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Family Guy

Familie mit großer Klappe

„Es scheint mir so als ob alles, was wir heutzutage im Fernsehen anschauen, Gewalt und Sex sei. Aber wo sind sie bloß, diese guten, altmodischen Wertvorstellungen auf die wir uns immer verlassen konnten?“ Mit diesen stümperhaft ins Deutsche übersetzten Worten startet Woche für Woche die Cartoon-Comedy „Family Guy„. Zwar kann ich Euch die Einstiegsfrage nicht beantworten, eines lässt sich doch sofort klarstellen: Mit „altmodischen Wertvorstellungen“ hat diese Serie genauso viel zu tun wie Axel Schulz’ Comeback mit Boxen.

In Übersee wird diese Truppe schon in einem Atemzug mit den Dinosauriern der Zeichentrickfamilien, den Simpsons, genannt. Ein durchaus passender Vergleich, könnte man die Griffins doch als deren bitterböses Gegenstück bezeichnen. Um es vorweg zu nehmen: die USK 16-Wertung ist durchaus gerechtfertigt. Oder habt Ihr schon einmal Homer Simpson eine bunte Mischung aus gebrechlichen Senioren und spielenden Kindern die Straßen herunter prügeln sehen?

Dank Hirnkontrollmodul spielbar: Tod, Gevatter Tod

Beginnen wir mit der Schokoladenseite des Spiels - seiner Präsentation. Zum einen erstrahlt die Kleinstadt Quahog in einer Cell-Shading Optik, die der TV-Version durchaus das Wasser reichen kann. Zum anderen ist das gesamte Abenteuer aufgebaut wie eine ganz gewöhnliche Episode, mit all ihren Sprüngen und Clips. Genauso wenig wie man jemandem einen Kinofilm empfiehlt und ihm dabei die gesamte Geschichte auftischt, verfahre ich auch mit diesem Artikel. Alles was Ihr im Grunde wissen müsst, ist, dass jeder der Charaktere einen eigenen Subplot verfolgt, der sich über mehrere kleinere Episoden erstreckt. Ganz im Stile der Serie springt Ihr dabei von einem Schauplatz, also einer Szene, zum anderen.

So verschieden die einzelnen Akteure sind, so unterschiedlich spielen sie sich auch. Beispielsweise bietet Stewie, das nach der Weltherrschaft strebende Baby, hauptsächlich dreidimensionale Jump and Run-Action, die hier und da mit ein wenig Third-Person-Shooter-Flair gewürzt wurde. Sogar einige Arcade-Elemente sind mit an Bord. So müsst Ihr an einer Stelle des Spiels einen langen Gang passieren, in dem die Gegner - einem Shoot’ em Up ähnlich - im Gänsemarsch umher irren.

Neben rauflustigen Krankenschwestern und irgendwelchen Rotznasen sitzt der Hauptfeind jedoch in den eigenen Reihen: Wie so oft ist es der übliche Verdächtige: die Steuerung. Speziell in Stewies Kapiteln neigt sie dazu, äußerst sensibel und damit auch recht ungenau zu reagieren. Und das gerade dann, wenn man sich Heerscharen von Gegnern mit seiner Strahlenpistole vom Hals halten soll oder man zum x-ten Mal statt auf eine Plattform ins Leere springt - weil man deren Abstand nicht genau einschätzen konnte. Da möchte man Stewies Football-förmigen Kopf schnell seiner eigentlichen Bestimmung zuführen.

Eine waschechte Lady sucht den großen Auftritt

Im Gegensatz zu den Passagen seines Sohnes standen für die Auftritte von Familienvater Peter Griffin zweifelsohne allerhand Beat’em Up’s Pate. In bester Final Fight-Manier räumt Ihr mit mehr oder weniger gezielten Schlägen und Tritten alles beiseite, was sich in den Weg stellt. Da! Eine alte Dame samt Gehhilfe! Ich soll doch nicht etwa… Die greift ja an! Nimm das – POW! Ein kleines Kind mit einem Eis - BLAM!! Auf diese „Verkleidungen“ fallen wir natürlich nicht rein! Alles Agenten des finsteren TV-Butlers Mr. Belvedere. Zumindest ist Peter felsenfest davon überzeugt… und hey; sooo abwegig ist der Gedanke doch gar nicht, oder? Egal! Knöchel knacken lassen und auf geht’s! Spätestens jetzt dürfe klar sein: Political Correctness sucht man bei Family Guy vergebens.

Denkt jedoch immer daran, die Snacks einzusammeln, die jeder „Gegner“ nach einem technischen K.O. fallen lässt! Diese füllen Eure kleine Snack-Anzeige Stück für Stück auf. Ist Habt Ihr Euch den Wanst genug vollgeschlagen, könnt Ihr Peters Spezialattacke ausführen – eine Art Hurricane-Kick, der alles in der Nähe befindliche von den Beinen reißt. Nicht nur die teils skurrilen Szenarien (Oder wann seid Ihr das letzte Mal im Schädel oder dem … „zweiten Gehirn“ eines Mannes herum gerannt?), auch die im Grunde recht simple Steuerung - selten braucht man mehr als 2 Knöpfe - lässt dabei keinen Zweifel aufkommen: Die Entwickler haben es auf kurzen, aber intensiven Spielspaß angelegt.

Ach Sam ... deine Fußabdrücke waren Brain einfach ein Paar Nummern zu groß

Warum aber Polizisten nur mit Tritten und 08/15-Passanten nur mit Schlägen weichgeklopft werden können, ist mir zwar ein Rätsel, aber gut, man wollte die einzelnen Level dadurch wohl herausfordernder gestalten. Kein schlechter Ansatz, denn so schwer die Abschnitte der anderen beiden Charaktere manchmal sein mögen, so leicht scheinen die des pummeligen Peter. Bedenkt man, dass ein Erwachsener mit 140 Kilo Schwungmasse auf Gegner trifft, die wahrscheinlich weniger wiegen als sein Frühstück, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass er einen gewissen Vorteil mitbringt. Ein paar zusätzliche Hindernisse in Form von abwechslungsreicheren Missionen und dem einen oder anderen alternativ gestalteten Kampf, wäre trotzdem die bessere Wahl gewesen.

Zwischen den jeweiligen Passagen folgen neben einem Autosave die aus der Serie bekannten kurzen Einspieler. Diese halten Euch nicht nur in punkto Story auf dem Laufenden, sondern versorgen Euch mit allerhand skurrilen Rückblenden und - Ihr ahnt es! - noch mehr Minispielen. Schafft Ihr es beispielsweise Familienhund Brian innerhalb einer bestimmten Zeit einen „Film für Erwachsene“ im Garten verbuddeln zu lassen, seid Ihr in dessen nächstem Level für wenige Sekunden unsichtbar. Wo der Zusammenhang ist? Ach, was weiß ich; aber hilfreich ist der Bonus allemal. Womit wir beim Dritten im Bunde wären…

Minigame: Rettet die Thomspon-Gazelle vor ihrem natürlichen Fressfeind - dem Feuerwehrtruck

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Diese Floskel aus Opas Anekdotenfundus passt wie Peters Faust auf das Passantenauge. Sie ist eine feine Überleitung zum schwächsten der einzelnen Kapitel, den Schattenspielchen. In der Rolle von Brian, dem smarten, sprechenden Hund, müsst Ihr Euch in den Schuhen eines Sam Fishe… Ok Cut! Dieser Vergleich muss scheinbar immer herhalten, wenn es nur im Entferntesten um Schleicheinlagen geht. Das hat der Meister der leisen Sohle allerdings nicht verdient. Machen wir es kurz. Brians Ziel ist es, zunächst aus der örtlichen Polizeiwache auszubrechen, um anschließend falsche Anschuldigungen gegen ihn zu widerlegen. Dazu müsst Ihr schlicht und ergreifend im Schatten, unter Schreibtischen und hinter den Rücken wachsamer Polizisten versuchen, von A nach B zu gelangen.

Wie so oft ist das jedoch leichter gesagt als getan. Nicht immer ist sofort ersichtlich, wo man vor dem wachsamen Auge des Gesetzes verborgen ist und wo nicht. Wird man einmal ertappt, heißt es irgendeine Ausrede finden und den gesamten Raum erneut probieren – von Anfang an. Leider kommt man an manchen Stellen des Spiels nur allzu oft in diesen fragwürdigen Genuss. Dabei steigt der Schwierigkeitsgrad keineswegs linear. Benötigt man für eines der Level rund zwanzig Versuche, so kann es beim nächsten passieren, dass man gleich beim ersten Anlauf und mit geschlossenen Augen durch die darauf folgende Karte schlendern kann.

Jede der Anspielungen und Scherze zu durchschauen, erfordert schon ein umfangreiches Wissen um die TV-Abgründe der letzten 20 Jahre … Da es dabei mit 3 Flimmerstunden am Tag nicht getan ist, scheint das Spiel geradezu auf den amerikanischen Markt zugeschnitten. Apropos Amerika: Was einem Hardcore-Fan das Herz höher schlagen lässt, wird denjenigen, der die Serie hauptsächlich aus dem deutschen Fernsehen kennt, eher enttäuschen: Die Sprachausgabe. Alle Textpassagen wurden von den US-amerikanischen Synchronsprechern eingespielt. Zwar ist es möglich deutsche Untertitel zu aktivieren, jedoch erwecken diese den Eindruck, bei Take2 habe man den Praktikanten mit den Worten „Silvio, du schaffst das!“ ein Deutsch-Englisches Wörterbuch in die Hand gedrückt. Die Texte mögen im Prinzip richtig übersetzt sein, das Spiel wird dabei aber seiner tödlichsten Waffe beraubt - dem messerscharfen Humor.

Irgendwie tu’ ich mich schwer dem Spiel ein einheitliches Fazit zu verpassen, das allen potentiellen Käufern gerecht wird. Aus der Perspektive des Nachwuchsredakteurs, dem Scherze nicht tief genug unter die Gürtellinie gehen können, ist Family Guy ein irrwitziges Sammelsurium an recht unterhaltsamen Episoden, zusammengeflickt durch eben diesen unvergleichlich derben Humor. Somit vereint das Spiel alles, was Fans an der Serie lieben mit einer ordentlichen Portion Spielspaß. Sicherlich besitzen die einzelnen Szenarien einige Längen, am positiven Gesamteindruck ändert dies jedoch wenig. Aus Sicht eines Materie fremden Otto-Normal-Zockers mit mangelnden Englischkenntnissen, ist es jedoch kaum mehr als ein paar sich zu oft wiederholende Einzelspiele mit einer bestenfalls mäßigen Steuerung.

Somit sind die fünf Punkte nichts weiter als der Mittelwert beider Ergebnisse. 6/10 für Fans - 4/10 für alle die es noch werden müssen.

5 / 10

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In diesem artikel

Family Guy

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