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Stoked

Spaßbremse

Schnee so weit das Auge reicht. Mein virtueller Boarder ist umgeben von weißem Puder, der durch die Reflektion der Sonnenstrahlen leicht glitzert. Ich kann förmlich spüren, wie der kalte Wind an meinem Ohren vorbei weht, während ich den Berg hinunter rase, alle Gedanken nur auf die Abfahrt gerichtet. Zu meiner Linken erblicke ich eine Rampe. Konzentriert lenke ich meinen Fahrer zu dem kleinen Hügel. Im richtigen Moment springe ich ab und befinde mich nun im freien Fall. Ein Gefühl von absoluter Freiheit überkommt mich. Schnell lasse ich mein Alter Ego einen komplizierten Trick vollführen und bringe ihn gekonnt zu Boden. Sicher gelandet!

Doch plötzlich gerät meine Figur ins Schwanken, kippt zur Seite und überschlägt sich mehrere Male. Ich kann mich nicht mehr halten und springe auf. Wütend brülle ich meinen Fernseher an wie sonst nur John McEnroe den Linienrichter: „You cannot be serious!“

Dieses kleine Erlebnis wiederholte sich beim Test von Stoked mehrmals und beschreibt meine Hassliebe perfekt. Das Spiel gibt euch tatsächlich das Gefühl, einen großen Berg zu befahren. Bevor ihr aber komplett in der Welt versinken könnt, zieht es euch abrupt in die Realität zurück und verpasst euch einen Schlag mitten ins Gesicht. Für fast jeden positiven Aspekt im Spiel gibt es einen negativen, der den Spaß ausbremst.

Die Weitsicht ist fantastisch!

So sind die fünf Berge ihren Vorbildern gut nachempfunden und bieten eine große Fläche zum Austoben. Zu Beginn jeder Abfahrt entscheidet ihr euch für eine der zahlreichen Absprungpunkte, die sich an verschiedenen Stellen des Berges befinden. Von hier aus sucht ihr anschließend selbst den Weg nach unten. Da um den gesamten Berg herum keinerlei Begrenzungen oder unsichtbare Banden existieren, habt ihr vollkommene Entscheidungsfreiheit.

Irgendwann möchte ich mit dem ziellosen Herumfahren aber auch aufhören und ein paar Aufgaben in Anspruch nehmen. An diesem Punkt offenbart Stoked seine nicht vorhandene Abwechslung. Die Entwickler verfolgten bei den Aufträgen ganz klar das Motto „Quantität statt Qualität“. Knapp 500 Missionen klingen jedenfalls zunächst überwältigend. Hält man sich hingegen vor Augen, dass es nur zwei verschiedene Aufgabentypen gibt, nimmt die Vorfreude schlagartig ab.

Entweder müsst ihr eine vorgegebene Punktzahl schlagen oder bestimmte Tricks vollführen. Einzige Ausnahmen sind die großen Events auf abgesteckten Pisten sowie die Duelle gegen Profis. Diese sind aber so rar gesät, dass es kaum einen Unterschied macht. Daher werden sich die meisten Zocker nach ein paar Abfahrten gelangweilt abwenden.

Dabei hat Stoked es im Grunde genommen nicht verdient, denn neben der genialen Atmosphäre bietet es eine hervorragende Steuerung. Sämtliche Tricks werden nur mit den Analog-Sticks sowie den Schultertasten bedient. Wie bei SKATE müsst ihr für einen Sprung den rechten Stick zuerst nach unten ziehen und dann wieder nach oben schieben.

Per Helikopter gelangt ihr auf den Gipfel.

Befindet sich euer Boarder in der Luft, bestimmt ihr durch Kombination der Schultertasten und der Ausrichtung der Analogsticks euer Manöver. Das klingt zuerst recht kompliziert, geht nach wenigen Minuten jedoch in Fleisch und Blut über. Blöd nur, dass euch bei Trick-bezogenen Aufgaben nicht mehr als die Namen angezeigt werden. Es ist schlichtweg nervig, ständig das Spiel pausieren zu müssen, nur um im Menü nach der Tastenkombination für den jeweiligen Grab zu suchen.

Ansonsten sind es insbesondere Probleme wie die zu Beginn beschriebene Situation, die euch das Leben schwer machen. Entweder bleibt ihr plötzlich an einem Objekt hängen oder fallt ohne ersichtlichen Grund vom Brett. Das knabbert teilweise arg an den Nerven.

Auch die Technik ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite haben wir die großartige Weitsicht, tolle Wettereffekte sowie einen klangvollen Soundtrack voll mit unbekannten Indy-Bands. Auf der anderen Seite stellen sich einem die lieblosen Charaktermodelle, das Fehlen anderer Mitfahrer und die hässlichen Bäume entgegen.

Am Ende bleibt ein Spiel, das sich selbst ein Bein stellt und jeden guten Aspekt mit einem schlechten bekämpft. Warum sind die Aufgaben so abwechslungsarm? Zumindest ein paar Rennen hätte man doch mit reinpacken können. Stattdessen bin ich vom Karrieremodus mehr als nur gelangweilt. Zielorientierte Spieler machen einen großen Bogen um Stoked und greifen lieber zu Amped 3.

Trotzdem ist es kein schlechtes Spiel. Selbst mit seinen ganzen Macken und Problemen hatte ich viele spaßige Momente. Zwar wird man durch die teils fragwürdige Kollisionsabfrage und andere Dinge ständig aus der Bahn geworfen, schafft man es aber unfallfrei über die Piste, versetzt einen Stoked in den siebten Snowboard-Himmel. Wer einfach nur für ein paar Stunden die Woche entspannt im Schnee fahren will, sollte sich das Spiel trotz der herben Kritik anschauen.

Stoked ist ab sofort für die Xbox 360 im Handel erhältlich.

6 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Stoked

Xbox 360, PC

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Björn Balg

Freier Redakteur

Freier Autor und wahrscheinlich der letzte Mensch ohne einen Facebook-Account. Liebt Trash und verbringt zu viel Zeit mit dem Ansehen von Katzenvideos.

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