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Heatseeker

Suche ohne Erfolg

So abgestumpft und innovationsgeil ich auch bin, muss ich natürlich trotzdem anerkennen, dass es Games gibt, die einfach niemals alt werden. Ob man absurd bemuskelten Paradiesvögeln mit abgehobenen Kombos den Stiefel ins Nasenloch prügelt, sich in Edelkarossen auf Hochgeschwindigkeitskursen bei 267 Km/h die Kotflügel entlackt oder eine Armada an Feindfliegern aus zehntausend Metern Höhe als Elektroschrott gen Meeresoberfläche schickt – diese Sorte Spiele existiert nicht umsonst schon seit über 20 Jahren. Wenn man so ein Spiel dann noch mit der innovativsten Steuerung koppelt, die es gibt, kann doch eigentlich nichts mehr schief gehen.

Die Wolken und Explosionen setzen die wenigen Glanzpunkte einer insgesamt drögen Vorstellung.

So jedenfalls mein Gedankengang, als das Slot-In Laufwerk meines Wii gierig nach der Heatseeker-Disk schnappte. Der kleine Held vieler Ace Combat-Episoden, der in meiner Brust bis in alle Ewigkeit ein zweieinhalb Zimmer Apartment bewohnen wird, war allerdings skeptisch. Ganze Nationen hatte er schon niedergerungen, zahllose Kameraden verloren und alles verdampfenden Tötungsmechanismen einen dicken Knüppel (lies: Fliegerbomben) ins Getriebe geworfen. Kurzum: Er hat schon alles erlebt, alles geschafft – sein Puls ist nicht so leicht in Wallung zu bringen.

Und genau hier versagt Heatseeker kläglich: Die IRGurus aus Australien orientieren sich am großen Vorbild ohne spielerisch, erzählerisch oder technisch auch nur die halbe Einsatzhöhe von Namcos Spitzenflieger zu erreichen – dort oben ist die Luft für ein Spiel vom Kleinkaliber eines Heatseeker einfach zu dünn. Hirnaktivität und Herzschlag eines Ace Combat-Jockeys treffen sich während der prinzipiell soliden, aber herzlich belanglosen Dogfights auf Nulllinie, während die luftgetrocknete Präsentation die Hände in den Schoß legt und dabei zusieht, wie dem Spieler bei Mach 1,5 langsam die Augen zufallen.

Die Flugzeugmodelle gehen noch in Ordnung, Bodenziele haben aber eher Bauklätzchen-Charakter.

So ist es vor allem die lahme Kampagne, die den Sandmann auf den Plan ruft. Die Geschichte um fiese Revoluzzer mit koreanischen Namen und ebenso böse Generäle mit osteuropäischen Namen sowie die obligatorische Diktatur namens „Oligarchie von Kamtscha“, hätte ein Zwölfjähriger ebenso gut erdenken – und noch schlimmer – inszenieren können. Kurz angebunden und steif rattern die Befehlshaber statische Beschreibungen der 18 Missionen herunter, die stets „suchen“, „verteidigen“ oder „identifizieren Sie“ beinhalten, im Verlauf aber unweigerlich auf totale Vernichtung hinauslaufen. Auf Filmsequenzen, die Spannung und Atmosphäre vermitteln oder Euer Interesse am Geschehen wecken könnten, wurde verzichtet.

Ich habe normalerweise großes Verständnis dafür, wenn ein Entwickler den Spieler zugunsten schnörkelloser Arcade-Action nicht mit überflüssigen Informationen eindeckt, aber Heatseeker ist weder spannend, noch schnörkellos genug. Stattdessen erzeugt IRGurus mit seltsam sorglosem Funkverkehr und uninteressanten Einsätzen eine aufgesetzte Dramatik, über die man fast schon schmunzeln könnte. Ohne jemals wirklich zu überraschen, rauschen zu Lande zu Wasser und in der Luft leicht verdauliche Cluster an Gegnern heran, die man ohne großes Engagement pulverisiert. Und das war’s. Klar kann man durchs Neutralisieren von Bonuszielen zusätzliche Waffensets und Flieger freischalten, eine Abwechslung in Form von Multiplayer-Duellen oder ähnlichem wäre aber zumindest wünschenswert gewesen.

Wii-Besitzer haben immerhin ein Steuerungslayout, das zumindest kurzfristig für Neugierde und Zerstreuung sorgt - denn das Neigen, Gieren und Zielen per Wiimote funktioniert erstaunlich gut. Auch das System der Ausweichmanöver, das von Euch bestimmte Bewegungen verlangt, wann immer Ihr im Sucher des Feindes landet, ist eine gute Idee. Leider findet die aber viel zu selten Anwendung. Und die vielen Checkpoints sorgen ohnehin dafür, dass es Euch herzlich egal sein kann, ob Ihr getroffen werdet oder nicht.

Am Ende reicht es einfach nicht, dass Heatseekers Flugmodell für sich genommen recht annehmbar funktioniert, wenn man nicht weiß, wofür man kämpfen soll. Wer dann noch die interessante Wii-Steuerung subtrahiert – eine Rechnung, um die PS2-only-Besitzer wohl oder übel nicht herum kommen – merkt man erst recht, dass Heatseeker eine ziemlich gewöhnliche und lieblose Angelegenheit ist, die zu alledem auch noch grafisch enttäuscht. Immerhin tut Heatseeker garantiert niemandem weh - wenn es also unbedingt Flugaction auf der Wii sein muss, ist Codemasters graue Maus wohl die erste Wahl.

Der kleine Maverick in mir ist aber alles andere als beeindruckt.

6 / 10

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In diesem artikel

Heatseeker

PS2, Nintendo Wii, PSP

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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