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Velvet Assassin

Rail-Stealth

Dazu gesellen sich später und auf sehr seltenes, ausdrückliches Geheiß des Spiels ein paar Schussgeräte wie Schrotflinte oder Sturmgewehr, die ihr durch die Bank ob ihrer Ungenauigkeit verfluchen werdet. Wieder einmal haben die Entwickler vergessen, dass im Zweiten Weltkrieg sehr viele Menschen durch Schusswaffen starben. Mit den Waffen aus Velvet Assassin wäre das vermutlich nicht passiert.

Ihr habt ein paar Möglichkeiten, die Feinde subtiler auszutricksen. Pfeifen klappt ganz gut. Das Geräusch lässt die Wache aufschrecken, sie wandert ungefähr zu der Stelle, an der ihr Laut gabt, und mit ein wenig Geschick könnt ihr euch von hinten nähern. Verkleiden dagegen verkommt zum totalen Desaster. Normalerweise schleicht ihr lautlos, in den zackigen Klapperstiefeln einer SS-Uniform funktioniert das aber nicht. Also müsst ihr mitten durch, aber da gibt es eine unsichtbare und scheinbar auch eher lose definierte Grenze, ab der euch die Wachen trotz Staffage erkennen. Meist ist es wesentlich sicherer, sich einfach aufs Schleichen und Meucheln zu verlassen. Womit sich das Spiel wieder einmal effizient ein wenig Flexibilität verbaut.

Das am billigst wirkende Feature dürfte die Morphium-Spritze sein. Was normale Menschen eher stilllegt, wirkt auf Summers äußerst belebend. Ihr geht für etwa 30 Sekunden in Bullet-Time und habt dabei eine Erdolchung frei. Kein Geschick gefragt, keine Subtilität, und sollte hinter dem ersten Opfer noch ein zweiter Nazi warten, habt ihr halt Pech gehabt. Es ist eine billige Shooter-Mini-Smartbomb, die immerhin an keiner Stelle als einzig mögliche Lösung gedacht ist, euch hier und da das Leben aber einfacher macht. Am skurrilsten dürfte es dabei allerdings sein, dass während dieser Phase um euch herum Rosenblüten regnen und Violette im knappest möglichen Negligé durch einen U-Boot Bunker läuft.

Keine Sorge, das macht Sinn. Irgendwie. Violette zieht nämlich gar nicht wirklich durch die Örtlichkeiten und Einsätze, sie liegt im Koma in einem Militärkrankenhaus. Ihr durchlebt nur in ihrem Geist ihre bisherigen Aufträge. Das ergibt einen relativ schwachen Rahmen. Auch wenn das Ende selbst nicht unbefriedigend ist, wird doch im Laufe des Spiels schnell klar, dass eine solche Lösung einen echten Plot, der die etwas willkürlich ausgewählten Missionen zusammenhält und einen Spannungsbogen aufbaut, nicht ersetzen kann.

Velvet Assassin – Cinematics

Die Ziele der einzelnen Missionen sind im Großen und Ganzen das, was man hier erwartet: Sprengt einen Bunker, ermordet einen wichtigen Nazi, infiltriert ein Getto. Nur weniges bricht aus und nichts davon erreicht allzu viel erzählerische Tiefe. Ich gebe zu, hier hätte ich persönlich wirklich mehr erwartet.

Dass die Atmosphäre dann doch zumindest meistens stimmt, liegt an der wirklich gelungenen Farbumsetzung der Umgebungen. Licht wird häufig in eine Art helles Sepia-Braun-Rot getunkt, Tunnel oft geschickt durch sich bewegende oder flackernde Lichtquellen erleuchtet. Selbst wenn die Texturen sicher nicht ganz den letzten Stand der Möglichkeiten darstellen, das Gesamtergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Unterstützt wird es durch passende, dezente Sounduntermalung, wobei hier sofort die kompetenten Sprecher der deutschen Soldaten auffallen. Violette verlässt sich dagegen aufs Englische mit britischem Akzent und untertitelt wird alles auf Wunsch. Schade nur, dass keine der beiden Seiten etwas großartig Bedeutendes oder Spannendes zu sagen hat.

Velvet Assassin gehört in die traurige Kategorie vertaner Chancen, aber wenigstens nicht zu der Gruppe der völlig beschädigten Spiele. Die nicht generell schlechte Schleich-Action verbaut sich leider selber sehr zielstrebig alle Möglichkeiten und zwingt euch durch die wenigen Aktionen und Gadgets auf viel zu gradlinige Wege. Wagt Ihr doch ein wenig Experimentierfreude, dann zeigt Velvet Assassin euch schnell, wie frustrierend es sein kann, bei jeder noch so kleinen Abweichung vom erdachten Weg zum nächsten Rücksetzpunkt geschickt zu werden.

Die Atmosphäre der guten Präsentation rettet einiges, nur ist dies ein Bonus, der sich durch die unzusammenhängende und letztlich auch alles andere als spannende Handlung schnell wieder erledigt. Velvet Assassin gelingt es einfach nicht, über eine längere Strecke zu faszinieren. Irgendwo zwischen Frust und wenigen guten Momenten, schönen Bildern und belangloser Handlung liegt das tiefe Tal des bedeutungslosen Mittelmaßes. Ein Ort, den Velvet Assassin leider so gut wie nie verlässt.

Velvet Assassin gibt es zwar in einer mit dem USK-Siegel „Keine Jugendfreigabe“ bedruckten Version, nur scheint sich noch kein deutscher Publisher gefunden zu haben. Es ist also nicht leicht, das Spiel zu kaufen. Solltet Ihr es doch finden: In dieser Version gibt es kein Blut und keine Naziabzeichen.

5 / 10

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