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Im Gespräch mit Grand Theft Autos Aaron Garbut - 1

"Wir haben mehr Leben in einer Szene von GTA IV als in allen Vorgängern zusammen."

Es ist vollbracht. Nach über vier Jahren Entwicklungszeit, steht das wohl detaillierteste und beeindruckendste Open-World-Szenario vor dem Schritt in die Nächste Generation. Hunderte Menschen haben an dem Erfolg dieser Marke gearbeitet und scheinen ihrem Ziel mit Teil vier wieder einen Schritt näher gekommen zu sein. Ohne Kompromisse und halbgare Lösungen konnten die Entwickler auf schnelle Systeme vertrauen, die ihre Vision auf den Bildschirm bannen. Im Gegenzug wurde ihre Arbeit um ein Vielfaches komplizierter, weil nun Dinge wie Echtzeit-Beleuchtung und Physik bei jedem Arbeitsschritt eine Rolle spielen. Es klingt fast nach einer unlösbaren Aufgabe, eine komplette Stadt mit diesem Detailgrad und ohne Fehler aus dem Boden zu stampfen.

Doch das wohl unkonventionellste Entwicklungsstudio der Spieleindustrie hat es geschafft. GTA IV wartet auf Euren Besuch und Ihr werdet endlich die Arbeit von Männern wie Aaron Garbut bewundern können. Der Art Director der Grand Theft Auto-Serie ist dafür verantwortlich, dass auch der vierte Teil mit seinem einmaligen Grafikstil die Fans in Begeisterung versetzen wird. Doch bevor Ihr selbst Hand anlegen dürft, haben wir uns den Künstler geschnappt und mit ihm über die Entwicklung dieses Mammut-Projektes gesprochen – von dem ersten Brain-Storming, über die Erstellung des Codes bis hin zur detaillierten Planung. Das Ergebnis ist ein umfangreiches Interview, dass wir Euch in zwei Teilen präsentieren. Viel Spaß!

EurogamerWenn Rockstar die Entwicklung eines neuen Grand Theft Auto beginnt, was passiert dann als erstes? Und wie wie wichtig sind diese ersten Entscheidungen bei der finalen, optischen Ausrichtung des Spiels?
Aaron Garbut

Zuerst beginnen wir, Ideen zu sammeln. Orte, Technologien, Gameplay, Missionen, praktisch alles, was wir einbauen wollen. Wir denken darüber nach, was wir grundlegend erreichen möchten. Wir verbringen dann ein wenig Zeit damit, die Sachen in die richtige Reihenfolge zu bringen und ein paar der urspünglichen Ideen auszusortieren. Danach fangen wir einfach an...

In der Grafikabteilung beginnen die Charakter-Designer mit den Konzepten herumzuspielen, probieren verschiedene Hauptcharaktere aus und ändern ein wenig den Stil. Im Grunde wird erst einmal experimentiert. Die Fahrzeugabteilung erstellt von jedem Vehikel eine erste Version, die Umwelt-Designer legen das Straßen-Netzwerk aus und bauen, nachdem wir ein wenig herum gefahren sind, für jeden Block erste Gebäude, damit wir uns die Skyline ansehen können. Wir versuchen, damit so schnell wie möglich eine sehr einfache Version des Spiels zusammenzustellen und beginnen danach damit, diese immer weiter zu verfeinern. Wie bei jedem anderen Bestandteil des Spiels wächst die Grafikabteilung so ganz organisch. Wir probieren Sachen und Dinge aus, die schon funktioniert haben, arbeiten weiter in ihre Richtung und ändern alles, was nicht funktioniert hat.

EurogamerZu welchem Zeitpunkt legt Ihr Euch auf die Charaktere fest und ändern sie sich im Laufe der Entwicklung noch sehr? Und welche Bereiche betrifft das?
Aaron Garbut

Gleich zu Beginn werden die Neben-Charaktere festgelegt. Nach einem ersten Durchgang, gibt es auch erste Versionen und während der Stil immer mehr festgezurrt wird und die Künstler mit den Werkzeugen immer sicherer werden, bearbeiten wir sie immer und immer wieder. Wir konkretisieren ihren Look, fügen Variationen und feste Bestandteile hinzu. Die Hauptcharaktere warten dagegen erst einmal auf das Skript. Die Arbeit an ihnen beginnt mit den ersten Biographien. Während das Skript dann Formen annimmt, passen wir sie zeitgleich immer wieder an.

EurogamerHat der unglaubliche Leistungssprung der Hardware der PS3 und der Xbox 360 im Vergleich zur PS2 Eure Recherche in New York stark beeinflusst?
Aaron Garbut

Nicht wirklich. Wir versuchen immer, so viele Referenzen wie möglich zu sammeln, ganz egal welche Plattform wir bedienen. Die Informationen können immer wieder verwendet werden und es ist sehr hilfreich eine Bibliothek aufzubauen. Die erste Exkursion findet sehr früh in der Entwicklung statt, direkt nach dem ersten Meilenstein. Zu diesem Zeitpunkt waren wir uns noch ziemlich unsicher, wie stark die Systeme am Ende wirklich sind. Unser zweiter Trip war dagegen sehr fokussiert. Wir hatten da schon ein einigermaßen entwickeltes Spiel und wir wussten sehr genau, was wir für die schwierigen Abschnitte benötigten.

EurogamerBisher musstet Ihr Euch bei Interaktionen auf dem Niveau von einfachen Gesten und Bewegungen bewegen, ja meistens auf die Zwischensequenzen stützen, um trotz der beschränkten Leistung den Figuren einen Charakter zu geben. Aber nun habt Ihr die Möglichkeit, die Posen der Charakter glaubhaft (wie Niko, der in der Anfangsszene auf Romans Küchentisch lehnt) zu präsentieren und könnt solche Dinge wie Augenkontakt realistisch umsetzen. Musstet Ihr deshalb anders über die Art und Weise nachdenken, wie Ihr an das Charakter-Design und die Animationen herangeht?
Aaron Garbut

Ich denke, der Hauptunterschied bei der Herangehensweise war dieses Mal unser Wunsch, nicht den einfachen Weg zu gehen – nicht, dass es vorher jemals einfach war. Wir ließen unsere Ideen umsetzen und versuchten, mit den Sachen klar zu kommen, wenn sie fertig waren. Durch die neuen Interaktionsmöglichkeiten bekamen wir immer mehr Probleme und konnten diese durch die HD-Grafik nicht mehr richtig verstecken. Bei diesem Projekt trafen wir die Entscheidung, so wenig Kompromisse wie möglich einzugehen. Diesmal versuchten wir, mit schwierigen Sachen zurecht zu kommen, statt wie früher davor zurückzuschrecken.

Ich denke, der Detailgrad, den die Jungs bei den Zwischensequenzen erreicht haben, ist wirklich intensiv. Sie lassen die Charaktere mit der Welt interagieren, was schwer genug ist, und sorgen auch noch für jede Menge Feedback ihrer Umgebung. Einiges davon ist so subtil, dass man es noch nicht einmal bemerkt bzw. man würde es nur bemerken, wenn es nicht drin wäre. Dinge wie Kissen und Decken, die sich unter dem Gewicht der Charaktere biegen und zurückspringen, Telefon-Schnüre, die leicht schwingen und den Bewegungen des Hörers folgen, Flüssigkeit, die sich im Glas bewegt. Es ist wirklich erstaunlich.

Da sind so viele Dinge, alle Charaktere wirken wirklich wie ein Teil der Welt. Sie lehnen sich an oder gegen Dinge, interagieren miteinander, schieben und werfen Sachen um. Ich denke, wir haben mehr Leben in einer Szene von GTA IV, als in allen vorangegangenen GTAs zusammen. Aber um Deine Frage zu beantworten: Ich denke, es hat unsere Denkweise stärker verändert als alles andere.

EurogamerIch habe darüber gelesen, dass Ihr für Niko eine starke Augenbrauenlinie und ein markantes Gesicht gewählt habt, um seine Emotionen umzusetzen. Gab es da noch andere Ansätze, die Ihr hättet wählen können oder war Niko die perfekte Wahl für das, was Ihr erreichen wolltet?
Aaron Garbut

Es gab ein paar andere Versionen von Niko, die einen etwas anderen Weg beschritten haben, aber er verwandelte sich recht schnell in sein finales Aussehen. Ich denke, sein Charakter hätte auch mit den anderen Versionen funktioniert, aber als wir die aktuelle Version gewählt hatten, hat es sich einfach richtig angefühlt. Er löste bei uns ein gutes Gefühl aus. Er sah aus, als ob er eine Geschichte hätte und präsentierte einen ungewöhnlichen Look.

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Grand Theft Auto IV

PS3, Xbox 360, PC

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