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Metal Gear Survive: Gelingt Konami doch die Überraschung?

Dem Spiel fehlt ein Gesicht - das war zu erwarten. Bisher ist das das Schlimmste, was ich darüber sagen kann.

Mit Metal Gear ist es wirklich seltsam. Einerseits können viele Spieler A) kaum fassen, dass die Big-Boss- beziehungsweise Solid-Snake-Saga zu Ende ist und B) kaum glauben, wie sie zu Ende ging, so rein erzählerisch. Andererseits wollte nach dem Story-Flickwerk des letzten Teils und der schmerzhaften Scheidung Konamis von Hideo Kojima auch niemand wirklich mehr hiervon. Konami ist damit trotzdem bei der Hand und scheint etwas beweisen zu wollen.

Ein Spiel, das auf Charakterpersonalisierung setzt, steht ein wenig im Gegensatz zum Metal-Gear-Universum, das sich um fest definierte, überlebensgroße Charaktere dreht. Wäre schön, wenn zumindest im Hintergrund eine schillernde Figur die Fäden zöge.

Ich will ehrlich sein, für mich kam das hier kam viel zu früh und wirkt doch in der Zusammensetzung seiner Zutaten sehr bequem, der Vibe ohne den Rockstar-Appeal der illustren Haupt- und Nebenfiguren dieses Universums doch arg beliebig. Dann wiederum: MGS5 war rein systemisch vielleicht eines der besten Spiele, das ich je erleben durfte. Wie schlimm kann mehr davon schon sein? Die Antwort fällt nach dem Anspieltermin zumindest nicht eindeutig zu Ungunsten von Metal Gear Survive aus und ist vorerst auf den Release Anfang 2018 vertagt.

Ich spielte es in einer kurzen Vierer-Koop-Sitzung und bekam etwas Launiges und stark auf Personalisierung setzendes, das Metal Gear mit Fortnite mischte. Im Team mit aus nichts als Crafting-Zutaten errichteten Zäunen und Barrikaden ein Gebiet abzustecken, um einen Generator gegen anstürmende Horden an Zombies zu verteidigen, klingt sicher nicht nach der Krone der Kreativität, eröffnete mit großem Waffenreichtum - vor allem auch in Richtung Nahkampfoptionen - aber einige taktische Tiefe. Zumindest theoretisch. Ob man die auch braucht, bleibt abzusehen; vorhanden ist sie auf jeden Fall.

Dann wiederum: Diese Engine und diese Gadgets - und die neuen, die sich Konami seither einfallen ließ - einfach liegen zu lassen, wäre auch Verschwendung.

Die Handhabung flutschte direkt wieder wie am ersten Tag, sodass ich zwischendurch immer wieder daran dachte, wie gut es tat, wieder hier zu sein, selbst nachdem ich die Missionen von MGS5 durchweg überwiegend mit S-Rängen abgeschlossen habe. Dieses Gefühl, wenn einem beim Sprinten der Wind in den Ohren pfeift, diese Animationen, wenn man aus dem aufrechten Lauf elegant wie eine zweibeinige Schlange in den verstohlenen Kriechgang zusammenschmilzt. Ich habe selten die Zusammenkunft von Audiovisuellem und der Handhabung dermaßen fetischisiert wie hier.

Und doch: Das hier ist ein komplett anderes Biest. Ein Crafting-Survival-Titel im Metal-Gear-Sneaking-Suit, der eine irrsinnige Paralleldimensionsgeschichte bisher nur anreißt, anstatt hier mal in die Vollen zu gehen, um den Fans zumindest etwas von dem "Alles-geht"-Wahnsinn zu liefern, den sie von der Reihe gewohnt sind . Wie viel Platz am Ende dafür sein wird, muss man sehen. Für den Moment wirkt das hier alles sehr systemisch und auf seine Mechanismen bedacht. Mehr noch als in dem wenig redseligen Phantom Pain dreht sich hier alles um Missionen, Loot-Beschaffung und den Aufbau einer Basis in dieser vertrauten, fremden Welt. Das kann problemlos stundenlang faszinieren und was im Anschluss an die Horde-Verteidigung mit Revolvern, Minen, Kampfstäben, Zäunen und Fallen an Blaupausen zum Nachbauen aus den Belohnungskisten sprudelte, sah nach interessanten Personalisierungsmöglichkeiten aus.

Vielleicht funktioniert's ja doch. Als Low-Price-Spin-off ist das Spiel zumindest ehrlich damit, wo es sich selbst im Rahmen der Reihe sieht.

Technisch sah das auf einem Entwicklerkit mit Xbox-One-X-Spezifikationen bestens aus, spielte sich wie gesagt tadellos. Die Frage wird sein, ob man Anfang 2018 noch viel Lust auf ein weiteres Suchen-, Sammeln- und Craften-Spiel hat. Ich habe definitiv schon schlechtere Titel dieser Art gespielt, und das allgemeine Handling des fünften Metal Gear... es fühlt sich einfach wahnsinnig gut an, sich durch diese Welt zu bewegen. Dabei dann noch Blaupausen unterschiedlicher Seltenheit zu finden, seine Basis auszubauen und so den erkundbaren Einflussbereich zu erweitern, das kann ein netter Zyklus sein. Visuell fehlt es hier noch wechselweise an Charakter beziehungsweise ist es oft zu nah an der Karte des Originals, aber wie gesagt: Auf Steam kommen fast wöchentlich schlechtere Titel nach diesem Strickmuster raus. Ob das der Anspruch eines neuen Metal Gear sein sollte, ist die Frage, selbst wenn es zum halben Preis erscheint. Immerhin: Zum Einzelspielermodus, der zwar mit dem Koop verzahnt ist, aber komplett separat verläuft, wurde mehr oder weniger noch gar nichts gesagt. Wir werden sehen.


Entwickler/Publisher: Konami - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Geplante Veröffentlichung: Anfang 2018 - Angespielt auf Plattform: Xbox One X

In diesem artikel

Metal Gear Survive

PS4, Xbox One, PC

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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