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Va-11 Hall-a - Soundtrack auf Vinyl - Review

Label: Black Screen Records

Stil: 80s-Waves treffen auf moderne Beats mit Ciptunes.

Erhältlich über: Amazon, Label, Discogs

Das Spiel: Happy Hour in Chiba City.

Die Editionen: Es gibt nur eine, aber das reicht. Color-Vinyl in 180g mit 33rpm, dazu ein hingebungsvolles Anime-Style-Gatefold, bei dem das Neon-Raster-Innere zwar etwas ausgetreten wirken mag, aber hey, wer liebt denn am Ende des Tages nicht den großen Klassiker? Dazu bekommt ihr nicht nur einen Download-Code für die digitale Version, sondern auch ein Poster und sogar ein fiktives Interview mit der "Künstlerin". Dank Doppel ist der Soundtrack komplett, das Mastering fantastisch.


Angehört

Seite A: So ein Cover weckt Erwartungen: Neon innen, Anime außen, werden es feinste 80-Cyberpunk-Tunes sein, Bugglegum-Crisis-Style? Nun... nein, erst mal nicht. Aber da ist ein klarer Midtempo-80s-Ballads-Beats mit einem weit hallenden Synth, der das Ganze direkt in einen hoffnungslos überproduzierten Anime befördert, der einen von einer besseren Dystopie träumen lässt. Slow Dancing with Tears of Joy in my Eyes. Und dann, mitten rein in die Arcade. Wie ein Remix einer Out-Run-Maschine aus einem alternativen Universum, in dem Hover-Ferraris durch Neon-Europa zappen, treibt ihr auf Modern Wave voran, während der Sax-Man auf dem Synth alles gibt. Der Beat geht passend zum Title Neon District weiter und bewahrt sich dabei ganz viel von diesem leicht verträumten Früh-Anime-Charme, als die Träume noch groß und die Zahl der Animationen klein war. Irgendwo auf der himmlischen Seite von Fahrstuhlmusik und der teuflischen von Bar-Piano-Improvisation. Es wird sehr viel moderner, wenn die Bässe runtergehen, zarte Einschläge auf die Linie eines Oszilloskops setzen und hektische Notenimpulse verspielt durch Elektroden laufen. Es ist die helle, bunte Welt satter Farben und Cyber-Idols einer Zukunft, die sich ein Macross Plus erträumte und klanglich wiedergeboren wird.

Seite B: Einfach mal in Chiba City schön an der Bar versacken, einen teuren, leuchtenden Drink in der Hand, die Werbung verspricht einem nicht ein neues Leben in den Kolonien, sondern nur das heißeste Konzert des nächsten belanglosen Idols und alle sind gut drauf. So kann Cyberpunk auch mal sein. Aber Action braucht auch der gechillteste JUNKER und eine kleine Verfolgungsjagd durch die Stadt zu ein paar sweeten E-Tunes hat noch keinem geschadet. Nur nicht zu hektisch, die Sonnenbrille soll nicht rutschen. Dann ein wenig aufdrehen und das Kick-Ass-Main-theme spielen, als wäre Afterburner erst 2047 erschienen und hätte sich mit Galaxy Force gekreuzt. Besser wird Fake-Future-Arcade nicht mehr. Nach so viel Aufregung muss weiter gechillt werden, am besten während man wehmütig verflossener Liebe inklusive Rückblenden auf einem futuristischen Motorrad durch die nächtliche Cyber-City gleitet. Hier und da etwas schwebendes Vangelis, aber der helle Beat dieser Pro-Cyber-Vision bleibt einem immer treu an der Seite. Diese Fahrt muss in einem Nachtclub enden, durch den Laserblitzen in Momentaufnahmen zucken und Standbilder auf die Netzhaut brennen, während der Beat sich durch komplexe Chiptune-Melodien frisst. Swee-1 drea-ms are ma-de of THIS.

Seite C: Die späten 80er kommen in dieser Ballade ganz heftig durch, Midge Ure wäre bei diesen soften Beats glücklich und würde dazu perfekten Schmalz bieten, so glorreich, wie das nur eine Ära konnte. Future-Retro-Ballads ist wohl ein neues Genre? Und warum gleich aufhören, wo es so schön ist? Hungry Like the Cyber-Wolf geht im Tempo hoch, aber das Feeling bleibt und geht ganz tief. Man muss nur die Augen schließen und sieht ein MTV-inspiriertes Anime-Intro aus der goldenen Ära der Kunst vorbeihuschen, wilde Action und große Gefühle im schnellen Cut. Der Break im Anschluss könnte mit seinen zarten Sound-Anleihen an die Einstürzenden Neubauten kaum drastischer sein und Bässe gehen wieder ganz nach unten, während der Sound in den düsteren Keller dieser Metropole führt, unter den abgeranzten Brücken von Alt-Chiba hindurch in die angesagten Hipster-Orte, vorbei an allem, was diese Lügen straft, während kalte elektronische Lichter rhythmisch flackern zum Beat einer Stadt unter der Stadt. Die Welten mischen sich an einem gesellschaftlichen Ereignishorizont und das erste Mal kommt der Cyberpunk etwas härter durch, sehr von seinen Ursprüngen geprägt, durch die Chromohren Chibas gefühlt. Werden wir die bunte, futuristische Zauberwelt wiedersehen, in der die Reise begann?

Seite D: Nicht sofort jedenfalls. Stattdessen mischt sich so etwas wie spätes Darius unter das Setting, eine Art Sci-Fi-Techno-Vibe mit Smooth-Jazz-Piano und Samples aus einem der ersten Kreise der Hölle ergeben einen Teppich, der wie ein Energienetz flackert. Das geht dann noch eins weiter und schneller und überdrehter, zwischen elektronischem Dauerfeuer und Piano-Entspannung liegt nur eine kurze Bridge, die auf sehr soliden Bässen steht und schließlich einen Track weiter zurück in vertrauteres Terrain führt. Wie dynamische Endcredits einer Endlos-Serie geht es zwischen entspannter E-Gitarre und Synth-Melodien direkt aus Captain Futures Brustpanzer hin und her. Es ist ein akustisches Nicht-Terrain, auf dem man sehr glücklich sein kann. Auch wenn es sich ein wenig in Nichtigkeiten zu verlieren droht, aber keine Angst, denn so ein Album geht nicht einfach so in die tiefe Nacht, es geht mit einem epischen Abspann voller Kitsch in ganzer Glorie und ihr werdet danach glücklicher sein.


Gehört und genossen auf...

Dies ist die "Eurogamer-Referenz-Anlage": Plattenspieler - Thorens TD 203 (Test); Phono-Verstärker - Pro-Ject Phono Box DS2 USB; Stereo-Verstärker - Teufel Kombo 62 CD-Receiver; Boxen - Nubert nu Vero 30 (Test); Kopfhörer: Beyerdynamic Amiron (Test) + A20 (Test)


Das wäre noch zu sagen...

Eine Platte wie: Happy Hour in Chiba City.

Eine Art Fazit: Must-Have für Freunde des Modern Retro Wave und outrun. Es ist die Schmuse-Version von Perturbator, die After-Show-Lounge zu Kavinsky und im Geiste Snatcher, wenn das Neon mal wieder heller leuchtet. Dazu gibt es eine liebevolle Cover-Gestaltung inklusive witziger Goodies, ein Paket, das von vorn bis hinten überzeugt.

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Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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