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Echter Kunst-Stoff

Wie ein Franzose Spiele zum Kulturgut macht

Video- und Computerspieler trainieren mit Counter-Strike für ihren nächsten Schulbesuch, schneiden Katzenwelpen die Schnurrhaare ab, ziehen ihrer kleinen Schwester an den Zöpfen und veranstalten bei Rentnern Klingelstreiche, kurz: Sie gelten hierzulande unter gewissen Wahlfängern als die Früchte Satans. Gerade im Hinblick auf den großen Urnengang im September müssen sie als das ultimativ personifizierte Böse herhalten. Na vielen Dank auch.

Wir wissen selbstverständlich, die Wahrheit ist eine andere: Für viele sind Video- und Computerspiele Kunst. Das gab's mittlerweile sogar amt- und schriftlich, und zwar vom Deutschen Kulturrat.

Wie eng „Games“ mit Kunst verknüpft sein können, zeigt auch der Franzose Mikaël Aguirre (28). Gut, Franzosen essen Frösche, was im ersten Moment vielleicht eher abschreckt. Mikaël aber hat's drauf: Er zaubert mit Photoshop wunderschöne Bilder zu seinen Lieblingsspielen. Bilder, die aussehen wie Gemälde auf Leinwand – in Öl-, Aquarell- oder Pastellfarben.

Einige der hübschesten Werke haben wir für Euch in eine Bildergalerie gepackt. Weitere findet Ihr auf Mikaëls Homepage, der sich in Anlehnung an den Anime-Regisseur Kôji Morimoto den „Künstlernamen“ Orioto gegeben hat. Vielleicht ist unter den kleinen Kunstwerken ja das eine oder andere, das ihr für Euren Desktop nutzen wollt.

Mario und Yoshi im Friede-Freude-Eierkuchen-Land … und Künstler Mikaël Aguirre.

Im Gespräch mit Eurogamer.de erzählte Mikaël ein bisschen über sich, seine Motivation hinter den Projekten und seine Arbeitsweise. Wobei die Games-Kunstwerke hobbymäßig entstehen – auch wenn der freiberufliche Filmregisseur aus Paris mittlerweile vereinzelt Mini-Jobs für eine große Online-Spieleplattform aus den Vereinigten Staaten erledigt.

Hoch im Kurs stehen bei Mikaël besonders Ikonen wie Super Mario oder Sonic. Er beschäftigte sich aber auch schon mit den Titeln Street Fighter, Donkey Kong, Castlevania, Ecco the Dolphin, Super Aleste, Lemmings oder Legend of Zelda.

Wenn bei den Bildern des Franzosen der grün gewandete Link aus dem zuletzt genannten Action-Adventure im Regen, mit großen Augen und etwas verloren vor einem Häuschen steht oder sich winzige Lemminge treudoof in einer riesigen düsteren Höhle tummeln, verlieren die aus Pixeln geschaffenen, digitalen Spieleuniversen ihren letzten sterilen Touch.

Mikaël, dessen Lieblingsspiele Final Fantasy VI, Grandia, Worms, Mario Galaxy, Mario World, die Capcom/SNK-Reihe, Wave Race und Uniracer sind, setzt bei seiner Kunst sehr häufig auf niedliche Charaktere wie Yoshi. Die stellt er entsprechend dar. „Nicht kindlich, sondern eher burlesk niedlich, also possenhaft und derb-komisch“, sagt er. Außerdem betont der Pariser, dass er besonders die Videospielekultur aus den Achtzigerjahren mag. „Deshalb fokussiere ich mich auf alte 2D-Spiele.“

Der blaue Igel Sonic gibt mächtig Gas.

Der 28-Jährige nutzt Fotos und Screenshots als Inspiration, verwebt Illustrationen, Texturen und verfremdete Realbilder zu einem Ganzen, kombiniert das mit selbst gemalten Elementen, ändert Farben und schafft damit einzigartige Collagen. Das klingt zu einer Zeit, in der schon Dreijährige mit Computern aufwachsen, verhältnismäßig simpel. Doch für die 5000 x 3000 Bildpunkte großen Werke benötigt er nach eigenen Angaben jeweils rund 20 bis 30 Stunden.

Zuletzt rang Mikaël viel mit einem Bild zu Metal Slug, weil das entsprechende Spiel sehr detailliert ist. „Meine Fähigkeiten sind begrenzt“, sagt er und gibt sich ganz bescheiden. Doch die Ergebnisse können sich sehen lassen. Und beweisen einmal mehr, dass Computer- und Videospieler wahrlich keine Kulturbanausen sein müssen.

Einen Teil von Mikaëls Werken findet ihr, wie im Artikel erwähnt, in unserer Bildergalerie „Echter Kunst-Stoff“.

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Über den Autor

Harald Fränkel

Contributor

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