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InnerSpace - Test

Die Entdeckung der Hohlwelt.

Entspannendes Erkundungsspiel. Fliegend und tauchend, mit vielen Geheimnissen, teilweise aber langatmig.

Kennt ihr Cyrus Reed Teed? Im 19. Jahrhundert war dieser Arzt der Gründer einer Gemeinschaft, die die Auffassung vertrat, die Menschheit würde eben nicht auf der Außenseite einer Kugel leben, sondern in deren Innern. Die Sonne wäre demnach viel kleiner als angenommen und in der Mitte dieser Hohlkugel, der Mond würde sich um selbige drehen. Heute finden sich solche Theorien noch am ehesten bei wirren Verschwörungsideologen, aber nehmen wir mal nur für eine Sekunde an, Teed hätte recht gehabt und gehen wir davon aus, dass die Menschheit schon längst zu Grunde gegangen ist und dass ihr in ferner Zukunft als Pilot eines Fluggeräts nun die Hohlwelt erkundet, um herauszufinden, was sich dort zugetragen hat - zack, ihr habt ziemlich genau das Szenario von InnerSpace.

Wer in eine neue Hohlwelt gerät, fühlt sich zunächst desorientiert - wie hier deutlich zu sehen ist.

In der Tat schlüpft ihr in InnerSpace in die Haut eines Kartographen, der sich mit seinem selbstgebauten Flugzeug aufmacht, mehreren uralten Hohlwelten die Geheimnisse ihrer Vergangenheit zu entlocken. Denn diese Hohlwelten sind mitnichten leer, sie sind voller Relikte und Spuren untergegangener Zivilisationen. Das kann zunächst ein bisschen überfordern, zumal euch das Spiel nicht besonders viele Anhaltspunkte gibt, was als Nächstes zu tun ist. Es wird aber zumindest dadurch entschärft, dass euch euer Auftraggeber, der Archäologe, zumindest ab und zu mal leicht unter die Arme greift und euch Tipps gibt, was ihr versuchen könntet. Denn ihr könnt mit eurem Fluggerät durchaus beherzt mit der Umwelt interagieren - beispielsweise indem ihr Seile durchtrennt, die dann ganze Felsbrocken abstürzen lassen, was wiederum neue Spielabschnitte freilegt. Oder indem ihr brüchige Steine einfach rammt und so zerbröselt.

Im Zentrum des eigentlichen Gameplays stehen aber die sogenannten Relikte. Diese leuchtenden Gegenstände finden sich meist etwas versteckt in der Spielwelt und der Archäologe freut sich, wenn der Kartograph sie ihm zurückbringt. So sehr, dass er euch sogar belohnt, etwa mit Upgrades für euer Fluggerät. Auf diese Weise erhaltet ihr relativ zu Beginn des Spiels beispielsweise die Fähigkeit, selbiges nach dem Abtauchen in Gewässer per Knopfdruck in ein U-Boot zu verwandeln. Auch hier bitte umgekehrt denken: Wasser wird natürlich von der Außenseite der Kugeln angezogen, auf deren Innenseite ihr euch befindet, es umgibt euch also meistens und legt sich gleichmäßig an die Innenseite. Ich bin ein Fan solch alternativer Weltmodelle und finde es spannend, mir zu überlegen, wie die Welt wohl aussähe, wenn sie anderen physikalischen Gesetzen gehorchte. Aber: Bei der Orientierung hilft das Dasein im Innenraum einer Hohlkugel nicht gerade. Eine einmal entdeckte Landmarke später wiederzufinden, gestaltet sich daher teilweise schwierig. Die Entwickler scheinen das auch gewusst zu haben, weshalb sie die Möglichkeit integriert haben, das Fluggerät an bestimmten Punkten nahezu vollständig zum Stillstand zu bringen. In dieser Lage könnt ihr euch zumindest in Ruhe umsehen und dann beschließen, in welche Richtung ihr als nächstes Fliegen möchtet.

Solche Einblendungen helfen euch zumindest geringfügig dabei, herauszufinden, was ihr als Nächstes erledigen müsst.

Die Steuerung eures Vehikels ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig und nicht intuitiv: Ihr lenkt hauptsächlich, indem ihr euch um die eigene Achse dreht und dann den Bug nach oben oder unten drückt. Wenn ihr so erst mal nicht dahin fliegt, wo ihr wollt, verstärkt das die Orientierungslosigkeit nur zusätzlich, aber: Man gewöhnt sich irgendwann daran, zumal das Spiel euch später auch wendigere Flugmaschinen schenkt. Kracht ihr doch mal gegen eine Wand, ist das auch nicht weiter schlimm, denn ihr seid nicht nur Kartograph, sondern ganz offensichtlich auch begnadeter Mechaniker - euer Flugzeug (oder U-Boot) kann nicht kaputtgehen. Letzteres führt hin und wieder aber auch zu etwas unschönen Szenen, in denen ihr wie eine Flipperkugel von einer Wand gegen die andere kracht.

Habt ihr die Steuerung einmal verinnerlicht und baut ihr nicht mehr ständig Unfälle, spielt sich InnerSpace zwar deutlich entspannter, kann dafür aber auch langweilig werden. Gerade weil ihr nicht immer wisst, was ihr eigentlich als Nächstes machen sollt, fliegt und taucht ihr häufig ziellos durch die Spielwelt. Spannender wird's auch nicht unbedingt durch die reichlich mystische Story, in der ihr erfahrt, dass die sogenannten Alten für die Erschaffung der Hohlwelten verantwortlich sind, dass es auch noch sowas wie Halbgötter gibt und dass es wichtig ist, eine Ressource namens Wind zu sammeln - aus welchem Grund auch immer. Es ist spürbar, wie die Entwickler versucht haben, dieser Welt einen so fremdartigen wie fantastischen Anstrich zu geben und es kann durchaus toll sein, sich dort hineinzusteigern. Das Spiel ist im besten Sinne des Wortes meditativ. Nur dass eure innere Sinnsuche dann irgendwann durchbrochen wird, nämlich wenn ihr feststellt, dass hinter all dem nichts weiter steckt. Nach neun bis zehn Stunden habt ihr das Spiel beendet und wisst nachher nicht mehr als vorher.

Das Aufeinandertreffen mit den großen Kreaturen von InnerSpace ist den Entwicklern teilweise beeindruckend gelungen.

So lange ihr euch allerdings noch im Glauben wähnt, hier auf der Spur von etwas ganz Großem zu sein, spielen die Entwickler die Atmosphäre des Spiels toll aus. Die Sound-Kulisse wirkt mit ihren sphärischen Klängen absolut passend, wenn auch kein wirklicher Ohrwurm dabei ist - muss bei einem Spiel wie diesem aber vielleicht auch nicht sein. Die Grafik ist teilweise etwas detailarm geraten, sorgt auf diese Weise aber zumindest dafür, dass ihr euch auf das Wesentliche konzentrieren könnt und euch bei aller Orientierungslosigkeit nicht auch noch in irgendwelchen hochauflösenden Texturen verliert. Selten streifen andere Kreaturen euren Weg - ein riesiger Fisch beispielsweise, der in einer der Hohlwelten gefangen ist und den ihr retten müsst. Solche Ereignisse wirken allein aufgrund ihrer Seltenheit besonders und wie ein Erlebnis. Wie ein komisches Erlebnis halt, von dem ihr nur dann gern jemandem erzählen wollt, wenn ihr ein kleines Kind seid. Etwa so: "Mama, Mama, ich war im Bauch von einem durchsichtigen Riesenfisch und habe ihn aus der Hohlwelt befreit!" "Klar warst du das, Justin. Jetzt geh' wieder spielen."

Die Geschichte wird über solche Texteinblendungen erzählt - wenn euch auch oft nicht wirklich klar ist, was da eigentlich gesagt wird.

InnerSpace verfolgt alles in allem einen sehr interessanten Ansatz, kann im direkten Vergleich aber nicht mit ähnlichen explorativen Spielen wie etwa Abzu mithalten. In letzterem fällt die Orientierung doch deutlich leichter, die Steuerung geht flüssiger von der Hand. Trotzdem sind die Welten in InnerSpace irgendwie faszinierend, auch wenn sie nicht so geschliffen wirken, irgendwie unperfekt, als hätten diese Alten, die sie angeblich erschaffen haben, ein paar Bier zu viel intus gehabt. Wer sich darauf einlässt, kann hier ein paar entspannte Stunden vor dem Bildschirm verbringen. Ungeduldige Naturen sollten von InnerSpace dagegen eher die Finger lassen.

Entwickler/Publisher: PolyKnight Games/Aspyr - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One, Switch - Preis: etwa 20 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: Xbox One - Sprache: deutsche Bildschirmtexte - Mikrotransaktionen: Nein

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

InnerSpace

PS4, Xbox One, PC, Mac, Nintendo Switch

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Über den Autor
Markus Grundmann Avatar

Markus Grundmann

Freier Autor

Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.

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