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King's Bounty: The Armored Princess

Bunt ist die Farbe des Krieges

Und dann ist da ja noch euer am Anfang schon einmal angesprochener Drache. In einem sowieso schon niedlichen und farbenfrohen Setting ist er der dickste Zuckerkeks. Wie ihr auch ist er nicht direkt involviert. Stattdessen sitzt er am Rand mit einem portablen Apfelbaum und einer Schnecke als Spielgefährte. Warum Apfelbaum und Schnecke? Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, aber mit niedlich ist es sowieso schnell vorbei. Der Kleine ist der Joker im sonst konventionellen Blatt und seine Attacken reißen mitunter mehr als alles andere, was ihr aufbieten könnt. Damit das nicht aus dem Ruder läuft, wird der Drache durch den Rage-Wert in Zaum gehalten, der sich beim Kämpfen langsam aufbaut und auch zwischendurch wieder bis auf Null abfallen kann. Ohne Rage keine Drachenpower, welche das ausgesprochen durchdachte und taktische Vergnügen mit einer geschickten Note abrundet.

Auf der Weltkarte laufen alle Feinde gut sichtbar herum und damit ihr wisst, worauf ihr euch bei einer Begegnung einlasst, gibt es eine Einschätzung, wie stark der gegnerische Trupp wohl ist. Die Abstufungen von „leicht“ bis „unbesiegbar“ sind dabei nicht fest sondern richten sich praktischerweise immer nach eurer aktuellen Truppenkonstellation. Trefft ihr auf eine zu harte Gruppe, geht erstmal anheuern und kommt später wieder. Oder versucht euer Glück auf einer anderen Insel. Als geschickter Zug entpuppt es sich ebenfalls, die Weltkarte größtenteils zu verschleiern und unzugänglich zu machen. Hinter manchen Feinden verbirgt sich eine Reisekarte, die neue Abschnitte eröffnet, aber erst nachdem ihr durch diesen Kampf bewiesen habt, dass ihr bereit für die Weiterreise seid.

Wenn dich einer fragt, ob du ein dutzend Drachen bekämpfen willst, dann sagst du: NEIN!

So hält sich auch der Grad der Überflutung an Quests in Grenzen, die euch an jeder Straßenecke angeboten werden. Bei diesen dürft ihr nichts allzu tiefgreifendes erwarten, aber zumindest sind die kleinen Geschichten, die auf „gehe dorthin, töte dies, bring mir das“ hinauslaufen, nett geschrieben und lockern den Spielablauf immer wieder ein wenig auf. Gut so, denn darin besteht nämlich auch der größte Schwachpunkt des RPG-Strategie-Zwitters: Im Laufe der stattlichen Spielzeit von 40 – 50 Stunden ändert sich der grundlegende Ablauf wenig.

Die Kämpfe bleiben klein, auch wenn die Monster und Zahlen größer werden. Die Inselbevölkerung hat nie mehr als besagte Miniaufgaben auf Lager und auch die Hauptquest nach ein paar Juwelen ordnet sich diesem Konzept unter. Es wäre schön gewesen, die Kämpfe im Laufe der Zeit mächtiger aufzubauen und die Zügel des Plots an Schlüsselstellen anzuziehen. So verläuft sich vieles in Routine. Spaßige, zeitfressende „Nur ein Stündchen noch, warum ist es schon hell draußen?“-Routine, aber eben immer noch Routine.

Einen Multiplayer-Part, der für ein wenig zusätzliche Abwechslung hätte sorgen können, gibt es leider nicht. Dabei wäre ein kleiner Modus, in dem ihr eure besten Konstellationen gegeneinander antreten lassen könntet, sicher nicht unspaßig gewesen. Es muss ja nicht immer gleich eine ganze Kampagne sein. Dafür zeigt sich die Technik nicht nur bunt, sondern auch flexibel. Wer halbwegs moderne Hardware sein eigen nennt, dreht die DX10-Effekte, Schatten und Shader auf , wer wie ich dagegen einen Arbeitsknecht mit einer halbwegs brauchbaren Onboard-Grafikkarte herumstehen hat, bleibt nicht außen vor. Selbst auf mittleren Details ist Armored Princess ein farbenfroher Fantasy-Lollipop, ganz im Sinne des Urgedankens von New World Computing vor so langer Zeit.

Armored Princess? Wieso 'Armored'?

Es gibt wohl kaum ein robusteres Konzept als dieses. Kleine, übersichtliche und doch im Detail tiefgreifende Rundentaktik in dosierten Schüben, eingebettet in eine wundervolle, mit zahllosen RPG-Anleihen gespickte Welt. Sicher, es hätte zum Schluss vom Feeling her einfach ein wenig epischer werden können. Ein wenig Straffung der Handlung an Schlüsselstellen und die dazugehörigen großen Kämpfe hätten mehr gefühlte Tragweite bekommen. Stattdessen zeigt mit der Zeit die Gewöhnung an das Geschehen ihr uninteressantes Gesicht.

Das sollte aber niemand zu sehr stören, vor allem nicht, wenn ihr auf Rundentaktik, Leveln sowie Tausende von Items, Monster und putzigen Zwergdrachen mit vernichtenden Fertigkeiten steht. Dann verfällt man sofort dieser knuddeligen Welt, die ihre Wurzeln von vor so langer Zeit nicht verleugnet, sondern konsequent mit Können und Eleganz in die Moderne trägt. Einen besseren Mix dieser Art und Elemente gab es noch nicht, es ist die perfekte Raffinierung bekannter Muster und damit ein sehr ausdauernder Zeitvertreib. So abgedroschen der Spruch sein mag, er passt wie die knalligen Farben zu The Armored Princess: Dieses Spiel ist genau das Richtige für lange Winterabende.

King's Bounty: The Armored Princess bleibt PC-Spielern vorbehalten und wird am 20. November erscheinen.

8 / 10

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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