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Kane & Lynch: Dead Men

'Buddy-Movie from Hell'

Euren „Folgen-“ und Positions-Kommandos gehorchen die Spießgesellen immerhin tadellos und so begnügt man sich schnell damit, seine Kollegen als effektives Ablenkungsmanöver von A nach B zu schicken oder an Punkte zu beordern von denen aus sie den Feind von selbst mürbe machen können. Taktik light, die, wenn man erst einmal weiß, wie die Untergebenen ticken, durchaus ihren Nutzen hat.

Was sich jetzt wie eine Anklageschrift über schwere Gamedesign-Verstöße liest, sind in der Praxis nur kleine, in ihrer Summe aber merkliche Ärgernisse an einer prinzipiell funktionierenden Engine. An den meisten Problemen arbeitet man sich auf dem Weg zur Auflösung dieses Krimis gerne vorbei, wenn man in der Lage ist, ein Auge zuzudrücken. Wirklich unverzeihlich fand ich hingegen nur die zwei bis drei Trial and Error-Stellen, die mich regelrecht zur Weißglut getrieben haben. Wenn man eine bestimmte Szene mit einem riesenhaften Lastwagen ungefähr 20 Mal spielen muss, weil man ohne Verschulden ein knappes Handlungsfenster verpasst hat, dann werden selbst geduldige Spieler arg auf die Probe gestellt.

Wie immer beweist IO Interactive ein außerordentliches Gespür für interessante Schauplätze.

Look and Feel des spielbaren Heist-Movies gehen hingegen voll und ganz in Ordnung. Das Design der Umgebungen begeistert regelmäßig durch ein tolles Gespür für Authentizität. Und das obwohl man der Grafik-Engine ihre Verwandtschaft zum Hitman deutlich ansieht. Neben einem Assassin’s Creed oder Bioshock ist das trotz guter Spielermodelle, stellenweise Hunderschaften von NPCs und stimmungsvoller Beleuchtung zwar nicht mehr so richtig Next Gen, aber dennoch ziemlich gelungen. IO gelingt es immer wieder, die Grafik an genau den richtigen Stellen zu stilisieren. Hitman-Fans freuen sich außerdem über die Rückkehr des IO-Haus-und-Hof-Komponisten Jesper Kyd, der dem Spiel erneut sehr feste seinen Stempel aufzudrücken vermag.

Wie wir bereits vor Ort in Kopenhagen feststellen konnten, ist Kane & Lynch auch das erste IO Game, dass am Radar von Mehrspieler-Fans nicht spurlos vorbeiziehen dürfte. Im semi-kooperativen Fragile Alliance-Modus (mehr hierzu in der Vorschau) geht es angenehm lagfrei durch vier Areale voller Loot, bis Euch Eure gierigen Kumpanen mit einem Schuss in den Rücken auf die andere Seite befördern. Nämlich die der Polizei. Die Ecken und Kanten, die das Hauptspiel zu einer bisweilen bissigen Angelegenheit machen, sind natürlich auch hier vorhanden. Da das Deckungs- und Streuweiten-Handicap aber allen Beteiligten gemein ist und die umfangreichen Leaderboards ebenfalls kaum Wünsche offen lassen, ist die Fragile Alliance durchaus für die eine oder andere Runde gut. Die Zeit wird zeigen, wie die Community diese Idee annimmt. Verschenktes Potential hingegen tropft an allen Ecken und Enden aus dem Splitscreen des nur offline spielbaren Coop-Modus heraus.

Die Kollegen nehmen Eure Befehle manches Mal etwas zu genau.

Letztendlich fügt sich die schnörkellose Spielmechanik also nicht 100-prozentig zufriedenstellend in den packendsten interaktiven Thriller seit langer Zeit ein und spielt am Ende gerade deshalb nur die Nebenrolle. Für den Spieler geht es bald nur noch um das Schicksal eines unschuldigen Mädchens in den Händen unberechenbarer Misanthropen. Alles andere steht dahinter zurück. Wenn Jens-Peter Kurup sagt „Story fights gameplay“, dann hat er prinzipiell recht. Kane & Lynch aber stellt diese Formel ein bisschen unfreiwillig auf den Kopf. Hier bekämpft eine alles andere als perfekte Spielmechanik eine grandiose Geschichte. Man ist bis zum bitteren Ende wegen der Story dabei, spitzt jedesmal die Ohren, wenn einer der - im englischen wie im deutschen - tollen Voice-Actor etwas zu sagen hat und will einfach nur wissen, wie es weitergeht.

Und ein Spiel, von dem man das behaupten kann, hat ganz bestimmt auch sehr vieles richtig gemacht.

7 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Kane & Lynch: Dead Men

PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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