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Zuntata Arcade Classics Volume 1 - Soundtrack auf Vinyl - Review

Komponist: Zuntata

Label: Ship To Shore Phonograph

Stil: Von Chiptune-Power-Wave zu Freeform-Jazz und zurück

Erhältlich über: Amazon, Label, Discogs

Das Spiel: Autorennen, Ballern, mehr Ballern. Alles, was die Arcade braucht.

Editionen: Drei Editionen sind draußen: Schwarz, Blau und Gelb. Die Gelbe ist zwar nicht wirklich seltener, aber ursprünglich nur im eigenen Label-Store zu bekommen. Alle sind 180g-33rpms und das Mastering wie auch die Pressung tadellos. Das Cover ist ein Unfall für sich, was es aber schon wieder eigen macht. Trotzdem, schön ist allgemein was anderes. Die Innenseite des extrem stabilen Gatefolds dagegen hat viel zu erzählen. Die ausführlichen Liner Notes erzählen eingehend von Jeremy Parishs - unter vielem anderen ehemaliger Chef-Red von usgamer.net - Liebe zu Elevator Action Returns, die andere Seite lässt Zuntatas Katsuhisa Ishikawa ausführlich zu Wort kommen. Die Rückseite zeigt alle drei Cover für die Automaten und jeder Track ist klar zugeordnet, sodass ihr nicht rätseln müsst, was woher kommt.


Angehört

Anmerkung: Drei Spiele sind in dieser Compilation enthalten: Night Striker (1989), Metal Black (1991) und Elevator Action Returns (1994). Wenn ihr im Text also Jahresangaben seht, dies sind die Spiele, die zu den Zahlen gehören.

Seite A: Wow! Das geht richtig gut ab. Wir starten 1989 und es ist Neon-Disco-Zeit pur. Wie eine überambitionierte Wave-Band geht es in die Vollen und rockt göttlich alles weg, was sich jemals in irgendeiner Zeit in den Weg stellen könnte! Pure Arcade-Glorie. Sprung zu 1994 und da will sich was in den Weg stellen. Ihr hört Stiefel marschieren, Trommeln militärisch anschlagen, eine sphärische, düstere, fast romantische Melodie legt sich wehmütig darüber, bevor der Sound durchknallt, das Tempo verdreifacht und wie ein karibischer Affe auf Speed durch den Raum springt. Dabei bleibt es dann auch, nur, dass immer neue Schichten in den erstaunlichen komplexen Mix wandern, Sprachsamples inklusive.

Zurück nach 1991, hoffentlich wird die Herzfrequenz gesenkt. Nun, das Tempo sinkt minimal, aber die Hektik mit fast schon einer zirkusartigen Melodie kein Stück. Das bricht aber schnell in eine auf Synth gespieltes Guitar-Hero-würdiges Solo über. Sehr frühes SEGA, aber noch verspielter. Bei dem Sound bleibt auch 1994 mit seinen Trompeten und smoothen Beats, die mehr an einen 60s-Nachclub erinnern. Wenn James Bond in Dr. No in einen Stripclub gehen würde, dann würde dort solche Musik laufen. Chipsound-Kuschel-Musik. Wieder zurück in 1991 fällt es immer schwerer zu glauben, dass dies die Musik für ein Shoot 'em up sein soll, es beginnt mehr wie ein Stück aus einem Final Fantasy Lovetheme. Dann jedoch reißt es die Wände mit Action-Fusion-Jazz ein, während sich die Spuren stapeln und gegenläufige Sounds ausbrechen. Das lässt sich nicht bremsen, also gleich noch einen zweiten Metal Black Track hinterher. Aber dann will Elevator Action die Herrschaft zurück und 1994 spielt sein Maintheme auf. Etwas, das man sofort mit einem Action-Spiel verbinden würde: Sanften Midtempo-Bar-Piano-Jazz. Logisch, oder? Warum war Elevator Action Returns noch mal kein Million-Seller? Man muss diese Taito-Jungs einfach lieben.

Seite B: Nach einem kurzen, aber feinen Intro sind wir zurück in 1991 und Metal Black und der sehr jazzige Sound weicht einem fast ätherischen, kurzen Klingen. Das war dann auch der eigentliche Auftakt für mehr aus 1989 und Night Striker erzählt fast eine Geschichte, indem es wie ein John Williams Chip-Sound Tempi und Stimmungen unsichtbaren Szenen anpasst und ihr wisst, dass es das große Drama sein muss. Leise, zarte Läufe steigern sich zu bombastischen Passagen und fallen wieder zurück in ihre gehauchten Andeutungen. Es ist ein wilder Ritt. 1991 danach ist fast so etwas wie der sichere Hafen mit Mid-Tempo in seinen nicht weniger verspielten Melodieelementen, bei denen nur die treibenderen Hi-Hats an das Action-Spiel erinnern. Nichts davon wäre in einem Enix-Rollenspiel aus der Zeit fehl am Platz. 1989 hat da ganz andere Gedanken, wenn es in dem passend betitelten Burning Road eine Ode an 80s-Sportwagen schreibt. Das ist der Sound, zu dem man einen Testa Rossa an seine Limits zwingt. Schnell, laut und irgendwie Power-Wave. Da löst der Sprung vorwärts nach 1994 ja fast ein Schleudertrauma aus, wenn der ganz heftige Synth-Saxophon-Jazz zurückschlägt und irgendwie mit seinen Xylophon-Zwischenpassagen, die in glasklares Barpiano überleiten aus jeder Zeit gefallen und doch universell passend wirken. Zwei Mal 1991 schließt diese eigenwillige Compilation, zunächst mit der Chiptune-Version einer Power-Ballade, allen Bombast, Pathos und Grandeur inklusive. Eine kleine, kurze Reprise schließt diese Sammlung dann angemessen und fast schon still.


Gehört und genossen auf...

Dies ist die "Eurogamer-Referenz-Anlage": Plattenspieler - Thorens TD 203 (Test); Phono-Verstärker - Pro-Ject Phono Box DS2 USB; Stereo-Verstärker - Teufel Kombo 62 CD-Receiver; Boxen - Nubert nu Vero 30 (Test); Kopfhörer: Beyerdynamic Amiron (Test) + A20 (Test)


Das wäre noch zu sagen...

Eine Platte wie: Der Beweis, dass die Arcade auch akustisch oft weit über Gebühr ambitioniert war.

Eine Art Fazit: Chaos auf dem Cover, Genie innen drin. Von den so unterhaltsamen wie ausführlichen Liner Notes, zu den Artworks auf der Rückseite und dem hochwertigen Mastering ist das ein ungewöhnlicher Schatz. Drei fast schon obskure wie auch klanglich brillante Spiele wurden als Compilation zu einer unerwarteten Einheit geschmiedet. Mit das Beste, was ihr aktuelle im Arcade-Bereich finden werdet.

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Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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