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God of War - Zeit für Aufbrüche

Raus aus alten Gewohnheiten.

God of War wurde durch die PS2-Ära geprägt, was ein wenig erstaunt, denn eigentlich hätte man meinen sollen, dass eine Serie, die neben anderen Qualitäten so sehr für ihre technischen Errungenschaften bekannt wurde, mit mehr Technik direkt zum Sprung ansetzt. Aber auch wenn God of War 3 sicher hübsch war, es konnte nicht wirklich mit seinen beiden Vorgängern mithalten. Es sah fantastisch aus, es verkaufte sich gut, war ein viel gelobtes Spiel, aber es gelang ihm nicht, in der PS3-Generation als Inbegriff eines der Exklusivspiele überhaupt über vielem zu thronen, wie es den anderen beiden Titeln gelang. Dazu kam, dass an diesem Punkt alles gesagt war. Kratos als Figur war zwar nicht völlig eindimensional, aber so viel Hintergrund war da nicht und so beschränkte sich Teil 3 auch darauf, ein großer Bossfight zu sein, der noch einmal Kratos ungebremst laufen lässt, aber der Mythologie der Serie selbst nicht viel hinzuzufügen hatte.

Die Pause - mit einer kurzen Unterbrechung für das ein wenig außerhalb der reihe laufende Ascension im Jahr 2013 - war nötig, um der Serie wieder einen Sinn zu geben. Dies wurde in God of War nun sehr wörtlich genommen, indem der Figur Kratos ein Sinn gegeben wurde. Nach seinem Verschwinden am Ende von Teil 3 war er wohl fertig mit den Göttern Griechenlands, was ihm wohl auch keiner verübeln wird, und zog sich in den fernen Norden zurück. Irgendwo in Skandinavien in den Wäldern traf er eine Frau, gründete eine Familie, bekam einen Sohn und mit all dem beerdigte er seine Vergangenheit.

Ein kurzer Blick auf Kratos jahrelange Idylle, bevor nach den Gesetzes des Dramas alles erst mal wieder zusammenbrechen muss.

Da ein Spiel etwas mehr Drama als ein solch glückliches Happy End braucht, beginnt das, was bis vor kurzem noch God of War 4 hieß und dem nun in bester Reboot-Tradition die Zahl gestrichen wurde, mit dem Tod von Kratos Frau. Nur er und sein Sohn wäre für den emotional nicht direkt erfahrenen Kriegsgott schon Krise genug, aber nur wenige Tage später kommt es zur interessantesten Szene des während des Vorschau-Event spielbaren Abschnitts: Ein Wikinger-Hipster kommt des Weges, scheint harmlos genug und nachdem er etwas zu eindringlich nach Kratos' Vergangenheit fragt, donnert der ihn mit einem Schlag in die Wälder. Wie sich herausstellt, ist Kratos hier aber nicht der Einzige mit göttlicher Kraft, denn egal, wie sehr der dem arroganten Unbekannten verdrischt, dieser heilt sich in Sekunden. Wer er ist und was er von Kratos will, das bleibt ein großes Fragezeichen. Lediglich, dass seine Kraft von Odin gewährt wurde und dass er wirklich weiß, was Kratos tat, kommt zwischen den Kampfeinlagen durch.

Es endet mit einer Art Unentschieden, als der Unbekannte in einer tiefen Felsspalte verschwindet, aber nach allem, was vorher passierte, sicher nicht tot ist. Kratos bricht also mit seinem Sohn, von dessen Überlebensfertigkeiten er noch in keiner Weise überzeugt ist, auf, um die sterblichen Reste seiner Frau auf den höchsten Berg zu bringen, wie sie wollte. Aus Gründen, die zu diesem Zeitpunkt nur zart angedeutet werden, aber sich sicher auch noch zu einem der wichtigeren Handlungsstränge entwickeln werden.

Der mehrstündige initiale 'Dungeon' bietet eine Reihe von Puzzles und Fallen.

So viel zur Ausgangslage und sie wird interessant genug vermittelt, auch wenn ich persönlich hier monieren möchte, dass man die Zwischensequenzen nicht abbrechen kann. Ist für mich automatisch ein kleiner Negativpunkt, aber zumindest langweilte ich mich mit dem Einstieg in Kratos' neue Welt nicht. Es ist auch ein recht drastischer Unterschied zwischen dem hedonistischen Zornesberg des ersten Teils, der alle Momente, die er nicht mit Töten beschäftigt war, in Wein und Weib versenkte, und dem Vater hier, der sich nun das erste Mal allein dieser Rolle stellen muss. Das Thema "Kind als größte Herausforderung für den Krieger" ist ein sehr altes und bekanntes, das auch in Hollywood zigmal und oft als Komödie genutzt wurde. God of War verzichtet auf den Slapstick, zeigt die beiden als schwieriges Paar mit einem hitzköpfigen Gerade-so-Teenager auf der einen Seite und einem überstrengen, nur nach außen fast emotionslosen Vater, der aber aufrichtig versucht, es besser zu machen, als es ihm in dem Moment möglich scheint. Eine sehr solide Thematik, die weit besser zu der Figur passt, als man im ersten Augenblick meinen sollte. Und keine Sorge, hier und da in der Hitze des Kampfes kommt genug vom alten Kratos durch.

Inhaltlich und im Setting ist es also ein schlüssiger Bruch, aber es ist ein Bruch mit dem, was vorher war. Dieser hört beim Gameplay aber nicht auf und hier werden sich die Geister ein wenig spalten. So wie die Geschichte persönlicher wurde, geht es auch näher an die Figur heran. Wortwörtlich, denn der Rücken von Kratos nimmt einen ganz guten Teil des Screens ein. Die Totale der frühen Teile, das hektische Hin und Her durch große Räume in zwei Schlägen und Sekundenbruchteilen ist vorbei. Kratos wurde älter, ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass seine Taktung langsamer wurde. Aber es spielt sich definitiv moderner als Action-Adventure.

Hier ist Kratos Sohn noch in der Lernphase, aber schon wenig später ist er ein wichtiger Fernkampf-Support in vielen Kämpfen.

Ihr habt nun nicht mehr die Kettenklingen, sondern vor allem eine magische Axt. Dieser eignet sich gut für Kombos aus leichten und schweren Attacken. Auch für die Sparta-Attackenserie, wenn sich ihr Balken gefüllt hat. Das ist aber nicht das Besondere. Das eigentliche Special Feature ist, die Axt zu werfen und auf Knopfdruck zurückzuholen. Im Kampf ist das etwas gewöhnungsbedürftig. In praktisch jedem Spiel ist es so, dass eine solche Wurfwaffe automatisch zu euch zurückkommt. Hier nicht. Ihr seid in der Zeit nicht wehrlos, Kratos teilt mit seinen Fäusten fast genauso viel Schaden aus und manche Gegner sind gegen die Eis-Axt auch immun. Aber wenn sie einmal weg ist, ist es dieser Extra-Knopfdruck, an den ich dann irgendwie nie dachte und länger ohne die Axt kämpfte, als es sinnvoll war. Wie gesagt, Gewöhnungssache.

Die Kampfpräzision ist dabei nicht ganz mit dem zum Beispiel extrem methodischen Dark Souls vergleichbar. Es steckt etwas mehr Emotionalität drin, Kombos fließen schneller und es gibt schließlich auch keinen Ausdauerbalken, der euch einschränkt. Auch die extrem nahe Perspektive, die manchmal die Übersicht leiden lässt, und die damit verbundene, zumindest in diesem Build nicht immer ideale Kamera, bringt euch eher dazu, reflexartig zu handeln. Und Kratos hat auch die Moves, um das zu erlauben und damit zumindest weitestgehend durchzukommen. Klappt es mal nicht, gibt es keine vollständige automatische Heilung, sondern nur bis zu einem gewissen Grad und den Rest müsst ihr über grüne Magiekugeln zurückholen. Einer von einer Reihe von Punkten, die ein Kopfnicken zur eigenen Historie sind.

Das Design der Gegner ist der Mythologie entlehnt, hier habt ihr es mit einer Art Waldgeister zu tun.

Es blieb aber zumindest in diesen ersten Stunden ein Nicken, denn das Spielgefühl ist anders. Vielleicht nicht besser, sicher nicht schlechter. Anders eben. Die Rolle des Sohnes ist dabei erst einmal Unterstützungsfeuer. Er schießt mit Pfeil und Bogen und ihr müsst euch nicht um ihn kümmern oder ihn gar ständig vor irgendwas retten. Stattdessen sagt ihr ihm einfach per schnellem Knopfdruck, wann er auf einen Gegner feuern soll. Er verursacht zwar nicht viel Schaden, lenkt den Gegner aber sehr effektiv ab und wird damit vor allem in den Bosskämpfen zu einem wichtigen Faktor. Der erste große Boss zum Beispiel, ein Troll, ist hammerhart, wenn ihr ihn allein im Nahkampf stellen möchtet, jedoch kinderleicht, wenn ihr euren Bogenschützen richtig einsetzt. Werft aus sicherem Abstand die Axt und wenn der Troll, der in bester Sitte der Reihe Kratos um ein Vielfaches überragt, zu nahe kommt, lasst ihr Kratos' Sohn feuern. Der Troll wendet sich ihm zu und so treibt ihr den Riesen allein mit Fernkampfattacken leicht zwischen euch hin und her, bis er fällt. Schon hier zeigt sich dann auch der Verzicht auf die Quick-Time-Events. Weder im Kampf gegen den unbekannten Nordmann noch gegen den Troll zeigten sich die Knopfeinblendungen. Ich war nie ein großer Freund, aber auch kein Feind. Ich vermisse sie nicht und begrüße die Betonung auf "echtes" Kampfgameplay.

Dazu kommt auch viel Kampftaktik, wie auch zuvor in anderen Episoden aus Kratos' Leben. Ihr habt große Tanks, die euch mit Schilden und wuchtigen Schlägen langsam zu Leibe rücken, eine Art Hexe mit Teleportfertigkeiten und Fernkampfattacken, die ihr mit Bogenschüssen ablenken müsst, bevor sie verwundbar wird, und vieles mehr in dieser Richtung. Auch diese Wesen scheinen der nordischen Mythologie entlehnt, wobei ich mich dort nicht gut genug auskenne und erst zum Test mal recherchieren werde, woran sich hier was anlehnt. Das Design jedoch ist ausgesprochen stimmig und sie vollenden den Bruch mit dem bekannten Griechenland-Szenario. Was noch fehlte war ein längerer Ausblick auf Bereiche, die nicht eine Art langgestreckter Dungeon mit engen Gängen, Fallen- und Rätselräumen und nur wenigen Unterbrechungen sind. Das Spiel schien sich gerade ein wenig öffnen und weg vom Dauergrau-Braun mal steiniger und mal lehmiger Wände wandeln zu wollen, da war es auch vorbei mit der Präsentation. Die Einschätzung, wie gut das neue God of War wirklich aussieht, hebe ich mir also noch ein wenig auf. Bis dahin war es gut, ohne zu beeindrucken, aber wie gesagt, gerade als es beeindrucken wollte, wurde es abgeschaltet. Da kommt also wohl noch was.

Es ist vor allem ihre Geschichte. Wie sie sich entwickelt, wird mit entscheiden, wie gut das Spiel am Ende sein wird.

Der Vorteil dieses Dungeon-Crawls war natürlich, dass man auch sehen konnte, was es an Spielelementen neben dem Kampf noch so gibt. Das wären vor allem ein paar Rätsel und in Kombination damit auch Fallen. Die Axt wird dazu genutzt Türen und Mechanik im richtigen Moment zu stoppen, um passieren zu können. Als Ergänzung dazu hilft Kratos' Sohn, indem er an unzugängliche Orte kommt, um dort Seile zuzuwerfen oder Hebel auszulösen. Es war jetzt kein echter Gehirnkitzler dabei, aber nette und durchdacht genug wirkende Abwechslung allemal, die sich hoffentlich ebenfalls noch weiter steigern kann. Sehr schön zeigte dagegen eine Falle, wie das Spielerhirn tickt, denn ihr nutzt die Axt, um eine Decke mit Spikes davon abzuhalten sich zu senken. Steht ihr dann aber ohne die Axt unter dieser Decke, tauchen natürlich Feinde auf. Das Spiel scheint prüfen zu wollen, wie gut es euch beibrachte, die Axt zu rufen, wenn ihr im Kampf ohne sie dasteht. Bei mir hat es gut funktioniert und die Decke endete Kratos in wenigen Sekunden. Es geht doch nichts über gute Reflexe.

Bei anderen Aspekten bin ich noch nicht ganz sicher, ob ich das in dieser Masse brauchte. Ihr könnt natürlich wie auch zuvor neue Fertigkeiten freischalten, die Lebensleiste erweitern und die Axt dramatisch ausbauen. All das wirkte zuvor aber weit simpler und unaufdringlicher. Hier steckt es in einem modernen Action-Adventure-Menü voller Reiter, Aspekte und Punkte. Nicht komplexer als bei jedem Assassin's Creed der letzten Jahre, aber es ist ein Bruch des bis dahin recht reinen Gameplays des Action-Kampfes hin zu Gegnerleveln, Waffenleveln und sonstigen Leveln. Wie gesagt, einiges davon war schon immer Teil der DNA der Serie, es ist sicher nichts Anderes, als jedes andere Spiel des Genres tut, aber vielleicht ist das auch mein Problem. Mein erster, kurzer Eindruck war, dass dies der Immersion in diesem Falle eher abträglich war. Aber das kann sich auch bei längeren Spielsessions noch deutlich ändern, also diesen Eindruck mit Vorsicht genießen, bitte.

Technisch gab es schon schöne Einsprengsel zu sehen, aber als würdiger Nachfolger auf technischer Ebene muss sich God of War noch beweisen.

Die Collector's Edition ist schon weg, aber die Limited Edition von God of War könnt ihr noch vorbestellen. (Amazon.de)


Der übergreifende Eindruck war vor allem, dass das Studio mit dem neuen Szenario, den Änderungen im Kampfgefühl und den Rollen der Figuren einen so weiten Bogen um alles ging, was God of War als reines Aufwärmen der älteren Teile dastehen lassen könnte, dass es teilweise fast schon verdächtig war. Aber warum nicht. Wenn alles gesagt ist, darf man ein neues Thema aufgreifen und das gelingt mit dem neuen, nordischen Look ausgehend von diesen ersten Stunden durchaus gut. Was noch fehlte war der große Aha-Effekt, der Moment in dem dann alles zusammenpasst und God of War dieses sehr beladene Erbe wirklich antritt. Aber so ein Moment muss auch nicht in den ersten Stunden passieren, das Spiel nimmt sich offensichtlich die Zeit, die Stimmung und die Figuren aufzubauen und das ist sicher nicht verwerflich. Ich bin nicht sicher, was harte Fans von Kratos und der Reihe erwarten und erhoffen, aber wenn es exakt mehr von dem ist, was sie kennen, könnte dieses Spiel für sie ein "Problem" sein. Sind sie jedoch offen für die Änderungen und Ziele dieses Spiels, dann habe ich keinen Zweifel, dass auch sie zusammen mit so ziemlich jedem anderen, der ein interessantes und sehr hochwertig produziertes Action-Adventure zu schätzen weiß, hier glücklich werden dürfte.


Entwickler/Publisher: SIE Santa Monica Studio/Sony - Erscheint für: PS4 - Geplante Veröffentlichung: 20. April - Angespielt auf Plattform: PS4 Pro

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God of War

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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