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Lost Odyssey

Einen Oscar für die besten Darsteller

Immer, wenn es in der Handlung mal wieder ernster und pathetischer wird, als es gut sein kann, springt der Schurke mit dem Herz am rechten Fleck, das wild für alle Frauen der Erde schlägt, zur Rettung. Ein lockerer und in 90 Prozent der Fälle auch erstaunlich trocken passender Satz - nicht zuletzt dank der guten Lokalisierung, sowohl im Deutschen, Englischen und auch den anderen drei Sprachen (für Fans gibt es japanischen Ton) – und schon herrscht wieder Stimmung. Aber auch er hat seine ernsten Momente. Niemand mimt hier nur den komödiantischen Sidekick.

Der Rest der Truppe fällt da ein wenig ab und Kaims große Liebe Sarah mimt nach der gelungenen Einführung in die Runde ohne übertriebenen Elan die Rolle der intellektuellen Stubenhockerin, die frisch an Licht und gleich in den ersten Kampf getrieben wurde. Mehr liefert da schon Ex-Piratin Seth mit einem ebenfalls tragischen und sich langsam entfaltenden Hintergrund. Klar: Tragik, Drama und auch ein definitives Maß an triefigem Klischee sind dabei, besonders, sobald es an die Liebesgeschichte geht.

Hier werdet Ihr mehr als nur einmal auf dem Sessel hin- und herrutschen und Euch fragen, ob Ihr Euch jetzt einfach von diesen ersten emotionalen Gesprächsversuchen eines auf diesem Level bestenfalls präpubertären Liebespaares abwenden solltet, um zumindest ein wenig Restrespekt vor Charakteren und Autoren zu bewahren. Zumindest solange, bis Jansen auch diese Kastanien aus dem Feuer holt und mit ein wenig treffendem Humor die Szene rettet.

Kaim kann es gar nicht ab, wenn jemand zu spät und betrunken zur Weltrettung erscheint.

Lustigerweise trifft Mistwalker bei allen anderen emotionalen Lagen den perfekten Ton, sei es Trauer oder Freude. Nur wenn es um Liebe geht, steht man anscheinend etwas verlegen wie damals auf dem Schulhof, scharrt mit dem Fuß und weiß nicht so recht, wie man es sagen soll.

Der kleine Romantik-Ausrutscher kann nicht die Handlung an sich nicht ruinieren, nur werdet Ihr Euch wünschen, dass Mistwalker mal wieder einmal etwas schneller auf den Punkt gekommen wäre. Und da schließt sich der Kreis zur sechsten Spielstunde. Erst zum Ende der ersten DVD und einigem an Zeit kommt das Ganze mit einem Schlüsselmoment wirklich in Gang und die richtige Richtung.

Dann setzt endlich das richtige Timing ein und immer, wenn Ihr denkt, dass es langsam mal Zeit wäre, ins Bett zu gehen, erreicht Ihr die nächste Traumsequenz Kaims oder einen Handlungsfortgang, der Euch wieder auf der Sesselkante hängen lässt: Wie geht es weiter, was passiert jetzt, nur ein paar Kämpfe noch, dann bin ich da, wo ich hin soll, dann erfahre ich es. Kriege, Magie und die ganze Welt in der Waagschale. Großes Material, in den besten Momenten mit einem Esprit, den nur wenige Spiele des Genres und ganz sicher nicht Mistwalkers Erstling Blue Dragon erreichen.

Jensons große Liebe, Königin Ming. Er verehrt nur ihre inneren Werte. Ehrenwort.

In Lost Odysseys schlechteren oder vielmehr uninspirierteren Momenten habt Ihr oft den Eindruck, dass nicht nur Kaim unter zu vielen DejaVupdichs leidet, auch Ihr selbst habt das alles schon mal erlebt. Dramatische Kämpfe auf einem Hochgeschwindigkeitszug hatte das Genre schon oft erlebt, genau wie das obligatorische Entkommen aus dem Kerker, sogar inklusive einer eher missratenen Stealth-Einlage.

Das alles, bis hin zu den sehr generischen bösen Strippenziehern – megalomanischer Wannabe-Weltherrscher gefällig? - , hattet Ihr alles schon mal ähnlich und besser in einer breiten Auswahl an Genrevertretern, namentlich Final Fantasy ab Teil VII aufwärts. Glücklicherweise gelingt es den tiefgängigen Charaktergeschichten, solche Ausflüge in Squares Klamottenkiste zu überspielen und Euch bei Laune zu halten.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Lost Odyssey

Xbox 360

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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