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Super Metroid & More - Soundtrack auf Vinyl - Review

Label: Moonshake

Stil: Der SNES-Chip macht einen auf Aliens.

Erhältlich über: ebay, Discogs

Das Spiel: Legends in Space, die Geburtsstunden mehrerer Genres.

Die Editionen: Es gibt eine. Viel Glück. Moonshake macht Bootlegs und selten besonders viele. Die Clear-Splatter-Vinyls sehen schick aus, sind wohl wenigstens 140g und 33rpm. Das Doppel-Cover ist allerdings ein Kracher. Wie immer bedient sich Moonshake gründlich, diesmal ist es Smashing Pumpkins Mellon Collie und Andy Warhols Cover von The Velvet Underground & Nico. Vor allem letzteres ist mit Hingabe gefertigt, versteckt sich doch unter dem gelben Ball eine Samus Aran, solltet ihr den Aufkleber wie im Vorbild abziehen. Damit nicht genug, im Inneren des Gatefold habt ihr noch ein hinreißendes Space-Panorama. Bei so viel Hingabe zur Gestaltung des Äußeren kann man ein wenig verschmerzen, dass das Mastering nicht auf Höhe von zum Beispiel Data Discs liegt und vor allem beim SNES-Teil etwas Dumpf daherkommt. Kann man hören, ist sauber, geht aber besser.


Angehört

Seite A: Dunkelheit. Tiefste, schwarze Dunkelheit. Nichts. Nur ein gleichmäßiges, langsames Atmen. Schweben. Träumen. Erwachen. Die Galaxie ist befriedet. Aber dass das kein echter Friede ist, davon berichtet das heroische Thema so dunkel wie deutlich. Zu solcher Musik kreuzen Raumschiffe langsam, sicher und unaufhaltsam auf Schicksale zu, nicht auf friedliche Galaxien. Wie 80er-Science-Fiction gibt sich das Super Nintendo alle Mühe Alan Silvestri zu sein und auf seine ganz eigene Art gelingt ihm das sogar. Etwas explodiert am Zielort, dann wird es Zeit für Action, weil das sind die 90er und Nintendo. Wie ein irrer Pianist mit nur drei Fingern, der in einem brennenden Haus zum Jaulen einer Sirene aufspielt, treibt ein simpler Beat durch wilde Sekunden. Die Landung erfolgt in einem leisen Sturm, dessen Blitze Richtung Oberfläche einer kargen Welt kommentarlos vernichten, was schon längst nicht mehr existiert. Kein Problem, wir finden ein Item! Fanfare! Videospielmusik kann so glorreich unpassend sein.

Aber keine Sorge, der Abstieg in düstere Höhlen kann beginnen. Wie eine Geisterbahnfahrt, die zuerst nur durch das Dunkel führt, habt ihr einen zarten, sphärischen Klang und jede Menge fast hörbare Bedrohungen. Dann geht die Action los und jetzt sind wir tief in 80s-Action-B-Territorium. Synth-Beat, die sphärischen Klänge schälen sich als Melodie nach vorn und das ist der Sound, zu dem Aliens einfach sterben müssen. Es geht gar nicht anders. Aber das allein wäre zu Contra, also klimpert aus der Dunkelheit der unbekannten Höhlenwelt eine Bedrohung heran, während ihr euch voranpirscht. Wie ein Hai, der sich der Oberfläche nähert, wisst ihr dass das Unheil da ist, könnt es aber nicht fassen und so bilden sich die Schweißperlen einzeln in Zeitlupe auf der Stirn. Ihr kommt aber auch nicht umhin, die Wunder dieser Welt zu bestaunen und von dieser einzigartigen Umgebung fasziniert zu sein, egal wie tödlich sie sein mag. Oder vielleicht auch gerade deshalb. Es ist nicht persönlich. Es war halt nur nie geplant, dass ihr hier seid. Als ein Fremdkörper in einer wahrlich außerirdischen Welt bahnt ihr euch zaghaft, aber wie getrieben euren Weg. Wie aus dem Nichts bricht die Gefahr fast endlich über euch herein und so schnell wie er kam, brandet ein Kampf auf Leben und Tod über euch hinweg, nur um euch schwer atmend in der Dunkelheit wiederzufinden, wieder allein. Zum Glück.

Seite B: Es ist immer noch da und es ist so dunkel wie präsent. Das Super Nintendo gibt sich alle Mühe einen Chor-Aufschrei hinzubekommen und jeder, der diese Tiefen besuchte, weiß, dass ihm das gut gelingt. Ein freudiger Jingle muss dann aber sein, es ist immer noch 16-Bit. Daruf kann man dann auch ein ganz schönes episches Fanfaren-Etwas folgen lassen, das seltsam deplatziert auch gut zu einem König-Artus-Bankett passen würde. Nach so viel Renaissance-Trompeten-Fest muss es wieder Alien werden und so steigt unsere Heroine zurück in das Dunkel und rollt sich zu wummernden Trommeln und einem einzelnen, schwebenden Ton durch die Höhlen. Dort stößt sie auf... was auch immer! Aber nur weg! Hektisch spielen die schnellen Akkord-Leitern hoch und der schnelle, harte Beat treibt an. Für einen Augenblick, nur um euch dann in das Wunder des Fremden zu ziehen und mit zarten, flötenartigen Klängen zu verzaubern. Es kann keiner sagen, dass es unter der Erde eines fremden Planeten nicht abwechslungsreich zuginge.

Wellen schlagen bedrohlich über einem dunklen Ozean aus Jules Vernes Alpträumen zusammen, als ihr die Reise fortsetzt, nur um euch auf einer Insel feenartiger, verspielter, aber feindseliger Klänge wiederzufinden. Freundliche, seltsam schöne Wesen, die euch ohne nachzudenken entzweireißen würden. Aber es ist Bestimmung, die euch in einem seltsam die Sekunden weghämmernden Track vorantreibt, die SNES-Streicher, schrauben sich in bedrohliche Höhen, als wäre das hier Silvestri und Hollywood ganz nah. Dann schmilzt die CPU. Oder es ist Lava im Inneren des Planeten. Gesunde Töne sin das nicht. Tiefe, schleimige Bässe. Ein außerirdisches Quaken, direkt aus R'yleh und damit habt ihr wohl die Warnung ausgelöst, denn der Kracht wie ein früher und halb explodierter Taito-Automat vor sich hin. Womit dann auch diese Seite voll auf Alarm und Explosionen ausklingt. Das Böse ist besiegt, was könnte uns Seite 3 noch zu sagen haben?

Seite C: Ach ja, jeder Film braucht einen guten Abspann und der hier wurde mal eben auf die nächste Scheibe ausgelagert. Aber er eignet sich mit seinem heroischen Heldenthema auch wunderbar als Einleitung für ein neues Abenteuer. Das nach dieser 16-Bit-Mega-Glorie und dem etwas aus der Rolle fallenden Game-Over auch folgt: Metroid 2! Wir gehen rückwärts, zurück zum Game Boy. Original. Zu einem der feinsten Soundchips, der je vor sich hinfiepsen durfte. Was er hier sehr hingebungsvoll tut. Die unheimliche Stimmung eines Metroid auf diesen hellen Sound zu transportieren klappt... nicht wirklich. Es ist ein seltsames Chaos zwischen Atari-2600-Explosionen und frühen Handy-Klingel-Sounds, bevor es sich dann doch langsam alles fängt und einen weit geeigneteren Weg findet, der der eher Action-orientierten, starken Melodien zu dezentem Beat-Teppich. Eine Disziplin, in der der Game Boy glänzt. Dazu ein paar kleine, fröhliche und so gar nicht zur Serie passende Melodieschnippselchen und dann ein neuer Versuch, ganz unheimlich, bedrohlich und Metroid zu sein. Nun, schon besser, ignoriert die heulenden Hunde vor dem Fenster, das sind nur die hohen Töne, genießt lieber das Finale, das eine Reprise zum Intro hinlegt und den armen Chip alles zwischen gegenläufigen Melodien und Explosionen abfordert. Noch einmal Sieg dank Blaster gefeiert, wieder mit der Art von Shiny-Happy-Chiptune, die den kleinen Game Boy so groß machte und glücklich die Seite gewendet!

Seite D: Es fällt nicht schwer, sofort zu hören, warum eine ganze Generation den Sound dieses Themas verinnerlicht hat. Ihr bekommt alles, wofür das NES stand in einem kurzen, süßen Paket. Tiefe Chip-Bässe, eine eingängige, zeitlose Melodie und es geht direkt voller Energie und Verve weiter - und dabei ist es nicht mal das NES, das hier klingt, diese Sounds kommen vom Famicom Disk System, dem Original-Metroid persönlich. War Super Metroid fast durchgehend dunkel und mystisch, das NES will den Helden in euch wecken. Ein Universum will schließlich gerettet werden und das Spiel lässt es euch wissen. Schließlich wird es doch etwas düsterer, aber nicht so sehr, schließlich ist die Konsole eher für die höheren Frequenzen bekannt. Fast ein wenig wie ein alter Slasher-Film. Das Tempo wird weiter rausgenommen, Höhlen müssen erkundet werden, das ist jetzt kein Contra hier. Schließlich degeneriert es aber zu etwas, das man am ehesten mit dem Wählen eines Modems vergleichen würde, weniger mit einem Soundtrack. Zum Glück nur ein kurzer Ausflug in Tinnitus-Höhen, bevor 8-Bit-Slasher-Musik zurückkommt. Es fällt leicht, sich einen Michael Myers zu diesen Sounds vorzustellen. Das End-Thema aber lässt euch dann noch mal wissen, wer hier der Held ist. Ihr! Ihr habt alles geschafft. Und während ihr euch über die große Überraschung des Finales noch die Augen reibt, verabschiedet sich eines der ganz großen Spiele angemessen und würdig mit einem frühen Gamesound-Klassiker. Als Bonus folgen dann nochmal das Thema und der Abspann aus der NES-Version und es fällt auf, dass das Famicom Disk System scheinbar den besseren Chip hatte. Das normale NES klingt klarer und kräftiger, aber auch primitiver, als würden ein paar Kanäle fehlen. Was auch der Fall war. Das Disk System hatte einen extra Kanal für einfache Wavetable-Sounds. Trotzdem, ein netter Bonus, so auch die kleine SFX-Compilation als Abschluss.


Gehört und genossen auf...

Dies ist die "Eurogamer-Referenz-Anlage": Plattenspieler - Thorens TD 203 (Test); Phono-Verstärker - Pro-Ject Phono Box DS2 USB; Stereo-Verstärker - Teufel Kombo 62 CD-Receiver; Boxen - Nubert nu Vero 30 (Test); Kopfhörer: Beyerdynamic Amiron (Test) + A20 (Test)


Das wäre noch zu sagen...

Eine Platte wie: Drei Generationen von Nintendos dunkler Seite.

Eine Art Fazit: Bootleg hin oder her, allein für das Cover braucht man diese Platte. Die wilden Hommagen an berühmte Cover, das schicke Vinyl, es ist legendär. Trashig irgendwie, aber auf legendäre Art. Die Musik ist halt das Original in solide, aber nicht sonderlich gut gemasterter Qualität aus drei verschiedenen Konsolen, mit denen sich Moonshake nicht länger befasst als nötig. Trotzdem, ein einzigartiges Sammlerstück.

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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