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Rocket Knight

Die Rückkehr des Raketen-Ritters

In den frühen 90er Jahren gehörte es für jeden Dritthersteller zum guten Ton, irgendein blödes anthropomorphes Tier als Maskottchen am Start zu haben. Heute sind obskure Gestalten wie Aero the Acrobat, Gex oder Bubsy the Bobcat zurecht vergessen. Denn die wenigsten Hersteller verstanden, das man für ein gutes Maskottchen eben nicht nur penetrantes Marketing und ein keckes Design direkt aus der Fokusgruppen-Test-Hölle, sondern auch ein richtig gutes Spiel braucht.

Mit so einem konnte Konamis Sparkster locker auftrumpfen: Das erste Mega-Drive-Abenteuer des Opossums mit dem Raketen-Rucksack konnte mit exzellenter Steuerung, tollen Grafikeffekten und exakt ausgeklügelten Leveldesigns überzeugen, auch die Fortsetzung hielt das hohe Niveau. Leider half das alles nichts. Zum Ende der 16Bit-Generation ereilte Sparkster das gleiche Schicksal wie seine qualitativ minderwertigen Rivalen, in der neuen Polygonwelt war kein Platz mehr für knuffige Sprite-Helden.

16 Jahre nach seinem letzten Abenteuer darf Sparkster aber doch wieder ran: Rocket Knight ist kein Remake, sondern eine direkte Fortsetzung der 16Bit-Spiele. Auch in Sparksters Welt sind 15 Jahre vergangen und Sparkster hat sich vom Heldendasein zurückgezogen. Doch als die Wölfe Sparksters Heimat überfallen, schnallt er sich sofort wieder den Rakentenrucksack um und stellt sich den Angreifern.

Als 2,5D Jump'n'Run nutzt Rocket Knight die grafischen Möglichkeiten der HD-Konsolen, um eine detaillierte Comicwelt auf den Bildschirm zu zaubern und die Protagonisten mit überzeugender Mimik auszustatten. Grafisch ist Rocket Knight rundum stimmig und überrascht mit ein paar tollen Effekten: Der erste Boss erinnert als bildschirmgroßes Ungetüm an die zusammengesetzten Riesensprites der 16Bit-Spiele, in der zweiten Welt bilden sich hübsche Eiskristalle an den Rändern des Spielfelds. Ja, das britische Entwicklerstudio Climax versteht es, die Verspieltheit und die Detailverliebtheit von Konamis 16Bit-Künstlern sauber ins Jahr 2010 zu übertragen.

Vor allem haben es die Jungs um Produzent Tomm Hulett geschafft, die blitzsaubere Spielbarkeit der Modul-Vorgänger zu reproduzieren. Trotz Polygontechnik steuert sich Sparkster herrlich exakt, das Sprungverhalten ist auf den Punkt genau - genau so muss sich ein gutes 2,5D-Actionspiel anfühlen. Durch das größere 16:9-Spielfeld und die leicht ausgezoomte Kamera ist die Übersicht höher als in den Vorgängern und ihr könnt Sparksters Rakentenrucksack, mit dem er auf Knopfdruck wild durch die Levels schießt, viel gezielter einsetzen als in den Vorgängern.

Rocket Knight - 2 Levels

Auch beim Schwierigkeitsgrad geht Climax keine faulen Kompromisse ein: Sind die ersten Levels noch schnell abgehakt, steigt der Anspruch ab der Hälfte des Spiels ordentlich an. Nur wer seinen Raketenrucksack wirklich beherrscht, hat in den mit Fallen gespickten Levels und den taktisch anspruchsvollen Bosskämpfen eine Chance. Dazu limitiert Rocket Knight wie in alten 16Bit-Tagen die Anzahl eurer Versuche. Drei Continues mit jeweils drei Leben stehen zur Verfügung, wer die verbraucht, darf von vorne anfangen.

So schlimm, wie es sich anhört, ist das aber nicht. Gute Spieler knacken die zehn Levels und die Bosskämpfe von Sparksters neuem Abenteuer in gut zwei Stunden. Das klingt zunächst nach etwas wenig, entspricht aber tatsächlich dem Umfang eines durchschnittlichen 16Bit-Spiels. Wollt ihr eine Pause einlegen, ist das kein Problem, ihr könnt euer Spiel jederzeit unterbrechen und im zuletzt besuchten Level weitermachen. Absolvierte Abschnitte dürft ihr zudem im freien Modus angehen und auf Punkte und Zeit spielen. Eure Bestleistungen ladet ihr auf Online-Scorelisten hoch.

Leider baut aber der grafische Ideenreichtum der Levels nach hinten ein wenig ab: Die Schweinelabore der dritten Welt sind spielerisch zwar knackig und reizvoll, können grafisch aber nicht mit den üppigen Wäldern und verschneiten Gipfeln der ersten beiden Welten mithalten. Auch wenn das Spiel mit ein paar horizontal scrollenden Shooter-Abschnitten für Abwechslung sorgt, fehlen ein wenig die Aha-Effekte der 16Bit-Vorbilder. Wo sind die Riesenroboter-Hauereien oder witzige Einfälle wie spiegelnde Lava-Seen?

Trotzdem ist Sparksters Comeback geglückt. Rocket Knight überzeugt mit feiner Grafik, tollen Ideen und sauberer Spielbarkeit, da ist auch der überschaubare Umfang kein großer Beinbruch. Besonders im Hard-Modus bringt das Spiel Laune und lockt immer mal wieder zu einem neuen Durchgang. Selbst Levels, die euch im ersten Anlauf noch Adrenalinspiegel und Blutdruck in die Höhe getrieben haben, meistert ihr mit ein wenig Übung souverän. Climax hat es verstanden, den Geist der 16Bit-Vorgänger intakt ins HD-Zeitalter zu übertragen. Wer Sparkster damals schon mochte, wird auch seinen neuen Auftritt lieben, alle anderen ziehen sich zumindest einmal die Demo, um Sparkster kennenzulernen.

Rocket Knight ist ab sofort auf Xbox Live Arcade und PSN für ca. 13 Euro erhältlich. Die PC-Steam-Version gibt es momentan nur in den USA.

7 / 10

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In diesem artikel

Rocket Knight

PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor
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Thomas Nickel

Autor

Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

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