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Star Ocean: The Second Evolution

Talking Heads

Alle machen’s. Die Literaten, die Regisseure und natürlich die Spieleentwickler. Sie nennen es Remake, Redux, Remix, Director’s Cut oder schlicht „alter Wein in neuen Schläuchen“. Square Enix sind Spezialisten darin und können es offensichtlich nicht abwarten, in ihren eigenen Archiven ein paar weitere Spiele auszubuddeln. Unzählige Neuveröffentlichungen aus der Final Fantasy-Reihe für DS und PSP sind der Beweis.

Nachdem bereits ebenfalls Star Ocean: First Departure aus den seligen 16-Bit-Zeiten für die PSP neu aufgelegt wurde, ist nun auch der Nachfolger dran. Der erschien vor knapp weniger als einer Dekade für Sonys allerersten Einstieg in die wunderbare Welt der Videospiele und darf nun noch mal auf dem schwarzen Handheld der Japaner auftanzen. Warum eigentlich auch nicht? Neue Spiele für die PSP sind weit und breit nicht in Sicht, da freut man sich sogar über ein Remake.

Selbst wenn dieses extrem geschwätzig ist. Star Ocean: The Second Evolution ist wie ein Freund, der ein paar Jahre weg war und nun alles auf einmal erzählen muss – und in der Zeit davor ein Schweigegelübde abgelegt hat. Jetzt bricht es aus ihm raus und es gibt kein Halten mehr. Die Ohren bluten, das Gehör schmerzt. Bei Star Ocean: The Second Evolution kann bis zur wirklichen Action eine gute Stunde vergehen. Redundante Dialoge gab es zudem im Sonderangebot: War das Essen gut? Ja, sehr gut. Wirklich? Echt. Ehrlich? Ganz ehrlich. Also war das Essen gut? Ja doch …

Die kleinen Sprites sehen in der neuen Umgebung ziemlich alt aus.

Wenn diese Kommunikationsdurststrecken die Grenze von drei Minuten überschreiten, beginnt die geistige Stabilität zu bröckeln. Da helfen auch keine zwei unterschiedlichen Erzählstränge. Zwar bekommt man so einen tieferen Einblick in die Charaktere, die Mitteilungsfreudigkeit des Spiels wird dadurch allerdings nur verdoppelt. Es braucht also Sitzfleisch und ein Liebe für japanische Rollenspiele der traditionellen Sorte, um das Gebrabbel zwischen den Charakteren ohne aggressive Ausbrüche zu überstehen.

Dabei haben sich Square Enix alle Mühe gegeben, den Look des Originals ordentlich aufzupolieren: Es gibt neue Umgebungen, neue Voice-Overs (recht gelungene sogar) und nette Anime-Filmchen als Überleitungen, die das Dauerfeuerwerk der Redeströme für kurze Zeit unterbrechen. Die Sprites der Helden und Gegner sind allerdings noch recht originalgetreu. Das Ganze sieht dann aus wie eine 16-Bit Cartridge, die an einem heißen Sommertag mit einer PlayStation 2-CD verschmilzt. Old School trifft High School. Man braucht folglich den sanften Nebel der Nostalgie, um Star Ocean: Second Evolution wirklich zu schätzen.

Denn vieles liegt hier im Argen: Der Mangel an Speicherpunkten, die dünne Geschichte, die naive und fahrlässige Gutmenschlichkeit der Charaktere, das simple Kampfsystem, der anfänglich kaum wahrnehmbare Schwierigkeitsgrad. Besonders letzterer ist ein Garant für lang anhaltendes Gähnen. Immer schön auf die Tasten hauen, dann klappt es auch mit den Monstern. Die Kämpfe in den ersten Dungeons sind ein schlechter Witz, die Schlachten können nebenbei beim Zähneputzen erledigt werden. Die erste Kohorte der Gegner leidet unter mangelnder Wehrhaftigkeit, fast nach jedem Kampf werden die Charaktere um eine Stufe befördert. Irgendwann interessiert einen das Aufleveln der eigenen Heroen nicht mehr. Fatal für eine Rollenspiel.

Manchmal wünscht man sich statt Kopfhörer Ohropax: Star Ocean ist extrem geschwätzig.

Das Erledigen der Aggressoren läuft ohnehin fast immer nach dem gleichen Prinzip: Mit dem Hauptcharakter wird auf die Gegner eingehackt, während die restlichem Mitkämpfer sich strikt an die vereinbarte Taktik halten. Sprich: Heilen oder diverse Zaubersprüche auf die Gegner niederprasseln lassen. Auf die Dauer bietet das Kämpfen nur wenig Abwechslung, vor allem wenn man nicht ab und an aus Neugierde die Taktiken und Einstellungen ändert. Das sollte man tun, um die Schönheit des Spiels zu entdecken.

Denn immerhin bietet Star Ocean ein ausgeklügeltes und umfangreiches Spezialisten-System, mit dem jeder Charakter ganz eigene Fähigkeit lernen kann. Die lassen sich über diverse Eigenschaften miteinander verbinden und sind hilfreiche Mittel im Spiel. Allerdings kann man das alles auch links liegen lassen, es besteht kein wirklicher Zwang dazu, dieses System intelligent und durchdacht einzusetzen.

Star Ocean: The Second Evolution ist definitiv nur für Liebhaber geeignet, vor allem für Freunde des ersten Teils, der fast identisch ist. Natürlich auch für Liebhaber von Square Enix, von traditionellen japanischen Rollenspielen und von Dialogen, die selbst ein Werk wie „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ vor Neid erblassen lassen würden. Für alle also, die Rollenspiele in der 16-Bit-Ära am besten fanden. Der Retro-Charme von Star Ocean: The Second Evolution rettet das Spiel vor einem allzu unbarmherzigen Urteil. Wenn die kleinen Sprites an die früheren Zeiten des Gamings erinnern, schmilzt das harte Kritikerherz dahin und feuchte Kinderhände freuen sich auf den nächsten Kampf und das Aufleveln der pixeligen Helden.

Star Ocean: The Second Evolution ist für die PSP im Handel erhältlich.

7 / 10

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Über den Autor

Martin Kreischer

Contributor

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