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The Last Remnant

Kein Next Big Thing!

Und trotzdem solltet Ihr gut Acht geben, was gesagt wird, denn selbst mit allem so ausgiebig Erzähltem lebt Ihr mit einem ständigen Informationsdefizit. Eine Situation entfaltet sich vor Euch, neue Personen treten auf und jeder um Euch herum scheint zu wissen, was los ist. Nur Ihr steht ratlos daneben, kratzt ein paar Brocken zusammen, denkt Euch was dazu und kommt so auf ungefähr 60 Prozent der Wahrheit. Last Remnant reicht Euch den Rest meist irgendwann nach und am einfachsten lebt Ihr, wenn Ihr Euch schlicht mitnehmen lasst. Alles wird sich schon irgendwie ergeben.

Ihr habt vielleicht keine Macht über Euer Schicksal, dafür lässt man Euch beim Kampf ziemlich freie Hand. Last Remnants Kampfsystem gibt sich so erstaunlich frisch, dass einige Erklärungen dazu nötig sind. Das Herzstück bildet hier nicht der einzelne Charakter oder ein einsames Monster. Stattdessen werden Gruppen aus einer bis fünf Figuren gebildet, die Ihr mit einem einzigen Befehl in dem Rundenkampfsystem dirigiert. Die Zusammenstellung einer solchen Gruppe – Union genannt – bleibt Euch komplett überlassen und dank eines stattlichen Pools von Charakteren unterschiedlicher Ausrichtungen in Bezug auf kämpferische und magische Talente, sind die Möglichkeiten vielfältig.

Den für jede Union unumgänglichen Anführer rekrutiert Ihr aus den wichtigen Figuren oder bei der lokalen Heldengilde. Einfache Soldaten halten anschließend als Füllmaterial her. Zu Beginn einer Kampfrunde wählt Ihr für die Union eine Aktion aus, die mehr eine generelle Richtung angibt und weniger einen sehr spezifischen Befehl. Eine ganz detaillierte Verteilung der Befehle ist nicht vorgesehen und prinzipiell werden Euch in den allermeisten Fällen sowieso alle sinnvollen Kombinationen geboten.

Keine Sorge, die Unions lassen sich leicht zusammenstellen. Auch wenn es hier anders aussieht.

Ob und gegen welche Feinde Ihr antretet, bestimmt Ihr selbst. Man verzichtete glücklicherweise auf Zufallsbegegnungen und alle Monster wandern gut sichtbar herum. Sollte Euch die Herausforderungen einer Gruppe nicht reichen, dürft Ihr die Zeit verlangsamen, Gegnergruppen markieren und dann im Pulk attackieren. So entstehen später schnell Kämpfe von 50 oder mehr Kontrahenten auf dem Feld, die Euch wesentlich mehr Upgrades einbringen.

Sobald der eigentliche Kampf beginnt, werden die Unions auf dem Schlachtfeld verteilt und stehen zunächst für sich herum. Ihr wählt aus, mit welcher Einheit Ihr gegen welche Gegnergruppe in den so genannten „Deadlock" gehen wollt. Eure Truppe stürmt auf den gewählten Feind und beide Gruppen kümmern sich exklusiv umeinander. Schickt Ihr noch eine weitere Union zu den gleichen Monstern, wird diese einen Flankenangriff ausführen und ohne Gegenwehr attackieren. Relativ unwichtig ist dabei die absolute Positionierung der Einheiten, die Ihr auf einer kleinen Karte seht. Angriffe in den Rücken scheinen sehr selten und eher willkürlich aufzutauchen und bewusstes Positionieren ist nicht möglich. Eigentlich dient das Ganze auch mehr dazu, den Überblick über die Gesamtzahl der Einheiten zu behalten und wer gerade mit wem im Deadlock feststeckt.

Das klingt jetzt alles vielleicht ein wenig taktischer, als es sich dann ausspielt. Nach ein paar Dutzend Kämpfen wird Euch klar, dass Ihr hier einen recht normalen Rundenschlagabtausch führt. Die eigentlichen Aktionen der Unions unterscheiden sich wenig von dem gewohnten Runden-RPG-Mustern. Von den Möglichkeiten der Zusammenstellung der Unions und den Nahkampfkonstellationen geht aber viel Reiz aus und selbst wenn das System noch nicht bis ins Letzte seine Möglichkeiten auszuschöpfen scheint, macht es doch Spaß, endlich mal einen neuen und gelungenen Ansatz in einem JRPG spielen zu dürfen. Leider muss man aber auch anmerken, dass der Kampf vor technischen Problemen nicht gefeit ist. Häufige Slow-Downs, Einblendungen von Monstern, die schon längst zu sehen sein sollten und Ruckler zeigen sich zu häufig, um den eigentlich guten Eindruck des Geschehens unbefleckt zu lassen.

Bis Ihr diese Waffe aus der Auftaktschlacht erneut zu Gesicht bekommt, vergeht viel Zeit.

Ein schwerer Schlag für Traditionalisten dürfte der Verzicht des direkten Einsatzes von Items im Kampf sein und dass Ihr nicht seht, was sich an Kräutern noch im Gepäck befindet, ist ein echter Makel. Die Benutzung wird Euch im Rahmen der Aktionen angeboten, eine eigene Verwaltung dafür gibt es nicht. Außerhalb der Schlachten sammelt Ihr allerdings jede Menge an Bausteinen für tolle Gegenstände und könnt Euch diese bei diversen Händlern zurecht schmieden lassen.

Das Speichersystem zeigt sich eigentlich großmütig, schließlich dürft Ihr, zumindest außerhalb eines Kampfes, wirklich überall einen der 50 Spielstandslots nutzen. Aber wehe, Ihr vergesst das. Das System setzt auf reine Handarbeit und verzichtet komplett auf Rücksetzpunkte oder Auto Save-Features. Denkt also besonders in den oft langen und langweiligen Dungeons daran. 90 Prozent der Monster sind hier keine echte Gefahr und Ihr schnetzelt Euch achtlos durch. Bis zu dem Punkt, an dem eine Attacke schief geht und Ihr in den letzten 45 Minuten Eures Lebens nichts vollbrachtet, als älter zu werden. Das sorgt nicht unbedingt für Spannung, ganz sicher aber für denkwürdige Frustmomente.

Das Kampfsystem in The Last Remnant bietet viele gute Ansätze und ich hoffe wirklich, dass Square Enix dies in weiteren Spielen nicht aus dem Blick verliert und noch verfeinert. Gute Ansätze reichen aber beim besten Willen nicht aus, um die teilweise gravierenden Schwächen auszugleichen und hier das Next Big Thing zu schaffen.

Die Handlung dümpelt nicht zuletzt dank stereotyper Charaktere belanglos nett vor sich hin und gewinnt erst viel zu spät an Fahrt. Die technischen Probleme reduzieren sich durch die Installation auf der Festplatte ein wenig, nur müsst Ihr selbst dann noch ein Auge mehr zudrücken als Ihr habt, um das Gesamtergebnis als gut bezeichnen zu können. Hübsches Design hin, epische Kulissen her. Am Ende bleibt eine angesichts der angestrebten Innovationen gut gemeinte, aber letztlich nur sehr leicht überdurchschnittlich gelungene Rollenspielerfahrung.

The Last Remnant ist ab sofort für Xbox 360 zu haben. Deutsche Sprache gibt es nur in Form von Untertiteln, dafür habt Ihr die Wahl zwischen einer ordentlichen englischen Vertonung und der japanischen Originalspur. PC und PS3 Versionen sollen in 2009 folgen.

6 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Last Remnant

PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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