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Mushroom Men: Der Sporenkrieg

Pilzragout ohne Experimente

Sagt selbst, ist das kein toller Ansatz für ein Videospiel? Durch ein Meteoriteneinschlag mutieren Flora und Fauna in einem kleinen, idyllischen Fleckchen Land und auf einmal entwickeln die Pilze ein Bewusstsein, werden mobil und intelligent! Und wenn man schon so flott die Evolutionsleiter nach oben kraxelt, dann kann man natürlich auch gleich noch den einen oder anderen zünftigen Krieg vom Zaun brechen. Wer weiß, wann sich die nächste Gelegenheit dazu bietet...

Und so kommt es, dass die Pilze sich gegenseitig die Sporen aus dem Hut prügeln und das Heimatdorf von Held Pax dem Erdboden gleichgemacht wird. Wichtige Lektion für Eroberer: Legt man ein Dorf in Schutt und Asche, sollte man immer darauf achten, dass nicht der kleinste und unscheinbarste Bewohner entkommt. Die Chancen stehen meist gut, dass ausgerechnet er dann zum Helden wird, der den Eroberern am Ende den Garaus macht.

Die Story ist also interessant und witzig, die pilzigen Protagonisten äußerst abgedreht und das Design des Spiels mit seinen mal giftigen und mal erdigen Farben rund und durchdacht. Durch die geringe Größe des Protagonisten werden alltägliche Gegenstände auf einmal zu bedrohlichen Hindernissen und faszinierenden Monolithen. Der Sound ist stimmig und ergänzt das interessante Ambiente hervorragend, Mushroom Men baut konsequent eine angenehm kaputte, dreckige, vor allem aber ausgesprochen surreale Atmosphäre auf – die Inszenierung ist definitiv die starke Seite des Pilz-Abenteuers.

Für einen kleinen Pilz ist eine gewöhnliche Wohnungseinrichtung voller Tücken.

Zu dumm nur, dass das Gameplay selbst dann so generisch ausgefallen ist. Denn was Entwickler Red Fly Studio mit all den guten Grundlagen so anstellt, ist leider nicht wirklich aufregend. Kurzum: Mushroom Men ist unterm Strich ein ziemlich gewöhnlicher 3D-Hüpfer Marke Spyro the Dragon und fühlt sich ebenso wie die Drachenabenteuer schon kompetent, aber gleichzeitig auch unheimlich austauschbar an.

Pax kann rennen, rollen, blocken, mit seiner Waffe zuschlagen, springen und im Flug gleiten. Das Gleiche also wie gefühlte achtzig andere 3D-Jump´n´Run-Helden eben auch. Dazu wurde der Schlag auch noch auf das gute, alte WiiMote-Schütteln gelegt. In welche Richtung ihr den Controller dabei bewegt, tut letzten Endes nichts zur Sache, Pax führt immer wieder die gleichen Manöver aus. Der einzige echte WiiMote-Einsatz sind Pax' telekinetischen Fähigkeiten: Greift ein Objekt mit dem Pointer und zieht es zur Seite, um den Weg frei zu machen. Das fühlt sich alles richtig und flüssig, die Steuerung geht bis auf das Fehlen eines Kamera-Zentrier-Knopfes gut von der Hand.

Im Spielverlauf sammelt ihr verschiedene Gegenstände ein – Metereoritenstücke stellen dabei den primären McGuffin dar, aber auch allerlei anderer Krimskrams lässt sich gut gebraucht –, da kann sich Pax schon aus einem Fingerhut, einem Kaugummi und einem Touchpen eine neue Waffe basteln. Die Sammlerei macht Spaß und motiviert zum Erkunden der hübsch entworfenen Levels, aber ebenso wie auch bei den anderen Spielelementen erlebt der Spieler hier so manches Déjà vu.

Die stimmungsvolle Farbgebung trägt sehr viel zur guten Atmosphäre bei.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Mushroom Men ist trotz seines herkömmlichen Gameplays ein recht ordentliches 3D Jump’n’Run, das sich grafisch und, ja, spielerisch wenige Blößen gibt. Aber es könnte eben mit etwas mehr Mut zu spielerischer Innovation und weniger Abhaken der klassischen Genre-Zutaten so viel mehr sein als das. Die Ambitionen auf Entwicklerseite waren allemal vorhanden und ein Blick auf das Artdesign verrät, dass Double Fines famoses Psychonauts zweifelsohne das große, angestrebte Vorbild war.

Doch dieses hochgesteckte Ziel können die Mushroom Men leider nicht erreichen. So sehr das ganze Drumherum auch anspricht und gefällt, das einfach allzu generische Spielprinzip holt den Spieler immer wieder mit seinen gewöhnlichen Aufgaben und Herausforderungen auf den altbekannten Boden der Tatsachen zurück. Das muss natürlich nicht unbedingt schlecht sein: Wollt ihr ein kompetent gemachtes, ungemein tradionelles Jump’n’Run im exotischen Ambiente genießen, ist Mushroom Men euer Ding. Verlangt ihr aber etwas mehr, dann wird euch das ohnehin recht überschaubare Pilzabenteuer (ca. 5 Stunden Spielzeit) nicht wirklich langfristig fesseln können.

Mushroom Men ist für die Wii für ca. 30 Euro im Handel erhältlich.

6 / 10

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In diesem artikel

Mushroom Men

Nintendo Wii

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Thomas Nickel Avatar

Thomas Nickel

Autor

Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

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