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Two Worlds

Teil 2: Von mächtigen Männern und Monotonie

Hinweis: Auf der Suche nach Hilfe zum zweiten Teil? In unserer Komplettlösung zu Two Worlds 2 werdet ihr fündig.

Fortsetzung von Teil 1

Eigentlich wollte ich ja, wie angekündigt, eine dreiteilige Teststrecke fahren, die am heutigen Tage in einem finalen Wertungsergebnis enden sollte. Eigentlich hatte ich aber auch angenommen, dass sich Two Worlds wie ein traditionelles Rollenspiel verhält. Also wie eines, in das man gepflegte zwei bis drei Wochen versumpft und trotzdem noch kein jähes Ende in Sicht ist.

Blöderweise ist das hier aber nicht der Fall. Nach schlappen 17 Stunden und 27 Minuten (!) waren sämtliche wichtigen und ein Großteil der unwichtigen Schlachten geschlagen. Jegliche Verließe, Höhlen und Keller leer geräumt, die Städte erkundet und bis auf drei Nebenaufträge das komplette Quest-Tagebuch abgeackert. Finito. Vorbei. Das war's. Sicher, man könnte jetzt noch die winzigen schwarzen Flecken auf der Weltkarte aufdecken, um auch wirklich jeden Busch, jeden Grashalm, jedes Sandkorn und jedes Stückchen Frost auf dem Boden gesehen zu haben. Man könnte auch mal eben alle Kräuter pflücken, den Helden in den restlichen Disziplinen auf Trab bringen oder dreimal durchs Meer schwimmen. Man könnte es aber auch lassen, weil es nur künstliche Spielstreckung ist.

Insofern eine enttäuschende Angelegenheit, wenn man bedenkt, dass sich Two Worlds mit dem Zeit fressenden The Elder Scrolls IV: Oblivion messen will. Klare Ansage von mir: Versuch fehlgeschlagen.

In der Kürze liegt die Würze?

Die Reittiere sehen zwar klasse aus, lassen sich aber nur mit Mühe und Not nutzen.

Sprechen wir also einmal darüber, warum es im Singleplayer so zügig vorbei ist. Die wohl tragendste Rolle spielt hier das verhunzte Balancing. In den ersten Stunden krebst man noch vorsichtig durch die Gegend, lugt mit Bedacht hinter Felsen und Bäumen hervor und findet sich bei einer zu großen Gegnerzahl schnell an den nahe gelegenen Lebensschreinen wieder. Sobald man jedoch wie ich einen Kampf-Magier mimt und ein deftiger Flächenzauber ins Gepäck trudelt – genauer gesagt: Blitzsturm oder Blizzard -, ist es mit dem Schwächeln vorbei. Und ab da geht es rasend schnell. Mit einem kurzen Wink gen Himmel fällt alles und jeder binnen eines Augenaufschlags tot zu Boden. Kadaver plündern, gegebenenfalls die Ausrüstung aufwerten, nächste Truppe orten.

Noch gravierender ist das Ausmaß der virtuellen Göttlichkeit, sobald weitere Karten des bevorzugten Angriffs, diverse Booster oder gar ein Verstärkungszauber ins Spiel kommen. Beispielsweise der Spruch „Übermacht", der mickrige 480 Prozent Schadensaufstockung mit sich bringt. Bei einem Stufe 4 Blitzsturm samt Schnickschnack (+20% Schaden, 2 Level Bonus) lässt man im Handumdrehen 6.000 Schadenspunkte auf die Widersacher prasseln. Zwanzig bis vierzig Skelette in einem unterirdischen Gewölbe? Lachhaft. Ein großes Camp voll bissiger Orks? Kinderspiel. Mal eben eine komplette Festung ausheben? Absolut kein Ding. Lange Rede, kurzer Sinn: Man entwickelt sich rasch zu einer Killermaschine, läuft fortan ziemlich siegessicher umher und sucht vergeblich nach einer knackigen Herausforderung. Die feindlichen Bogenschützen, die ein stattliches Panzerkleid der Marke „750 Rüstungsschutz" seltsamerweise mit Leichtigkeit durchdringen, zählen nicht. Die pfuschen.

Wüstendrachen sind mit Schwert und viel Maus-Geklicke schnell beizukommen.

Kleiner Rat also an die „Ich bringe meinen WoW-Charakter innerhalb von drei Wochen auf 75"-Zocker: Wählt zu Beginn die schwierigste Spielstufe oder balanciert Euch das System selbst aus, indem Ihr auf zu starke Techniken verzichtet. Ansonsten ähnelt der Verlauf alsbald einer Diablo 2-Partie mit einem 90er-Hammerdin auf Alptraum. Heftiges Dauerklicken der Maustaste inklusive.

Lässt sich der aufkommenden Monotonie im Kampf mittels verschiedener Taktiken zumindest ein Stück weit gegensteuern, ist das bei den Aufträgen nicht ganz so einfach. Meine Vermutung, man bekäme mit besserem Ruf auch bessere Jobs war leider falsch. Von Anfang bis Ende ist man also überwiegend damit beschäftigt, von einer Stelle auf der Karte zu einer entsprechend farblich markierten zu marschieren. Sei es, um irgendwelche bösen Schergen ins Jenseits zu prügeln, wichtige Botschaften zu überbringen, ein bestimmtes Objekt einzuheimsen oder vermisste Leute zu finden. Streckenweise erfordert eine Questline sogar, dass man die selbe Route acht, neun Mal hinter sich bringt, bevor sich der Eintrag im Tagebuch „ausgraut". Oder die Zielpersonen verlangt vorab eine Gegenleistung, die bei der nächsten Zielperson wiederum einen Gefallen auf den Plan ruft und so weiter und so fort. Dass einige Aufgaben eine interessante Story besitzen oder gar zwei Lösungswege bereitstellen (z. B. die Beschaffung eines Dungeon-Schlüssels in Ashos), fällt im Verhältnis zu der Fülle an drögen Baustein-Quests aber deutlich zu gering aus. Ziemlich schade, denn etwas mehr Einfallsreichtum, vielleicht mit einem spannendem Event oder auch einer richtigen Verfolgungsjagd, hätte es ruhig schon sein dürfen.

Fast 10 Minuten brauchten die Wachen, um mich zu töten. Nicht weil ich zu stark war, sondern sie zu doof fürs Schwertschwingen.

Was bleibt sonst noch zu sagen? An sich nicht mehr viel. Es sei denn, man verliert ein Wörtchen über die zu Beginn verwirrende Story, die ab der Mitte mehr und mehr absackt. Kurzum: Relativ undramatisch, schlecht inszeniert und lediglich auf die Suche nach fünf Reliktstücken fokussiert. Der Mehrspielermodus wäre ebenfalls ein gutes Thema, krankt er doch an der selben Balancing-Misere wie der Singleplayer und ist zudem mit einem Friendly Fire gesegnet. Da freuen sich die Bewohner und Mitspieler. Und nicht zu vergessen, die volle Palette an Bugs, Logikfehlern und folgenschweren Programmiersünden. Anfangen bei dubiosen Kollisionsabfragen und dümmlichen Reittieren (verfangen sich ständig, können keine Berge hochhotten). Über Soundprobleme und nervige Kameraperspektiven in Dungeons. Bis hin zu sterblichen Questgebern (Gandohar tot = Spielende) und fragwürdigem Verhalten der Stadtwache. Letztere Ungereimtheit ist mir übrigens besonders ans Herz gewachsen. Die Wachen von Cathalon fanden es nämlich nicht so berauschend, dass mein Recke einen unverschlossenen Raum betrat, um einen erledigten Auftrag abzugeben. Als ich anschließend die geforderten 100.000 Goldstücke zahlen wollte, tadelten es die Burschen mit einem Bestechungsversuch und griffen sofort zum Schwert. Resultat: Entsprechende Questserfolge lassen sich nur noch überbringen, wenn Cathalon einem Friedhof gleicht.

Two Worlds bescherte mir ein Wechselbad der Gefühle. Einerseits massig Bastelfreude und Gegenstandshatz, andererseits wenig Substanz bei Story und Atmosphäre. Hier klasse Grafik und schicke Monster, dort hässliche Bewohner und die grausigen Treffen in den heiligen Stätten. Hinzu kommt, dass der Spielspaß gegen Ende immer mehr abflacht, weil die Monotonie zu einem treuen Begleiter avanciert. Bugs und Baustein-Quests kann ich vielleicht noch gerade so verschmerzen, ein derart missratenes Balancing aber nicht. Im Endeffekt bleibt der bittere Nachgeschmack eines Blenders: Außen wirkt alles gewaltig, beeindruckend und mit tollen Ansätzen versehen. Sobald man sich jedoch dem Inneren nähert, bröckelt unweigerlich die Fassade.

Weitere Impressionen findet Ihr in der dritten Bildergalerie hier irgendwo.

6 / 10

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In diesem artikel

Two Worlds

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Tanja Menne

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