassen. Die Geschichte hält sich angenehm im Hintergrund, der Aufbau der Kolonie ist das wichtigste. Ihr müsst eure Bewohner bei Laune halten, regelmäßig entscheiden kleine Abstimmungen darüber, ob ihr auch weiterhin Leiter der Kolonie bleiben sollt. Gleichzeitig müsst ihr eine stabile Wirtschaft im Gange halten und neue Technologien erforschen - und absolut jede dieser Mechaniken beeinflusst die andere, die ganze Kolonie fühlt sich an wie ein Körper, der sich organisch verändert. Wenn ihr Aufbaustrategie mögt, solltet ihr das wirklich nicht verpassen.

Entwickler/Publisher: Mothership Entertainment/Team17 - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: 29,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: deutsche Bildschirmtexte / englische Sprachausgabe - Mikrotransaktionen: Nein

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Aven Colony

PS4, Xbox One, PC

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Über den Autor
Markus Grundmann Avatar

Markus Grundmann

Freier Autor

Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.
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