Skip to main content
Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Kane & Lynch: Dead Men

'Buddy-Movie from Hell'

Ob man nun mit Waffengewalt in eine schwer befestigte Bank in Los Angeles eindringt, sich vor der Polizei in einem Flughafen-Diner verschanzt, über dem massive Boeings zum Landeanflug ansetzen, oder sich mit dem Gesetz bleierne Straßenschlachten in den Häuserschluchten von Tokio liefert: Lebendiger und glaubwürdiger setzen auch Multimillionen-Dollar-Gangsterfilme ihre Raubzüge nicht in Szene. Der oft gezogene Michael Mann-Vergleich hinkt zumindest optisch keinesfalls.

Wie in Heat oder Collateral lehnen sich Freund und Feind unter schwerstem Beschuss gegen bröckelnde Marmorsäulen, Mauerecken oder an den Kotflügel eines durchlöcherten Autos an. Aus einem solchen Versteck heraus gibt man entweder blindes Sperrfeuer in die grobe Richtung der Gegner oder steckt Kopf und Waffenarm zum Zielen hinter der Deckung hervor. Auf freiem Feld zielt es sich mit gezogenem linkem Trigger aus der Resident Evil 4-ähnlichen Schulterperspektive am besten, da der Schuss aus der Hüfte naturgemäß eher ungenau ausfällt. Während man mit seinen Kollegen also wie der schlecht erzogene, kleine Bruder vom Jüngsten Gericht über die stilechten Schauplätze hereinbricht, kommt vor allem für Zuschauer eine ganze Menge Gangster-Flair und Spannung auf. Der Spieler hingegen hat ganz andere Probleme.

Beim Bruch in Tokio müsst Ihr Euch vor Snipern in acht nehmen.

Die zugrunde liegenden Mechaniken funktionieren an sich zwar zufriedenstellend, können mit den frenetischen Schusswechseln an einigen Stellen aber nicht immer Schritt halten. Regelmäßig zwingt Euch eine halbe Armee an heillos in Eure Richtung feuernden Gegnern dazu, Deckung aufzusuchen. Da Kane sich aber automatisch an Schutz bietende Hindernisse anschmiegt, seid Ihr dem Gutdünken der Engine ausgeliefert. Und die meint es leider nicht immer gut mit Euch. Hin und wieder müsst Ihr erst herausfinden, wie Ihr Euch einer Deckung nähern müsst, damit Kane mit ihr auf Tuchfühlung geht. Das resultiert im dicksten Gefecht schon mal dazu, dass Ihr zu einer rettenden Wand sprintet, und mehrmals von ihr zurück und wieder an sie herantreten müsst, bis der alternde Söldner die gewünschte Position einnimmt.

Bei Schusswechseln über größere Distanzen kommt es zudem häufig vor, dass Eure Kugeln links, rechts, ober- und unterhalb des lachenden Ziels einschlagen und Ihr ohne ersichtlichen Grund mehrere Magazine in Richtung eines einzigen feigen Dücklings verbrennt. Hier war IO definitiv etwas zu sehr darauf erpicht, der realistischen Streuung der Schießprügel ein Denkmal zu setzen – letztlich zum Nachteil Eures Nervenkostüms. Durch eine geschickte Waffenwahl (Finger weg vom SMG, das M16-Maschinengewehr ist die Waffe der Stunde) lässt sich der Frust allerdings ein wenig lindern, trotzdem erwarte ich von einem Spiel dieser Größenordnung schon, dass es dem Spieler zumindest die Balancing-Arbeit abnimmt.

Während das Handling im allgemeinen in Ordnung geht, verlieren die Waffen auf Distanz schmerzhaft an Präzision.

Ein weiterer Knackpunkt ist die KI. In einigen schwachen Momenten wählen Eure Gegner ihre Ziele ziemlich unlogisch aus, schießen anstatt auf Euch, auf einen Kumpanen der viele Meter weiter hinter Euch steht, lehnen gut sicht- und vor allem treffbar an ziemlich ungünstigen Deckungen oder haben ebenfalls schwerstens mit der Streuweite ihrer automatischen Waffen zu kämpfen. Doch diese vereinzelten Aussetzer sind bei der schieren Menge an Feinden meist noch verzeihlich. Schlimmer wird es da schon, wenn Ihr einen Kollegen beordert, ein bestimmtes Ziel anzugreifen und dieser blindlings auf die gegnerische Befestigung zustürmt. So viel lemminghaftes Engagement wäre schon fast komisch, wenn vom Überleben Eurer Partner nicht auch der Erfolg Eurer Mission abhinge.

Zwar hat jeder Söldner (Euch eingeschlossen) durch eine Adrenalinspritze selbst nach einem tödlichen Treffer noch die Chance weiter zu leben (solange sie nicht zu oft eingesetzt wird). Diesen mit der rettenden Injektion im schmerzhaften Bleihagel aber lebendig zu erreichen, ist nicht gerade die einfachste Übung im Buch. Solche Aussetzer sind zwar nicht oft, passieren aber häufig genug, um im Regelfall besser den Finger von der „Angreifen“-Taste zu lassen.